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Die US - Presse Politik in Österreich


© by Reinhold Wagnleitner


III.Information als Public Relations:
Die Aufgaben der News and Features Abteilung


Zentrale Drehscheibe und Schaltstelle der Kommunikation zwischen der ISB und der österreichischen Presse war die News and Features Abteilung. Die U.S. Features and Pictures Services versorgten bis zu 200 österreichische Blätter - auch in der sowjetischen Besatzungszone - kostenlos mit Berichten und Bildern aus den USA und machten österreichische Journalisten mit US-Pressepraktiken vertraut. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Zeitungen im ländlichen Raum gewidmet. Etwa 120 Lokalblätter wurden wöchentlich mit Nachrichtenzusammenstellungen versorgt. Nicht nur, weil Österreicher angeblich Propaganda „eine Meile entfernt riechen“ konnten, sondern vor allem, um möglichst viele Artikel in Zeitungen unterbringen zu können, die in der sowjetischen Zone erschienen, mußte das angebotene Material möglichst unkontroversiell erscheinen: loud beating of drums for Uncle Sam wurde deshalb bewußt vermieden. (54
Die vierteljährlichen Berichte über den Abdruck von US-Meldungen in österreichischen Zeitungen dokumentieren den durchschlagenden Erfolg dieses Programms. Schon bis zum Ende der vierziger Jahre konnten monatlich hunderte Artikel plaziert werden, und im Sommer 1950 konnte das Programm dann sogar noch weiter ausgebaut werden. Da die britische Besatzungsmacht ihre lokalen Presseaktivitäten beendet hatte, übernahm die ISB nicht nur alle britischen Nachrichteninstallationen, sondern versorgte nun auch die Lokalzeitungen in der Steiermark und in Kärnten exklusiv. Damit erhöhte sich nicht nur die Reichweite erheblich. über den neu organisierten Sonderdienst, der vor allem die Lokalzeitungen effizienter betreute, gelang es nun auch, monatlich mehr als 550 längere und etwa 230 kürzere Nachrichtenartikel zu publizieren. Die vom AND übersetzten Beiträge wurden bis zu 90 Prozent untergebracht.

Durch die Verbesserung der Infrastruktur war es der ISB nun möglich, monatlich nicht nur um die 3.500 Photos, sondem auch Bildmatrizen und Druckformen zu versenden. Auch dieses Service war kostenlos und wurde gerade von den Lokalzeitungen besonders geschätzt. Aber nicht nur die Quantität wurde erhöht, auch die Qualität der Bilder konnte verbessert werden, weil die ISB nun von AP, INP und UPI die Rechte erhielt, das Photomaterial dieser Agenturen außerhalb Wiens kostenlos einzusetzen. Damit konnten ab 1950 75 Prozent der österreichischen Presse direkt erreicht werden und etwa 50 Prozent der angebotenen Bilder wurden auch gebracht. Dabei ist in diesen Zahlen die Wiener Presse noch gar nicht berücksichtigt. Alleine die Wiener Illustrierte brachte wöchentlich vier Seiten US-Material, vor allem Berichte und Bilder über die Segnungen des Marshall-Plans in Österreich. (55
Bei dieser Psychologischen Offensive ging es aber gar nicht mehr ausschließlich um den Einfluß der Zeitungen in Österreich, sondern vor allem um deren potentielle Wirkung in den kommunistischen Nachbarstaaten, und die Curtain Penetration war mit Hilfe von „special means" möglich. (56 Diese Medienoffensive ermöglichte eine Auflagensteigerung der Gewerkschaftlichen Nachrichten aus den USA von 10.000 auf 46.000, der Landwirtschaftlichen Nachrichten aus den Vereinigten Staaten von 9.000 auf 11.000 und der Erziehung von 20.000 auf 30.000. (57
Die Intensivierung der US-Presseaktivitäten wurde engstens mit der ECA-Mission abgestimmt. Das Mitspracherecht für das Marshall-Plan-Büro in Wien wurde nicht grundlos eingeräumt, da Teile des Programms nun auch von ihm finanziert wurden - über Counterpart Schillinge. (58
Aber nicht nur der große finanzielle Spielraum und der Antikommunismus der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Leser und Journalisten verhalfen der US-Pressepolitik zum Erfolg. Die ISB verfügte noch über zwei weitere Trümpfe: das große Interesse an der US-Literatur nach Jahren der Abgeschlossenheit und besonders das begierige Verlangen nach Informationen über das Alltagsleben und den Lebensstandard der USA.
Daher waren kurze belletristische Arbeiten aus den Vereinigten Staaten bei den österreichischen Redakteuren leicht unterzubringen. Wichtigstes Auswahlkriterium war dabei nicht immer die literarische Qualität. Entscheidend, so Carl H. Peterson, der leitende Redakteur der News Services in Wien, war vielmehr, daß jede gedruckte Geschichte das 'typische' Leben in den USA reflektierte - und nicht that it should please high critics. Without ruling out stories of social significance, i prefer little yarns about home, or school, or farm life, or Christmas, or a good western, to depressing things of the 'Tobacco Road“ type. (59
Auch Theodore Kaghan war von der Attraktion der Kurzgeschichten, überzeugt, denn the Austrian editors are very hungry for good American fiction, and we exploit this hunger to pull a 'package' deal. In other words, we can often get an editor to run what we consider to be one or two good implementers by offering him a short story as a bribe. (60

Als besonders gute „Werkzeuge" dieser Pressestrategie erwiesen sich dabei gerade jene Features, die scheinbar ohne politische Inhalte ganz allgemein über die USA informierten. Den größten Anklang fanden Stories über den American-way-of-life, technische Neuheiten, Human-Interest-Material, Sensationen und Außergewöhnliches aus dem US-Alltagsleben. Blätter in allen drei westlichen Besatzungszonen und in Wien druckten diese Spezialartikel. Etwa fünf Prozent des angebotenen Materials wurden sogar von Zeitungen in der sowjetischen Zone gebracht. Monatlich konnte die ISB zwischen 600 und 1.500 Features plazieren. Exakte Zahlen der bis 1955 publizierten Spezialartikel lassen sich nicht erstellen, da das Archivmaterial manche Lücken aufweist. Immerhin wurde über jeden einzelnen Artikel genau Buch geführt, sodaß nach dem immer noch in großen Mengen vorliegenden Material geschätzt werden kann, daß bis zum Ende der Besatzungszeit zwischen 60.000 und 100.000 Features untergebracht werden konnten61: von 'Wer war 'Uncle Sam'?' bis "Schlaraffenland Amerika?", von "Miss Amerika 1947 - eine vielseitige Frau“ bis "Wie Amerika Weihnachten feiert“, von „Walt Disney“ bis "Bing Crosby“ nimmt sich eines Waisenmädchens an. (62

Anmerkungen:

53) Wagnleitner, Die kulturelle Reorientierung Österreichs, S. 330.
54) WNRC 260/60/81. Brief. Petersen an Sanders, Wien, 16. November 1949.
55) WNRC 260/65/82. Quarterly Historical Report, ISB, 2. Oktober 1950.
56) NA 511.63/5-1551. Airgram: US-Gesandtschaft Wien an Department of State, 15. Mai 1951.
57) WNRC 260/65/82. Quarterly Historical Report, ISB, 2. Oktober 1950.
58) NA 51 1.63ß-1252. Semi-Annual Evaluation Report, 12. März 1952.
59) WNRC 260/65/82. Brief: Petersen an Sanders, Wien, 16. November 1949.
60) WNRC 260/890/72. Memorandum: Kaghan an Nathan, Wien, 13. August 1946.
61) Quarterly-ISB-Reports im Washington National Records Center.
62) Neben den Quarterly-ISB-Reports siehe auch VMRC 260/105/48. Feature Section Salzburg an Petersen, Salzburg, 26. September 1949; "RC 260/35/24. Features 1948.


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