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Alphabet


Es ist schwer, etwas recht verständlich zu machen, was vieldeutig ist, denn dasselbe, was man als Buchstaben sehen könnte, könnten Zeichen sein, Dinge oder irgendetwas.
Wenn man eben etwas verstehen will, was aus Buchstaben, also aus Zeichen besteht - Worte, Sätze, Texte - sollte man doch die Details, also die kleinen Zeicheneinheiten der Buchstaben vorher verstehen lernen.
Oft aber ist es die Interpunktion, das heißt, die genaue Einteilung oder Intonation oder Lage der Pausen zwischen den Buchstaben und Buchstabenfolgen, auf die es beim Verständnis ankommt.
Es ist merkwürdig, wie schwer es einem fällt, zu glauben, daß die Aneinanderreihung von Buchstaben einen Sinn ergibt, wo doch die einzelnen Buchstaben nur selten einen Sinn darstellen. Das Ganze eines Wortes, eines Begriffes, eines Satzes ist tatsächlich notgedrungenerweise mehr als die Summe seiner Einzelteile. Und doch ergeben auch die Einzelteile manchmal ein Ganzes, das sich aus dem Ganzen des Wortes lösen will: das Wort quengelich ergibt ein qu, einen Engel, die Enge, ein Ich; aus dem Wort innerbetrieblich ergibt sich: das Vorwort in, der Fluß Inn, inne wie innewohnen, das Erbe, der Betrieb, der Trieb und das persönliche Fürwort Ich.
Gerade, weil aus der Summierung von Buchstaben ein Wort wird, kann ich mich des Mißtrauens nicht erwehren, es sei nur eine Konvention, die das Ganze eines Wortes entstehen läßt.
Genau genommen brauchen wir die Autorität und die Tyrannei der Sprache, um eine Buchstabenfolge als Sinn zu begreifen. Oder steht hinter der konventionellen Sprache, eine andere, die wir erst verstehen, wenn wir ins Detail gehen ? Eine Binnensprache der Sprache ? die Sprache der Sprache ?
Die Schwierigkeit das Tiefe zu fassen, ist das Schwere der Sprache. Seicht gefaßt, bleibt sie eine Konvention und ergibt daraus einen Sinn. Tiefer in sie einzudringen, hieße sie mit der Wurzel auszureißen und ins Sinnlose zu stürzen.
Doch aber ist alles endlich, was wir mit dem Alphabet machen.
26 26-1 ist ein endliches Maß des Möglichen aus dem Alphabet. Es beinhaltet alles Geschriebene und alles in Worten Gedachte. Die erste Ordnung ist das Alphabet selbst, die andere, 2. Ordnung ist der Sinn, den wir der 1. Ordnung geben. Das Alphabet ist - wenn man der 1. und 2. Ordnung vertraut, ein Spiegelbild des Menschengeistes, der nur Verwirrung stiftet und nichts anderes zurückläßt als ein Hindernis in die natürliche Einsicht des Lebens.
In Gegenwart des Wortes Alphabet existiert das Ding Alphabet, und das Ding Alphabet antwortet spornstreichs, sobald Alphabet heraus ist, sagt Michel Leiris in einem Aufsatz mit dem Titel: Alphabet

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