Aus der Finsternis steigt das Jenseits, ein ernstfreundliches
Gelände,
auf.- Mauer- und Fassadenruinen, Zypressen, weiße Totenlilien
(Asphodelos).
In einer Böschung eine vergitterte Einfahrt.
Zu sehen ist niemand, doch werden gedämpfte Marschiergeräusche,
Stimmen, Kommandos, kleines Trommeln, verquetschte Trompetenstöße
hörbar. Dann wankt eine Gruppe Gefallener heran. Die
in Uniformfetzen
gehüllten erdgrauen Leichname sind schon recht mürbe.
Manchen fehlen
Gliedmaßen. Sie drängen vor die vergitterte Einfahrt,
spähn hinein,
salutieren, winken, werfen Kußhände. Ihre Stimmen
sind, wie man es
von Toten ja kennt, schwächlich, zittrig, leis krächzend,
es reicht kaum
zu einem mezzoforte.
Gefallene, dann Assistentin und Sekretär
1. TOTER:
diensteifriger Typ, setzt sich in Positur und spricht zur Einfahrt
hin den Anfang
eines Gedichts:
Glück auf, mein Feldherr, führe den Streich,
Und fällt auch das Jenseits ...
Unterbricht sich, rügt die sich drängenden Toten
He, ees da vurn! Auch wenns zehmnal Heldentote seids... wegga!
Sonst kann mich doch unser verewigter Papa Radetzky net hörn !
Na wirds? Mehr Kadavergehorsam, meine Herrn!
Und rezitiert von neuem:
Glück auf, mein Feldherr, führe den Streich,
Und fällt auch das Jenseits in Trümmer -
In unserem Lager ist Österreich!
Komm raus, führ zum Sieg uns wie immer!
"Bravo "- und "Hoch-Radetzky! "-Rufe, auch von anderen Toten,
die jetzt auftauchen. Sie haben Spruchbänder mit:
"ÖSTERREICH IN DIE NATO!",
"RADETZKYMARSCHALSBUNDESHYMNE! ",
"A.E.I. 0. U. ",
"STAMMTISCH DER LUSTIGEN KNOCHENSCHEPPEPER ",
"FREIE BAHN FUR DEN SOLDATENVATER! "
1. TOTER:
Jawoll! Auch im Jenseits geht nix über eine einsatzfreudige
Truppe!
Unterdessen sind der Sekretär und seine Assistentin, beide in
schlichtes
Weiß gehüllt, aufgetaucht. Sie beobachten, von den Toten
unbemerkt,
die Vorgänge.
ASSISTENTIN:
Und das ist tatsächlich seine Soldateska?
SEKRETÄR:
Jaja, österreichische Gefallenensektion, ältere Abteilung!
Richtig aus dem
Häuschen! Die von der Erde heraufgefunkten Nachrichten,
Österreich stehe
wieder einmal am Scheideweg: Nato hopp, Neutralität tropp, das
revitalisiert
Radetzky und seine im Gewölbe eingelagerten zweihunderttausend
Mann.
Zweihunderttausend, die Radetzky ihren Heldentod verdanken! Er
hat jetzt
gewisse Pläne, und die Toten sind zu seiner Unterstützung
heraufgekrochen...
dort hinten, sehen Sie, der entwurzelte Baum! Maulwürfe,
Gewölb-Aufgraber! ...
sind henuarschiert zu ihrem Idol, und ausgerechnet ich, ein subaltemer
Funktionär, ein Rädchen der Ewigkeitsmaschinerie, soll im
Auftrag unserer
Hohen Kommission das Schlimmste verhindern. Denn falls hier alle
ausbrechen
und die Flur überschwenimen... Ich hoffe auf Ihre Mithilfe, Frau
Kollegin.
ASSISTENTIN:
Zu Ihrer Disposition, Herr Sekretär! Wie wollen Sie vorgehen?
SEKRETÄR:
Mhm, wenn ichs wüßte... Mit ihm selber ließe sich
ja im Moment
nicht gut reden. Um diese Zeit obliegt er immer dem Verzehr.
ASSISTENTIN:
Obliegt dem Verzehr?
SEKRETÄR: Seine Speisegewohnheiten. Bezüglich der Toten
Und
diese hier, befiehlt mir die Hohe Kommission, sollten wir nicht noch
mehr aufregen. Das Schlinimste verhindern! Am besten gehn
wir so
vor, daß wir uns zurückziehn.
Beide ab.
Gefallene
1. TOTER: Und jetzt, damit der Marschall auch wirklich außekornmt,
tun m'rn
schön bittn! Den ganz Blöden erklär i's nocheinmal.
Der Marschall setzt sich
für eine modeme Durch- und Remilitarisierung unseres zsaming'schrumpften
und soldatisch krepierlmäßig dahinvegetierenden Vaterlandes
Österreich ein.
Aktueller Anlaß: Österreich und die Nato! Noch immer
sperrn sich da unt ja
ein paar militärmufflerte Defätisten gegen einen Beitritt...
Neutralitäts-Spompernadeln!
Und wie haltet der Marschall dagegn? Damit sich die unt am Riemen
reißn,
plant er herobn ein Remake seiner vorbildlichen kriegerischen
Leistungen.
Alle seine Taten solln nachg'stellt werdn, und ihr wirkts mit, live!,
und unter
Entfaltung von unserm weltberühmten österreichischen Charme,
weil eine solche
Radetzkyshow hätt ja den Witz, daß sie net nur den Natobeitritt
der jetzigen
Österreicher bewirbt, überzeugt werdn soll auch unsere Hohe
Kommission,
die das irdische Geschehen letztlich lenkt! So, und jetzt sagts
spontan die
Bittverserln auf, was i mit euch einstudiert hab!
2. TOTER:
Bitte, Radetzky, tritt herfür,
Zeig dich in der Eingangstür!
1. TOTER:
Net so leise! Der nächste!
3. TOTER:
Zeige, Östreichs Kriegsgigant,
Wieder deine starke starke Faust!
1. TOTER:
Hand! du Trottel Gleich machst zur
Straf dreißg Heldentoten-Liegestütz!
Der 3. Tote tut es
Und ees alle: beim Vortrag mehr Mimik, auch wenn das technisch
mit
euchre entfleischten Gsichter gar net so leicht zum bewerkstelligen
is!
Und lauter, lauter! Bis abe ins heutige Österreich muß
man uns hörn!
Beabsichtigt der Marschall doch die publikumswirksame Gestaltung der
diversen Kriegstheater, also der Schauplätze, wo er mitn eisemen
Griffl
Geschichte geschriebn hat... merkts euch dees: Kriegstheater, Fachausdruck!...
da müßts ihr Eseln da herobn zur Einstinimung schon aa a
bissl mehr Theater machn!
Gemma!
4. TOTER:
energisch
Zeig die nackte Heldenbrust!
Hebe Östreichs Natolust!
Hilf dem Kameradschaftsbund,
der sich so bemüht da drunt,
und eröffne, Heldenvater,
Hier herobn dein Kriegstheater!
5. TOTER:
eher ironisch (und auch sonst vifer als die anderen)
Reiz doch an, wir tun gern mit,
Östreichs Nato-Appetit!
Wir sind geil auf dein, weißt eh,
Heldenleben repeteh!
So, wies war, spiels nochmals vor:
Blutig, mutig, voll Humor!
1. TOTER:
Schon besser!
2. TOTER:
Aber warum siecht man 'n denn net?
1. TOTER:
Erstens halten ihn seine Eßpflichten zurück ...
2. TOTER:
der eifrig in die Einfahrt späht
A ja, sein Verzehr! Is ihm ja zu gönnen, aber die Dringebliebenen
sind schon
ein bisserl egoistisch! Drängen sich ihm auf, lassen ihm
keine Ruh.
1. TOTER:
Er is eh ein starker Esser, aber um ihn herum sind zu viele, picken
auf ihn...
Und zweitens, abgesehn vom Verzehr, zweitens kommt er vielleicht deshalb
net auße, weils ihn verdrießt, daß die Hohe
Kommission sich in Sachen
Radetzkyshow sperrt. Die rühm in der Finanzierungsfrage
kein Ohrwaschl.
Pfuirufe War ja eigentlich vomuszusehn. Brauch ich euch was erzähln
über
die Hohe Kommission und ihre patzweiche Außenpolitik?
4. TOTER:
Hohe Kommission hh daß i net lach!
5. TOTER:
Ist unsere Obrigkeit denn überhaupt noch eine göttliche Vorsehung?
4. TOTER:
Lausige Atheisten, staubige Zivilisten, linksunterwanderte Krypto-Pazifisten!
Zustimmung, Heiterkeit, "Sehr richtig!"
Marsch auf die Zentrale! Ausräuchem die Bagasch!
1. TOTER:
Keine Ungesetzlichkeiten!
Inzwischen sind weitere Demonstranten mit Transparenten -
"SUBVENTIONIERT DIE GROSSE RADE7ZKY-SHOW!",
"MEHR NATO-PROPAGANDA",
"TOTENREICH GRÜSST ÖSTERREICH!",
"MANMUSSDENKRIEG WOLLEN!'
- aufgetaucht.
Die Neuankömmlinge machen mit "Radetzky!"Rufen Stimmung.
1. TOTER:
zu den Demonstranten
Bravo, Kameraden! Und marschiert mit euchere zündenden Parolen
gleich
weiter zur Hohen Kommission!
Einige Gefallene rücken ab, andere rufen weiter nach Radetzky,
andere drängen
sich am Gitter.In einiger Entfernung erscheinen wieder Sekretär
und Assistentin.
Sie bleiben abwartend stehen.
1. TOTER:
Ah, wenn man s' nennt, die Hohe Kommission, kommt s' grennt!
Der Herr Sekretär!
Tuts ihm nix, amend hat er ja dem Marschall was auszurichten.
ASSISTENTIN:
zum Sekretär
Zum Fürchten. Es werden immer mehr.
SEKRETÄR:
Wenn wir die nur wegbekämen!
3. TOTER:
hat seine anstrengende Strafübung beendet, erhebt sich jetzt,
zeigt
atemlos auf die Einfahrt
Der Marschall! Aus der Froschperspektive isser zum sehn!
Geht wieder zu
Boden I glaub, er kommt jetzt!
Neue Erregung der Wartenden, neues Gedränge
bei der Absperrung.
1. TOTER:
Wegga!
Lugt in die Einfahrt
Falschmeldung! Papa Radetzky obliegt weiter dem Verzehr!
2. TOTER:
Und es schmeckt ihm, es schmeckt ihm!
Das Herz geht einem auf !
5. TOTER:
Hh hastn überhaupt noch eins?
3. TOTER:
Und überhaupt net stolz! Was die Truppe anbietet, nimmt
er.
Sekretär und Assistentin nähern sich den Gefallenen.
ASSISTENTIN:
Wollen Sie sich nicht zu einem Entschluß durchringen?
SEKRETÄR:
In welche Richtung? Radetzkys Selbstinszenierung, mit der er
Österreichs
Neutralität forttrommeln möchte, das wirft Fragen auf
Wie verhindere ich hier
das Schlimmste? Meine Kompetenzen sind beschränkt, meine
Direktiven unklar.
Die Hohe Kommission, nun ja, sie neigt zur Rettung Österreichs,
will es vor dem
schon begonnen habenden Rutsch ins Natoloch bewahren, aber ein offizielles
Kontra steht noch aus. Darf ich also Radetzkys Militärpropaganda
begünstigen?
Und hätten wir die Gewähr, daß der Hauptakteur seine
Vita wahrheitsgetreu
dokumentiert? Die enthält ja für ihn auch manches Unangenehme,
und es wurmt
ihn seitje, daß er bloß in Österreich als fleckenloser
Heros gilt. In Italien buhn
sie noch heute den Radetzkymarsch als Hymne der Henker aus, und hier
oben
sprach ich erst kürzlich einen von Radetzky hingerichteten Freiheitskämpfer,
der... ah!
Weist auf die Toten
Ich hab eine Idee, wie wir den Militärmob im Fall des Falles verjagen könnten!
1. TOTER
kommentiert, was er im Gewölbe gerade sieht
Hh einmalig! Mit Putz und Stingl! Und schon der Nächste!
ASSISTENTIN
Was meint er?
SEKRETÄR
Ach, Radetzkys Verzehr! Wir ermöglichen ihm da drin schon
seit langem eine,
wie soll ichs nennen... spezifische nachfeldherrliche Tätigkeit.
Etwas unappetitlich
zwar...
Doch er hat sich bis dato mit diesem Zeitvertreib begnügt, und
wenn es sein
einziger bliebe, hätten wir kein Problem. Sein Kriegstheaterprojekt
aber! Maßlos!
Das kostet! Dutzende Schlachten, was glauben Sie, wie wir das
budgetmäßig
unterbringen?
Und hunderte historische Personen, verflochten mit Radetzkys Karriere!
Die müßten wir aus vielzuvielen Winkeln der Geschichte erst
herausstöbern und
zum Auftritt bewegen. 'Wenn Sie bitte die Freundlichkeit hätten!'
Naiv anzunehmen, die kommen alle aufknopfdruck! Radetzky hat
bei Leipzig
Napoleon besiegt, hat in Italien Habsburgs Herrschaft mit Kanonen und
Galgen
zementiert, und wenn er mit 91 Jahren stirbt, nach 72 Dienstjahren...
72 Dienstjahren!...
hat er fünf Kaisern gedient gehabt. Fünf Kaisern!
Die alle auf Knopfdruck?
Ganz zu schweigen von den fairerweise zu schätzenden Peinlichkeiten
seines
Privatlebens... Heikel! Er wäre gut beraten, wenn er die
Nato vergißt, die geplante
eins-zu-eins-Reprise seines Lebens sausen läßt und da drin
weiter seine
nachfeldherrliche Tätigkeit kultiviert.
Wieder "Radetzky! Radetzky! "-Rufe. Die Toten sind nicht zu halten.
3. TOTER:
aus seiner Froschperspektive
Schon wieder! Ich seh ihn schon wieder! So gern wär ich bei ihm!
4. TOTER:
Alle Mann ran!
ASSISTENTIN:
Die drucken das Tor ein!
Bei aller Schwächlichkeit ruinieren die Toten das Torgitter.
Der Weg zu Radetzky
ist frei. Der Sekretär eilt herzu, treibt die Übeltäter
zurück.
SEKRETÄR:
Gefallenendisziplin! Gsch- ! Und ab!
Zur Assistentin
So sehr also gar nicht zu fürchten, nur lästig!
Murren und Rufe der Gefallenen: "Was glaubtn der? ", "Waffen!",
"Die kriegn m'r erst, wenn die Show losgeht! ",
"Ausheben die Hohe Kommission! "
1. TOTER:
zu den Gefallenen
Ohne sein Kommando trauts euch ja net! Kein Sturin auf die Zentrale!
Harret aus, ich geh hinein ihm Meldung machen!
Er gewinnt den Weg zu Radetzky. Die anderen Toten lagern sich
im Umkreis.
Der Sekretär werkelt erfolglos am schief in den Angeln hängenden
Tor, späht
ins Gewölbe, bedeutet aber der Assistentin, ihm nicht nachzukommen.
SEKRETÄR:
Besser, bitte, Sie schaun nicht!... Der Meldegänger ist jetzt bei ihrn.
ASSISTENTIN:
Und er selber?
SEKRETÄR:
Liegt... obliegt direkt unterm Asphodelos seinen nachfeldherrlichen
Speisegewohnheiten.
ASSISTENTIN:
Wie? Die schmutzigen Wurzelstöcke sind eßbar?
SEKRETÄR:
An sich ja... Aber die Totenlilien ißt er nicht.
ASSISTENTIN:
Ich glaube, ich hör ihn schmatzen. Wir könnten doch
hineingehen und mit ihm verhandeln.
SEKRETÄR:
entfernt sich wieder vom Gitter
Wäre taktisch nicht gescheit! Besser wir lassen ihn kommen.
Die Toten beraten die Situation. Es zieht sie wieder zur Einfahrt.
3. TOTER:
Trau m'r uns?
5. TOTER:
Hh schauts, die traut sich! Die Giuditta!
Eine hübsche Frau, italienisch schwarz gekleidet, ist aufgetreten.
Sie wagt sich kaum an den Toten vorbei zur Einfahrt.
2. TOTER:
Daß sich die traut!
SEKRETÄR:
zur Assistentin
Die hätte in seinem Lebensdrama eine schöne Rolle!
Giuditta Meregalli,
von Beruf Büglerin, in Radetzkys Mailänder Zeit zuständig
für des Feldherrn
Bettzeug und seine, wie nannte man das... Gattihosen.
Die Folgen: Ein Radetzky amoroso! Damals ließ er zwar hunderte
Rebellen
hinrichten, aber seiner Giuditta machte er zwischendurch vier Kinder,
rückerstattete dem Land also aus eigenem vier Menschen.
ASSISTENTIN:
In Mailand? Da war er doch schon ein Greis.
SEKRETÄR:
ImFleisch, jetzt ja auch unter seinen Gefallenen, war er immer stark.
Wachsender Unmut unter den Toten. Sie versperren Giuditta den Weg.
4. TOTER:
Wallische Hur! Hinterm Rücken der Frau Feldmarschall!
5. TOTER:
Ei ja! Keine brach je brutaler ein in die Lämmerhürde
einer christlichen Ehe!
Wußte sie doch, daß der von ihr so listig Verführte
schon acht legitime Kinder
sein eigen nannte.
4. TOTER:
Fort mit ihr! Wo is ein Prügel?
SEKRETÄR:
Aufhören! Zapfenstreich! Zurück marschmarsch
durchs Maulwurfsloch!
Da die Toten murren und nicht gehorchen
Ah, gegen diese piano-Meuterer muß eine Eingreiftruppe her!
ASSISTENTIN:
Wer soll denn eingreifen?
SEKRETÄR:
Seine natürlichen Feinde, die hingerichteten Freiheitskämpfer!
Er geht ab. Die Assistentin folgt ihm.
Giuditta, Gefallene
Angesichts der drohenden Haltung der Gefallenen gelingt es Giuditta
nicht,
bis zur Toreinfahrt vorzugehen.
3. TOTER:
Ihre Unkeuschheit befleckt unser Radetzkybild!
5. TOTER:
Tätst halt gem Liegestütz auf ihr machn, wa- hh hh!
2. TOTER:
Die hat uns schon seinerzeit auf das sittlichste gefährdet.
5. TOTER:
Na ja, Kameraden, aber der Giuditta ihr Hintem... hamham schmatz!
Stellts
euch vor, wann sie sich so übem Wäschkorb buckt!
4. TOTER:
Einen Pr-ügel oder was!
5. TOTER:
Argloser Manneskraft hh vier Bankerten abgezapft!
2. TOTER:
Ohne Respekt vor seinem Silberhaar!
4. TOTER:
zu Giuditta
Bist geil auf Alimente, was?
Die Beschimpfte entfernt sich.
3. TOTER:
Der Papa Radetzky in seiner Gutmütigkeit! Aber ganz versteh
i's trotzdem nicht:
vier, gleich vier uneheliche Kinder! Warum hat er net aufpaßt?
5. TOTER:
Wie kann er als Katholik? Und alls was recht ist... Unser Abgott,
körperlich ja
nur einszweiundsechzig und auch sonst ein bissl ein Zniachtl, wohingegen
die
Giuditta hh... ! Euch möcht ich sehn unter der ihrm Bügeleisen!
1. TOTER:
kommt aus der Einfahrt heraus
Wie redts ihr denn vom Heldenvater? Er hat mir gsagt, gleich
isser da, weil wann
ihm nämlich die Hohe Kommission finanziell net entgegenkommt,
laßt er stürmen.
Antreten!
Während die Gefallenen antreten, kommen Sekretär und Assistentin
zurück.
Gefallene, Sekretär, Assistentin, dann im Off die Hingerichteten
ASSISTENTIN:
Ich vermisse Ihre Freiheitskämpfer.
SEKRETÄR:
Mhm, Italiener! Pünktlichkeit ist nicht ihre Stärke,
aber in der Sache... !
1. TOTER:
Und tuts den Papa Radetzky rnusikalisch animiern!
3. TOTER:
Mit dem wahren Volkslied, das wir dem Tiroler Gutsbesitzer Blattl verdanken*)
*) "Dieses Lied ist in Musik gesetzt worden, wird im Unterinntale
häufig gesungen,
es ist ein wahres Volkslied geworden", wird erklärt
in detn noch zu Radetzkys
Lebzeiten erschienenen Gedenkbuch "Radetzky-Lieder" ("dargebracht
von deutschen
Dichtern und herausgegeben unter Mitwirkung von König
Ludwig von Bayern").
Singts alle mit!
Und einige singen recht und schlecht mit:
0 edler Greis, o Wundersmann!
0 großer Held Radetzky-y-y!
Dich staunt die ganze Erde an,
Denn Deinesgleichen trägt sie nie!
ASSISTENTIN:
Oweh, die sind ganz schön brustschwach!
3. TOTER
singt und einige andere, soweit sieden Text können,
singen mit:
Wo fang ich an, wo ende ich,
Vom Süden bis zum Norden,
Wo Deine großen Taten ich
Unbeschreibbar find' mit Worten.
Gib noch zu vielen viele Jahr,
Der Staat und's Land bedarf s sogar
Zum Volkes Wohl und in Betreff
Des guten Kaisers Franz Josef'
ASSISTENTIN:
ins Off blickend
Ihre toten Italiener!
SEKRETÄR:
Handzeichen ins Off
Bitte halt, meine Herren!
ASSISTENTIN:
Sehr robust sind aber auch die von Radetzky Justifizierten nicht!
Die richten doch nichts aus gegen seine reaktionären Zackzacksoldaten.
SEKRETÄR:
Irrtum! Und ich erkläre Ihnen, Frau Kollegin, den Unterschied
zwischen
wirkungsmächtigen Freiheitshelden und solch totschlachtigem, nicht
einmal seiner
Stimme mächtigem Kanonenfutter. Ein auf dem Feld der Ehre
vorbildlich Gefallener,
der aufschreie, wenn er fällt, hat hernach in aller Ewigkeit keine
Stimme.
Ermordete Rebellen hingegen ...
ASSISTENTIN:
Von denen hör ich keinen Mucks.
SEKRETÄR:
Rebellen donnem lautlos durch die Geschichte und suchen fremde Bewußtseine.
Stumm, bloß mit dem Blick. Und die haben einen Blick!
Unruhe unter den Gefallenen.
1. TOTER
warnt so laut er kann
Vorsicht, Kameraden! Aufklärung von links! Kopfschutz anlegen!
Steigende Verwirrung. Manche ducken sich, drehen sich weg,
schützen sich mit
vorgehaltener Hand. Einige gehen auf den "Blick" zu (und ab).
SEKRETÄR:
Wird der Knecht von der absoluten Freiheit angeschaut, läßt
ihn das nicht unverändert.
1. TOTER:
zur Truppe
Deckung! Am besten da drin!
Zornig zu den Freiheitskämpfern im Off
Von euch hat der Marschall viel zu wenig weg'putzt!
5. TOTER:
Nein, zu viele hh! Je mehr Aufghängte und Erschossene, desto
stärker sinds doch!
1. TOTER:
zu den Gefallenen, von denen sich die meisten unter "Radetzky!",
"Radetzky!"
ins Gewölbe retten
Laßts euch nicht wankend machen, von Zeit zu Zeit fürs Vaterland
zugrundgehn
issja quasi ein Naturgesetz! Durchhaltn! Zur Aufmunterung
sing ich euch ein
zeitgenössisches Original-Radetzkylied.
Singt Was wir getan, was wir noch tun,
Eh wir in kühler Erde ruhn,
Das sieht die liebe Sonne.
Die Luft erzählt, die Wolke weiß,
Geführt von unseren Heldengreis
Ist Sieg und Tod uns Wonne.
Ab ins Gewölbe. Keine Gefallenen mehr zu sehen.
Assistentin, Sekretär
ASSISTENTIN:
schaut ins Off
Lautlos weggedonnert!
SEKRETÄR:
Immer auf der Suche nach lohnenden Bewußtseinen!
ASSISTENTIN:
Übrigens, Sie sagten, Radetzky sei auch mitten unter seinen zweihunderttausend
Gefallenen stark im Fleisch. Das heißt doch nicht... ?
SEKRETÄR:
Doch! Seit seinem Hergang konsumiert er ununterbrochen.
Wird immer vitaler!
Erhöbe er sich und träte heraus, Sie fielen in Ohmnacht,
Als starker Esser, und ohne
Messer und Gabel seiner Dauermahlzeit zügig obliegend, wischt
er sich nie die Lippen,
so daß... ich erbitte Pardon für meine krasse Darstellung...
so daß ihm oft kleine
Husaren- oder Infanteristenreste kleben bleiben, da und dort!
Schaut ins Gewölbe
Grad jetzt! Hebt den Kopf, spuckt einen Uniformknopf aus, und...
in der
Verlängerung seines Schnurrbarts... da hängt ihm was.
Was hängt ihm da?
Der Assistentin wird schlecht, sie rennt weg, ohne daß der
ins Gewölbe
spähende Sekretär es merkt.
Und seitdem er obliegt, werden seine zweihunderttausend Gefallenen kaum
weniger.
Für Einen braucht er zwar kaum eine Woche, jährlicher Durchschnttskonsum
sechzig...
Und obwohl seine Fans es ihm leicht machen, sich anstellen, sich vordrängeln,
da
jeder liebend gern die zweite, angeblich überhaupt nicht mehr
schmerzhafte
Vernichtung erleiden möchte, geht Radetzkys Entsorgung der eigenen
Gefallenenproduktion nur langsam voran. Ist sozusagen auf die
lange Fleischbank
geschoben.
Wie auch anders? In der von ihm als Generalstabschef ausgearbeiteten
Völkerschlacht
bei Leipzig gabs einhunderttausend Leichen, davon allein österreichische
15.418...
Sie, bis er da durch ist!
Hinter dem Gittertor Freudenrufe der Toten: "Er kommt!",
"Aufgehts gegen die Zentrale!"
, "Sturm! "
Eine Gruppe drängt aus dem Gewölbe.
Der alte Fuchs! Paukenschlag vor seinem NatoWerbefeldzug!
Da müssen wir uns
jetzt vielleicht doch in aller Ruhe überlegen...
Merkt erst jetzt die absenz der assistentin, ruft sie und geht suchend ab
Frau Kollegin! Wo ... ?
Gefallene, dann Radetzky
Dünnes Offensivgeschrei: "Unser österreichischer Marschall
Vorwärts, hoch!",
"Nieder mit der Zentrale! ", "Sturm! "
1. TOTER:
Nein, ihr, herstellt!
Verteilt Geld
Papa Radetzky sagt mir, er verlaßt nicht den Rechtsweg.
Und ich soll euch mit
Silber-Zwanzigem traktiern, dafür bleibts ihr in Wartestellung
und sicherts seine
politische Position.
Er wirft Münzen unter die erfreuten Gefallenen.
2. TOTER
A ja, mit Silber-Zwanzigem hat er schon immer gearbeitet!
Aus der Einfahrt herauskommt Radetzky, grüßt die Zurückweichenden,
schenkt
ihnen aus seinem federumwallten Tschako, den er abgenommen hat,
weitere Silber-Zwanziger, gibt manchem einen freundlichen Klaps.
Große Akklamation.
Unsauber um Bart und Nase, entspricht Radetzky im übrigen dem
Bild,
das uns seine Zeitgenossen gegeben haben:
Klein, unansehnlich, wache rote Triefaugen, seine Starke-Esser-Figur
eingezwängt in eine enge Uniform.
RADETZKY:
gewinnend, humorvoll
Dank euch schön, Kinder, merci! Aberjetzt is Schluß
mitn Anarchisteln!
Auch wenns mich noch so bittets, ich mach euch keinen Ausfall!
Ein Radetzky ist
loyal zu jeder Autorität! Allerweil legal und mit Hülfe
des Allmächtigen! Nur so
konimt man weiter im Leben, merkts euch das! Anarchie bringt
nix, außer das
Traurigste, den Kommunismus, und ich hoff, ihr alle kennts meine Anmerkungen
zum
Kommunismus.
Damals schon, als ich in Italien die Autorität verteidigen sollt,
hab ich ihn gerochen,
hab vor ihm gewamt, nachweislich, mitten im Chaos... studierte meine
Einschätzung,
wörtlich: 'Das Traurigste von der Sache ist der Kommunismus, der
sich allenthalben
in seiner Nacktheit zeigt!' Kaum einer hat mich damals begriffen, am
wenigsten die
schlappohrige österreichische Regierung... jaja, wieder wörtlich:
'schlappohrige Regierung!'
Weil die war tödlich taub für meine Ratschläge zur Eindämmung
der ansteigenden
roten Flut. Nachher freilich... Retten Sie uns, Sie lieber guter
Radetzky!
Na, ich hh ... ! Erstens Standrecht, zweitens Zsammkartätschn
die Kanalje, und
obwohl m'r drittens, erinnerte euch?... obwohl m'r auf die diversen
Schlachtfelder im
Bluat gstanden san, bis daher im Blute, war auf einmal von einer roten
Flut... ich hab
lachn müssn ... keine Red mehr! Lehrreicher Vorgang!
Na und jetzt, wo ich durch
eine Präsentation meiner Lebensrevue den Nato-Gedanken favorisieren
möcht...
Sieht Sekretär und Assistentin auftauchen
DieVertreter der himmlischen Autorität! Zu den Gefallenen
Verschupfts euch!
I muaß die jetzt bearbeitn, damit sich meinem Projekte die bislang
verstopfte
höchstortliche Subventionierungsquelle erschließt!
Die Gefallenen ziehen sich zurück, die meisten ins Gewölbe,
Radetzky, Sekretär, Assistentin
SEKRETÄR:
zur mitgenommen wirkenden Assistentin
Gehts wieder?
RADETZKY:
ein lautes Selbstgespräch vortäuschend, das die Herankommenden hören sollen ..
.und allerweil legal! Pfui über das Gesindel aller Nationen
und Freibeuter!
Ich bin an sich zartbesaitet, aber ich lass sie alle niederschießen!
Und mit Hülfe des Allmächtigen... !
ASSISTENTIN:
Was rezitiert er da?
SEKRETÄR:
Ah, die fürchterlich zärtlichen Briefe, die er seiner Lieblingstochter
Friederike
geschrieben hat!
RADETZKY:
laut zitierend
Den mindesten Exzeß lass ich mit Geld bestrafen, die Rädelsführer
totschießen und
kümmere mich nicht um ihre Schmerzen und Wehklagen. Küsse
deine lieben Kinder...
Bin bereit, Mailand in Asche zu legen. Mit dem Strange sind fünf..
und achtunddreißig
andere werden noch folgen. Dem ohnerachtet heut großes
Casino, Musik und Tombola,
Kunstreiter, Abendunterhaltung vorzüglich!... Ich bin von Verrätem
umgeben
Tut als sähe er die beiden erst jetzt
Pardon, ich hänge lieben alten Erinnerungen nach!
ZurAssistentin galant
Hh was sehen meine leider entzündeten Augen! Enchanté !
ASSISTENTIN:
Nicht nur seine Worte sind schmierig, im Schnurrbart hängt ihm
was.
SEKRETÄR:
Eine Darmschlinge.
Der Assistentin ist schon wieder zum Speien. Sie läuft
ab.
Radetzky, Sekretär, später ein Gefallener
RADETZKY:
Na, Herr von und zu, wie hammas denn?
SEKRETÄR:
Wir prüfen Ihre Eingabe.
RADETZKY:
braust auf
Herrgottnocheinmal!
Wird verbindlich
Mhm. Ich baue auf die Hülfe des Allmächtigen, und natürlich auch auf Sie, Herr ...
SEKRETÄR
Sekretär!... Und zur hiesigen Sprachregelung, bitte: Vermeiden
Sie die sinnlose Anrufung
des bei uns nicht weiter existierenden alten Christengottes!
RADETZKY:
Wa- ? A wer weiß was Sie mir vormachen! Und sollte das
Jenseits tatsächlich infolge
einer Intrige atheistisch organsisiert sein... ICH behalt meinen Gott!
Es gibt doch nix
Praktischeres. Obsieg ich in einer Schlacht, is ER mir beigestanden
und jeder weiß,
ein paar zehntausend Mann habn sich sinnvoll aufgeopfert, krieg i aber
eine aufn
Deckl und es stehn mir die paar Zehntausend ohne erkennbare Feldzugsvorteile
ummi,
hat ER mich halt schwer geprüft!
Wird schelmisch
Und jetzt, Sie gottloser Herr Sekretär, prüfen Sie meine Offerte!
Schon je was
gehört von einem Lehrstück? Eine ordentliche himmlische
Kulturpolitik muß bei
sowas Positivn doch zugreifn, ungschauter! Held in schwerer Zeit,
Patriotismus,
und allerweil legal und, 'tschuldigen!... mit Hülfe des Allmächtigen!
Nicht zu vergessen meine gewinnende Art im Umgarig mit dem gemeinen
Mann
und hh hh Weib... na, das mit die Weiber vergessn S!
Besonders charmant, vertraulich
Kann mr schon denkn, wo der Hund begrabn liegt: wollts nix auslassn
fürs Militärische,
wa-? Kenn ich, kenn ich noch vom Mettemich her. Sie, ich
bin aber eine
brennende wehrpolitische Frage! Allermeuestes Europa, Nato, Pax
americana, d
a braucht das Vaterland schon rein prestigemäßig wenigstens
einen VorzeigeFeldherrn,
und...
SEKRETÄR
Wäre da nicht schon der Prinz Eugen?
RADETZKY
FranzösischerImport, hab nix dagegen, aber der eigentliche, der
bodenständige Held... !
Und außerdem, indem ich hier das Lehrstück Radetzky produziere
muß jeder
feinfühligere Zeitgenosse kapiern, daß dieses heute an Marschierunfähigkeit
leidende
Österreich aus dem Faulbett von Nichtaufrüstenwolln, Neutralitätsillusionen
und
Angstmeierei endlich außegstampert g'hört. Einer meiner
markigsten Sätze lautet ja:
'Jeder Staat beruht auf Kapital und Kriegsmacht. Beide bedingen
sich wechselseitig.
Staatsökonomie will nicht bloß den Frieden, sie muß
auch den Krieg wollen.'
Alstem schon im Frieden Rüsten, Rüsten, Rüsten!
U
nd wie jetzt zu meiner Genugtuung herüberverlautet, sind Österreichs
Natobefürworter
ganz auf meiner Linie! Vorwärtsverteidigung in Permanenz!
Spezielle, ins atlantische Bündnis einzugliedernde Alpendivisionen!
SEKRETÄR
Gegen wen oder was?
RADETZKY
Ogott ogott, Sie Laie!
Globales Wirtschaftswachstum zwingt doch zur Sicherung von Rohstoffen
und
Absatzmärkten, und grad da sind die Natostrategen eisern,
die scheibn pro futuro noch allerhand auße.
SEKRETÄR
Und wenn Sie hüben Ihr Heldenleben vorweisen, wie feuert das drüben
den
erkalteten Wehrwillen an?
RADETZKY
zeigt aufs Publikum
Irdische Intressenten! Genau für die mach ichs ja.
Im folgenden dringen aus dem Gewölbe Trommeln und mißtönende
musikalische
Läufe: eine Totenkapelle probiert den Radetzkymarsch.
1. TOTER:
hat aus dem Gewölbe einen Reitersäbel gebracht
Bitte fragen zu dürfn, wann mirs angehn mitn Kriegstheater?
RADETZKY:
läßt sich den Säbel umschnallen, zum Sekretär
Also, Ihre Zusage?
SEKRETÄR:
Wir haben die Mittel nicht, ergo können wir nicht.
RADETZKY:
Wieso ? Glaubn S meine Kriege warn alle auf Heller und Pfennig vorfinanziert
?
SEKRETÄR:
Die vielen Gefallenen!
RADETZKY:
Gratiskomparserie!
SEKRETÄR:
Aber die heute wo immer wesenden Stars der Weltgeschichte, die einst
Ihre
Laufbahn erhellten! Ihre kostbaren Kaiser werden sich zieren.
RADETZKY:
SIE! Sie spieln einfach den jeweiligen historischen Pappkameraden.
Einen Kaiser spieln is kein Kunststück. Freilich... habts
ihr Pferderln?
Sie kennen meine Biographie. Wir brauchen mindestens neun Pferderln!
SEKRETÄR:
Aha, die neun Pferde, die Ihnen in der Schlacht...
RADETZKY:
... die mir in siebzehn Feldzügen unterm Leib erschossen worden
sind.
Habts welche? Machert sich gut, sollt man nachstelln, der Reih
nach, ein Ihaha
nachn andern, wie er so unter mir zsammbricht. Sie wissen doch,
daß ich
dafir jedsmal mordsmäßig belobigt worden bin vom obersten
Kriegsherm...
Und kennen S auch alle meine Sprüch? Meine Originalzitate!
Daß S mir ja nicht von amtswegen herumpfuschn in mein 'dramatischnprotokoll!
Zieht den Säbel, bedroht scherzhaft den Sekretär mit Kopf-ab!-Lufthieben
Über ein' hinterfotzigen Intellektuellen sollt allerweil das Schwert
des Demosthenes...
SEKRETÄR:
Damokles!
RADETZKY:
Verschonen S mich mit Ihrer gschissenen Bildung!
Den Demosthenes hab ich mir schon drüben nicht ausbessern lassen.
Aus der Einfahrt drängen einige Gefallene sowie ein Gefallenen-Musikzug
heraus,
der auf primitiven Instrumenten quälend falsch den Radetzkymarsch
intoniert.
Radetzky will den Zug anfü hren, er gebietet den Musikern Halt!
und aus!
Die Assistentin kehrt erholt auf die Szene zurück.
Radetzky, Sekretär, Assistentin, gefallene Musikanten
ASSISTENTIN:
Nein! Er marschiert?
SEKRETÄR:
Normative Kraft des Faktischen!
RADETZKY:
Alstern, gemmas an mit der Vorweisung meiner Schlachten!
Hoftheatermäßig! Großer Stil!
Der Musikzug, ein gutgelaunter Radetzky an der Spitze, marschiert
ab.
Die Gefallenen applaudieren und marschieren hinterher.
RADETZKY
bezüglich des Radetzkymarsches zum Publikum
Warum tuts 'n net mitpaschn?
Zu Sekretär und Assistentin
Hh Sie! Falls ihr kein vorzeigbares todgeweihtes Roß habts...
ich muß in
Stimmung kommen! Sticht einem Gefallenen in den Bauch und haut
ihm
den Kopf ab. Lach!
Die Assistentin läuft fort, um sich zu erbrechen.
RADETZKY
Er gspürts ja nimmer.
Direkt ins Publikum
Sie, eine meiner liebenswertesten Eigenschaften ist der Humor.