VERFUEHRUNG (zur) FREIHEIT

Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin 17. Oktober 2012 bis 10. Februar 2013 / Kuratoren: Monika Flacke, Henry Meyric Hughes, Ulrike Schmiegelt / Berater: Horst Bredekamp / Etienne François /

Wie möchten wir leben? Woran orientieren wir uns? Welche Verantwortung haben Politik, Staat und Gesellschaft für ein menschenwürdiges Leben? Gehört der Wunsch nach einer sozial wie ökologisch gesicherten Zukunft zu den Menschenrechten?

113 Künstler aus 28 europäischen Ländern beschäftigen sich mit dem Thema Freiheit in der Zeit nach 1945. Jenseits der üblichen Grenzziehungen werden ihre vielfältigen Auseinandersetzungen und Antworten aus ganz Europa gezeigt. Es geht nicht um die Darstellung der beiden Machtblöcke des Kalten Krieges in ihren bekannten ideologischen und politischen Widersprüchen, sondern um ihre gemeinsamen ideengeschichtlichen Wurzeln. Als Kinder der Aufklärung haben Demokratie und Sozialismus jeweils den Anspruch formuliert, deren Werte einzulösen: Menschenrechte, Gleichheit und Freiheit. Aber wie wurden sie verstanden?




Bildausschnitt Konrad Klapheck

Besprochen von Franz Krahberger

Die urspruengliche Ausstellungs Idee > Kunst und Kalter Krieg < geriet alsbald zu >>> Verfuehrung Freiheit > Kunst in Europa seit 1945 <. Das ist gut so, es hat zu aller erst um Kunst zu gehen und nicht um Kunst, die der Propaganda von Macht und verstecktem (kalten) Krieg dient.

Ich beschaeftige mich seit mehr als 15 Jahre mit den Praesentationsformen von Kunst & Literatur in der Umklammerung des Kalten Krieges, der vor allem ein PR Krieg war, als solcher weiterhin unter veraenderten Rahmenbedingungen vorhaelt. Das Ende der Geschichte ist nicht abzusehen.

. Ich finde dieses Berliner Projekt besonders interessant, da es zeigt, dass die Kunst des Europaeischen Kontinents eine bestimmte Grundstimmung an Individualismus, Skepsis, unnachsichtiger Kritik gegenueber der Staatsmacht in ihren unterschiedlichen Ausformungen hat, waehrend der ABSTRAKTE EXPRESSIONISMUS made in USA in der Clement Greenberg Doctrin, vor allem in der Version des alles ist moeglich ins patriotische Schaufenster stellt. Sehr zum persoenlichen Missfallen von Harry Truman, der dies als Hottentottenkunst bezeichnete. (So erzaehlte es Fritz Molden, der mit der Tochter des CIA Chefs Alan Dulles verheiratet gewesen ist, launig anlaesslich einer Veranstaltung zum Thema im Wiener Rathaus). Kurz nach seinem Hinterwald Statement, das auch durch die US Presse gegangen ist, strategisch taktisch eines Besseren belehrt, genehmigte Truman doch die Freigabe der grossen Finanzmittel der CIA , die Voraussetzung fuer die weltweite Verbreitung des Avantgardistischen Identity Konzepts waren, das vor allem aufdringlich und eindringlich plakativ ist. Das laesst sich ebenso vom Folgeprodukt, der POP ART, die ironisch den American Mass Way of Life auspreist, sagen.

Ohnehin duerfte der reale Marktwert, beobachtet ueber einen langen Zeitraum hinweg, der US- Kunst die der EURO- Kunst in Arte Povera Version um vielfaches uebersteigen. Ein Ungleichgewicht, das in dieser an sich repraesentativen Aus- und Vorstellung keineswegs beruecksichtigt ist. Es laesst sich so schwer entscheiden, was reale Kapitalmacht, versus subtil angewandte Kunst ausrichtet, oder jene bloss potemkinsche Dorffassaden im Eurokontinentalen Dorf in Relation zu Global Village zuwege bringt. Man wird so auch in Berlin, in Mailand, in Tallin und Krakau auf den Publikumszulauf, der immer noch der beste Gradmesser fuer das vorhandene Interesse ist, zu achten haben. Allerdings. was die Werke der fruehen Moderne und der vorlaufenden klassischen Malerei, die vor allem europaeisch gepraegt ist, kehren sich die Realwerte, die nur mehr selten den Markt erreichen wiederum voellig um. Der Wert dieser Kunstgegenstaenden laesst sich meist nur mehr an den Versicherungssummen ablesen, die bei Ausleihen entstehen. Eins ist gewiss, Europa braucht sich seiner Kunst und seiner Tradition nicht zu schaemen.

Europas Kunst ist anders und wird anders bleiben. Waehrend amerikanische Kunst das Handling, das Selling, das Starring in den Vordergrund rueckt, ist Europas Kunst der Zweiten Haelfte des 20.Jahrhunderts skeptisch, subtil kritisch, bedient sich der Mittel der arte povera und des bruitismus und ist subversiv um der Freiheit willen, kann und will aber ebenso realistisch sein. Diese Ausstellung zeigt mir, dass Europa entgegen der materialistischen Grundhaltung des Neo Liberalismus nach wie vor des analytisch kritischen Geistes nicht entbehren will. Das gelingt, hat tiefwurzelnde Tradition, die generell die Geschichte Europas auszeichnet und so immer wieder bewegt hat und weiterbewegt.

Ein derartiges Projekt im DHM herzustellen ist nicht leicht und bedarf wissender Reflexion, um den richtigen Kontext akzentuieren zu koennen.

Ich habe 1984 ein kleines aber feines Pilotprojekt, passend zum spaeteren Abriss des Eisernen Vorhangs, NEUE KUNST AUS OESTERREICH UND UNGARN (Schauplatz Neue Galerie im Palais Esterhazy in Eisenstadt und Brennpunkt Breitenbrunn am Neusiedlersee mit Patronanz der Oesterreichischen UNESCO Kommission) konzipiert und durchgefuehrt. Jahre bevor der eiserne Vorhang real und final gefallen ist (nicht in den Koepfen, da laufen noch immer falsche Bilder und unsinnige Perspektiven ab ). Mit einem prominenten ungarischen Maler wollte ich damals ein Gedankenspiel anstellen: Wer, pro Land drei Kuenstler, ist wirklich repraesentativ fuer Osteuropa, so, dass er oder sie auch nach dem Systemuebergang bestehen kann. Doch die Zeit war damals einfach noch nicht reif genug dazu. Umso begruessenswerter ist es, dass nun die Freiheit, orientiert an den Human Rights im Rahmen eines Europa Rats Conceptes in Berlin vorgefuehrt wird.

Der Mann wollte das mit mir nicht durchspielen, da er offensichtlich verspuerte, dass er selbst den Anforderungen des Tests nicht genuegen wuerde. Der Mann war Eklektiker, der haeufig den Stil wechselte, in der ersten Westphase den oeden Rainer Arnulf affirmierte. In der DHM Ausstellung sind einige Ungarn vertreten, unter vier anderen Miklos Erdély, der wesentlich ein Filmemacher gewesen ist und eine ganze Generation ungarischer Kuenstler gepraegt hat, sowie Lenke Rothman, die ein tragisches Leben zu bewaeltigen hatte.

Heinrich Wefing muss man sagen, dass Franz West nicht der Schueler Ludwig Wittgensteins gewesen ist. Das ging sich allein schon zeitlich nicht aus. Es mag sein, dass West hin- und wieder neben Paul Wittgenstein an der Theke des Gutrufs (manche nennen es seit einigen Jahren nicht zu unrecht Schlechtruf) stehen durfte. Paul Wittgenstein, ein verkrachter Opern & Diven Fan ( Siehe Thomas Bernhard: Wittgensteins Neffe; erschienen bei suhrkamp), verprasste einen Teil des Geldes, das sein Onkel Ludwig als Primaer Erbberechtigter seiner Familie geschenkt hat ( das war eine Menge Moos, dass die Wittgensteins mit ihren Kanonenschmieden fuer die k.u.k. Armee angehaeuft haben).

Die Neuen Medien an sich kommen in der Kunstausstellung kaum vor. Obwohl: Die heftige Fortsetzung des Kalten Krieges findet heute im Cyperspace statt. Staaten wie China, Nordkorea, Russland zensieren hemmungslos und sind nach wie vor hoffnungslos dem geopolitischen Denken und der Gaengelung grosser Massen verhaftet. Das Thema gaebe eine ganze Menge Aktuelles ab. Das hat man am DHM verabsaeumt. Konzepte, Ideen, Visionen und reale Virtualitaeten waeren im Cyberspace genug vorhanden.

Pstscrpt: Das New Yorker MOMA Museum for Modern Art hat gerade jetzt eine Abteilung fuer Videospiele eingerichtet. 40 exemplarische Produkte werden derzeit gezeigt. An ein Spiel kann ich mich gut erinnern: TFX Luftkaempfe > F16 gegen MIG 29 und vice versa
































Object Richard Long





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