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Die US - Presse Politik in Österreich


© by Reinhold Wagnleitner


II. Lizenzen für Publikationen


Die ISB konnte aber nicht nur über ihre eigenen Presseerzeugnisse Einfluß ausüben. Bis Mitte 1947 mußte für jede Publikation, die in der US-Zone erschien, ein Permit bei der Besatzungsmacht eingeholt werden. Diese Lizenzen benötigten nicht nur Herausgeber und Verleger von Tageszeitungen und Zeitschriften. Jedes auch noch so unscheinbare Blatt war der Kontrolle unterstellt. Sogar Zeitschriften wie Das Wüstenroter Eigenheim, Die bunte Kinderwelt und Der oberösterreichische Imker benötigten US-Konzessionen. (50
Insgesamt lizenzierten die US-Presseoffiziere bis zur Aufhebung der Permitpflicht Mitte 1947 214 Publikationen und Verlage. Die US-Pressepolitik in Österreich war damit zweifellos liberaler als in der US-Zone in Deutschland, wo die Lizenzierungen erst 1949 aufgegeben wurden. Diese striktere Politik hatte daher langfristig auch stärkere Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Presse in der BRD. (51
Diese relativ liberalere Haltung bedeutete allerdings auch in Österreich nicht den Verzicht allen Einflusses und jeder Kontrollen. Neben der Nachzensur, die zuerst gegen alle Formen der faschistischen Wiederbetätigung, ab 1947 aber fast ausschließlich gegen kommunistische Zeitungen ausgeübt wurde, verfügte die ISB über Druckmittel in Form der Papierzuteilung, der Nachrichtensperre und verschiedener Benachteiligungen und Begünstigungen. Der vorauseilende Gehorsam der Redakteure, die "Schere im Kopf“, läßt sich ohnehin nicht quantifizieren.
Ebensowenig kann der große Einfluß der US-Medienpolitik auf die Boulevardisierung der österreichischen Presse gemessen werden. Allerdings verhalf auch erst die Befreiung der Presseimporte aus der BRD von der Ausgleichssteuer 1951 dem Trend zum Boulevard in Österreich zum endgültigen Erfolg. (52 Dies aber als Überwindung des US-Einflusses zu interpretieren, wäre sicher unrichtig. Denn gerade die neue Durchlässigkeit der bis Ende der vierziger Jahre abgeschotteten Grenze zwischen der US-Zone in Deutschland und Österreich sollte die BRD in den folgenden Jahren zum wichtigsten Transmissionsriemen und Verstärker für den Einfluß der USA in Österreich machen - nicht nur auf dem Gebiet der Medien. Die deutschen Übersetzungen von Informationen aus den USA durch Wenzel Lüdecke und Co. resultier(t)en in Österreich allerdings auch in doppelt gebrochenen Bildern von den USA (53

Anmerkungen:

50) Pilgert, Henty und Helga Dobbert: Press, Radio and Film in West Germany 1945/953.- Bad Godesberg 1953; Matz, Elisabeth: Die Zeitungen der US-Armee für die deutsche Bevölkerung.- Münster 1969; Hurwitz, Harald: Die Stunde Null in der deutschen Presse. Die amerikanische Pressepolitik in Deutschland 1945-1949.- Köln 1972; Borchers, Hans und Klaus W. Vowe: Die zarte Pflanze Demokratie.- Tübingen 1979; Frei, Norbert: Amerikanische Lizenzpolitik und deutsche Pressetradition.- München 1986.
51) Frei, Norbert: Die Presse. In: Beriz, Wolfgang (Hg.): Die Bundesrepublik Deutschland. Bd. 3: Kultur.- Frankfurt 1986, S. 275-354.
52) "Zwei Millionen für die Förderung des Imports von Sex-Appeal und Schlafzimmergeschichten", Neues Österreich, 4. Jänner 1959, S. 3. Hannak, Jacques: Die..Zeitung Opium oder Heilmittel? In: Hannak, Jacques (Hg.): Bestandaufnahme Osterreich 1945 bis 1963.- Wien 1963, S. 327-352; Tschögl, Rudolf. Tagespresse, Parteien und alliierte Besatzung. Grundzüge der Presseentwicklung in der unmittelbaren Nachkriegszeit 1945-1950.- Phil. Diss. Wien 1979.
53) Wagnleitner, Die kulturelle Reorientierung Österreichs, S. 330.


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