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Das Wort

Johannes Evangelium Prolog 1, 1-5

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat uns nicht erfasst.

Sowohl die jüdische wie auch die christliche Religion sind extrem an das Wort gebunden. Und das Wort ist Fleisch geworden...
Zu einem zentralen Aufgaben in der Entwicklung der katholischen Kirche im ersten Jahrtausend zählte die Erhaltung, Übersetzung und Kommentierung der testamentarischen Schriften aus den zugänglichen Urtexten. Das hebräische ist die ursprüngliche Sprache Gottes und den Propheten und Patriarchen zur unveränderlichen Bewahrung und Weitergabe übermittelt. In der Vorstellung Athanasius Kirchers ist die Nähe zum göttlichen Ursprung - der ”textus verus & genuinus sacrae Scripturare” allein durch das Hebräische gewährleistet.
Die hebräische Ursprache ist das Medium in welchem als ”textus verus & genuinus” am stärksten die metaphyischen Wahrheiten ”verborgen” sind (Siehe Thomas Leinkauf). Gott hat sein Botschaft an die Propheten und durch Christus die Evangelisten zuallererst in Hebräisch verkündet. Er hat sich nicht griechisch und nicht lateinisch geoffenbart. Die Übertragung in diese Sprachen wurde von den Nachfolgern Christi geleistet.
Dies war der entscheidende Grund, warum der Namen Gottes im zentralen Fresko in Hebräisch eingefügt wurde.

"Welt als Sprache ist unmittelbar auch ”Bild” des Schöpfers, d.h. sie ist, so differenziert und vielheitlich sie in sich auch immer sein mag, doch selbst Einheit in der Vielheit oder Totalität als Bild der absoluten Einheit Gottes. " (Leinkauf) Dies zeugt wohl am überzeugensten von der Symbolkraft dieses einen Wortes in der Mitte des Freskos der göttlichen Offenbarung.
Und so enthält das Admonter Bibliotheksensemble, abgesehen vom archivierten Buchbestand, eine grosse Zahl von Hinweisen auf Schriftlichkeit und Mündlichkeit. Im Fresko über das Erwachen des Geistes finden wird die Beredsam- keit und die Dialektik, die Sprachengeläufigkeit und die Gelehrsamkeit in den drei Sprachen Hebräisch, Griechisch und Lateinisch sowie die Grammatik.
Das Fresko der Philosophie und Geschichte birgt eine alphabetische Fortuna, die aus ihrem Füllhorn Bücher über den Betrachter ausgiesst. Das Fresko der göttlichen Weisheit beinhaltet die Autoren des alten und neuen Bundes, die Kirchenväter und Kirchenlehrer, die vor allem durch ihre Schriftlichkeit auf uns gekommen sind ebenso wie die stürzenden Irrlehrer, der Tinte verschüttet wird.
Im Fresko der Theologie stützt die Gottesfurcht ihre Hand auf ein Buch und im Fresko der Künste und Kunstfertigkeiten wird die Typographie mit ihrer Beifügungen Wasserquelle, Manuskript und Setzkasten dargestellt. Dies ist der Quell, aus dem die Weisheit fliesst....
Die Benediktiner sind besonders der Schrift und dem Buch verpflichtet. In den Regeln 9 bis 18, in der Ordnung der Vigilien und Laudes, über die Verwendung der Psalmen ist klar festgehalten was vorzutragen und zu hören ist. Die Regel 38 beschreibt den wöchentlichen Dienst des Tischlesers. Auch in der Regel 42, Das Schweigen nach der Komplet sind Leseanweisungen enthalten. Die Regel 48, die Ordnung für Handarbeit und Lesung sind Lesezeiten und für die Fastenzeit die Verplichtung für jeden einzelnen Bruder einen Band der Bibel von Anfang bis zum Ende zu lesen, enthalten.

Das Scriptorium, jener Ort an dem die Schrift geschrieben wird, ist von Anbeginn an Teil der benediktinischen Tätigkeit. In ihm wird die Biblia abgeschrieben und kopiert, vervielfältigt. Nachdem es im sieben Jahrhundert nicht möglich war, die Bibel in einem Band zu vereinen, wird sie in einer Bibliothek versammelt. Jedes Buch der Bibel ist als ein Band anzusehen. Noch die Admonter Riesenbibel umfasst drei grosse Folios.

Nur wenigen war es gegeben die biblischen Texte abzuschreiben und zu bewahren und sie näherten sich ihrer Aufgabe mit grosser Ehrfurcht, galt es doch Gottes Wort unverfälscht wiederzugeben und dem göttlichen Anspruch der Heilsverkündigung gerecht zu werden. Schreiben war also ein Teil des geheiligten Rituals. Kein einziges Element der Heiligen Schrift durfte durch Nachlässigkeit entweiht werden. Daraus resoltiert also die den Benediktinern als mangelnde Kreativität angekreidete Schrifttreue. Jener Schrifttreue, der sich auch der Jesuit Athanasius Kircher unumstösslich verbunden fühlte.
Den Gutenbergschen Technologieschub vollzogen die italienischen Benediktiner nur knapp nach einem Jahrzehnt nach. Die erste Druckerei ausserhalb von Deutschland wurde in der Benedictinerabtei Subiaco bei Rom von den deutschen Druckern Sweynheym und Pannartz eingerichtet.

Die im Zentrum der Hauptkuppel positionierte Sapientia Divina, die Göttliche Weisheit hält mit der Rechten einen Schild, der die Heilig-Geist-Taube zeigt, jenes Symbol multilingualer Fähigkeit und jenes Geistes, der imstande ist, die göttliche Weisheit in allen Sprachen zu verkünden, ebenso wie er auch Symbol universalen Verstandes ist. Um die Göttliche Weisheit gruppieren sich die der Schriftlichkeit und Vermittlung göttlicher Offenbarung und Wollens verpflichteten Repräsentanten des Alten und des Neuen Bundes, und deren kirchliche Nachfolger. Für den alten Bund standen Moses mit den Gesetzestafeln, Daniel mit dem Löwen, Ezechiel mit dem Totenschädel, Jeremias mit dem Tränentuch sowie Jessaias neben dem Engel mit der glühenden Kohle.

Der neue Bund wird repräsentiert duch die vier Evangelisten. Lukas mit dem Ochsen, Johannes mit dem Adler, Markus mit dem Löwen und Matthäus mit dem Kinde.

"Mit Johannes begann aber eine theologische Spekulation, die stark an Bedeutung gewann, sobald christliche Denker danach strebten, die Metaphysik der Griechen an das System ihres eigenen neuen Bekenntnisses anzupassen. Nun handelt es sich nicht mehr um den Gottesmenschen Christ, den "Gesalbten", sondern um seinen theologischen Aspekt als "Das Wort", also eine Auffasssung, die über die Stoiker und Platon auf Heraklit zurück geht. Diese theologische Anschauung fand ihren ersten systematischen Ausdruck in den Werken des Origines, der von 185 bis 254 in Alexandria lebte." (Bertrand Russel, Denker des Abendlandes, Eine Geschichte der Philosophie)

Dem Origenes im blauen Obergewand wird im Fresko Johannes Chrysostomos mit dem Pallium und Athanasius mit dem violettem Obergewand beigeordnet. Alle drei sind frühchristliche griechische Kichenväter.
Ihnen folgen die Doctores der Kirche, die römischen Kirchenväter:
Augustinus mit dem flammenden Herzen, Ambrosius mit dem Bienenkorb, Gregor mit der Taube und, freigestellt, Hieronymus mit dem Löwen. Hieronymus zählte zu den herausragendsten Gelehrten des vierten Jahrhunderts. Er ist der Autor der Vulgata, der lateinischen Übersetzung der Bibel, deren Text bis auf den heutigen Tag in der katholischen Kirche anerkannt ist. Die Evangelien wurden von ihm während seiner letzten römischen Jahre aus dem Griechischen Übertragen. Für die Übersetzungen des Alten Testamentes versicherte er sich der Hilfe jüdischer Gelehrter, die ihm die Nutzung der hebräischen Quellen ermöglichten.

Der Gruppierung der griechischen Kichenväter sind die zwei grossen Kirchenlehrer Thomas von Aquin und Anselm von Canterbury zugesellt.
Thomas von Aquins grosse Leistung war es, die katholische Lehre auf der Philosophie des Aristoteles zu gründen. Er führte den ehrenvollen und sakrosankten Namen eines Doctor angelicus.
Nochmals Bertrand Russel: " In ihren Anstrengungen, eine rationale Stellungsnahme zum religiösen Thema zu liefern, sofern dies überhaupt möglich ist, zeigten die sholastischen Philosophen oft grosses Geschick und Feinheit des Geistes. Eine weittragende Wirkung dieser Übungen war das Schärfen des Werkzeugs der Sprache. Die folgenden Renaissance Denker erbten davon. Und hierin liegt vielleicht die wertvollste Leistung der Scholastik." (Bertrand Russel, Denker des Abendlandes, Eine Geschichte der Philosophie)
Erst die Franziskanermönche und deren herausragendster Vertreter, William Ockham forcierten den der Sholastik völlig mangelnden Empirismus. Die Vertreter der analytischen Philosophie unseres Jahrhunderts, Wittgenstein, Frege und Russel haben ihre ersten Impulse von Ockham bezogen.

Diese Ahnung und das Wissen, dass die Werke des beati Doctoris Illuminati Raymundi Lulli sich in der Bibliothek befinden, führten mich nach Admont. Ich war auf der Suche nach den Vorformen des Computers. Das Wort Computer wurde von computus hergeleitet. Das war die Bezeichnung für die erste mathematische Disziplin auf mittelalterlichem Hochschulboden. Sie bezeichnete eine Art Rechnung mit Variablen, die der Ermittlung des alljährlichen Ostertermins diente. Eine wesentliche zusätzliche Einsicht bescherte mir die Auseinandersetzung mit dem Admonterfreskenwerk und der damit verbundenen Bibliotheksanlage.
Es war nicht schwierig zu erkennen, dass das Admonter Programm einem Hyper Text glich und als solcher auch gelesen werden wollte. Auch der Hyper Text als solches ist keine Erfindung unseres Jahrhunderts.
Doch noch mehr hat mir in der Beschäftigung mit diesem benediktinischen Ambiente die Bedeutung des Buches und der Organisation der Zeit für unsere europäische Kultur und Zivilisation und deren Entwicklung eingeleuchtet.


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