RETROSPEKTIV Curt Stenvert Steinwendner Kurt

Ist Stenvert ein originaerer Kuenstler ? Ich bezweifle. Stenvert ist Eklektiker, der Sinngebung in der Neuordnung von Gemeinplaetzen suchte. Agnes Arco schreibt im Katalog der vorueber gegangenen Ausstellung im unteren Belvedere Diese Objektassemblagen Curt Stenverts praesentieren sich in guter Nachbarschaft mit Kuenstlern wie Arman, Daniel Spoerri, Marcel Duchamp, Yves Klein, Paul van Hoeydonck und Robert Rauschenberg. .

Stenvert ist jedoch eher ein Nachbar in Randlage, ein Zaungast der internationalen Kunstszene, und daran wird auch diese Ausstellung nichts mehr aendern. Stenvert war, ebenso wie sein enger Freund Leherb, ein heimischer Eklektiker, der sich gerne in manierierten, kynischen und uebertreibenden Concettos, die an der Oberflaeche tuempeln, ergangen ist, ohne die noetige Tiefe zu erlangen. Er montiert, er assambled, er collagiert, meist in 3 dimensionaler Form, er konstruiert und bastelt. Wie wenig er wirklich drauf hat, zeigt sich in seiner abschliessenden Malphase nach 1972, die Julia Carrasco als das Goldene Zeitalter der Malerei bezeichnet, eine typische Wiener Neo - Kunsthistoriker Uebertreibung der geschmaecklerischen und instinktlosen Jetzzeit, ein typisches PR und Marketing Enten - Text - Werk.

Das Neue Oesterreich ist in der halben Moderne stecken geblieben, so festgestellt von Franz Josef Czernin ueber die oesterreichische Literatur der 50 er und 60 er Jahre. Drastischer gefasst: Oesterreich ist, nach dem es gemeinsam mit Deutschland zwei verheerende Weltkriege ausgeloest hat, in tiefer geistiger, traditionalistisch gepraegter Isolation verharrt. Es wurde durch die nationalsozialistische Kulturpolitk und deren posteriore Erscheinungen in jeder Weise deformiert und verzerrt. Es mangelte an wahrer Frischluft. Oesterreichs Kunstszene, weniger die traditionell gefesselte Literatur, hat nach 1945 angestrengt versucht, international mithalten zu koennen und sich gegen das laestige wie verkommene Korsett zu wehren. Das ist nur halb gelungen. Johnny comes allways lately... Die Werke, in denen Vergangenheit passend wie treffend aufgearbeitet worden ist, haben ihren Weg zu Leserin & Leser hoechst selten gefunden. Geschrieben wurden sie. Die oesterreichische Kunst der Gegenwart hat sich meist an ihren Abnehmern orientiert. Ist der oeffentliche Geschmack mittelmaessig, braucht die Kunst nicht besser zu werden.

Dieses Haengenbleiben auf halbem Weg trifft auf die Phantasten, auf die Leherbs-, die Stenverts-, die Adrians, die Weibels und Co. zu. Ebenso auf die Handke-ianer und die Elfriede Jelinek. Sie affirmieren die Welt, sie bilden sie nach und verschnipseln sie, ohne grosses Eigenformat zu erlangen, sie assemblieren, collagieren und bereiten einen Mix aus Erdbeeren, Zitronen, Kraut und Rueben, aus Essiggurkerln, Rohrzucker, Salinensalz, Mautner Markhof Senf und missverstandenem Technologie Restelwerk. Humanisten wissen eben mit einer bestueckten Leiterplatte nichts anzufangen, ausser sie mit Zuckerguss zu ueberziehen, selbst wenn da en Miniature Zinnsoldaten im Wehrmachts Style darin lauern.

Die oesterreichische Halb-Moderne wie die affirmierte folgende Postmoderne im Austro Styling ist eklektizistisch in den Stilmitteln, verarbeitet Anregungen von aussen und gibt sich zu Haus als Avantgarde aus. Weltbekannt in Austria. Alle wollten den Traditionen entkommen, sind jedoch meist erkennbar gescheitert und in der heimischen Sandkiste verblieben. Manches von Stenvert wirkt elegant, aber eben zu elegant.

Ein POP DADA Surealo SURIUM, made in Vienna. Wien ist nicht anders, es arbeitet bloss mit manieristischen V-Effekten, denen es an logisch nachvollziehbarer Sinngebung mangelt. Die Oberflaechlichkeit stellt sich alsbald heraus, so man sehenden Auges ernste internationale Vergleiche anstellt. Vieles an Stenverts Werk, insbesondere seine Beziehung zu Frauen bleibt ambivalent, und es bleibt unklar, ob es nun die Neigung oder Abneigung des Kuenstlers, oder ob es ein Abbild der Realitaet ist. Oesterreichs neuere Kunst bis in die Gegenwart ist mehrschneidig. Es fehlt ihr der Mut zur Eindeutigkeit wie zum grossen Geheimnis. Sie kommt meist ueber artifiziell schraeg gestelltes Design nicht hinaus. Sie ist eklektizistisch kontextualisiert und verliert sich in Rhizomatik, will vom hundersten ins tausendste gelangen. Das nennt man dann mangels analytischem Verstand des Ausuebenden Multi Artismus & Conceptlosigkeit in autistischen Anwandlungen. Pures solipsistisches Tarnen & Vortaeuschen.


Die antifaschistischen Objekte Stenverts, die im Heeresgeschichtlichen Museum im Arsenal in Wien zu sehen, sind zweifellos ein wichtiger Beitrag ueber die unsaegliche Brutalitaet des Nationalsozialismus in seiner kriegerischen Form. Leider hat dieses Land noch immer kein Museum fuer Zeitgeschichte und muss sich mit einem Raum im Arsenal begnuegen. Shame over them ! Das mahnende Gewissen in Angelegenheit des zerstoererischen Nationalsozialismus und seiner zynischen Warnung vor der atomaren Geburtenkontrolle wird Curt Stenvert jedoch niemand absprechen koennen oder wollen.






















Stenvert im Unteren Belvedere

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