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Das SolArt Global Network

© Juergen Claus

Kunstformen, die mit der Metapher der Sonne arbeiten, sind so alt wie die Geschichte der Kunst selbst. Die Geschichte der Kunst ist auch eine Geschichte der wechselnden visuellen Interpretationen der Sonne und des Lichtes. Über Kunst sprechen, heißt immer auch über das Licht sprechen. Die Sonne gebiert den Traum der Kunst. Visionen sind durch Licht sichtbar gemacht.

Dieses Wissen steht im Hintergrund, ist aber auch die Basis des "SolArt Global Network 95", über das ich kurz berichten will. Damit ist nicht ein inhaltsleeres technologisches Bereitstellen von Kanälen der Information gemeint. Sondern im Gegenteil ein wertebezogenes, von den TeilnehmerInnen definiertes und getragenes Dialogfeld verschiedener Menschen, Berufssparten, Sprachen, Kulturen. Die gemeinsame Überzeugung, die dem Network Inhalt und Struktur gibt, ist der notwendige Schritt in ein solares Zeitalter.

Dieses schließt die Neuorientierung von Energieproduktion und -verteilung auf solarer Basis ein, ebenso die Unterstützung eienr dauerhaften, ökologisch sinnvollen Warenproduktion und -Verteilung. Wesentlich ist innerhalb dieses Gsematkonzeptes, die Kultur eines solaren Zeitalters zu überprüfen und neu zu definieren. Im Zentrum dieser Kultur, als deren schöpferische Substanz und Energie, steht die Kunst. Das ist bewußt entgegen allen Tendenzen zur pessimistischen Kultur- und Kunstauflösung gesagt. Deshalb ist es wichtig, die Prämissen einer solaren Kunst zu bestimmen, zur Diskussion zu stellen, weiter zu entwickeln und vorzustellen. Das "SolArt Global Network" will genau das tun.

Es ist, wichtig zu sagen, ein dezentrales Ereignis. Damit greifen wir eine der Positionen des solaren Zeitalters auf. In kleineren, umweltbezogenen, lokal begründeten, aber global legitimierten Einheiten die Entscheidungen in die Hände der teilnehmenden KünstlerInnen zu legen. Wenn ich gefragt werde: Wo findet das Ereignis statt, antworte ich: Es findet weltweit statt, an Orten, die von den TeilNehmerinnen ausgesucht werden oder die sich durch gezielte Einladungen ergeben. Die Bezeichnung Netzwerk unterstreicht das.

Um welche Formen einer solaren Kunst handelt es sich dabei ? Grundsätzlich: Waren die Sonne sowie das Licht immer in der Kunst präsent, so ist nunmehr die Sonne realiter, als Fakt und Pakt, als Auslöser in allen künstlerischen Arbeiten vorhanden, ja Voraussetzung der Existenz und Funktion dieser solaren Werke. Um einen eindruck davon zu geben, erwähne ich hier Funktionsweisen einer solaren Kunst, die für das "SolArt Global Network 1995" kennzeichnend sind:
- Forschungs-orientierte Kunstwerke, die in die Tiefenzeit des Lichtes eindringen;
-Außen-Hologramme, die sich des Sonnenlichtes als des großen Attraktors bedienen;
- Solare Lichtkunstwerke, die Spiegel und Reflexionsfelder einbeziehen;
- Skulpturen, Anlagen, Installationen, die ihre Energie über Photovoltaik erhalten.

Diese Kunstwerke schreiben sich in das heutige A-B-C - Projekt ein, wie ich es genannt habe, das Kunst und Gestaltung (Art), das planetarische Phänomen (Biosphäre) und den elektronischen Bereich (Computer) verbindet.

Die Ziele solcher künstlerischer Arbeit führen auch eine Überprüfung der elektronischen Medien ein. Hier gilt es, sich auf Traditionen der Moderne zu besinnen, die durchaus hilfreich sein können. Ich erinnere an Marschall McLuhan, dessen Buch "Understanding Media"(deutsch: "Die magischen Kanäle") vor genau 30 Jahren erschien. In der Kunst sah er ein Frühwarnsystem. Wenn die Gesellschaft wie die unsrige sich in einer derartigen Umbruchsphase befindet, dann ist die Schnittstelle, an der es passiert, wie betäubt und kann nicht reagieren. Derjenige - diese Hoffnung vermittelte McLuhan -, der das in seinen Visionen, in seinen Aktionen und Bildern vorwegnehmen kann, ist der künstlerische Mensch.

Neben die vorherschauende Arbeit des Künstlers hat der Architekt und Philosoph Richard Buckminster Fuller dem Planungswissenschaftler, dem Designer, verstanden im umfassenden Sinn, die Aufgabe zugewiesen, das komprehensive, integrierende Planen an die Stelle der Spezialisierung zu setzen. Führte uns die Überspezialisierung, so Buckminster Fuller in Prognosen für die Jahre 1965 bis 1985 nahe an den Selbstmord, so entwickelte der Mensch mit dem Computer eine "Anti - Selbstmord - Maschine". Buckminster Fuller verband in einer umfassenden, komprehensiven Strategie das Umweltdesign, die Technologie, die globale und kosmische Situation in Praxis und Theorie.

Die Pioniere des planetarischen, globalen Denkens (und Handelns) im 20.Jahrhundert hatten keine Schwierigkeiten damit, sich die Elektronik als Förderin und adäquates Medium für zusammenwachsendes Bewußtsein der Menschheit vorzustellen.
Neben Buckminster Fuller kann man in dieser Genealogie des Erdbewußtseins den Theologen Teilhard de Chardin nennen. Bereits 1947 wies er "der Maschine" einen konstruktiven Part bei der Erschaffung eines "wahrhaft kollektiven" Bewußtseins zu:
"Ich denke natürlich in erster Linie an das außergewöhnliche Netzwerk von Radio- und Fenseh - Kommunikation, das, vielleicht in Vorwegnahme der unmittelbaren Syntonisation der Gehirne durch die geheimnisvolle Kraft der Telepathie, uns alle bereits verbindet in Art ‘ätherisierten’ universalen Bewußtseins." Dementsprechend sah er - 1947! - im Wachstum der elektronischen Computer durch deren Möglichkeit der "Gedanken - Geschwindigkeit" eine Sphäre der Forschung auf uns zukommen.

Anmerkung des Herausgebers:
Das Sol Art Global Network will dieser Entwicklung Rechnung tragen. Nora und Jürgen Claus haben seit 1993 weltweit eine Reihe von Kontakten zu KünstlerInnen und Instituten geknüpft. Ein erstes grösseres Treffen fand 1995 in Baelen in Belgien statt. Weitere Publikationen sind vorgesehen.
Juergen Claus lehrt an der Hochschule für Medien in Koeln.

Juergen Claus - Homepage



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