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„...Kunst zu einem spezifischen Wissen werden zu lassen. Ein Wissen, das sich gegen die vielen öffentlichen Formen des Wissens stellt, um so die Kunst neu zu formulieren.“
Peter Weibel, 1980

PETER WEIBEL Bildwelten

Dieser Band enthält die erste, von der Kunsthistorikerin Romana Schuler erarbeitete, wissenschaftliche Zusammenfassung des künstlerischen Oeuvres des international agierenden österreichischen Künstlers und Theoretikers Peter Weibel von 1982 bis 1996. Ein ausführlicher, illustrierter Katalogteil wird ergänzt durch ein chronologisches Werkverzeichnis, ein Verzeichnis seiner Ausstellungen, Filme, Projekt- und Konzeptfilme, TV- und Videoarbeiten, Videoperformances, Video- und Computerinstallationen sowie eine umfangreiche Biographie seiner Schrifen.

Mit Texten von Romana Schuler, Thomas Dreher, Ludwig Seyfarth und Peter Weibel.

Die Herausgeberin Romana Schuler über Bildwelten

Peter Weibel zählt zweifellos zu den namhafteren, im internationalen Kunstbetrieb tätigen Persönlichkeiten Österreichs. Vor allem ist er als Philosoph, Medientheoretiker, Filmemacher, Drehbuchautor, Dichter, Aktionist, Rock-Musiker, Ausstellungsorganisator und Hochschulprofessor bekannt. Sein gedankliches Werk zu Philosophie, Medientheorie, Film und Kunst ist in unzähligen Veröffentlichungen belegt. Nicht so aber sein dreissigjähriges künstlerlsches Schaffen.
Die interdisziplinäre Arbeitsweise Peter Weibels als Künstler und Wissenschaftler, als Praktiker und Theoretiker über Grenzen verschiedener Sichtweisen und heterogener sozialer Gruppen hinweg ist vielleicht für das Publikum schwer zu fassen, hat aber in Österreich eine Tradition, die mit Namen wie Ernst Mach, Robert Musil oder Paul Feyerabend verbunden ist, und hat einen spezifischen kulturellen Produktionstypus ausgebildet, der mit einem neuzeitlichen Wort als "Intellektueller" oder klassisch als "Renaissance-Mensch" definiert werden könnte. Sie ist zu verstehen als Taktik im Sinne der Einbeziehung innovativer experimenteller Methoden. Seine grenzüberschreitende Kunst könnte also als umfassende Experimentalmethode bezeichnet werden, als Experimentalisierung von Kunst und Wissenschaft wie auch des Lebens.
Bisher ist das künstlerische Werk von Peter Weibel immer nur sehr lose und lückenhaft dokumentiert worden. An Annotated Videography, eine 1977 von der Österreichischen Hochschülerschaft Innsbruck herausgegebene Publikation, führte erstmals Weibels frühe Film- und Videoarbeiten sowie Videoinstallationen dokumentarisch an. 1982 publizierte Weibel den Katalog Mediendichtung, in dem er eine Auswahl seiner Arbeiten von 1965 bis 1981 vorstellte. Der Werkabschnitt der Jahre 1966 bis 1969 war darüberhinaus Gegenstand einer Diplomarbeit von Matthias Michalka von 1995.
So war es für mich im Jahr 1993 naheliegend, Peter Weibels Oeuvre von 1982 bis heute zu bearbeiten, soweit es unter seinem Namen offiziell (und nicht wie in manchen Fällen unter Pseudonymen) publiziert und ausgestellt wurde. Zunächst dachte ich an einen zusammenfassenden Rückblick der Arbeiten der letzten zehn Jahre, die ich im Sonderheft der Kunstzeitschrift Medien. Kunst. Passagen veröffentlichen wollte. Nach erster Durchsicht des Materials fasste ich allerdings bald den Entschluss, ein komplettes Verzeichnis dieses Werkabschnitts in einer eigenen Buchpublikation zu erarbeiten. Dabei galt es, den Versuch zu unternehmen, auch jene Schaffensperiode Peter Weibels, die durch den Umgang mit den neuen Möglichkeiten der elektronischen Technologien und durch ihre thematische Vielgestaltigkeit gekennzeichnet ist, in ihrer Komplexität und Problemkonstanz offenzulegen und kunsthistorisch zu analysieren und zu strukturieren.
Trotz der starken Uneinheitlichkeit und Brüchigkeit, die im Werk Weibels vor allem auch durch seine mediale Vielfältigkeit hervorgerufen wird, sind grundlegende Themen und Inhalte in seinen Bildwelten klar positioniert. Fragen zur Identität bzw. zur Repräsentation oder kontextorientlerte Arbeiten mit historischen, politischen und sozialen Implikationen stehen deutlich im Vordergrund. Ein weiteres zentrales Thema, das sein Werk in den letzten Jahren verstärkt mitbestimmt hat, ist ein bildhaftes Referieren über das Problem der Wahrnehmung bzw. der Beobachtung des Schnittstellenproblems. Mit perspektivischer Vorgangsweise versucht Weibel sich dem Codierungsproblem der Welt zu nähern und seine Lösungsversuche über die Kunst in interdisziplinären Zonen zur Debatte zu stellen. In diesem Zusammenhang erschien mir die exakte Beschreibung der Werke und Projekte, von denen viele nicht mehr materiell existieren, wichtiger, als ausschliesslich interpretatorische Analysen zu erstellen. Im Werkverzeichnis sind neben den Materialangaben auch Ausstellungen und Literatur angeführt. Dazu sind einige Arbeiten, die vor 1982 entstanden sind, erwähnt, sofern sie zu einem besseren Verständnis des späteren künstlerischen Werdegangs beitragen. Einzelne Werkperioden sind mit ausgewählten Aufsätzen des Künstlers im Bildteil ergänzt.
Dem reich illustrierten Katalogteil sind einführende kunsttheoretische Texte zu Künstler und Werk von Thomas Dreher und Ludwig Seyfarth sowie meine Einführung vorangestellt. Thomas Dreher reflektiert in seinem Beitrag Weibels Entwicklung von den Closed Circuits zu den reaktiven Installationen und stellt diese in Beziehung zur Systemtheorie des Soziologen Niklas Luhmann. Ludwig Seyfarth hingegen analysiert zusammenhängend die medien- und kunsttheoretischen Kommentare Peter Weibels und deren aktuelle Rezeption und Diskussion in Fachkreisen der verschiedensten Disziplinen. Den beiden Autoren spreche ich dafür meinen herzlichen Dank aus.
Meinen Verlegern Klaus Strickner (Hamburg) und Lucas Gehrmann (Wien) sowie dem Graphik-Büro Dempf &Turek - im besonderen Alexander Ströck (Wien) - danke ich für ihre Geduld und gute Zusammenarbeit. Bei Nicola Mayr und Thomas Feuerstein möchte ich mich bedanken, dass sie mich bei Anzeichen spürbarer Resignation während der Entstehung des Buches stets mit freundschaftlichem Zuspruch zur Weiterarbeit ermutigten.

Hier wäre normalerweise auch die Stelle, an der man dem Künstler für seine Mitarbeit danken möchte. Doch statt dessen habe ich eine seltsame Erfahrung gemacht. Der Künstler hat über Jahre hinweg die Fertigstellung des Buches aktiv willentlich behindert. Der zeitlich zu bearbeitende Werkabschnitt wurde immer länger - plante ich ursprünglich, das Projekt 1993 abzuschliessen, so musste ich den Werkabschnitt auf den Zeitraum von 1982 bis 1996 ausdehnen. Einer der Gründe dieser Verzögerung geht auf das Konto des Künstlers selbst, der (aus Widerstand gegenüber seinem eigenem Werk?) immer wieder den Zugang zum Material blockiert hat. Mir ist kein anderer Gegenwartskünstler bekannt, der so bewusst und unbewusst sein eigenes Werk mit so viel Gleichgültigkeit behandelt und auch so sehr den Versuch unternimmt, die Spuren seiner Produktion zu löschen. Auch seine allseits bekannte "Nicht-Erreichbarkeit" war für mein Vorhaben nicht sonderlich fördernd. Wegen dieses Verhaltens begann für mich ein mühseliges Zusammensuchen des Dokumentationsmaterials. In vielen Fällen gab es keine Dokumentationsfotos oder das vorhandene Material war in derart schlechtem Zustand, dass seine Reproduktionsfähigkeit nur durch geschicktes Retuschieren wieder herzustellen war bzw. Reproduktionen aus alten Katalogen angefertigt werden mussten. Angesichts des Umstandes, dass dieser Künstler die Dokumentation seiner künstlerischen Produktion mit so viel Verachtung straft und es (trotz zahlreicher Vorträge mit globaler Reichweite) kaum archiviert, wundert es mich nicht, dass dieses Werk bisher nur skizzenhaft dokumentiert ist.
Peter Weibel. Bildwelten 1982-1996 entzerrt ein Paradox des gegenwärtigen Medienzeitalters, indem erstmals das relativ unbekannte Werk eines medial bekannten Künstlers der Kunsthistoriographie zugänglich gemacht wird.

Romana Schuler
Wien, im Juli 1996



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