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Das Babylonprojekt


© by FRANZ KRAHBERGER


Das Admonter Programm


  • Die Kozeptionisten
  • Der geistige Raum
  • Das Wort

    Die Konzeptionisten

    ·^·


    Barocke, "multimediale" Ensemble entstanden aus dem kalkulierten Zusammenspiel von Architektur, Illusionsarchitektur, Innenausstattung, Malerei und von Skulpturen. Sie sind Gesamtkunstwerke, die in ihrer Bedeutung über sich hinausweisen. Sie sind Anlagen, die über ihre künstlerische Erscheinung hinaus mit Bedeutungen aufgeladen sind. Sie sind Träger von Programmen. Man muß sie als philosophische, weltanschauliche und theologische Informationsträger betrachten und entschlüsseln. Sie sind, ebenso wie die barocke Parkanlage, Anlagen und Konstruktionen des Geistes, einer virtuellen Idee. Sie sind Träger einer propagandistischen Aufgabe, die letztendlich der Wiedererrichtung und Bewahrung des katholischen Glaubens dient.
    Das Barock wurde aus der gegenreformatorischen Anstrengung heraus entwickelt und behauptete so die zentrale Position der katholischen Kirche über weitere Jahrhunderte hinweg.

    Als Prototyp und Vorbild barocker Klosteranlagen gilt nach gesicherten kunsthistorischen Quellen der Escorial.
    Dieser von Philipp dem II. geplante Bau wurde 1584 fertiggestellt und sollte fortan als gegenreformatorisches Aktionszentrum genutzt werden und wirken.
    Der Escorial gilt als Programmbau und Träger der damit verbundenen Bedeutungen.Wesentlicher Bestandteil des Escorials war die Bibliothek und zugehörige Druckerei, die auch dem Wunsch des Königs nach umfassender Archivierung und Informationssammlung zu entsprechen hatte.
    Der Humanist Juan Páez Castro hatte bereits 1556 dem jungen König Philipp geraten, eine Bibliothek zu gründen. Castro schlug auch ein Ausstattungsprogramm vor. Diesem Programm nach sollten im ersten Saal, der als Aufstellungsort von Werken der Theologie und der Philosophie vorgesehen war, Theologen, Kirchenväter, andere Heilige und der im Tempel lehrende Christus, dargestellt werden.
    Der zweite Saal, der für Werke zur Kosmographie, Botanik, Geographie und Astrologie, Karten, Globen, astrologische Geräte, Antiken- und Kuriositätensammlungen vorgesehen war, sollte mit Darstellungen des Stifters, von Gelehrten, der Künste und der Wissenschaften, von Seefahrern und Entdeckern ausgestattet werden. Als zentrales Thema dieses Saales war die Schöpfung vorgegeben. Der dritte Saal, in dem das Staats- und Geheimarchiv eingerichtet werden sollte, wäre mit Staatsmännern, Herrschern der Antike und der Gegenwart auszustatten. (Studia Iconologica, Cornelia von der Osten Sacken)

    Die Biblitothek des Escorial, die weltliches und geistliches verbindet, wurde als "Tempel der Wissenschaft" angelegt.

    Viele der Elemente dieses Programms werden wir in Admont wiederfinden. Ich führe das Beispiel des Escorial an, um zu zeigen, daß der gegenreformatische Entwurf über Jahrhunderte hinweg eine Rolle spielte und im späten 18.Jahrhundert nochmals in Admont abschliessend zur Ausführung kam. Der Schweizer Kunsthistoriker Paul Hofer läßt in seinem Text über den barocken Raum in der Plastik mit den vier letzten Dingen, mit der Figurengruppe Tod, Gericht, Hölle oder Auferstehung des Johann Taddäus Stammel fertiggestellt1760, das Barock endgültig ausklingen. (Beitrag in Die Kunstformen des Barockzeitalters, Sammlung Dalp, 1956)

    Nicht zu übersehen in der Ausführung des gegenreformatorischen Entwurfs ist die führende Rolle der Jesuiten, die auch im vorliegenden Text einen entsprechenden Hintergrund bilden wird. Die Soceita Jesu wurde 1534 vom Spanier Ignatius von Loyola begründet.
    Der Jesuitenpater Claude Clement (1596-1642) erhält seine ersten Anregungen für seine für die Entwicklung barocker Bibliotheken nicht unwesentliche Schrift Musei sive Bibliothecae tam privatae quam publicae extructio, instructio... aus der genauen Kenntnis der spanischen Escorial Bibliothek. Clement entwickelte einen piktoralen Katalog. Sein Klassifikationsschema wurde von einem nächsten Jesuiten, Jean Garnier weiterentwickelt und ging in die Bibliotheksgeschichte als "Französisches Klassifikationssystem" ein. Mathilde V.Rovelstad, emeritierte Professorin der School of Library and Information Science der Catholic University of America in Washington, führt in ihrer Studie über Claude Clement die Bibliotheken von Admont und von Strahov in Prag, sowie zwei weitere deutsche Klosterbibliotheken als Beispiele an, an denen sich die Ideen und Vorschläge und das Konzept der hybriden Bibliothek Clements rekonstruieren liessen. Ich habe leider die Schrift Claude Clements weder in Admont noch in der österreichischen Nationalbibliothek vorgefunden.

    Vorlagenbücher haben in der Entfaltung des Barock eine wichtige Rolle gespielt. Nach Wilhelm Mrazek zählt etwa die Ikonologie Cesare Ripas zu den wichtigsten Schlüsselwerken für die Deutung von Konzepten. Die Iconologia overo descrittione d'imagini dellevirtu, vitii, affetti, passioni humane, corpi celeste. mondo e sue parti erschien 1611 in Padua.

    Im Bücherbestand des Stiftes Admont befindet sich die deutschsprachige Ausgabe der Iconologia, gedruckt und verlegt von Wilhelm Serlin in Frankfurt im Jahre 1669. Und es ist auch anzunehmen, dass diese Ausgabe zu etwa derselben Zeit in den Bestand der Bibliothek wanderte. Die Admonter Bibliothekare waren ueber Neuerscheinungen gut informiert und kauften Wichtiges und Wesentliches rasch zu.
    Die Bilder-Sprach des Cesare Ripa von Perusien und Ritters von St.Maurizio und Lazaro beinhaltete "Allerhand anmuthige Ausbildungen von den fürnehmsten Tugenden, Lastern, menschlichen Begierden, Wissenschaften, Künsten, Lehren, Elementen,himmlischen Cörpern, Italienischen Landschaften, Flüssen" die "ganz sinnreich vorgestellet und aus den bewehrtesten Scribenten erkläret werden." und weiter
    "Allen Rednern, Predigern, Poeten, Kupfferstechern, Mahlern, Reissern und dergleichen Künstlern insgemein und einem jeden Studierenden insonderheit zu erfindung artlicher Gedanken, nachdencklicher Sinnbilder und anderen sothanen Vorhaben auf Hochzeiten, Leichebegängnissen und anderen fürfallenden Begebenheiten so hochnützlich als ergötzlich zu gebrauchen."
    Die Ikonologie Ripas wird auch von den deutschen Kunstwissenschaftlern Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) und Johann Georg Sulzer (1720-1779) als Bibel der Künstler ausgewiesen. Winckelmann und Sulzer haben jedoch zu der fortdauernden Nutzung vorgegebener Allegorien bereits einen kritischen Standpunkt eingenommen und mehr Eigenständigkeit und Kreativität der Künstler eingefordert.

    Ein weiteres wichtiges Vorlagen bzw. Lehrbuch habe ich in Admont vorgefunden. Nämlich "Der Mahler und Baumeister Perspektiv" des Jesuiten Fraters Andrea Pozzo, gestochen vom CalcographenJohann Buxbartj und verlegt bei Jeremias Wolff, Kunsthändler zu Augsburg, "worinnen gezeiget wird, wie man auf das dergeschwindest und leichteste alles was zur Architektur und Baukunst gehöret ins Perspectiv bringen solle / Inventiert, gezeichnet und erstlich herausgegeben in Rom von dem vortrefflichen Andrea Pozzo, der Soc.Jesu Fratre."

    Diese Schrift beinhaltet sowohl die Grundlagen der Perspektive wie auch die zeichnerische Konstruktion barocker Architekuren bis hin zu Scheinarchitekturen, verbunden mit praktischen Ratsschlägen etwa für die Herstellung von Fresken. Der italienische Maler, Architekt und Kunstschriftsteller Andrea del Pozzo (1642 - 1709) wirkte vorerst in Rom und schuf hier das Deckengemälde am Tonnengewölbe von San Ignazio in Rom (1685). Hier gelang es Pozzo die Übergänge von der wirklichen Architektur zur gemalten Scheinarchitektur völlig zu verwischen und die Illusion des offenen Himmelsraum durch Malerei vollständig herzustellen. Diese Arbeit Pozzo’s zählt zu den Spitzenleistungen des römischen Hochbarock und beeinflusste die Entwicklung der europäischen Deckenfreskomalerei entscheidend. Pozzo hatte auch großen Einfluss auf den süddeutschen und den böhmischen Raum. 1695 bis 1699 wurde der Altar von Il Gesu in Rom nach Entwürfen von Andrea Pozzo errichtet. 1702 wurde Pozzo nach Wien berufen und malte hier in der Jesuitenkirche bei der alten Universität und im Gartenschloß Liechtenstein, heute Museum Moderner Kunst, illusionistische Deckenbilder. Er zeichnete auch verantwortlich für die architektonische Neugestaltung der Fassade der Jesuitenkirche und deren Innenausstattung.
    Sein zweibändiges Werk "Perspectivo pictorum et architektorum" (1693-1700) erschien in vielen Auflagen und Sprachen. Selbst eine chinesische Ausgabe soll es geben. Das Werk zählt zu den einflussreichsten Schriften für die Entwicklung der bildenden Kunst im 18.Jahrhundert. Es ermoeglichte den Technologietransfer aus dem italienischen in den gesamteuropäischen Raum.

    Die Freskenmaler Michael Rottmayr, Daniel Gran, Paul Troger, Martin Johann Schmidt, Franz Anton Maulbertsch, Bartholomeo Altomonte setzten die Kunst Pozzos fort und führten sie zu einer letzten Blüte.

    Ein weiteres wichtiges Werk und Vorlagenbuch war ebenfalls zur Zeit der Errichtung des Bibliotheksbaus in Admont vorhanden und diente dem Bildhauer Josef Stammel als Vorlage zur Gestaltung der Konsolbüsten.

    Es handelt sich um "Teutsche Akademie" des Malers und Kunstschriftstellers Joachim von Sandrart. Dieses Werk wurde von Abt Adalbert für die Bibliothek erworben und in den Bestand einverleibt. Die "Teutsche Akademie" ist eine Sammlung von Biographien historischer Künstlerpersönlichkeiten, von Darstellungen klassischer und antiker Bauwerke, Skulpturen, eine Sammlung von Allegorien und beinhaltet auch eine Kurzfassung der Ovidschen Metamorphosen. Es ist sowohl eine Art frühes Kunstlexikon wie auch Vorlagenbuch.

    Allein aus diesen drei verfügbaren Werken konnten sich die Admonter Patres ein gutes Bild über den Stand der zeitgenössischen Künste und deren Interpretation der klassischen Vorbilder und deren Quellen machen.

    Den tatsächlichen Inventor des Programms in Admont fest zu machen, ist nie so richtig gelungen und wird auch endgültig nicht feststellbar sein.
    Es wird wohl so gewesen sein wie auch in der Errichtung der Escorial Bibliothek, dass der Maler, der Architekt, der Bibliothekar und der Abt das Programm in enger Zusammenarbeit entwickelten und der eine seine Wünsche und Kenntnisse und die anderen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten einbrachten.

    Bartholomeo Altomonte hat hier sicherlich eine wichtige Rolle gespielt. Ihn als alleinigen Programminventor festzuschreiben, reichen die vorliegenden Materialien nicht aus, bzw. bergen zu viele Unsicherheiten in sich.

    Der Inhalt der barocken Freskenmalerei galt alles, die künstlerische Form wurde erst in zweiter Linie gewertet. Diese Einstellung zieht auch die immer die Frage nach dem Inventor als eigentlichen Creator nach sich.
    Eine Grundlage allen barocken Freskenschaffens ist das Concetto des Horaz "ut pictura poesis - ut poesis pictura", also die bildnerische Poesie und die poetische Bildnerei". H. von Blankenburg, der Verfasser der literarischen Zusätze in Johann Georg Sulzers Theorie der schönen Künste nennt die Allegorie malerische Dichtung und stellt fest, daß "der wirkliche Künstler ebensogut als der eigentliche Dichter bei allen seinen Werken, mehr oder weniger Dichter ist".

    Der Prorektor Freiherr von Sonnenfels hielt 1768 an der kaiserlich & königlichen Kupferstecher Akademie eine Rede, in der er die jungen Künstler zur Lektüre aufforderte und die erworbenen künstlerischen Fertigkeiten durch zusätzliche Bildung brauchbar zu machen. Denn das Ideal der ihm vorschwebenden Kunst erreiche man nur dann, wenn "der Geist durch die Lesung der besten Schriften des Altertums und der neueren Zeit genähret werde." (siehe Wilhelm Mrazek; Ikonologie der barocken Deckenmalerei)
    Voraussetzung für einen guten Konzeptionisten ist profunde historische Kenntnis und die Rezeption der klassischen Autoren. Er muss auch rhetorische und poetische Fähigkeiten haben " um die Dinge ordentlich und anschaulich vorzustellen und klar und übersichtlich zu ordnen".

    Etwa zur Zeit Bartolomeo Altomontes lebten zwei bedeutende Konzeptualisten. Der unter Josef.I und Karl.VI tätige Medaillen- und Antikeninspektor Karl Gustav Heräus war ein ausgesprochener Polyhistor und erbrachte Leistungen in Dichtung, Grammatik und wirkte als Epitaphist, Naturforscher und Theologe. Er war Fischer von Erlach eng verbunden und verfasste den Text zu dessen Entwurf einer historischen Architektur.

    Der zweite ist der Hofgelehrte Conrad Adolf Albrecht von Albrechtsberg. Von ihm ist ein 1730 entstandenes Manuskript, der Codex 7853 in der österreichischen Nationalbibliothek erhalten. Dieser Codex enthält nach der Information von Wilhelm Mrazek Beschreibungen von Kameen und römischen Inschriften ebenso wie die Konzepte zur Ausschmückung von 15 Bauwerken und Denkmälern unter anderem der Karlskirche und der Hofbibliothek, des heutigen Prunksaales der Nationalbibliotheks, der von Fischer von Erlach errichtet wurde. Die Fresken wurden von Daniel Gran ausgeführt.

    Das von Albrechtsberg ausgearbeitete allegorisch-mythologische Konzept wurde von Gran in einer Kurzfassung dem Sankt Florianer Probst Johann Georg Wiesmayr verehrt. Wiesmayr übermittelte im Gegenzug einen Entwurf zu einem Deckenfresko des Typus "connubium virtutis ac scientia" zur Begutachtung und mit der Bitte um Ratschlag. Gran änderte die Vorstellungen ab, empfahl anstatt der Dreiteilung ein einziges grosses Bild zu schaffen, gab ausführliche und präzise Anweisungen für jede der einzelnen darzustellenden Gestalten und deren Attribute und skizzierte die Komposition. Historische Quelle und Vorlage war wiederum die Ikonologie des Cesare Ripa. Daniel Gran gilt als Inventor des Sankt Florianer Deckenfreskos. Mit der Ausführung des Freskos wurde Bartholomeo Altomonte betraut.
    Wilhelm Mrazek kommt durch Vergleich der Altomontinischen Darstellungen in St.Florian mit den Abbildungen in der Iconologia Ripas zum Schluss, das Altomonte bis in die kleinste Eigenheit geradezu ängstlich dem ikonologischen Vorbild Ripas gefolgt wäre.

    "Der Maler hat eben nicht selbstständig aus den Tiefen seines Erlebens etwas zu gestalten, etwas Bild werden zu lassen, sondern er hatte eine ganz bestimmte Weltanschauung mit den Mitteln der Kunst zu interpretieren. Von hier aus ist auch die Bedeutung der Ikonographie in dieser Arbeit zu verstehen; sie ist nichts Selbstständiges, sondern fügt sich mit den räumlichen dekorativen Elementen zusammen in der Gesamtheit des ganzen Bibliotheksraumes". (Gert Adriani - Die Klosterbibliotheken des Spätbarock in Österreich und Süddeutschland; Graz 1935)

    Es dürfte auch mehr dem Bedürfnis der heutigen Sehweise entsprechen, den Umfang der künstlerischen Leistung exakt personell fest zu legen, während dem in Admont alle Beteiligten einem inhaltlich mehr oder minder vorgegebenem Kanon zu folgen hatten.

    Edgar Lehmann schreibt ebenso in seiner im Sitzungbericht der deutschen Akademie der Wissenschaft zu Berlin, Jahrgang 1946, Heft 3, enthaltenen Studie, daß sich Altomonte genau an die Ausführungen Grans gehalten habe.

    Für die Bilder der Deckenkehle hatte Gran jedoch nur Darstellungen von "Wissenschaften" empfohlen und benannt, ohne diese im einzelnen zu beschreiben oder festzulegen, je eine in den Stichkappen der Kehle. Altomonte war in der Auswahl dieser Allegorien relativ und in ihrer Ausführung völlig frei.

    Lehmann hält die Ähnlichkeit der Darstellungen mit der später im Linzer Jesuitenkloster, in Engelszell und in Admont ausgeführten Freskierung fest: etwa die Gruppe der "Historie" mit dem Stilleben der Archäologie, die Astronomie, die Rhetorik usw. 1747 entwickelte Altomonte die Figuren der "Wissenschaften" und deren Attribute, wie er sie auch dann in seinem admontischen Spätwerk verwendete.
    Der Programmtyp des Verlöbnisses von Wissenschaft und Tugend, des "conubiums virtutis ac scientiae" wird von Bartolomeo Altomonte im weiteren beibehalten und wird in den folgenden Bibliotheksprogrammen von Linz (1760) und Engelszell (ebenso 1760) und Admont 1776 erneut dem architektonischen Rahmen und verfügbaren Platz angepasst bzw. erweitert ausgeführt.

    Am 10.2.1742 richtet Altomonte über Vermittlung des Baumeisters Hayberger betreffend der Bibliotheksausstattung mit Fresken ein Schreiben an den Admonter Abt Anton II, Meynersberg und übersendet seine "wenigen gedankhen" zu einem Programm der Deckenfresken. Ob diese Freskierung des Hayberger Bibliothekssaales dann von Altomonte auch ausgeführt wurde, ist nicht bezeugt.
    Dieser Saal ist nicht mehr vorhanden. Martin Mannewitz nimmt jedoch an, das Abt Anton II mit den damaligen Vorstellungen Altomontes nicht einverstanden war und im weiteren Kontakt zu dem Augsburger Maler Gottfried Bernhard Göz auffnimmt, und bei ihm eine Serie grossformatig gemalter Kirchenlehrer in Auftrag gibt.

    Erst Abt Matthäus Ofner, der Bauherr des heute noch bestehenden Bibliothekssaals nimmt wieder Verbindung zu Altomonte auf und schliesst mit diesem und mit dem Maler des Rahmenwerks Johann Dallinger , einen Vertrag folgenden Inhaltes:

    "anheut zu ende gesetzten dato ist zwischen seiner Hochwürden und Gnaden dem Herrn Prälaten zu Admont einerseits und den Herrn Bartholomä Altomonte und Johan georg Dallicher andererseits nachstehende Verabredung gepflogen und Einverständnis getroffen worden: als erstlich übernimmt Herr Altomonte das Gemählde in der Bibliothek des löblichen Stiftes Admont und die Direction hierüber und verspricht das Feld nach der ihm beywohnenden Kunst zu mahlen, die invention und austheilung nach dem ihm vorgelegten synoptischen Plan selbst zu machen, hierüber die Skizzen zu verfassen und vorleuffig zur approbiation fürzuweisen und dise ganze arbeit binnen zweier sommer in vollkommenen stande zu setzen. Ingleichen verspricht Herr Dallicher, zu obigen siben Kuppeln alle erforderliche architektur und ornamenten, wie auch die Fensterspaleten und Gurten gut und fleißig zu mahlen, die skize vorleuffig zur approbiation einzuschicken und gleichfalls die arbeit in zwei sommer zu vollenden... Stift Admont den 3.August 1774

    Auch über den Baumeister der Bibliothek, den Grazer Joseph Hueber lassen sich wieder Verbindungen zu dem kleinen Kreis der führenden Barockbaumeister und den damit verbundenen Künstlern herstellen. Sein Vater Sebastian Hueber hatte beste Beziehungen zu Lucas von Hildebrandt. Dies dürfte auch den grossen Einfluss der Hildebrandtschen Architektur auf das Hueberische Werk mit ausmachen.

    Wir konnten also den Inventor eines Programms nie wirklich exakt festlegen. Mit Sicherheit kann man sagen, das es ein kleiner Kreis von Künstlern, Architekten, Wissenschaftern und Bauherren war, die imstande waren den wesentlichen Erfahrungs- und Wissenshorizont der Zeit in gegenständliche und damit für alle anschauliche Kunst umzusetzen.

    In den abschliessenden Bemerkungen seiner Studie Ikonologie der barocken Deckenmalerei, die in der Sitzung vom 20.Juni 1951 der philosophisch historischen Klasse der österreichischen Akademie der Wissenschaften vorgelegt wurde, zeichnet Wilhelm Mrazek als Quellgrund derartiger Kunstformen ein religiös ausgerichtetes Bewusstsein, "dem die innige Beziehung und Übereinstimmung der großen und der kleinen Welt eine Erkenntnis- und Erlebensgrundlage ist...Dem allegorischen Prinzip erscheint eben nichts isoliert, überallhin entstehen Relationen, allen Erscheinungsformen kommt symbolische Bedeutung zu, die Natur und die Schöpfung selbst sind nur ein Gleichnis für das Göttliche. Dieses religiös-weltanschauliche Urverhalten des Menschen entspringt und mündet letztlich in dem von einer theologischen Philosophie der analogia entis, der begrifflich letzten Aussage über das Verhältnis von Gott und Schöpfung."

    Der geistige Raum

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    Im wesentlichen wäre eigentlich nur der Raum nötig, eine entsprechende Anzahl von gut zugänglichen Regalen, ein Aufstellungsystem, das Grösse und Volumen der Bücher, deren Inhalte und deren Autoren berücksichtigt.
    So die einfache räumliche Struktur einer Bibliothek. Das schafft vielleicht einen praktikablen und sicheren Aufbewahrungsort, jedoch noch lange keinen geistigen Raum.

    Der Admonter Bibliothekssaal entfaltet im ersten Eindruck Pomp, Pracht und Prunk, alle Eigenschaften des Barocks, jener Kunstrichtung also, die die österreichische Kulturlandschaft so nachhaltig geprägt hat. Ein Gesamtkunstwerk wurde hier eingerichtet, daß die bildenden Künste, die Architektur und die Welt des Buches auf der Höhe jener Zeit in Eins zusammenzieht und damit ein multimediales Ensemble bildet.
    Und doch dient alles der Präsentation des Buches, der vielen hier versammelten Bänden. Diese verschwinden nicht in der Tiefe der Regale, ihre aneinandergereihten Rücken sind in das Erscheinungsbild der Bibliothek einkalkuliert. Die strenge einheitliche Struktur der gereihten Bücher und des aus Paralleogrammen und Trapezen gefügten virtuellen Bodens bilden den substantiellen Körper des Raumes.

    Dieser eigenartige Boden, der je nach Standort und Blickwinkel unterschiedliche räumliche Erscheinungsformen annimmt, hat mich einige Zeitlang beschäftigt.
    Ich habe in einer Ausgabe von Keplers "Harmonici mundi", die auch eine Reihe virtueller geometrischer Strukturen beinhaltet, die Elemente dieses Bodens wieder gefunden. Und eben dieselbe Struktur fand ich an der Oberfläche eines Granaten, den ich mir aus einem dem Kloster nahegelegenen Gebirgsbach geholt habe. Die Struktur von Edelsteinen und von Halbedelsteinen spielte eine wesentliche Rolle im naturwissenschaftlichen Denken des Mittelalters. Sie drückten die Schöpfung in höchster Klar- und Reinheit aus und fanden in dieser Interpretaton auch Eingang etwa in die Ästhethik des Thomas von Aquin.

    Nehmen Sie ein Buch zur Hand, öffnen Sie es mit dem Rücken auf Sie zu gerichtet, neigen Sie es etwa um 45 Grd, schauen Sie von oben drauf. Die oberen Buchkanten ergänzen Sie zu einem Trapez, das auf den Parallogrammen der Buchdeckeln aufsetzt. Diese Struktur stellen Sie sich nach vorne, nach rechts und links und nach rückwärts fortgesetzt. Damit können Sie sich der Struktur und der Erscheinung dieses virtuellen Bodens annähern.

    Ich neige dazu, diesen Boden für einen wesentlichen Teil des Raum & Sinnkonzeptes zu halten. Der Boden ist nicht einfach eine Fläche, auf der man steht und von dem aus links und rechts und oben wahrzuhaben sind, der Boden bildet einen zusätzliche virtuelle Raumhülle. Man bewegt sich nicht auf dem Boden , sondern vielmehr (mit dem Boden) im Raum. Dieser Boden ist wesentliches Konstruktionselement des geistigen Raumes. Ich habe davon mehrere Videoaufnahmen gemacht. In einer Einstellung führte ich die Kamera in einer streng kreisförmigen Bewegung über diesen Boden und konnte damit regelmässige kubische Metamorphosen erzeugen, die, bedingt durch die Struktur des Bodens , ein vereinfachte Darstellung des menschlichen Körpers, also Rumpf und Entitäten, ergaben. Ich habe diese Videosequenz dann folgerichtig mit der Vitruvischen Beschreibung des menschlichen Körpers, besser bekannt durch Leonardes Darstellung der menschlichen Gestalt, eingeschrieben in Quadrat und Kreis, versehen.

    Der obere Raum imganiert ebenso Weite, Öffnung, Ausblick. Über den abschliessenden Bögen der Bücherregale ist gemalte Illusionsarchitektur angesetzt. Seitliche Öffnungen und die grossen ovalen Aussparungen sollen den Eindruck einen Öffnung in das Blau des Himmels erwecken.
    In diesem Blau des Himmels sind auch die allegorischen Figuren der sieben Fresken frei in den gemalten Lüften schwebend dargestellt.
    Die ”Verschachtelung” und Komprimierung von Wissen und Darstellung ist eines der Themen, die die Beschäftigung mit dieser Bibliothek mit sich bringt.

    Der Universalismus war sich immer der Vielfalt der Gegenstände bewusst. Ebenso war er sich bewusst, daß eben die Vielfalt, die Quantität der Qualitäten die Auffassung übersteigt. So sah er sich gezwungen, Einteilungen und Orientierungshilfen zu entwickeln, Metastrukturen zu eröffnen und das vielfältige Ganze in überschaubaren Ordnungs- strukturen unterzubringen, sozusagen in den menschlichen Verstand einzuordnen, bzw. den menschlichen Verstand den Gegebenheiten der Erkenntnis anzupassen. Die Vielheit in Einem, also in der göttlichen Einheit zu bergen.

    Ich habe mich lange gefragt, warum in der Admonter Bibliothek, weder in den Fresken noch in Skulpturen eine Darstellung Gottes, jenes Wesens also, dem dieses ganze Ensemble huldigend dient, zu finden ist. Es gibt nur einen Hinweis auf IHN in Form eines kurzen hebräischen Wortes, der hebräischen Bezeichnung des Namens Gottes, der im Zentrum des zentralen Freskos der göttlichen Offenbarung angebracht ist, und damit den zentralen Punkt des gesamten Ensembles ausmacht.
    In diesem Zusammenhang ist auch von Interesse, dass der elliptische Rahmen der Fresken, die auch als Sphären angesehen werden, sich im zentralen Fresko der göttlichen Offenbarung weitgehend der Kreisform annähert.

    Thomas Leinkauf eröffnet uns in seinen 1992 erschienenen Studien zur Struktur der barocken Universalwissenschaft am Beispiel von Athnasius Kircher SJ (1602 - 1680) den geistesgeschichtlichen, wissenschaftstheoretischen und theologischen Horizont der barocken Weltanschauung und Weltbetrachtung.

    Kircher zeichnet das Bild Gottes in Form einer der geometrischen Intelligenz. Kreis und Sphäre bilden die absoluten Metaphern kombinatorisch-analogischer Abgeschlossenheit. Der Kreis ist das geometrische Symbol der Vollkommen-heit, des in sich Abgeschlossenseins und der vollständigen gegenseitigen Vermittlung von Einheit/Identität und Vielheit/Differenz in der Peripherie in Einem.
    Der Kreis war schon für das griechische Denken eine absolute Metapher der Kosmologie. Platon hat in seinem 10.Buch der Gesetze davon gesprochen, dass die alles durchwaltende und allem innewohnende Seele vermittelt dem Weltall eine sinnvolle, der Vernunft in ihrem Prinzip entsprechende, organisierende Bewegungsform, die vollkommene Kreisbe- wegung.
    Die metaphysisch - theologische Implikation der Kreisform umfaßt nach Leinkauf jene Theologumena, die zu den verbindlichen Kategorien jeder philosophischen Prinzipiendiskussion zählten: Ewigkeit, Einsförmigkeit, Abge-schlossenheit, Autarkie. Die Vermittlung von Einheit (Zentrum) und Vielheit (Peripheriepunkte) im Kreis- und Sphärenschema ist für das christliche Gottesverständnis wichtig geworden. In den Metaphern Kreis und Sphäre drücken sich verschiedene Aspekte des christlichen Gottesbegriffes wie Ewigkeit, Trinität und Parusie, nach Platon die Anwesenheit, die Gegenwart und das Dasein der Ideen in den Dingen, aus.
    Das Kreiselement ist selbstverständlich in Admont sowohl in der Form der Fresken, in der Raumgestaltung und mehrmals in der Symbolik des Schlangenrings, der Ewigkeit andeutet, zu finden.

    Den absoluten göttlichen Grund repräsentiert die Punkt- Einheit. Sie ist das absolute Zentrum, sie ist der Grund alles Hervorgehens. Kircher bestimmt diese Entfaltung der Einheit in ihr vollkommenes Bild, das imago puncti intimi als kugelfšrmigen, in allen Punkten absolut gleichen Wirkraum des Prinzips. Nehmen wir an, dass dieser zentrale Punkt des Freskos der göttlichen Offenbarung, durch einen schlichten hebräischen Schriftzug , der den Namen Gottes zeigt, repräsentiert wird.

    Kreis, Punkt-Einheit, Kugelform sind einerseits universelle Hülle sichtbarer Schöpfung und andererseits Übergangssphäre zur unbegreiflichen Gottheit. Die Geometrisierung der Gottesvorstellung lässt sich von den platonischen Formen herleiten. So nimmt es auch nicht wunder, daß ein aufgeklärter Künstler-Architekt, Etienne-Louis Boullee (1728-1799) die Kugelgestalt zur Verherrlichung Isaac Newtons, für den Entwurf des Cenotaphe a Newton, 1784, weiterhin beibehält.

    Zwischen 1851 und 1862 zeigt der englische Geograph und Kartograph James Wyld (1812 -1897) The Great Globe, eine 12 m im Durchmesser grosse Kugel, die innen hohl und begehbar ist. Auf der Innenfläche der Kugel ist das Abbild der Erde aufgemalt, während die Aussenfläche mit den goldenen Sternen des Firmaments verziert ist. In zusätzlichen Räumen wurden Landkarten, Globen, Atlanten und geographische Ansichten gezeigt. Des Äussere ist ins innere verkehrt. So wird dieses Panorama zu einer anschaulichen Metapher unserer Kreis und Kugelsymbolik. (Siehe Stephan Oettermann, Das Panoroma )

    Die nötige symbolische Geschlossenheit des Raumes wäre aber nichts ohne den Boden. Und dieser Boden bildet aus der Zweidimensionalität heraus eine dreidimensionalen Illusions-Raum aus, der dem Betrachter Stufen vorspiegelt, die jeweils in die Höhe streben, hin zu den Bücherborden, hinein in die Tiefen des Bibliotheksraumes.
    Die Einheit manifestiert sich in der Vielheit als Vernetzung des Vielen, als in sich gestufter Zusammenhang (catena rerum) und als dynamische Naturgesetzlichkeit. Die Catena rerum, die Kette der Dinge zeugt nach Leinkauf davon, dass das Eine im Anderen unter den Bedingungen des Anderen es selbst ist und umgekehrt. Das Unterste einer je höheren Seinsstufe ist im Höchsten der anschließenden niedrigen Stufe und zugleich das Höchste der niedrigen im Untersten der folgenden höheren Ordnung. Mit dem Begriff der catena ist der Topos der scala Jacobi, der Jakobsleiter verbunden, von der wir wissen, das sie uns zur Erkenntnis und letztendlich zu Gott führt, daß diese in der Genesis beschriebene Treppe Himmel und Erde verbindet.

    Diesen Topos hat auch Ludwig Wittgenstein noch in seinem tractatus logico-philosophicus 6.54 verwendet. Ich erwähne dies hier, weil Wittgenstein diesen Topos in Zusammenhang mit dem Unaussprechlichen, mit dem Mystischen, also jenem Bereich, der an das Göttliche rührt, nutzt.

    Auch die Teilung der Grundelemente des Bodens in Drei, die als Ganzes etwas ergeben, dass viel grösser als die Summe seiner Teile ist, lässt uns an die dreifaltige Ordnung des göttlichen Urgrunds denken.

    Wir wissen aus der Theologie des Athanasius Kircher in der Übertragung von Thomas Leinkauf, das seiner Vorstellung nach Gott zwar in der Welt wirkt, das die Welt in ihm jedoch nicht enthalten ist. Die Welt ist nichts ohne Gott und Gott selbst ist substantiell alles ohne Welt, da er ihr absoluter Grund ist. Alles was die Welt ist, ist das positiv verstandene Nichtsein Gottes, dass sich für uns symbolisch als unzugänglicher Punkt manifestiert.

    Die göttliche Geometrie führt uns an die Grenzen unserer menschlichen Ordnung. Sie zeigt uns unsere Begrenztheit in ihrer unendlichen Manifestation. Diese Manifestation des unendlichen und quasi göttlichen Bereichs kann nicht mehr mit menschlichen und weltlichen Abbildern vermittelt werden. Es bedarf der Abstraktion und der illusionistischen Annäherung. Die Ausstattung des Bibliotheksbodens eröffnet eine Parallele zur religiösen Kunst des Islam, zur Funktion des Ornaments, in dem sich die geheimen Formeln der Gottheit ausdrücken und wiederspiegeln.

    In gewisser Weise spiegelt der Boden auch eine Vorstellung göttlicher Schöpfung wieder. Alles was in der Welt ist, ist aus der Virtualität Gottes entstanden, so die christliche Vorstellung. Am Anfang war das Wort....
    Die Virtualität dieser Bodenanlage ist etwas, das eine dynamische dreidimensionale Ordnung aus der Ebene der zweiten Dimension heraus schafft. Natürlich bedient sie sich der Illusion und der Täuschung des betrachtenden Auges.

    So gesehen ist die Bodenanlage eine Metapher der sich in die Unendlichkeit entfaltenden göttlichen Schöpfung. Wir werden bewusst an den Punkt bzw. Ebene des Nicht Mehr Verstehens herangeführt, vom Gegenstand in die Welt der Ideen, an den Rand der menschlichen Erkenntnis, an dem Wittgenstein niederschreibt, das über das, von dem man nicht sprechen könne, man darüber schweigen müsse, bis sich nach Kirchers Vorstellung jener Vorgang der göttlichen Mitteilung wiederholt, und den Menschen das Licht einer neuerlichen göttlichen Offenbarung erkennen lässt.

    Bertrand Russel schreibt in seiner Geschichte der Philosophie, dass Theorie ursprünglich so etwas wie Schaulust bedeutete. Man könnte meinen, dass der Barock mit allen Mitteln der Kunst die Schaulust wieder herstellen möchte. Das "conubium virtutis ac scientiae", das Eheverlöbnis von Tugend und Wissenschaft ist jedoch vor allem eine artifizielle Inszenierung.

    Es wird nicht der Gegenstand gezeigt, es werden Zeichen, Ikonen und bildliche Metaphern eingesetzt die auf eine weitere Wirklichkeit hinweisen. So sind die Fresken auch als ein kombinatorisches Spiel von Metaphern und Abstraktionen und nicht von Wirklichkeiten anzusehen.
    Thomas Leinkauf erkennt in der Grundtendenz der barocken Zeit eine spielerische Variante.
    "Das spielerisch kalkulierende Kombinieren von Elementen zu Arrangements von kleinen, innerweltlichen Mikrokosmen, die in ihrer Abhängigkeit vom Deus calculans dessen geniale Schšpferleistung imitieren und in ihre Abständigkeit vom ungeordneten, unkalkulierbaren faktischen Sein dessen konstitutiven Mangel post lapsum momenthaft (Feste, Triumphzüge) oder in lokaler Isolation (Schloss- und Gartenarchitektur, Kunstwerke) ergänzen, ist eine wesentliche Signatur der Zeit. Das spielerische Konstruieren von durch kombinatorische Prozeduren geprägten Alphabeten, Anagrammen, Gedichten, das unmittelbar aus einer Verarbeitung lullistischer Prinzipen entspringt und häufig (bei den ernsten Autoren) nur den Nachweis von deren Nichtanwendungs-bezogener Stimmigkeit in sich liefern, steht in innerem Bezug zu der kompensatorischen Grundhaltung dieser Zeit, die existentielle Unsicherheit und semantische Überkomplizierung durch solche Freiräume besänftigen wollte."

    Dieses spielerische Kombinieren machen sich die Künstler, Inventoren und religiösen Auftraggeber zunutze, um den kombinierenden Gott omnia in omnibus, discors concordia, catena rerum, panspermia und dessen Wirken in der Welt symbolhaft und andeutungsweise darzustellen. Und es war da sicher auch ein lustvolles und einen hohen Rang von Bildung kündentes Deuten der Metaphern, Allegorien, Ikonen und deren Zusammenhänge. Wir können diese Ensemble auch als eine Art philosophisch-theologische Maschinen, als Anlagen ansehen, die den Diskurs der Inhalte und deren Kontext herausgefordert haben. Sie waren wohl so etwas wie ein Tempel der Weisheit und der Wissenden, wie ihn etwa auch Goethe im zweiten Buch der Wanderjahre des Wilhelm Meister beschreibt.

    Wir erleben ein kunstvolles Wechselspiel das sowohl der Ehre und der Grösse Gottes dient, das der Ehrfurcht vor der Schöpfung wecken soll, und zu sittlichem und wissenschaftlicheHandeln anleiten will.

    Die zentrale Stellung des Freskos der göttlichen Offenbarung legt auch die Ordnung der weiteren Fresken fest. Eins- Aurora oder das Erwachen des Geistes- und sieben - Die Künste und die Kunstfertigkeit - haben gegenüber dem zentralen Fresko allein schon räumlich eine periphere Position. Sie weisen im Kern zurück in die griechische Mythologie, in eine animistische Naturvorstellung, die die Naturgewalten mit göttlichen Wesen beseelt sieht und erfährt. Der Mensch erlebt die göttliche Allmacht in der in umgebenden Natur. So sind zum Beispiel Poseidon und Aurora Metaphern für Erscheinungsformen der Natur, für die Naturgewalt des Meeres und des belebenden Lichtes. So gesehen bildet die Natur, als umfassender Ausdruck der göttlichen Schöpfung den Horizont der göttlichen Zentraldarstellung. Aus ihr, aus der Bewusstmachung des Schlafenden, aus der Erweckung des Morpheus durch Aurora, durch die Morgenräte entsteht das Wissen um die Natur und im weiteren um die Allgegenwärtigkeit Gottes und der im zugeordneten Attribute, die wiederum das Verhalten der Menschen regeln, in gute und böse Handlungen unterscheiden lässt.
    Die von Altomonte für die Freskierung verwendete Farbenpalette erinnerte mich an die Farben der tatsächlichen Morgenröte, jenes spektral aufgelösten Frühlichtes, dass von der Farbe ähnlich dem Regenbogen, flach und parallel zum Boden im Morgen erscheint. Man kann es nur im mediteranen Süden sehen. Ich habe es in der Carmague gesehen. Altomonte war es mit Sicherheit bekannt, verbrachte er doch einige Zeit mit seinem Vater in der Werkstätte des grossen neapolitanischen Barockmalers Francesco Solimena.
    Die am südlichsten und nördlichsten angebrachten Fresken weisen in die vorchristliche Zeit, hin zu den antiken Quellen humanistischer Kulturvorstellungen, sie werden davon geradezu dominiert. In den Fresken sechs, fünf und vier bestimmt die christliche und wissenschaftliche Ikonographie.
    Zwei - Philosophie und Geschichte - und drei - Geistliches und weltliches Recht - vermitteln eine eigentümliche Verwebung ziviler Wissenschaften und griechischer Mythologie, die jedoch wesentlich zum Charakteristikum des Humanismus zählt.

    Man kann davon ausgehen, daß das Admonter Bibliotheksfresko der Ideologie des Barock entsprechend eine harmonische Verbindung von Humanismus und christlichem Dogma festschreibt.

    Die unterschiedlichen Ebenen werden nicht als einander wiederstrebende Gegensätze vorgeführt. Sie ergänzen einander. Die griechische Mythologie wird zur Metapher der natürlichen Schöpfung, der menschlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten, der Notwendigkeiten des Gemeinwesens und der damit verbundenen Ordnungsgeister.

    Die Darstellung der Zeitvorstellung in Form von Kronos und deren Gegenüberstellung der christlichen Eschatologie ist noch gesondert zu reflektieren. In der griechischen mythologischen Vorstellung vollzieht sich die Wiederkehr des ewig Gleichen, die Schlange, die ihren Schwanz verschluckt und damit in einen unauflösbaren Zeit- kreislauf gerät, während dem die christliche Vorstellung einer finalen endgültigen Verwandlung zu strebt.

    Von wesentlichem Interesse ist auch die Verschiebung der Metaphern bzw. der Bedeutungen. Während im mythologischen und wissenschaftlichem Bereich Analogien zur natürlichen und zur menschlichen Welt auftreten, verschwinden diese im göttlichen Bereich völlig. An ihre Stelle treten die göttlichen Tugenden, die dem Menschen zur Pflicht auferlegt werden, die die Grundlage einer theologisch fundierten Ethik bilden, deren Verletzung eben Sünde bedeutet.Die Repräsentanten der göttlichen Offenbarung in Form der Propheten, der Evangelisten, der Kirchenväter füllen das vierte, zentrale Fresko aus. Sie sind die Verkünder des göttlichen Willens und die Bewahrer der wahren Schriftlichkeit. Gott ist nur mehr in einem kurzen hebräischen Wort angedeutet.

    Auch in Zusammenhang mit den zivilen Wissenschaft wird klar gemacht, daß weltliches Recht vor Gott allein nicht genügt.
    So steht dem Fresko der Jurisprudenz, in dem zu beiden Teilen weltliches und kirchliches Recht wie auch als mythologische Verankerung des Rechts Pallas Athene versammelt sind, das Fresko der Theologie - fünf - symmetrisch gegenüber, bezogen auf die Siebenteilung des Gesamtfreskos.

    Menschenrecht ist also nicht Gottesrecht und Menschenwelt ist nicht der göttliche Bereich. Und dieser göttliche Bereich ist auch keine Analogie für irgendwelche Naturerscheinungen. Das ist wohl die am schwersten zu verstehende Botschaft, die uns der christliche Glaube vermitteln will. Athanasius Kircher hat uns bereits klar gemacht, das Gott ausserhalb der Welt ist und doch alles, das innerhalb der Welt ist, von ihm stammt.

    Die Anordnung der Fresken stellt also eine hierarchische Ordnung von Wissensgebieten dar, die in der Positionierung eine Wertung vornimmt.
    Die Wertung ist eindeutig. Natur steht am Rand. Dem folgen die menschlichen Fertigkeiten, die Sprache und die Künste, die Philosophie, die Naturwissenschaften, die Gesellschaftswissenschaften. Erst im Übergang über die Ethik und das Recht entfaltet sich der zentrale göttliche Bereich.

    Das der benediktinischen Wissenschaftstradition im medizinischen Bereich am nächsten stehende Fresko dürfte wohl das Fresko VI "Die Medizin" sein.
    Alexander von Humboldt schreibt in seinem Kosmos Band 2, daß die nestoranische Schule von Edessa die naturwissenschaftliche Untersuchung der Heilstoffe aus dem Mineral- und Pflanzenreich erweckte. Diese medizinische Schule diente den Benediktinern von Monte Casino und Salerno als Vorbild zur Einrichtung ihrer medizinischen Schule und Forschungen.
    Der Inhalt des Freskos VI ist wesentlich der Heilkräuterkunde, der Botanik, der Chemie gewidmet. Ebenso findet sich hier emblematisch die Gesteinskunde und die Mineralogie. Mathematik, Physik, Sternenkunde, Geographie, Arithmetik und Baukunst runden den wissenschaftlichen und technischen Kreis ab. Der Schwerpunkt des Freskos ist jedoch eindeutig der Kräuterheilkunde gewidmet.

    In diesem Zusammenhang könnte auch das Naturalienkabinett des Stiftes Admont betrachtet werden, das die benediktinsche Tradition der naturwissenschaftlichen Auseinandersetzung in sammelnder Weise fortsetzt, ohne jedoch weiter Gewinn für die medizinische Aufgabenstellung daraus zu ziehen.

    Eine weitere Kontextebene ergibt der antike mythologische Bezug. Die für die Renaissance richtige Beobachtung H.Blumenbergs hat für Leinkauf ebenso Gültigkeit im hochbarocken Denken:
    ”Die Berufung auf die Unveränderlichkeit der Natur war eins der stärksten Argumentationsmittel der Renaissance. Auf ihrer Vorraussetzung beruht sogar der literarische Rückgriff auf die Texte der Antike. Sie gewährleistet die Möglichkeit, die neuerdings erschlossenen Schriften der Antike nicht nur zu lesen und zu verstehen, sondern sich ihrer Geltung zu versichern, als wären sie in der Gegenwart geschrieben. " Und so dürfte die Präsenz griechisch, römischer, also antiker Philosophen, Dichter und Wissenschafter im Konsolbüstenprogramm der Admonter Bibliothek, die das Studium ihrer Werke anmahnen, auch zu verstehen sein.
    In diesem Zusammenhang möchte ich jedoch anmerken, dass Kircher demgegenüber einen fortschrittlichen Standpunkt wissenschaftlicher Erkenntnis einnimmt, deren Erweiterung er aus einer permanenten Offenbarung Gottes herleitet, der erst in neuerer und neuester Zeit neue Weiten der Welt geoffenbart und sichtbar gemacht hat. Kircher postuliert so einen Fortschritt und eine Erweiterung der Erkenntnismöglichkeiten, wenn auch abhängig von der Form göttlicher Offenbarung.

    Das Wechselspiel von Wissenschaft und Ethik, den humanistisch mythologischen Hintergrund und die vier letzten Dinge, die letzte Entscheidung über die menschliche Seele finden wir auch in Johann Wolfgang Goethes Faust, allerdings in negativer Verkehrung des Verlöbnisses mit der göttlichen Vernunft in den teuflischen Pakt. Das Thema des Urteils über den menschlichen Wandererist wohl eines der wichtigsten und zentralen im Barock und seiner wechselvollen, von Gewalt und Seuchen heimgesuchten Geschichte.

    Sowohl in Sicht auf Goethes Faust wie auch auf das Admonter Programm, also auf die gesamte Inszenierung des Bibliotheksraumes und seiner Inhalte ist die zentrale Metapher barocken Weltverständnisses, das "theatrum mundi" von grosser Bedeutung. Die Welt erscheint auf den Menschen als handelnde und betrachtende Person hingerichtet. Sobald der Mensch die Welt als ”Theater” begreift, erschließt sie sich ihm als eine ”künstliche” Welt. Sie gibt sich als geschaffene, erschaffene und nicht als naturhaft gegebene zu erkennen. Die von Matthäus Merian begründete Chronik der Zeitereignisse, die jährlich von 1633 bis 1738 erschien, heisst dann auch folgerichtig Theatrum Europaeum.

    Hier in Admont wie auch in Goethes Werk vollzieht sich das Ende des Barock und die Hinwendung zur Klassik. Das auratische Frühlicht, das von Bartholomeo Altomonte durchgehend erzeugt wurde, könnte auch vom Licht der Aufklärung und der neuen Vernunft künden. Doch noch tun sich die Admonter Mönche damit schwer. Die Enzyklopädie des Denis Diderot, die wir ebenfalls im Bestand der Admonter Bibliothek vorfinden, ist bis heute nicht gebunden worden. Andererseits, das Bildnis von Charles Darwin ist selbstverständlicher Bestand der Naturalienssammlung. Die Knüpfung der Naturwissenschaften an die Theologie hat sich als unhaltbar erwiesen. Mehr als 350 Jahre hat die katholische Kirche gebraucht, um den Verfechter der physikalischen Wahrheit, Galileo Galilei frei zu sprechen, zu rehabilitieren. Weder er noch der Märtyrer der Wahrheit und in Christo, Giordano Bruno haben jemals den göttlichen Anspruch und den göttlichen Willen geleugnet. Doch sie verfochten auch das Recht, den eigenen Augen und der eigenen Erkenntnis und vor allem effizienter wissenschaftlicher Methode zu trauen.

    Das Wort

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    Johannes Evangelium Prolog 1, 1-5

    Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat uns nicht erfasst.

    Sowohl die jüdische wie auch die christliche Religion sind extrem an das Wort gebunden. Und das Wort ist Fleisch geworden...
    Zu einem zentralen Aufgaben in der Entwicklung der katholischen Kirche im ersten Jahrtausend zählte die Erhaltung, Übersetzung und Kommentierung der testamentarischen Schriften aus den zugänglichen Urtexten. Das hebräische ist die ursprüngliche Sprache Gottes und den Propheten und Patriarchen zur unveränderlichen Bewahrung und Weitergabe übermittelt. In der Vorstellung Athanasius Kirchers ist die Nähe zum göttlichen Ursprung - der ”textus verus & genuinus sacrae Scripturare” allein durch das Hebräische gewährleistet.
    Die hebräische Ursprache ist das Medium in welchem als ”textus verus & genuinus” am stärksten die metaphyischen Wahrheiten ”verborgen” sind (Siehe Thomas Leinkauf). Gott hat sein Botschaft an die Propheten und durch Christus die Evangelisten zuallererst in Hebräisch verkündet. Er hat sich nicht griechisch und nicht lateinisch geoffenbart. Die Übertragung in diese Sprachen wurde von den Nachfolgern Christi geleistet.
    Dies war der entscheidende Grund, warum der Namen Gottes im zentralen Fresko in Hebräisch eingefügt wurde.

    "Welt als Sprache ist unmittelbar auch ”Bild” des Schöpfers, d.h. sie ist, so differenziert und vielheitlich sie in sich auch immer sein mag, doch selbst Einheit in der Vielheit oder Totalität als Bild der absoluten Einheit Gottes. " (Leinkauf) Dies zeugt wohl am überzeugensten von der Symbolkraft dieses einen Wortes in der Mitte des Freskos der göttlichen Offenbarung.
    Und so enthält das Admonter Bibliotheksensemble, abgesehen vom archivierten Buchbestand, eine grosse Zahl von Hinweisen auf Schriftlichkeit und Mündlichkeit. Im Fresko über das Erwachen des Geistes finden wird die Beredsam- keit und die Dialektik, die Sprachengeläufigkeit und die Gelehrsamkeit in den drei Sprachen Hebräisch, Griechisch und Lateinisch sowie die Grammatik.
    Das Fresko der Philosophie und Geschichte birgt eine alphabetische Fortuna, die aus ihrem Füllhorn Bücher über den Betrachter ausgiesst. Das Fresko der göttlichen Weisheit beinhaltet die Autoren des alten und neuen Bundes, die Kirchenväter und Kirchenlehrer, die vor allem durch ihre Schriftlichkeit auf uns gekommen sind ebenso wie die stürzenden Irrlehrer, der Tinte verschüttet wird.
    Im Fresko der Theologie stützt die Gottesfurcht ihre Hand auf ein Buch und im Fresko der Künste und Kunstfertigkeiten wird die Typographie mit ihrer Beifügungen Wasserquelle, Manuskript und Setzkasten dargestellt. Dies ist der Quell, aus dem die Weisheit fliesst....
    Die Benediktiner sind besonders der Schrift und dem Buch verpflichtet. In den Regeln 9 bis 18, in der Ordnung der Vigilien und Laudes, über die Verwendung der Psalmen ist klar festgehalten was vorzutragen und zu hören ist. Die Regel 38 beschreibt den wöchentlichen Dienst des Tischlesers. Auch in der Regel 42, Das Schweigen nach der Komplet sind Leseanweisungen enthalten. Die Regel 48, die Ordnung für Handarbeit und Lesung sind Lesezeiten und für die Fastenzeit die Verplichtung für jeden einzelnen Bruder einen Band der Bibel von Anfang bis zum Ende zu lesen, enthalten.

    Das Scriptorium, jener Ort an dem die Schrift geschrieben wird, ist von Anbeginn an Teil der benediktinischen Tätigkeit. In ihm wird die Biblia abgeschrieben und kopiert, vervielfältigt. Nachdem es im sieben Jahrhundert nicht möglich war, die Bibel in einem Band zu vereinen, wird sie in einer Bibliothek versammelt. Jedes Buch der Bibel ist als ein Band anzusehen. Noch die Admonter Riesenbibel umfasst drei grosse Folios.

    Nur wenigen war es gegeben die biblischen Texte abzuschreiben und zu bewahren und sie näherten sich ihrer Aufgabe mit grosser Ehrfurcht, galt es doch Gottes Wort unverfälscht wiederzugeben und dem göttlichen Anspruch der Heilsverkündigung gerecht zu werden. Schreiben war also ein Teil des geheiligten Rituals. Kein einziges Element der Heiligen Schrift durfte durch Nachlässigkeit entweiht werden. Daraus resoltiert also die den Benediktinern als mangelnde Kreativität angekreidete Schrifttreue. Jener Schrifttreue, der sich auch der Jesuit Athanasius Kircher unumstösslich verbunden fühlte.
    Den Gutenbergschen Technologieschub vollzogen die italienischen Benediktiner nur knapp nach einem Jahrzehnt nach. Die erste Druckerei ausserhalb von Deutschland wurde in der Benedictinerabtei Subiaco bei Rom von den deutschen Druckern Sweynheym und Pannartz eingerichtet.

    Die im Zentrum der Hauptkuppel positionierte Sapientia Divina, die Göttliche Weisheit hält mit der Rechten einen Schild, der die Heilig-Geist-Taube zeigt, jenes Symbol multilingualer Fähigkeit und jenes Geistes, der imstande ist, die göttliche Weisheit in allen Sprachen zu verkünden, ebenso wie er auch Symbol universalen Verstandes ist. Um die Göttliche Weisheit gruppieren sich die der Schriftlichkeit und Vermittlung göttlicher Offenbarung und Wollens verpflichteten Repräsentanten des Alten und des Neuen Bundes, und deren kirchliche Nachfolger. Für den alten Bund standen Moses mit den Gesetzestafeln, Daniel mit dem Löwen, Ezechiel mit dem Totenschädel, Jeremias mit dem Tränentuch sowie Jessaias neben dem Engel mit der glühenden Kohle.

    Der neue Bund wird repräsentiert duch die vier Evangelisten. Lukas mit dem Ochsen, Johannes mit dem Adler, Markus mit dem Löwen und Matthäus mit dem Kinde.

    "Mit Johannes begann aber eine theologische Spekulation, die stark an Bedeutung gewann, sobald christliche Denker danach strebten, die Metaphysik der Griechen an das System ihres eigenen neuen Bekenntnisses anzupassen. Nun handelt es sich nicht mehr um den Gottesmenschen Christ, den "Gesalbten", sondern um seinen theologischen Aspekt als "Das Wort", also eine Auffasssung, die über die Stoiker und Platon auf Heraklit zurück geht. Diese theologische Anschauung fand ihren ersten systematischen Ausdruck in den Werken des Origines, der von 185 bis 254 in Alexandria lebte." (Bertrand Russel, Denker des Abendlandes, Eine Geschichte der Philosophie)

    Dem Origenes im blauen Obergewand wird im Fresko Johannes Chrysostomos mit dem Pallium und Athanasius mit dem violettem Obergewand beigeordnet. Alle drei sind frühchristliche griechische Kichenväter.
    Ihnen folgen die Doctores der Kirche, die römischen Kirchenväter:
    Augustinus mit dem flammenden Herzen, Ambrosius mit dem Bienenkorb, Gregor mit der Taube und, freigestellt, Hieronymus mit dem Löwen. Hieronymus zählte zu den herausragendsten Gelehrten des vierten Jahrhunderts. Er ist der Autor der Vulgata, der lateinischen Übersetzung der Bibel, deren Text bis auf den heutigen Tag in der katholischen Kirche anerkannt ist. Die Evangelien wurden von ihm während seiner letzten römischen Jahre aus dem Griechischen Übertragen. Für die Übersetzungen des Alten Testamentes versicherte er sich der Hilfe jüdischer Gelehrter, die ihm die Nutzung der hebräischen Quellen ermöglichten.

    Der Gruppierung der griechischen Kichenväter sind die zwei grossen Kirchenlehrer Thomas von Aquin und Anselm von Canterbury zugesellt.
    Thomas von Aquins grosse Leistung war es, die katholische Lehre auf der Philosophie des Aristoteles zu gründen. Er führte den ehrenvollen und sakrosankten Namen eines Doctor angelicus.
    Nochmals Bertrand Russel: " In ihren Anstrengungen, eine rationale Stellungsnahme zum religiösen Thema zu liefern, sofern dies überhaupt möglich ist, zeigten die sholastischen Philosophen oft grosses Geschick und Feinheit des Geistes. Eine weittragende Wirkung dieser Übungen war das Schärfen des Werkzeugs der Sprache. Die folgenden Renaissance Denker erbten davon. Und hierin liegt vielleicht die wertvollste Leistung der Scholastik." (Bertrand Russel, Denker des Abendlandes, Eine Geschichte der Philosophie)
    Erst die Franziskanermönche und deren herausragendster Vertreter, William Ockham forcierten den der Sholastik völlig mangelnden Empirismus. Die Vertreter der analytischen Philosophie unseres Jahrhunderts, Wittgenstein, Frege und Russel haben ihre ersten Impulse von Ockham bezogen.

    Diese Ahnung und das Wissen, dass die Werke des beati Doctoris Illuminati Raymundi Lulli sich in der Bibliothek befinden, führten mich nach Admont. Ich war auf der Suche nach den Vorformen des Computers. Das Wort Computer wurde von computus hergeleitet. Das war die Bezeichnung für die erste mathematische Disziplin auf mittelalterlichem Hochschulboden. Sie bezeichnete eine Art Rechnung mit Variablen, die der Ermittlung des alljährlichen Ostertermins diente. Eine wesentliche zusätzliche Einsicht bescherte mir die Auseinandersetzung mit dem Admonterfreskenwerk und der damit verbundenen Bibliotheksanlage.
    Es war nicht schwierig zu erkennen, dass das Admonter Programm einem Hyper Text glich und als solcher auch gelesen werden wollte. Auch der Hyper Text als solches ist keine Erfindung unseres Jahrhunderts.
    Doch noch mehr hat mir in der Beschäftigung mit diesem benediktinischen Ambiente die Bedeutung des Buches und der Organisation der Zeit für unsere europäische Kultur und Zivilisation und deren Entwicklung eingeleuchtet.


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