© Neda Bei
Manuskript eines Vortrags am 8. Mai 1999 im Rahmen des
Symposions: Bildende Kunst und Politik - Aspekte einer Problematik
(iwk;
1090 Wien, Berggasse 17). Konzept und Organisation: Dr Tasos Zembylas.
Eine
Dokumentation des Symposions soll im Juni 2000 beim StudienVerlag
Innsbruck
erscheinen. Erstveröffentlichung: [sic!] November
1999 / Heft 31
Wenn Freud 1916/1917 in seiner 23. Vorlesung zur Einführung in
die Psychoanalyse zum Thema "Die Wege der Symptombildung" sagt, dass der
Künstler durch seine Arbeit die Achtung der Gesellschaft, Ruhm, Reichtum
und die Liebe der Frauen gewinnt, ist die um den Geniebegriff zentrierte
Kunstauffassung des neunzehnten Jahrhunderts in dieser Aussage präsent.
Zugleich macht uns Freuds Feststellung darauf aufmerksam, welche Provokation
es bedeutete oder bedeutet, wenn eine Frau den Platz "des Künstlers"
einnehmen wollte oder will; wir mögen an Gertrude Steins Selbstbezeichnung
als Genie denken. Psychoanalytiker haben später scheinbar weniger
naive Versuche als Freud unternommen, den "Mythos vom Künstler" zu
zerlegen (Ernst Kris), für die bildende Kunst das Unbewusste in der
Dialektik des Blicks (Jacques Lacan), im Zusammenwirken von Auge und Hand
vor einem leeren Blatt (Serge Tisseron) oder in anderen Zusammenhängen
des Malens und Skulpierens (Wilhelm Nederland) zu finden. Dass der unbewusste
Neid auf die Fähigkeit der Frauen, Leben sichtbar hervorzubringen,
für Männer ein mächtiger Antrieb ist, um vergleichbar einzigartig
Wertvolles schaffen zu wollen, zB Kunst, war die Entdeckung von Melanie
Klein. AnalytikerInnen in ihrer Nachfolge, so Hanna Segal, haben sich mit
der Frage authentischer Kreativität befasst und mit der Bedeutung
der Schwangerschaftsanalogie sowie des Wiegergutmachens früher destruktiver
Phantasien über den mütterlichen Körper gearbeitet. Die
Versuche zu verstehen, was unbewusst zum und beim Kunstmachen bewegt, vermitteln
eine Vorstellung vom Ausmaß und der Intensität psychischer Energie,
die sich in abwertenden eifersüchtigen Äußerungen zum Tun
von Künstlern und Künstlerinnen, besonders aber von Künstlerinnen,
zeigen.
Die Geschichte des Zugangs von Frauen zu den Kunsthochschulen in Österreich ist allerdings noch weniger erforscht als der Zugang zu den Universitäten, es liegen Rohdaten und allergröbste Umrisse vor (vgl Pronay-Strasser / Schnedl-Bubenicek 1984). Hinsichtlich des historischen Zeitpunkts der Frauenzulassung zu den Kunsthochschulen zeigt sich jedenfalls in Österreich ein augenfälliger Unterschied zwischen "angewandter" und "bildender" Kunst. Während die 1867/1868 gegründete Kunstgewerbeschule des Museums für Kunst und Industrie seit ihrer Gründung für Frauen zugänglich war, konnten Frauen erst seit den 1920-er Jahren an der Akademie für Bildende Künste studieren.2) Ein spezifisches Phänomen ist die Frauenzulassung zu den Berufsvereinigungen bildender Künstler. Frauen waren etwa im sog. Hagenbund als nur außerordentliche Mitglieder zugelassen; als Teil der "Vereinigung Bildender Künstler Österreichs, Secession" war hingegen die "Vereinigung Bildender Künstlerinnen Österreichs" organisiert, deren erste - historisch orientierte - Ausstellung 1910 mit dem Thema "Die Kunst der Frau" als 38. Ausstellung der Secession stattfand.3) Die Polarität zwischen "angewandter" und "bildender" Kunst hat unterschiedliche Aspekte, und, wie wir annehmen können, weitreichende Folgen, die einer genaueren Beschreibung und Analyse bedürften. Dazu kann ich hier freilich nur erste Eindrücke festhalten. Zunächst ist die aufzählbare Reihe von Frauen im Lehrkörper der "Angewandten" weitaus länger als am "Schillerplatz"; im Jahr 1984 zählten Pronay-Strasser und Schnedl-Bubenicek 81 weibliche Lehrende seit der Gründung der "Angewandten" 1867/1869; die erste Frau, der - nach zwanzigjähriger Tätigkeit an der Hochschule - 1924 der Professorentitel verliehen wurde, war Rosalia Rothansl (Textilarbeiten). Es zeigen sich einem ersten Augenschein vor allem im "Mittelbau" Umrisse einer Tradition weiblicher Lehrtätigkeit in den "Kernfächern" der Hochschule; einer näheren Untersuchung bedürften signifikante Unterbrechungen der Lehrtätigkeit von Frauen durch den Nationalsozialismus.4) Anders stellt sich die Lehrtätigkeit von Frauen am "Schillerplatz" jedenfalls bis in die 1960-er Jahre dar; in einer Arbeit aus 1967 über die Geschichte der - Ende des 17. Jhdts. gegründeten - Akademie der Bildenden Künste scheinen in einem Anhang über die Lehrpersonen, wenn ich richtig gezählt habe, neunzehn Frauen auf. Diese lehrten zu einem überwiegenden Teil nach 1945 in "angewandten", also kunstgewerblichen Fächern, oder ergänzenden Theoriefächern wie zB Sprachen 5) (Wagner 1967), also nicht im Kernbereich der Akademie.
Das Kunstgewerbliche erscheint demnach im kunstakademischen Diskurs Österreichs noch in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts als die den Frauen affine Kunstform. Einen Erklärungsansatz bietet eine Arbeit der französischen Historikerin Anne Higonnet, die von der grundsätzlichen Vergleichbarkeit europäischer Verhältnisse beim Widerstand gegen das Streben von Frauen in künstlerische Berufe in der zweiten Hälfte des 19. Jhdts. ausgeht.6) Für den Beginn des 19. Jhdts. stellt sie die Professionalisierung häuslicher Tätigkeiten von Frauen als Umwälzung in den Produktionsverhältnissen fest. Kunstgewerbliche Berufe haben Frauen die Möglichkeit geboten, "erwerbs-, geschlechts- und schichtspezifische Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen" (Higonnet 1994 [1991]). Obwohl genaue Zahlen über den Anteil der Frauen an kunstgewerblichen Berufen in der historischen Forschung kaum greifbar sind, zeigen zeitgenössische französische Quellen, dass überwiegend Frauen in einer Reihe kunstgewerblicher Berufe tätig waren.7) Wenn wir die Entsprechung von kunstgewerblichen Berufen und der Weiblichkeitsauffassung des neunzehnten Jahrhunderts feststellen, so ist demgegenüber die Vorstellung von der erlösenden Kraft des Genies, das stellvertretend die Probleme des Lebens und die Konflikte in der Gesellschaft sozusagen am weiblichen Aktmodell löst, als zentraler topos der Kunstreligion des neunzehnten Jahrhunderts im komplementär vorgestellten Geschlechterverhältnis männlich.
Inwieweit leben wir noch im neunzehnten Jahrhundert, oder anders gesagt,
wie "nachhaltig" ist der Genie-Topos in der Pragmatik des zeitgenössischen
kunstakademischen Diskurses? Im Lauf des zwanzigsten Jahrhunderts wurde
der Genie-Topos einerseits "überdeterminiert" (vgl faschistisch geprägte
Begriffe wie "Kraft"), andererseits durch die Avantgarden der klassischen
Moderne und durch die Postmoderne demontiert und unterlaufen, vor allem
hinsichtlich der Auffassung des Kunstschaffens als autonom und originär.
Die historische Dichotomie von "weiblichem Kunstgewerbe" und "männlicher
Großer Bildender Kunst" legt es nahe, allgemeine Aussagen des kunstakademischen
Diskurses als geschlechterhierarchischen Kode zu lesen. Der Architekt Johannes
Spalt schrieb etwa als Rektor der Hochschule für Angewandte Kunst
im Vorwort zum Katalog einer Meisterklassenpräsentation im Museum
für Angewandte Kunst, dass die "Beiträge" der Meisterklasse für
dekorative Gestaltung und Textil "nur in engem Zusammenhang mit bestimmten
Aufgaben der Architektur gesehen werden". Grete Rader-Soulek, 1959 Erna
Kopriva als Leiterin dieser Meisterklasse nachgefolgt, betonte an gleicher
Stelle:
Die Bildwirkkunst ist eine dienende Kunst, dienend dem übergeordneten
Raumganzen, dienend einer Gemeinschaft, die diesen Raum als ihre Umwelt
betrachtet, meist sogar als ihre relevanteste. Diese Tatsache zwingt den
Gestalter der Tapisserie, Rücksicht zu nehmen auf andere, für
andere aktiv zu sein, die Berechtigung seiner eigenen Initiativen durch
andere bestätigen zu lassen.
Dieses illustrative Beispiel stammt aus dem Jahr 1976.8) Sehen wir
von der Tapisserie, den Zwängen bei der Produktion repräsentativer
Katalogtexte und den konkreten Personen ab - was wir bei einer vollständigen
Analyse des Textes nicht dürften, um die "Nachhaltigkeit" der geschlechtsspezifischen
Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern zu illustrieren, hingegen schon
-, lesen wir auf einen ersten Blick die Funktions- und Rollenbeschreibung
einer mit dem Dienen identifizierten Frau, etwa einer guten Hausfrau. Wir
können jedenfalls annehmen, dass rollenstereotype Vorgaben dieser
Art sowohl die Berufswahl als auch die Berufsbiographien von Frauen im
künstlerischen Bereich beeeinflussen. Empirisch belegt ist, dass Absolventinnen
sowohl der Akademie der Angewandten Künste als auch der Akademie der
Bildenden Künste einem enormen Konkurrenzkampf ausgesetzt sind, der
sich von dem männlicher Künstler insofern unterscheidet, als
Künstlerinnen beim Aufstieg in die oberen Hierarchiestufen des anerkannten
Kulturmarktes mit rollenspezifischen Vorurteilen zu kämpfen haben,
vor allem, wenn sie selbständig und unabhängig arbeiten wollen
(ÖIBF 1979). Zusammenfassend läßt sich festhalten:
- die Geschichte der weiblichen Geschichtslosigkeit an den österreichischen
Kunsthochschulen ist so gut wie gar nicht erforscht, daher liegt weder
für das neunzehnte noch für das zwanzigste Jahrhundert eine empirisch
umfassend fundierte kritische Darstellung vor;
- im Hinblick auf die mangelnde "Kunstgeschichtswürdigkeit" von
Frauen ist zu betonen, dass es bisher keine repräsentativ-kritische
Gesamtausstellung gab, die die Arbeit weiblicher Lehrender an österreichischen
Kunsthochschulen und an diesen ausgebildeter österreichischer Künstlerinnen
bewußt gemacht und insbesondere eine Erinnerungs- und Trauerarbeit
über Künstlerinnen im Austrofaschismus und Nationalsozialismus
ermöglicht hat.
Hinsichtlich des Zugangs zur Ausbildung an einer Universität der
Künste ist ein signifikanter Unterschied zu den (sonstigen) Universitäten
zu vermerken. Während der Zugang zu letzteren nach wie vor grundsätzlich
allgemein ist, besteht an den Universitäten der Künste so wie
bisher an Kunsthochschulen und Akademien jeder Richtung ein numerus clausus
insofern, als grundsätzlich Aufnahmeprüfungen für die einzelnen
Studienrichtungen abzulegen sind. Die Praxis der Aufnahmeprüfungen
wird traditionell mit den Besonderheiten einer künstlerischen Ausbildung,
die der Besonderheit des künstlerischen Tuns entsprächen, gerechtfertigt.
Wir sind bei
der Frage, die die Praxis der Aufnahmeprüfungen aufwirft, nämlich
der Beurteilung der Eignung für eine zukünftige künstlerische
Berufslaufbahn ("Begabung"), somit implizit mit der Frage der Objektivierbarkeit
von Kunst oder der Kriterien, die ein bestimmtes Tun zur Kunst machen,
konfrontiert. Auch wenn wir davon ausgehen, dass es möglich ist, solche
Kriterien zu finden, bleibt der numerus clausus an den Kunsthochschulen
als Ausnahme vom allgemeinen Zugang zu den Universitäten erklärungsbedürftig
und bedarf der Legitimation, zunächst einer sachlichen Rechtfertigung
im Sinne verfassungsrechtlicher Gleichheitskriterien; dann der Legitimation
durch Verfahren; schließlich einer unangreifbaren demokratiepolitischen
Legitimation, die auch den Anforderungen der Geschlechterdemokratie standhält.9)
Obwohl die Zugangsbeschränkung durch Aufnahmeprüfung für
beide Geschlechter besteht, ist ihre geschlechtsspezifische Bedeutung in
der Praxis unklar. So wissen wir nicht, ob und inwiefern etwa in der Eignungsbeurteilung
Geschlechtsrollensterotype durchschlagen; wir können dies auf Grund
der Erfahrungen in anderen Berufen allenfalls vermuten. An den Aufnahmeprüfungen
hat jedenfalls das Inkrafttreten des KUOG nichts geändert.10)
Das KUOG enthält Bestimmungen über Gleichbehandlungs- und
Frauenförderungsinstitutionen. Diese betreffen allerdings nicht den
Zugang zum Studium, sondern primär den Zugang von Frauen zu Ämtern
und Funktionen der universitären Selbstverwaltung, insbesondere zur
Lehre. Das KUOG knüpft an die Gleichbehandlungs- und Frauenförderungsinstitutionen
des Hochschulorganisationsrechts an, die 1990 - also noch vor Inkrafttreten
des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes 1993 (B-GBG) - als Verfassungsbestimmungen
im UOG und in den zum damaligen Zeitpunkt geltenden einzelnen Kunsthochschulgesetzen
verankert worden waren.11) Das KUOG, in dessen Text im übrigen
Bemühungen um einen durchgängig geschlechtergerechten Sprachgebrauch
sichtbar sind, sieht unter anderem vor:
die Festlegung der Mitgliederzahl des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen
und eines Frauenförderplans ist ein verpflichtender Inhalt der Satzung,
die sich die einzelnen Universitäten der Künste geben;12)
alle Universitätsorgane (KUOG) müssen bei der Behandlung
von Personalangelegenheiten darauf hinwirken, dass in allen universitären
Arbeitsbereichen ein ausgewogenes Zahlenverhältnis zwischen den an
der jeweiligen Universität der Künste tätigen Frauen und
Männern insbesondere nach den Vorgaben des Frauenförderplans
erreicht wird;13)
an jeder Universität der Künste ist ein Arbeitskreis für
Gleichbehandlungsfragen einzurichten; dessen Aufgabe ist es, Diskriminierungen
auf Grund des Geschlechtes durch Universitätsorgane entgegenzuwirken
(§ 39 Abs 2 KUOG); seine Mitglieder sind in Ausübung ihrer Tätigkeit
"selbständig und unabhängig", dh im wesentlichen weisungsfrei;14)
die/der Vorsitzende des Arbeitskreises hat Teilnahme- und Stimmrecht
in Sitzungen des Universitätskollegiums, die grundsätzliche Fragen
geschlechtsbedingter Diskriminierung betreffen (§ 39 Abs 4 KUOG);
die Mitglieder des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen
haben in Personalangelegenheiten, die in ihren Wirkungsbereich fallen,
Informations- und Protokollierungsrechte, die der Beweissicherung bei einem
Diskriminierungsverdacht dienen sollen 15); weiters sind sie bei ihrer
Ansicht nach vorliegenden Diskriminierungen zum Einspruch bzw zur Aufsichtsbeschwerde
gegen Entscheidungen der zuständigen Universitätsorgane berechtigt
(§ 40 KUOG).
Ein Vergleich zwischen den Regelungen des KUOG und den bisher geltenden Regelungen wäre zu leisten; ich verweise hier auf die detaillierte Darstellung der Insitutionen des B-GBG, der entsprechenden des Hochschulorganisationsrechts und ihrer komplizierten Verflechtung bzw Doppelgleisigkeit durch Silvia Siegmund-Ulrich auf dem Stand von 1997. Im Anwendungsbereich des B-GBG wird jedenfalls auch nach dessen jüngster Novellierung eine Vielzahl von Problemen weiterbestehen, die sich schon in der bisherigen Praxis gezeigt haben und die zugleich grundsätzliche Probleme antidiskriminierenden Rechts darstellen. Antidiskriminierendes Recht ist nach wie vor so wie Umwelt- oder Datenschutzrecht ein junges und innovatives Rechtsgebiet, dessen Institutionen sich erst entwickeln und gegen dessen Anwendung in Bürokratien und in der Rechtsanwendung erhebliche Widerstände bestehen. Antidiskriminierendes Recht macht nicht zuletzt das Vorliegen und Ausmaß vorhandener Diskriminierungen (erst) sichtbar (vgl Bei 1996 mwH).
Es ist gerechtfertigt, im österreichischen Gleichbehandlungsrecht
von einer Verweigerung der Legitimation durch Recht und der Legitimation
durch Verfahren zu sprechen. Ob über vorhandende Ansätze hinaus
von wirksamen rechtlichen Inklusionsmechanismen gegen die Mechanismen des
Frauenausschlusses und der Frauenausgrenzung, die in den Beiträgen
zu diesem Symposion objektiviert und dokumentiert sind, gesprochen werden
kann, muss bezweifelt werden:
so haben die Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen kein direktes
Mitwirkungsrecht an, sondern nur ein Kontrollrecht ex post über Personalentscheidungen;
die Frauenförderpläne sind in der Praxis ebenso unverzichtbar
wie von eingeschränkter Wirksamkeit; nur ein Minimum an Personalentscheidungen,
nämlich diejenigen, bei denen gleiche Qualifikation vorliegt, erfolgt
in Anwendung der in den Frauenförderplänen vorgegebenen Entscheidungsregeln
(Quoten);16)
in Fällen möglicher bzw behaupteter Beförderungsdiskriminierung
sind Frauen jedoch gut beraten, nicht die gleiche, sondern eine bessere
Qualifikation glaubhaft zu machen; 17)
obwohl aus den bisherigen Erfahrungen bei der Vollziehung des B-GBG
Praktikerinnen zahlreiche Defizite benannt und Verbesserungsvorschläge
gemacht haben (so zB im sog "Mauerbacher Entwurf"), fanden letztere auf
Grund des Widerstandes der Wirtschaftsseite bzw der ÖVP, die insbesondere
hinsichtlich des Ausbaus der Bestimmungen zur verpflichtenden Frauenförderung
im öffentlichen Bereich Vorbildwirkungen für die Gleichbehandlungsgesetzgebung
in der Privatwirtschaft befürchtet, kaum Eingang in legistische Reformen;
die erheblichen Berichtspflichten an den Nationalrat sind normativ
unzureichend gestaltet und werden auf unübersichtliche, uneinheitliche
und daher unzureichende Weise vollzogen; eine begleitende Evaluierungsforschung,
die an sich geeignet ist, die Akzeptanz antidiskriminierendem Rechts zu
erhöhen, ist nicht vorgesehen und findet auch nicht statt.
Langjährige Erfahrungen mit den Institutionen des europäischen
Gleichbehandlungsrechts, vor allem mit den unzureichenden Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten,
haben eine Expertin wie Eliane Vogel-Polsky dazu gebracht, das Gleichberechtigungsparadigma
insgesamt in Frage stellen. Rechtliche Normen zur Chancengleichheit erzeugen
ihrer Ansicht nach insofern Ungleichheit, als sie u.a. durch den Vergleich
zwischen Frauen und Männern diese als getrennte Gruppen konstruieren
und durch die Beschränkung auf einen formalrechtlichen und universalistischen
Zugang diese Trennung fortschreiben. Das Scheitern sei daher programmiert.
Die Lösung sieht Vogel-Polsky in der Abkehr von der formalrechtlichen
Gleichheit (equality) zugunsten der Berücksichtigung und Förderung
tatsächlicher Gleichheit oder Gleichwertigkeit (parity) in den Entscheidungsprozessen
in allen öffentlichen und institutionellen Bereichen 18) (Halimi /
Vogel-Polsky 1996). Der Ansatz der Geschlechterparität ist von großem
und konkretem Interesse für eine Institution, deren Entscheidungsprozesse
in einer Vielzahl von Kollegialorganen stattfinden. Es ist verlockend sich
vorzustellen, was er neben den oder an Stelle der komplizierten Institutionen
der Gleichbehandlung und Frauenförderung im Hochschulorganisationsrecht
effektiv leisten könnte. Grundsätzlich genügte eine Bestimmung,
dass bzw welche Kollegialorgane (bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit ihrer
Entscheidungen) geschlechterparitätisch zu besetztn sind.19) Hiermit
eröffnete sich nicht nur eine direkte Mitwirkung an Personalentscheidungen,
sondern an allen Entscheidungen, die die jeweilige Universität der
Künste betreffen, insbesondere ein direkter Einfluss auf Tätigkeitsinhalte
und Organisationsstruktur, wie etwa auf die Gestaltung der Satzung und
die in § 7 Abs 1 KUOG vorgesehene Gliederung in Institute.
1979 brachten die Abgeordneten der SPÖ Karl Blecha und Hilde
Hawlicek einen Initiativantrag im Nationalrat "betreffend ein Bundesverfassungsgesetz,
mit dem das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger
durch die Einfügung einer Bestimmung zum Schutz der Freiheit der Kunst
geändert wird", ein (IA 29/A II BlgNR 15. GP). Die vorgeschlagene
Einfügung eines Art 17a StGG, die sich ideenhistorisch auf die Grundrechtsentwürfe
der Parteien der konstituierenden Nationalversammlung 1919/20 zurückführen
lässt, lautete:
"Art 17a. (1) Die Kunst ist frei. Ihre Vielfalt ist zu schützen
und zu fördern.
(2) Jedermann hat das Recht, Kunst zu schaffen, auszuüben und
an ihr teilzunehmen.
(3) Die Urheberschaft und sonstige vermögenswerte Rechte an künstlerischen
Werken und Leistungen sind gesetzlich zu schützen."
Der Verfassungsausschuss wies den Initiativantrag einem Unterausschuss
zu. Inhaltlich diskutiert wurden dort drei Problemkreise: der Begriff der
Kunst und des künstlerischen Schaffens, die Verbreitung der Kunst
und ihre Charakterisierung als freie Meinungsäußerung (vgl Art.
10 EMRK) und die Frage der Kunstförderung (Ermacora 1982). Für
den weiteren Weg des Initiativantrages war maßgeblich, dass mit der
vorgeschlagenen grundrechtlichen Verankerung der Kunstförderung die
in Österreich maßgebliche liberale Grundrechtsauffassung durch
eine erweiterte, eine aktive staatliche Gewährleistungspflicht einschließende
Grundrechtsauffassung in Frage gestellt wurde; die Verwirklichung der vorgeschlagenen
Regelung wäre nicht zuletzt für die rechtliche Position von FörderungswerberInnen
und die soziale Absicherung von KünstlerInnen wirksam geworden. 20)
Dies kommt deutlich in den damaligen Stellungnahmen der Bundesländer
zum Ausdruck, die sich weitgehend gegen einen grundrechtlichen Förderungstatbestand
aussprachen:
- Der Förderungstatbestand würde das Recht auf Freiheit der
Kunst zu einem sozialen Grundrecht machen; dies sei der österreichischen
Rechtsordnung bisher fremd;
- auf Förderungen des Bundes und der Länder im Rahmen ihrer
Privatwirtschaftsverwaltung bestehe kein Rechtsanspruch; die Aufnahme eines
Förderungstatbestandes ohne Klärung der Frage des Rechtsanspruches
und seiner allfälligen Durchsetzung zu klären, würde die
Bestimmung unbestimmt lassen.
Die Auffassung der Oppositionsparteien entsprach der mehrheitlichen
Bundesländerposition, so dass der Initiativantrag der über die
absolute bzw einfache Mehrheit verfügenden SPÖ nicht die erforderliche
Verfassungsmehrheit fand. In dritter Lesung war auch eine von der SPÖ
vorgeschlagene eingeschränkte Fassung des Förderungstatbestandes
abgelehnt worden.21) Übrig blieb die 1982 beschlossene und nunmehr
geltende,22) mit der liberalen Grundrechtsauffassung kompatible Fassung
des Art 17a StGG, deren Wortlaut erkennbar an das Grundrecht auf Freiheit
der Wissenschaft (Art 17 StGG) angelehnt ist: "Das künstlerische Schaffen,
die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre sind frei." Abschließend
festzuhalten ist, dass die Diskussion über die soziale Dimension des
Grundrechts auf Kunstfreiheit keine Fortsetzung gefunden hat.
Am 15. Mai 1998 trat in Präzisierung der verfassungsrechtlichen
Gleichheitsgarantie eine Staatszielbestimmung in Kraft, wonach sich Bund,
Länder und Gemeinden zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann
und Frau bekennen (Art 7 Abs 2 B-VG idF BVG BGBl I 68/1998). Zugleich wurde
klargestellt, dass Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung
von Frauen und Männern durch Beseitigung tatsächlich bestehender
Ungleichheiten zulässig sind (Art 7 Abs 2 B-VG zweiter Satz). Damit
wurde die verfassungsrechtliche Zulässigkeit frauenfördernder
und -bevorzugenden Maßnahmen außer Zweifel gestellt.
Die Staatszielbestimmung ist im Vergleich zu einem subjektiven Recht eine schwache Form der Verrechtlichung, da sie nur programmatischen Charakter hat und normative Bedeutung nur mittelbar als subsidiäres Mittel der Auslegung gewinnen kann;23) allerdings kann die Staatszielbestimmung auf Verfassungsebene für die Interpretation der Verfassung selbst Bedeutung gewinnen, was insbesondere nicht nur den Gleichheitssatz selbst, sondern auch andere Grundrechte betrifft. Die Staatszielbestimmung über die Herstellung der faktischen Geschlechtergleichheit ist jedenfalls geeignet, unterschiedlichste staatliche Maßnahmen und positive Aktionen auf allen Ebenen und in allen Vollziehungsbereichen politisch und vor rechtlich als sachlich geboten zu legitimieren, und kann umgekehrt nach Art des mainstreaming als Maßstab bei der Beurteilung staatlicher Maßnahmen aller Art herangezogen werden. Betrachten wir bisher Angesprochenes in diesem Licht, so erscheint etwa eine anzustrebende Schaffung oder verstärkte Berücksichtigung der Geschlechterparität auch im autonomen Vollziehungsbereich der Universitäten, insbesondere der Universitäten der Künste, nunmehr zweifelsfrei verfassungsrechtlich zulässig. Dies beträfe, wie ausgeführt, nicht nur Fragen der Organisationsstruktur, sondern auch der Inhalte der Lehre oder der sonstigen Tätigkeitsbereiche (vgl etwa die in § 19 KUOG vorgesehenen Evaluierungspflichten). Es wäre nämlich immer zu fragen, wie sich konkrete Maßnahmen auf Frauen bzw die Chancengleichheit auswirken.
Was das Grundrecht auf Kunstfreiheit betrifft, möchte ich die Frage
der möglichen konkreten Bedeutung einer Auslegung im Zusammenhang
mit der Staatszielbestimmung zur Förderung der tatsächlichen
Gleichstellung hier nur allgemein stellen und durch nur einen Hinweis präzisieren.
Selbst wenn wir die allgemein anerkannte Auffassung des in Art. 17a StGG
gewährleisteten Grundrechts als Abwehrrechts gegen staatliche Eingriffe
nicht überschreiten (und diese Überlegung läßt sich
auch auf andere Grundrechte übertragen), können wir nämlich
fragen, ob krasse faktische Geschlechterasymmetrien - die unter Umständen
nach dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes relevant
wären, dies scheint mir aber im Hinblick auf die mögliche Bedeutung
der Staatszielbestimmung sekundär - den Zugang zu Positionen, in denen
die Freiheitsgarantie erst wirksam würde, so erschweren, dass sie
einen Eingriff in das Freiheitsrecht selbst darstellen. Diese Überlegung
wäre für alle von der Kunstfreiheit angesprochenen Bereiche der
Ausübung, der Vermittlung und auch der Lehre genauer zu entwickeln.24)
Abschließend möchte ich höchst kursorisch auf die
Kunstförderung eingehen, da es sich bei den institutionellen Ambivalenzen
in diesem Bereich um ein abundant diskutiertes Thema handelt. Jedenfalls
ist Kunstförderung i.e.S Förderungsverwaltung und somit Privatwirtschaftsverwaltung
der jeweiligen Gebietskörperschaft. Es ist möglicherweise ein
Allgemeinplatz, dass diese Form der Vollziehung mit rechtsstaatlichen und
demokratiepolitischen Defiziten einhergeht. Weniger banal ist die Frage,
ob dies überhaupt oder zumindest in gewissen Grenzen vermeidbar ist,
und wie diese in der Kunstförderung verlaufen könnten. Die Fragen
nach einer verbindlichen Kunstdefinition, objektivierbaren Kriterien, der
Schwerpunktsetzung der Förderungsmaßnahmen usw lenken davon
ab, wie die Position in rechtlicher Hinsicht beschaffen ist, in der sich
befindet, wer sich um eine Förderung bewirbt. Gerade im Bereich der
Kunstförderung mag es scheinen, dass es sich um einen feudalistisches
Rudiment in der Rechtsordnung oder ein Residuum anachronistischer mäzenatischer
Mechanismen handelt. Es handelt sich jedenfalls um eine staatliche Tätigkeit
im Anwendungsbereich der genannten Staatszielbestimmung über die Förderung
der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern; für
weitere Überlegungen wäre das Ausmaß faktischer Ungleichbehandlung
im Anwendungsbereich des Kunstförderungsgesetzes, BGBl 146/1988, festzustellen
und zu objektivieren. Nicht nur hinsichtlich der vergebenen Förderungen,
sondern auch hinsichtlich der Zusammensetzung von Beiräten sind Überlegungen
zur Herstellung von Geschlechterparität seit Inkrafttreten des erweiterten
geschlechtsspezifischen Diskriminierungsverbots und der Staatszielbestimmung
angebracht.
Inge Scholz-Strasser (Pronay-Strasser) hat mir Materialien zu ihrer
1984 abgeschlossenen Arbeit an der Dokumentation Frauenforschung, Ursula
Kubes-Hoffmann zu ihrer Mitarbeit an Projekten des ÖIBF zur Verfügung
gestellt. Hans Scheirl, Gabi Szekatsch, Edith Lechtape, Heidemarie Seblatnig,
Margot Pilz und Renate Bertlmann haben mich im Lauf der Jahre eingeladen,
Katalogtexte zu ihren Arbeiten zu schreiben. Astrid Douhet d'Auzers und
Cathrin Pichler haben mich an ihren Erfahrungen im Kunstbetrieb und mit
der akademischen Vermittlung von Kunst teilhaben lassen. Ihnen allen möchte
ich hier ebenso danken wie Heidi Pataki und Andrea Dusl für feministische
Reflexionen.
Literaturhinweise
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Projektgruppe Kritische Universitätsgeschichte (Hg): Vernunft als
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Seblatnig. NÖ Dokumentationszentrum für Moderne Kunst (Katalog).
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AUF Nr 92, 22.
Ermacora, Felix 1982: Verfassungsnovelle 1981 und Staatsgrundgesetznovelle
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Halimi, Gisèle / Vogel-Polsky, Eliane 1996: Une Europe citoyenne
sans les citoyennes? Le Monde 4. Mai 1996.
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1977: Berufskundliche Unterlagen - Berufe der Bildenden Kunst (Wien).
Österreichisches Institut für Berufsbildungsforschung (ÖIBF)
1979: Berufskundliche Unterlagen - Akademische Berufe der Angewandten Kunst
Kunst (Wien).
Pfarr, Heide M. / Fuchsloch, Christine 1988: Quoten und Grundgesetz.
Notwendigkeit und Verfassungsmäßigkeit der Frauenförderung.
Baden - Baden (Nomos).
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Künste in Wien. 100 Jahre Hochschulstatut, 280 Jahre Akademie der
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einsehbar im iwk Wien).
Seblatnig, Heidemarie: Untersuchung über die Lebensbedingungen
von Künstlerinnen in Wien 1985/86 (im Auftrag des Kulturamtes der
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(übers. Annegrete Lösch). Stuttgart (Klett-Cotta).
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In: Machacek, Rudolf / Pahr, Willibald P. / Stadler, Gerhard (Hg.): Grund-
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in Wien. Wien.
Neda Bei ist Schriftstellerin und Juristin (seit 1989 in der
Arbeiterkammer Wien). Schwerpunkte: Gleichbehandlungsrecht, feministische
Kritik der Rechtswissenschaften. Mitherausgeberin: Autorinnengruppe Uni
Wien (Hg.): Das ewige Klischee. (Wien: Böhlau, 1981); Projektgruppe
Kritische Universitätsgeschichte (Hg.): Vernunft als Institution?
(Wien: edition öh, 1986). Gemeinsam mit Renate Novak: Das Gleichbehandlungsgesetz,
in: Aichhorn, Ulrike (Hg.), Frauen & Recht (Wien: Springer, 1997).
1) Die erste Fakultät, die Frauen generell als ordentliche Hörerinnen
zum Studium zuließ, war 1897 die philosophische, die medizinische
Fakultät folgte um die Jahrhundertwende, die juristische erst mit
der Republik; zuallerletzt folgte die katholisch-theologische Fakultät
im Jahr 1945. Es zeigt somit sich hinsichtlich der Bereitschaft, den vielfach
belegten Widerstand und die vielfach belegte Furcht vor Feminisierung der
männlich-homosozialen Lebenswelten Wissenschaft und Universität
aufzugeben (vgl Bei 1990), bei allen Gemeinsamkeiten in den Inhalten der
Rationalisierung dieses Widerstandes ein differenziertes Bild der einzelnen
Fakultäten.
2) Vergleichbar mit privaten Bildungsangeboten und -initiativen, die
der Zulassung zum ordentlichen Universitätsstudium voran- oder mit
dieser einhergingen, gab es private Ateliers, die Frauen offenstanden oder
für Frauen gegründet wurden, so die Ateliers für Kunstgewerbe
und Maltechnik am Frauen-Erwerbverein oder die Pönninger-Schule.
3) Ausgestellte Künstlerinnen waren: Sofonisba Anguisciola, Tina
Blau, Rosa Bonheur, Rosalba Carriera, Marguerite Gérard, Angelika
Kauffmann, Käthe Kollwitz, Judith Leyster, Catharina Sanders van Hemessen,
Elisabeth Sirani und Elisabeth Vigée-Lebrun.
4) An der "Angewandten" unterrichtete etwa Adele Stark von 1903 bis
1921 (Werkstätte für Emailarbeit); Hilda Schmid-Jesser war nach
ihrer Ausbildung bei Rothansl von 1922 bis 1938 als Assistentin in der
Fachklasse für Bildhauerei beschäftigt, ab 1945 leitete sie die
Meisterklasse für Malerei und Graphik. Erna Kopriva, an der "Angewandten"
in Architektur und Bildhauerei ausgebildet, unterrichtete bis 1937 als
Hilfslehrerin bei Joseph Hoffmann in der Fachklasse Architektur. Nach ihrer
Rückberufung 1945 übernahm sie die Leitung der Werkstätte
für Stoffdruck und Tapete; ihre Nachfolgerin als Leiterin dieser Klasse
wurde 1959 Margarete Rader-Soulek. Pronay-Strasser und Schnedl-Bubenicek
stellten 1984 zusammenfassend folgende Trends für die "Angewandte"
fest: infolge des engen Zusammenhangs zwischen Kunstgewerbeschule
und den Wiener Werkstätten - ein Großteil der Künstler
dieser Werkgemeinschaft waren als Lehrer an der Schule tätig - wurde
es den Absolventinnen erleichtert, ihre künstlerischen Fähigkeiten
am kunstgewerblichen Sektor umzusetzen; häufig kehren ehemalige Schülerinnen
nach weiterführenden Studien an die Schule zunächst als Assistentinnen
zurück, zum Teil übernahmen sie auch direkt nach Abschluß
ihrer Ausbildung Hilfsassistentenfunktionen bei ihren Lehrern (bei zunehmender
Bestellung ausländischer Lehrkräfte seit etwa den sechziger Jahren);
gleichermaßen waren 1984 Frauen als Lehrende bzw Assistentinnen in
den Bereichen Graphik, dekorative Gestaltung, Architektur und Metallverarbeitung
(Schmuck) vertreten, seit den siebziger Jahren zunehmend als Vortragende
zu Kunsttheorie und Kunstgeschichte.
5) Praktische Kostümkunde; Ornamentik und Werkunterricht (Kunsterziehung);
Theatergeschichte; Weißnähen, Schneiderei, Schnittzeichnen,
Geschichte der Mode etc; weibliche Handarbeit bzw "Nadelarbeit", Schneiderei,
kunstgewerbliche Arbeiten; Kunsterziehung (Zeichnen und Malen); Weißnähen;
Englisch, Italienisch und Französisch; Kunstgeschichte für KunsterzieherInnen;
Bühnenbildnerei und Festgestaltung; ornamentale Schrift; Wäscheanfertigung
und Werkstoffkunde; Konservierung und Technologie; Tapisserie und Glasmalerei.
6) Mit einer Ausnahme: Frankreich hatte eine der ersten öffentlich
finanzierten Kunstschulen in Europa, die 1803 von zwei Frauen in Paris
gegründete Ecole Gratuite de Dessin pour les Jeunes Filles.
7) Wie Herstellung künstlicher Blumen, Gravierungen, Miniatur-,
Tapeten- und Prozellanmalerei, Emaillearbeiten, Handkolorierungen und das
Entwerfen von Mustern. Da Frauen aus der ArbeiterInnen- und unteren Mittelschicht
gezwungen waren, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, und ihnen nur
wenige "respektable" Berufe offenstanden, blieben, wie Higonnet meint,
handwerkliche Tätigkeiten übrig, die wegen "ihrer künstlerischen
Aura als mit dem weiblichen Wesen vereinbar" erachtet wurden. "Geschmack"
wurde für Frauen im Bekleidungs- und Putzmachergewerbe zur marktgängigen
Ware. Diese Berufe, wenn auch möglicherweise hinsichtlich Ermüdung
und schlechter Bezahlung anderen Tätigkeiten vergleichbar, erforderten
allerdings wenig körperliche Kraft, dafür Geduld und Geschicklichkeit,
wurden in Werkstätten mit exklusiv weiblicher Belegschaft oder zu
Hause ausgeübt und galten als "relativ fein und weiblich". Was die
künstlerisch-kunstgewerbliche Ausbildung in Frankreich betrifft, so
gab es 1869 in Paris rund zwanzig Ausbildungsstätten für Frauen
und sieben für Männer.
8) Tapisserien. Meisterklasse für dekorative Gestaltung und Textil.
Prof. Grete Rader-Soulek. Österreichisches Museum für Angewandte
Kunst. 29.April bis 20. Mai 1976. Hochschule für angewandte Kunst
in Wien - Berichte 10 (1976)
9) So läßt sich etwa fragen, ob im Meisterklassenprinzip
(ich verwende hier bewußt die männnliche Form), das die besondere
Zuwendung der Lehrenden zu den Studierenden ermöglichen soll, die
Grundsätze eines zünftischen Sonderrechts konserviert sind, usw.
10) vgl § 36 Abs 1 KUOG: "Studierende sind die nach den Bestimmungen
des Studienrechts durch die Rektorin oder den Rektor an der Universität
aufgenommenen Personen."
11) An der Entstehung dieser Bestimmungen waren die Verfassungsjuristinnen
Brigitte Hornyik und Silvia Siegmund-Ulrich maßgeblich beteiligt.
12) § 8 Abs 2 Z 6, Z 7 KUOG - Verfassungsbestimmung
13) § 39 Abs 1 KUOG
14) § 40 Abs 7 KUOG, Verfassungsbestimmung
15) Wie bisher: Akteneinsicht; Teilnahme - maximal zu zweit - mit beratender
Stimme an Sitzungen der Kollegialorgane; Antragsrechte, insbesondere das
Recht auf die Protokollierung von Sondervoten sowie von Diskussionsbeiträgen
der Mitglieder des Kollegialorgans (§ 40 Abs 1 KUOG).
16) Die Legitimation von Quoten für Frauen, die auf Grund ihrer
Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert werden, und andere, etwa aufgrund
ethnischer Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung benachteiligte
Gruppen, ist als Legitimationsproblem auch in rechtsphilosophischer Hinsicht
diskutiert worden. Eine Legitimationsfigur ist die des kompensatorischen
Rechts, dh, die bevorzugte Entscheidung solle historisches Unrecht wiedergutmachen.
Allerdings haben derartige frauenbevorzugende Regelungen nicht bloß
kompensatorischen Charakter, sondern zielen wesentlich auf die Herstellung
faktischer Chancengleichheit. Die Frage der Legitimation tritt aus rechtswissenschaftlicher
Sicht somit in ihrer Bedeutung zugunsten der Auseinandersetzung mit bereits
vorhandenen Garantien bzw Rechtsvorschriften über die geschlechtsspezifische
Chancengleichheit zurück, vgl für das bundesdeutsche Verfassungsrecht
Pfarr / Fuchsloch 1988, für das österreichische Verfassungsrecht
die wegweisenden Arbeiten von Anna Sporrer. Für die österreichische
Praxis von Bedeutung ist, dass die vom B-GBG vorgesehenen Frauenförderpläne
in den einzelnen Vollziehungsbereichen in höchst unterschiedlicher
Qualität ausgearbeitet werden.
17) Die nachprüfende Qualifikationsbeurteilung ist eine zentrale
Frage des Gleichbehandlungsrechts. So schwach die Instrumentarien des B-GBG
und des antidiskriminierenden Hochschulorganisationsrechts erscheinen mögen,
schaffen sie unbestrittenermaßen einen erhöhte Begründungs-
und Legitimationsbedarf für Personalentscheidungen. Es muß sich
erst zeigen, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten Diskriminierungsfälle
im Anwendungsbereich des B-GBG, die sich in den Rahmenbedingungen der formalisierten
und der Objektivierung verpflichteten Vorgaben des BeamtInnen-Dienstrechts
für die Beurteilung von Qualifikationen ereignen, im Vergleich zu
den spezifischen Beurteilungsmechanismen im Kunsthochschulbereich, in denen
noch mit dem Genie-Topos verbundene Vorstellungen genuin männlicher
Schaffenskraft ungehemmt zu toben vermögen, aufweisen werden.
18). Unmittelbarer Anlaß dieses polemischen und zornigen Befunds
war das vielkritisierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der
Rechtssache Kalanke ( zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst
von Stadt und Land Bremen.
19) Ein Ansatz für die erweiterte Herstellung von Geschlechterparität
in den Universitäten der Künste, der freilich an die Frauenförderungspläne
bzw ihren Anwendungsbereich gebunden ist, findet sich in § 39 Abs
1 KUOG. Vgl die 25%-Quote im verfassungsrechtlich zulässigen §
7 Abs 1 des Bundesgesetzes über Fachhochschul-Studiengänge (FHStG),
BGBl 340/1993, wonach von den 16 Mitgliedern des Fachhochschulrates mindestens
vier Frauen sein müssen, sowie die bloße Soll-Vorschrift des
§ 3 Abs 7 GleichbG.
20) Parallele Gegenstände der parlamentarischen Diskussion waren
die Einführung des Bibliotheksgroschens (SPÖ – Bergmann; IA 125a
II BlgNR 15. GP) und die Künstlersozialversicherung (Ausschuss für
soziale Verwaltung; AB 1076 BlgNR 15. GP über den Bericht der Bundesregierung
III-124 BlgNR 15. GP betreffend die Entschließung des Nationalrats
vom 26.02.1981 über eine Einbeziehung beruflich tätiger Schriftsteller
in die Sozialversicherung).
21) Die Bestimmung sollte nunmehr lauten: "Art. 17a. (1) Das künstlerische
Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre sind frei. (2) Eine
Förderung künstlerischen Schaffens durch den Bund, ein Land oder
eine Gemeinde hat auch seine Vielfalt und deren Erhaltung zu berücksichtigen."
In den Erläuterungen wurde die Gewährleistungspflicht bzw staatliche
Pflicht zur Kunstförderung ausdrücklich ausgeschlossen, jedoch
eine Selbstbindung der Kunstförderung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung
angesprochen, die inhaltliche Grundsätze beim Zugang zu Förderungen
als verpflichtend vorsah, AB 978 BlgNR 15.GP.
22) RGBl 142/1867, zuletzt geändert durch das BVG BGBl 262/1982.
23) Bundesministerin aD Johanna Dohnal, die ein Expertinnenkomitee
mit der Ausarbeitung dieser Bestimmung betraut hatte, beschränkte
ihren Auftrag im Hinblick auf die politische Realisierbarkeit ausdrücklich
auf eine Staatszielbestimmung; das Expertinnenkomitee arbeitete dennoch
auch eine - freilich unberücksichtigt gebliebene - Variante mit einem
subjektiven Recht auf Frauenförderung aus. Vgl zur Arbeit des Expertinnenkomitees
Sporrer
24) Durch eine hypothetische Überlegung läßt sich dies
komplementär verdeutlichen: wäre der Initiativantrag über
die Freiheit der Kunst 1979 verwirklicht worden, was hätte dies für
Künstlerinnen bedeutet? Oder, um von weiters nicht Verwirklichtem
zu sprechen, was bedeutete eine soziale Grundsicherung oder eine sozialversicherungsrechtliche
Absicherung ihrer Tätigkeit für Künstlerinnen im Vergleich
zu Künstlern?