Mensch und Staat: Antworten des Kontraktualismus


© Stefan und Pia Johanna Schweizer

I) Einführung


Die Grundgedanken der Verfassungsreformen in Deutschland im 19. Jahrhundert nach der liberalen Theorie ( jüngere Naturrechtslehre seit Kant ), lassen sich einfach mit dem Gedanken der Freiheit und Gleichheit aller Menschen im vorstaatlichen Naturzustand zusammenfassen. Der Staat entsteht durch einen Vertrag aller Bürger ( Hausväter ), auf den diese die Gewalt übertragen, durch den sie sich aber nicht ihrer essentiellen Freiheitsrechte begeben können.

Dieses Muster enthält beides, Elemente der Lehren von Hobbes und Rousseau, nämlich einerseits, die absolute Freiheit des Subjekts im vorstaatlichen Zustand, aber auch andererseits die Selbstverständlichkeit eines Vertrages zwischen den "Hausvätern" und den Untertanen. Diese Sichtweise jedoch lässt sich weder genau auf Hobbes, noch genau auf Rousseau zurückführen.

Die Frage der jeweiligen Gültigkeit der Positionen von Hobbes und Rousseau in der heutigen modernen Gesellschaft wird durch diese Betrachtung angeschnitten, da sich unsere heutige Gesellschaftsordnung in einer oder beiden aus diesen Ansichten fortentwickelten staatsphilosophischen Tradition sieht. Es scheint klar zu sein, dass die heutige Gesellschaft einen Antagonismus in sich implizieren muss, in dem das Verhältnis der Frage der Menschlichkeit und des Staates, welche in der Fragestellung des Essays indirekt impliziert ist, ausgetragen wird. Denn Menschsein heißt auch Menschlichkeit. Die Bedeutung der beiden verschiedenen philosophischen Sichtweisen für die heutige Gesellschaft wird erst klar, wenn man sich fragt, in welchem Verhältnis man sich heute zum Staat, also dem Zustand nach dem Ur- und -Naturzustand, die allgemein durch den "Vertragsschluss" beendet werden, befindet.

Würde man eine Synthese von Hegel und Marx nehmen, so wüsste man, warum der wirkliche Mensch das Resultat seiner eigenen Arbeit ist und also folglich auch der materiellen Bedingungen der Produktion. Nur scheint dies anhand der vorgegebenen Fragestellung viel zu weit führen. Eine Frage der Aktualität ist ja aber, ob ich mich anhand einer der beiden Theorien der Philosophen Hobbes und Rousseau in der heutigen Gesellschaftsform wiederfinden, zumindest mich aber in eine philosophische Tradition derselben einordnen kann. Diese Frage der Identität, die maßgeblich ja schon von Seiten der jeweiligen vorherrschenden Systeme vorsuggeriert wird, kann man aber nicht anhand irgendwelcher politischen Tagesordnungspunkte für sich entscheiden, denn es ist eine Frage der eigenen Identität und Individuation. Das Unterfangen die Fragestellung der Aufgabenstellung objektiv und anhand internalisierten Wissens und konkreter Texte zu beantworten, scheint schwierig. Deshalb ist es auch konkludent, dass eine Beantwortung immer subjektiven und individuellen Maßstäben genügen muss. Auch klar ist, dass sie objektiven, wissenschaftlichen Maßstäben genügen muss.

II) Hobbes


1) Herleitung des Staatsvertrages
Hobbes gehörte der Schule der britischen Empiristen an.
Ob der Mensch ein Mensch vor oder nach dem Gesellschaftsvertrag ist, lässt sich anhand des von Hobbes' entwickelten philosophischen Konzepts nicht genau sagen. Der Philosoph definiert selber nicht, was er denn nun genau unter Mensch versteht. Man kann aber feststellen, welche Position Hobbes präferiert hat: die des Menschen vor oder die des Menschen nach dem Gesellschaftsvertrag. Um das Ergebnis vorwegzunehmen, sei gesagt, dass Hobbes die Stellung des Menschen nach dem Gesellschaftsvertrag bevorzugt hat. Dies ist hauptsächlich in der logisch-konsequenten Entwicklung seiner philosophischen Systematik begründet. Aber auch autobiographische, bzw. realpolitische Ereignisse seiner Zeit, wie z.B. der Bürgerkrieg, den Cromwell (1599-1658) mit der Parlamentspartei gegen den Stuartkönig Karl 1. führte, prägte das staatsphilosophische Verständnis von Hobbes. Von der herrschenden Meinung abweichende Stimmen konstatieren sogar, dass Hobbes die Herrschaft Cromwells rechtfertigen wollte.

Im Brockhaus wird Mensch als "das höchstentwickelte Lebewesen der Erde" definiert. Weder diese Definition, noch biologisch-physikalisch-chemische Definitionsversuche, werden bei der Klärung der Aufgabenstellung helfen.

Für Hobbes sind alle Menschen hinsichtlich physischer und psychischer Kapazität gleich, auch wenn sie individuell verschieden stark ausgeprägt sind, denn gerade die Individualität ermöglicht es dem einzelnen Vernachlässigungen einer dieser beiden Mängel zu kompensieren. Aus dieser Gegebenheit und der fast schon sozialdarwinistisch (und später durch Konrad Lorenz anders weiterentwickelten) klingenden Behauptung, dass der Mensch durch seinen Selbsterhaltungstrieb und dem Trieb nach Macht, der Suche nach Anerkennung durch andere und dem Versuch der eigenen Saturierung, leitet er ab, dass der Mensch sich in einem Zustand des Naturkrieges befindet. Zu diesem Zeitpunkt ist noch kein Staatsvertrag entstanden.

Um diesem die Selbsterhaltung bedrohenden Zustand zu entfliehen, geht der Mensch einen Staatsvertrag ein :
Die Menschen, die von Natur aus Freiheit und Herrschaft über andere lieben, führten die Selbstbeschränkung, unter der sie, wie wir wissen in Staaten leben, letztlich allein mit dem Ziel und der Absicht ein, dadurch für ihre Selbsterhaltung zu sorgen und ein zufriedeneres Leben zu führen - das heißt, dem elenden Kriegzustand zu entkommen, der aus den natürlichen Leidenschaften der Menschen notwendig folgt, dann nämlich, wenn es keine sichtbare Gewalt gibt, die sie im Zaume zu halten und durch Furcht vor Strafe an die Erfüllung ihrer Verträge und an die Beachtung der natürlichen Gesetze zu binden vermag, die im 14. und 15. Kapitel aufgestellt wurden." ( 1 )

Dieses Zitat hilft viele Fragen klären. Hobbes sieht den Menschen im vorstaatlichen Zustand ohne wenn und aber auch als solchen. Dies zeigt schon die terminologische Titulierung desselben im ersten Satz. Die Frage ist nur auf welcher Entwicklungsstufe er den Menschen zu diesem Zeitpunkt sieht. Im Vergleich zu dem Zeitpunkt nach dem Gesellschaftsvertrag auf einer niedrigeren, wie sich später zeigen wird. Bei Hobbes besitzt der Mensch im Naturzustand eine absolute Autonomie des Subjekts. In diesem Zustand haben Moral und Wertung irgendwelcher Begrifflichkeiten keine Gültigkeit, da es für Hobbes keine universellen, allgemeingültigen, moralischen Prinzipien gibt.

2) Exkurs: Vergleich mit dem französischen Existentialismus
An dieser Stelle muss einer Verblüffung Ausdruck gegeben werden, wenn man diese Ansichten mit einer recht modernen philosophischen Richtung, dem französischen Existentialismus nämlich, vergleicht. Insbesondere zu Sartre, aber auch natürlich zu den Werken des jungen Camus, zeigen sich verblüffende Kongruenzen und Affinitäten. Bei Sartre ist es nicht mehr nur die absolute Autonomie des Subjekts, sondern auch das "Verdammt zur Freiheit" zu sein. Moralische Prinzipien, die einem universellen Prinzip der Gültigkeit unterliegen gibt es bei Sartre auch nicht:
"Thus we have neither behind us, nor before us, in a luminous realm of values, any means of justification or excuse. We are left alone, without excuse. That is what I mean when I say that man is condemned to be free." ( 2 )

Bei Sartre werden die moralischen Maßstäbe durch das Subjekt selber gesetzt. Der Mensch als höchste eigene und dadurch auch objektive moralische Instanz. Der ( Nicht )-Kausalitätsgrund der Absurdität fällt bei Hobbes allerdings weg. Wo es für Sartre keinen Ausweg mehr gibt, setzt Hobbes mit einem Ansatzpunkt an, der zwar auch zunächst auf jegliche metaphysische und transzendentale Bezugssysteme verzichtet (obwohl Hobbes gläubiger Christ war), aber in Notwendigkeit irgendeines Bezugssystems, ein weltliches, aber nicht mehr subjektives, kreiert. Diese Notwendigkeit leitet er von der oben schon angeschnittenen Vorstellung eines Naturgesetzes her.

3) Die Naturgesetze
Das Zusammenspiel davon mit den Kräften und Gefühlen des Subjekts führen zur Bildung eines künstliche Gebildes; der Gemeinschaft (1. Naturgesetz). Die Kausalität dieser Notwendigkeit der Bildung einer Gemeinschaft, welche bedeutet, dass der Naturkriegzustand in einen Zustand in dem Menschen in einer organisierten Gesellschaft leben, fließt, ist in der Dynamik der menschlichen Natur gegeben. Im Leviathan sagt uns Hobbes, dass dem Naturgesetz zufolge der Mensch Frieden sucht und wenn er ihn nicht erlangen kann, dass er die Hilfen und Vorteile des Kriegs nutzen wird. Daraus leitet er ( im 2. Naturgesetz ) ab :
"that a man be willing, when others are so too, as far forth, as for peace and defence of himself he shall think it necessary, to lay down this right to all thigs; and be contended with so much liberty against other men, as he would allow other men against himself." ( 3 )
Dieses Zitat spiegelt die Notwendigkeit eines (sozialen) Vertrages wieder. Darauf gründet Hobbes seine Gemeinschaft.

Im dritten Naturgesetz leitet Hobbes die eigentliche Legitimation des Vertrages her und begründet noch einmal seine Notwendigkeit. Durch diesen dritten Schritt wird endgültig der Krieg des Naturzustandes beendet. Er beschreibt dieses Gesetz auch als "Brunnen der Gerechtigkeit". Im vorvertraglichen Zustand hatte es keine moralischen und ethischen Prinzipien gegeben. Entsteht nun aber ein solcher Vertrag, bei dem alle Partizipierenden zu gleichen Teilen die Autonomie ihres Subjekts einschränken und an jemanden abtreten zur Sicherung der Selbsterhaltung und des Friedens, so wäre es ungerecht, diesen Vertrag zu brechen. Erst an dieser Stelle wird für Hobbes eine Wertung nach ethischen Maßstäben möglich. Da das Brechen des Vertrages Ungerecht ist, kann man sagen, dass Ungerechtigkeit die Nichterfüllung des Vertrages ist und dass das, was nicht ungerecht, gerecht ist ( die Erfüllung des Vertrages nämlich ). Um diese Ungerechtigkeit nun auszuschließen muss nach Hobbes eine Macht etabliert werden, die die Vertragsmitglieder zwingen kann, ihre Verträge zu erfüllen. In Bezug auf die Vertragsbildung kann man sich die weiteren im Leviathan genannten 16 Naturgesetze schenken. Wie man die in dem Vertrag statuierten Sachverhalte nennen soll, sagt Hobbes einem ganz genau, nämlich nicht nur Gesetz :
"for they are but conclusions or theorems concerning what conduceth to the conversation and defense of themselves; wehereas law, properly, is the word of him, that by right hath command over them." ( 4 )
Dies nun aber wirft die Frage nach der Stellung der einzelnen am Vertrag beteiligten Personen und dem Souverän auf und wie dieser denn auszusehen habe. Hobbes schien nur einer starken Kontrolle der Einhaltung des Vertrages zu vertrauen :
"And covenants, without the sword, are but words, and of no strength to secure a man at all.". ( 5 ) Daraus folgert er, dass der Souverän keine natürliche, sondern eine künstliche "Person" sein müsste. Es sei die Einheit des Vertreters (Souveräns) und nicht der Vertretenen, die das Ganze zu einem einheitlichen Gebilde macht. Dafür ist es aber notwendig allen Vertragsparteien zu sagen, dass man sein Selbstbestimmungsrecht aufgibt und es dem künstlichen Gebilde überträgt. Dadurch, dass alle diesen gleichen Schritt vollziehen, macht dieser Schritt alle zu Autoren des Vertrages und legitimiert damit den Souverän zu herrschen. Jeder ist dem Souverän Untertan, was als logische Konsequenz zur Folge haben muss, dass der Souverän kein Vertragsmitglied ist. Der Vertrag hat also nur unter den Untertanen seine Gültigkeit, was aber nicht die Legitimation des Souveräns durch den Vertrag ausschließt. Wie der Souverän denn auszusehen habe, wird von Hobbes nicht genau definiert. Er folgt hier den von Aristoteles entwickelten drei Formen des Staatswesens :
"Denn die Vertretung muß notwendig aus einem Menschen oder aus mehreren bestehen : besteht sie aus mehreren , so ist sie entweder die Versammlung aller oder eines Teils. Besteht die Vertretung aus einer Person, so ist der Staat eine >Monarchie<, ist sie die Versammlung aller, die zusammenkommen, so ist er eine >Demokratie< oder Volksstaat, und besteht die Versammlung nur aus einem Teil, so wird er >Aristokratie< genannt." ( 6 )

Es geht Hobbes aber nicht um eine historische Herleitung, sondern um die deduktiv-philosophische Entwicklung des Staates. Ist der Mensch nun nach Staatsvertragsschluss ein wirklicher Mensch geworden, oder hat der Umkehrschluss, dass der Mensch sich aufgrund seiner beschränkten Autonomie in einer Form der Regression des Menschseins befindet, auch seine Gültigkeit? Den ersten Teil der Frage habe ich ja schon beantwortet. Ja, der Mensch ist für Hobbes schon vor dem Eingehen des Vertrages ein Mensch gewesen. Für Hobbes ist der Mensch nach dem Vertragsschluss aber auch nicht weniger Mensch, da er seine Individualität, obwohl seine Privatautonomie stark beschnitten wird, nicht aufgibt, sondern im Gegenteil eher aufrecht erhält : das Selbstinteresse (die Selbsterhaltung) liegt nach ihm der Gründung der organisierten Gesellschaft zugrunde. Das Moment, das den Krieg in der organisierten Gesellschaft verhindert und somit die Selbsterhaltung fördert, ist die Angst vor der Bestrafung durch den Souverän, der die Machtkompetenz erhalten hat, den zu bestrafen, der sich nicht an den Vertrag hält. Die Macht des Souveräns ist auch noch unveräußerlich, weil sie wie schon erwähnt durch den Vertrag und dadurch, dass jedes Vertragsmitglied mitverantwortlich für die Aktionen des Souveräns ist, legitimiert. Den zweiten Teil der Legitimation des Vertrages führt Hobbes durch eine der Kantschen Formulierung des kategorischen Imperativs sehr ähnlich klingenden Formulierung : "evry private man is judge of good and evil actions [...] what ever a man does against his conscience, is sin." ( 7 ) Dieses Zitat lässt sich natürlich nur auf den vorvertraglichen Zustand beziehen, wo, wie wir gesehen haben, es keine objektiven ethischen und moralischen Maßstäbe gibt. In dem Zustand der Gemeinschaft verliert diese Aussage natürlich ihre Berechtigung. Das Zivilgesetz ( vom Souverän und dadurch von allen errichtet ) ist der Maßstab für gut und Böse.

Zwei Fragen sollten noch geklärt werden. Sollte es von dem in der Gemeinschaft etablierten Gesetz eine Art der Befreiung oder der Loslösung geben? Hobbes hätte diese Frage verneint. Denn es ist ja der Sinn des Vertrages, die Selbsterhaltung und dadurch das mitunter für Hobbes am meisten Priorität besitzende Ziel zu realisieren. Die Gesetze zielen mehr oder wenig einzig auf dieses Ziel ab, so dass sich der Vertragsschließende also selber ad absurdum führen würde, wenn er sich nicht an die aus dem Vertrag resultierenden Gesetze halten würde. Die zweite Frage ist die, woher dieser Vertrag überhaupt seine Legitimation erhält. Hobbes selber war Christ und insoweit gab es für ihn auch eine transzendentale Ebene im persönlichen Bereich. Diese ist aber keinesfalls Legitimationsgrundlage des Vertrages. Es ist also nicht der Gedanke der Legitimation eines Souveräns durch Gott (und hier wird ersichtlich, warum er Cromwell favorisierte), sondern die einzige und alleinige Berechtigung des Souveräns (ob eine einzelne Person oder ein Personenverbund, spielt keine relevante Rolle) ist die des (sozialen) Vertrages und dadurch letztendlich durch den Menschen gegeben.

Wie schon erwähnt, ist die Beantwortung der Ausgangsfrage bei Hobbes schwierig, da man weder mit einem absoluten ja oder nein antworten kann. Da der Mensch bei Hobbes in seiner individuellen Gegebenheit keine Antithetik vor oder nach dem Vertrag bildet, ließe sich noch einmal wiederholen, dass der Mensch für Hobbes auch schon ein (wenn auch beschränkter) Mensch vor dem Vertragsschluss war. Was Hobbes versuchte, war die Staatsphilosophie gänzlich auf eigene Füße zu stellen. Dies durchsetzte er aber ansatzweise durch den Versuch der Analyse psychologischer Elemente des Menschen. Der Bezug zur Metaphysik und Theologie fehlt. Ob gelungen oder nicht, Hobbes versuchte soviel Realist zu sein wie möglich.

III) Rousseau


1) Wider die Gesellschaft
Rousseau gehörte mehr oder weniger den Philosophen der französischen Aufklärung an.
Bei Rousseau lässt sich die Frage, ob der Mensch ein Mensch vor oder nach dem Vertragsschluss war, ein wenig leichter beantworten, obwohl auch hier eine definitive Aussage aufgrund der nicht sehr differenzierten und knappen Fragestellung, nicht möglich ist. Rousseau betonte immer die Künstlichkeit der ( sozialen ) Gesellschaft. Einen der Kausalitätsgründe dafür sah er in der immerwährenden Fortentwicklung der Künste und Wissenschaften. Im Gesellschaftsvertrag allerdings versucht er die Transformation des Urzustandes in eine entwickelte Gesellschaft zu rechtfertigen, und er begibt sich auf die Suche nach dem adäquatesten und besten Organisierungszustand und Realzustand derselben. Die bestmöglichste Kompatibilität des Menschen an einen solchen unnatürlichen Zustand, wo seine naturgegebene Güte leicht den gefährdenden Tatsachen einer organisierten Gesellschaft unterliegt, soll seiner Meinung nach gefunden werden. Die Hauptproblematik liegt bei Rousseau genau wie bei Hobbes in der absoluten Priorität des Selbsterhaltungstriebs. Im Naturzustand wirft sich unter dieser Prämisse auch noch die Frage auf, inwieweit sich der Mensch vom Tier unterscheidet. Dies wird von ihm selber zunächst mit der lapidar klingenden Behauptung, dass es nicht so sehr das Verstehen können des Menschen, als dessen Möglichkeit der Realisierung seiner Freiheit sei. Diese Realisierungsmöglichkeit begründet er mit der Geistlichkeit der Seele. Dies zeigt ganz eindeutig, dass er sich gegen eine materialistisch-mechanistische Erklärungstheorie des Menschen ausspricht. Ein weiterer Differenzierungsgrund zwischen dem Menschen und einem Tier ist für Rousseau die Fähigkeit des Menschen, sich selber weiter zu entwickeln, die Möglichkeit der annähernden Perfektion. Allerdings bestanden im Urzustand zunächst für den Menschen auch nur die drei Fähigkeiten des Instinkts, des Wollens und des Gefühls. In diesem Zustand besitzt der Mensch keine Reflektionsmöglichkeiten und deshalb auch in einem ganz enggezogenen Sinne auch keine moralischen Qualitäten. Diese Aussage wird aber sofort wieder von Rousseau relativiert, wenn er konstatiert, dass daraus nicht der logisch fast zwingend anmutende Schluss, dass der Mensch keine Vorstellung von Güte habe, ungültig sei. An diesem Punkt gehen die Vorstellungen von Hobbes und Rousseau endgültig auseinander. Die Selbstliebe und Selbsterhaltung wird von dem Philosophen Hobbes als Kausalitätsgrund für die Konsequenzen der Schlechtigkeit und der Gewalt gesehen. Nicht so Rousseau jedoch.

Für Rousseau ist der Mensch im Urzustand gut. Dieses Gutsein kann man nicht im moral-ethischen Sinne definieren, da aus dieser Güte erst, die man fast im descartschen Sinne als idea innatea bezeichnen könnte, der Mensch seine Vorstellung seiner ursprünglichen Gefühle und Impulse ( dieser Güte nämlich ) entspringt. Ein wichtiger Pfeiler für die Gründung einer Gesellschaft ist für Rousseau die Entwicklung der Sprache. Weit relevanter als dieser Punkt jedoch ist für ihn die Entwicklung der Kategorie mein. Damit soll gesagt sein, dass dies die Tatsache der Eigentumsbezeichnung darstellt. Durch diesen Schritt verschwand die vorstaatliche Gleichheit und es entwickelte sich auch teilweise die Frage von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit daran. Dies könnte einen fast schon marxistisch anmuten. Beschränkt man sich jedoch wieder auf die relevanten Punkte, die Rousseau im Staatsvertrag niederschrieb, so erkennt man, dass Rousseau keine naturrechtliche Rechtfertigung des Staatsvertrages finden kann. So kommt es auch, dass bei ihm die Idee der Einigung und des Vertrages in sich selber gegeben ist. Das weiter oben knapp angesprochene Problem der Realisierung und Konkretisierung eines solchen Vertrages, bildet auch eines der Hauptprobleme im Gesellschaftsvertrag. Wie kann die Individualität und Individuation jedes einzelnen in einem Staat, dem Gesamtkörper, erhalten bleiben ? Diese Problematik wird meines Erachtens nicht ganz sauber und souverän gelöst, wenn er im 6. Kapitel des Gesellschaftsvertrages konstatiert :
"Dieser Akt des Zusammenschlusses schafft augenblicklich anstelle der Einzelpersonen jedes Vertragspartners eine sittliche Gesamtkörperschaft, die aus ebenso vielen Gliedern besteht, wie die Versammlung Stimmen hat, und die durch ebendiesen Akt ihre Einheit, ihr gemeinschaftliches Ich, ihr Leben und ihren Willen erhält." ( 10 )

Dieser beschriebene Akt vollzieht sich wie bei Hobbes dadurch, dass alle Rechte auf einen Souverän übertragen werden, welcher aber nicht partizipierendes Bestandteil des Vertrages ist. Im Unterschied zu Hobbes definiert er aber nicht genauer die Form des Souveräns, sondern er setzt die Identität des Gesamten mit dem Souverän voraus. Diese Prämisse ist notwendig, da er nur so rechtfertigen kann, dass der Mensch eine höhere Stufe der Freiheit in der Gesellschaft erreichen kann, als im Naturzustand. Dieser scheinbar etwas unschlüssige Schritt wird von ihm dadurch begründet, dass der Mensch sich von einem Normalzustand (Urzustand) zu einem Zustand der Moral (ität) entwickelt. Dies bedeutet letztendlich in der Konsequenz, dass der Staat zum Status der Gerechtigkeit und die Basis des Rechts wird. Auf einer anderen Ebene bedeutet dies, auf den ersten Satz des ersten Kapitels des Gesellschaftsvertrages bezogen, "Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten." ( 11 ), dass die natürliche Freiheit des Urzustandes durch die einer zivilen und moralischen Ordnung ersetzt wird. Hier wird klar, dass zwar die Individualität und Individuation auf der natürlichen Ebene des Naturzustandes zwar nicht mehr realisiert werden kann, obwohl dieser Zustand der Realisierung nach Rousseau aber nur sehr beschränkt ist, da er nur rein auf der jeweiligen psychischen und mehr noch physischen Stärke basiert, und dass die Individuation und Individualität in dem Gemeinwesen nur Beschränkungen durch den allgemeinen Willen erfährt. An dieser Stelle wäre es angebracht nach den realen damaligen sozial-politischen Gegebenheiten zu fragen. Nach Rousseau ist der Wille der Gemeinschaft identisch mit dem eigenen. Aber weder zu Rousseaus Zeiten, noch heute in den freien oder totalitären Systemen jeglicher Couleur, kann eine Affinität und Kongruenz des Gesamtwillens mit dem Individualwillen erzeugt werden. Rousseau selber schränkt dies insoweit ein, als er sagt, dass es die Pflicht sei, den ganz bestimmten Willen des Individuums unter die Allgemeinheit unterzuordnen. Die Gefahr einer solchen Aussage in der heutigen Zeit scheint evident zu sein. Was sein kann, ist, dass eine größtmöglichste Anpassung des Gemeinwillens an die Mehrheit der Individualwillen erfolgen kann. Aus dieser entwickelten Perspektive heraus muss man das Werk Gesellschaftsvertrag Rousseaus nicht als eine Wiedergabe realpolitischer Konstellationen, sondern als eine in der Tradition zum Beispiel von Platos Politeia oder Thomas Morus' Utopia sehen. Eine Utopie vielleicht, also etwas, dass es noch nirgendwo gab, auf dessen Realisierung Rousseau aber stark hoffte oder zumindest in der Lage war einen intellektuellen, philosophischen Idealzustand herzustellen. Auch sollte der Gesellschaftsvertrag nicht unbedingt für alle Zeiten bestand haben, sondern es sollte die Möglichkeit bestehen, ihn aufzulösen. Trotzdem ist die Souveränität des Souveräns wie auch bei Hobbes unantastbar. Der Souverän ist die Legislative. Der Souverän sind alle. Alle also als ein Teil der Legislative?

2) Volonté générale und volonté ; de tous
An dieser Stelle wird die Klärung von zwei Begriffen notwendig :
volonté générale und volonté de tous.

Der volonté générale> betrifft die gesamten Allgemeininteressen. Er ist der Ausdruck eines universellen Objektes, nämlich der des souveränen Volkes, welches die Konsequenz der Begrifflichkeiten Allgemeinwohl und Vorteile für alle nach sich zieht. Der volonté de tous berücksichtigt Privatsphäreninteressen und ist nicht mehr als die Summe der verschiedenen ganz individuellen Willen. Nach Rousseau ist nun zu folgern, dass die Menschen zwar von sich / Natur aus nach dem Guten bestrebt sind, aber halt nicht immer in der Lage sind dieses Gute auch wirklich zu erkennen und zu definieren. Dies ist praktisch schon die Begründung, warum der volonté de tous von Anfang an als nicht sehr relevant und damit als quasi-nichtig gesehen werden kann. Der volonté générale hingegen ist immer im Recht und bedarf somit auch keiner weiteren Legitimation. An diesem Punkt nun wäre anzumerken, dass sich die Güte des Naturzustandes in ein neues moralisches Moment des Gesellschaftsvertrages transformiert hat. Der Souverän (da die Menschen sich ja im Naturzustand auch vor allem nach der Selbsterhaltung sehnen, was aber im Gegensatz zu Hobbes nicht auf Egoismus etc. basiert, wird dieses Moment natürlich auch in den Gesellschaftsvertrag mitübernommen) versucht nur das Erreichen des einen Guten: nämlich dem Herstellen und Erhalten von Allgemeinwohl.

Rousseau unterstellt den Leuten, nicht genau zu wissen, was denn nun wirklich gut und was schlecht für sie sei. So legt er also das Monopol der Gewichtung und Beantwortung dieser Frage alleine in die Hände des Souveräns. Mögliche Einwände wie, dass das eine Vorstufe eines totalitären Staates sein könnte, werden durch die Argumentation, dass der Souverän ja alle sei und damit auch alle Teil des volonté générale , weggewischt. So betrachtet bedeutet der volonté générale eine wirkliche Aufklärung und auch den wirklichen Willen des Volkes. Diese Überlegungen lassen es auch durchaus deutlich werden, warum für Rousseau eine wie von uns heutzutage verstandene und nahezu selbstverständliche Pluralität der Meinungen nicht akzeptabel ist. Falls sich verschiedene Fraktionen im Staate herausbilden, kann der volonté générale nicht mehr in dem von ihm selber definierten Sinne gültig sein. Es ist vom heutigen Standpunkt her gesehen durchaus schwierig diese Überlegungen nachzuvollziehen. Noch schwieriger wird es, wenn man sich vor Augen hält, daß Rousseau feststellt, dass der volonté générale und der Gesellschaftsvertrag eigentlich die Sachen sind, die der Mensch in seiner absoluten Freiheit des Naturzustandes sucht und dadurch auch die Sachen, die er zu einem gelungenen, glücklichen Leben benötigt. Das Antithetische, zumindest aber antagonistisch anmutende Moment, welches sich daran aufdrängt, ist, dass der Mensch mehr oder weniger gezwungen ist, sich dem volonté générale anzupassen und durch diesen Schritt des absoluten Übergangs zur Konformität, er gezwungen ist, frei zu sein. Wieder werden Assoziationen mit dem französischen Existentialismus und vor allem Sartre erweckt. Nur, dass bei Sartre das ganze philosophische System in sich schlüssiger und vor allem aber auch nicht so durchsetzt von Widersprüchen und Paradogmen war. Allerdings muss man, wie schon öfters in dem Essay erwähnt, auch der Zeitgeschichte ihren Respekt zollen : was heute oft komisch und absurd klingt, war für die damalige Zeit vielleicht höchstmodern und vielleicht sogar revolutionär. Die Frage, die noch bleibt ist, ob Rousseau sich den Gesellschaftsvertrag als immerwährend existentes Gebilde vorgestellt hat.

Zum Teil wurde diese Frage schon beantwortet, aber nur aus einer recht erzwungenen, von Rousseau relativ ungern gemachten Aussage. Im elften Kapitel des Gesellschaftsvertrages, welches den Tod der politischen Körperschaft behandelt, sagt Rousseau :
"Der Staat wird nicht durch die Gesetze erhalten, sondern durch die gesetzgebende Gewalt. Das Gesetz von gestern ist heute nicht verbindlich, aber aus dem Schweigen wird die schweigende Zustimmung abgeleitet, daß der Souverän ununterbrochen die Gesetze bestätigt, die er nicht abschafft, da er dazu in der Lage ist. Alles, was er einmal als seinen Willen erklärt hat, das will er immer noch, es sei denn, er widerruft es." ( 12 )

Schon hier zeigt sich der relativ stark ausgeprägt utopische Charakter des Ganzen. Eine solche Sichtweise müsste man heute als idealistisch im abwertenden Sinne bezeichnen. Noch deutlicher wird die Bestätigung dieses Urteils allerdings, wenn man weiterliest :
"wenn der Souverän sie ( die Gesetze; Anm. des Verf. ) nicht ständig als heilsam anerkannt hätte, hätte er sie tausendmal widerrufen. Daher gewinnen die Gesetze [...] ununterbrochen neue Kraft; daß sie unangefochten seit alters bestehen, macht sie täglich ehrwürdiger; während überall dort, wo sich die Gesetze im Alter abschwächen, eben dieses beweist, daß es keine Legislative mehr gibt und daß der Staat nicht mehr am leben ist." ( 13 ).

Diese beiden Zitate geben nicht ganz genau Aufklärung über die von mir gestellte Frage. Aber es ist klar, dass die weiter oben gemachte Aussage der potentiellen Änderung oder Abschaffung des Souveräns stark relativiert wird. Beide Zitate implizieren eindeutig eine stark ausgeprägte Präferenz des kontinuierlichen und immer weiter gehenden Staates. Dies ist auch dem philosophischen System Rousseaus immanent und deshalb daraus folgernd logisch zwingend, da ja der Souverän alle sind und da der volonté générale ja nur das Gute für alle meint, auch wenn alle dies nicht so verstehen und der volonté de tous partiell von dem erstgenannten differieren kann. Es ist nun noch einmal an der Zeit, die Frage aufzuwerfen, ob bei Rousseau der Mensch ein Mensch vor oder nach dem Gesellschaftsvertrag ist. Es könnte gesagt werden, dass bei Rousseau der Mensch wohl eher ein Mensch vor dem Gesellschaftsvertrag ist, wenn man einmal von der Kategorie dessen, was wir heute als menschlich definieren, ausgeht. Dies ist natürlich so zu verstehen, dass auch bei Rousseau der Mensch nach dem Gesellschaftsvertrag ein Mensch vielleicht von größerer moral-ethischer Qualität als vor dem Gesellschaftsvertrag ist. Erstaunlich ist nur, dass Rousseau seine früheren, etwas anders gearteten Ansichten durch sein Werk Staatsvertrag relativiert, fast sogar umgestülpt hat.

3) Der Versuch eines Vergleiches von Hobbes und Rousseau :
Ist der Mensch ein Mensch vor oder nach dem Gesellschaftsvertrag?


Will man nun zum Schluss des Aufsatzes die Aufgabenstellung derselben beantworten, so bleibt die Summe des Ganzen zu betrachten. Weder bei Rousseau noch bei Hobbes lässt sich die Aufgabenstellung mit einem definitiven, konkreten ja oder nein beantworten. Es lässt sich auch nicht unbedingt in einer Synthese im Hegelschen Sinne eine Antwort finden. Man muss eher abwägen und beide Standpunkte differenziert gegeneinander abwägen. So sei vorrausgeschickt, dass es sich bei der Antwort, wie auch schon aus dem vorherigen ersichtlich, um ein teils/teils, also auf deutsch um ein "jein" handelt.

Bei Hobbes ist der Mensch vor dem Gesellschaftsvertrag weniger ein Mensch als nach dem Gesellschaftsvertrag. Dieses Faktum hängt ganz eindeutig mit seiner Art und Weise der Definition des Selbsterhaltungstriebes ab. Für ihn ist der Mensch im vorvertraglichen Zustand einfach zu egoistisch und rein auf das Ziel der eigenen Selbsterhaltung bemüht, was natürlich letztendlich den Versuch der anderen um Selbsterhaltung notwendigerweise tangieren muss, um in einem harmonischen Verhältnis mit seinen Artgenossen Leben zu können. Daraus lässt sich ableiten, dass sich der Mensch in einer Art des Kriegszustandes befindet. Dieser Kriegszustand ist permanent, da dies aufgrund der Kausalitätszusammenhänge nicht anders gegeben sein kann. Erst durch die Schließung eines Gesellschaftsvertrages erlangt der Mensch endlich die wirkliche Würde, um ein "wahrer" Mensch sein zu können. Dies bezieht sich aber alleine auf das Verständnis von Hobbes. Er ist zwar auch schon vor dem Vertragsschluss Mensch, aber erst durch die erlangte Sicherheit, die ihm der Vertrag zu gewährleisten bereit ist, kann er sich wirklich entfalten; seiner gelungenen Individuation Raum geben.

Bei Rousseau gestaltet sich die Problematik ähnlich, nur, dass sie bei ihm genau unter den entgegengesetzten Vorraussetzungen gegeben ist. Auch bei ihm lässt sich die Frage der Aufgabenstellung weder mit einem klaren ja, noch mit einem klaren nein beantworten. Für ihn hat, vor allem in seinen früheren Schriften, der Mensch vor dem Vertragsschluss fast einen menschlicheren Charakter als danach.

Erst in seinem Buch Gesellschaftsvertrag, war er bereit diese Position zu relativieren. Nur ist dies teilweise problematisch, da seine Argumentationsweisen in dem Gesellschaftsvertrag oft unschlüssig und etwas im Kontrast zu seinen früheren Schriften zu stehen scheinen. Wie dem auch sei, bei Rousseau genießt der Mensch vor dem Gesellschaftsvertrag ein höheres Ansehen als bei Hobbes. Nur ist es nicht unbedingt schlüssig, daraus ableitend zu sagen, dass der Mensch vor dem Gesellschaftsvertrag mehr Mensch für Rousseau gewesen sein mag. Dies könnte allerhöchstens für die Schriften vor dem Gesellschaftsvertrag stimmen. Bei beiden ist es jedoch obligatorisch, zu konstatieren, dass der Mensch nach dem Gesellschaftsvertrag ein höherentwickeltes moral-ethisches Empfinden entfaltet. Betrachtet man die Fragestellung von der heutigen Sichtweise aus, so ist sie noch um sehr vieles mehr komplexer.

Es steht aber fest, dass heutzutage fast alle Menschen auf der Erde; abgesehen von ein paar gescheiterten Versuchen, die in den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts begonnen haben und fast allesamt gescheitert sind; sich in der einen oder anderen Art des Gesellschaftsvertrages befinden. Eine andere Lösung, so die heutigen vorherrschenden und anerkannten Meinungen, ist kaum möglich. An eine Form der positiv definierten Anarchie (wie sie zum Beispiel von Erich Mühsam aufgestellt wurde) glauben heute die wenigsten Menschen. Weiterhin spielen bei der heutigen Beantwortung der Frage auch viele weiterentwickelte biologische, physikalische und chemische Betrachtungsweisen und Erkenntnisse, wie zum Beispiel die schon weiter oben erwähnte Entwicklung der Evolutionären Erkenntnistheorie von Konrad Lorenz, eine Rolle.

Nimmt man nun das von beiden beschriebene höherentwickelte moral-ethische Empfinden nach dem Gesellschaftsvertrag, dann lässt sich schon sagen, dass der Mensch eigentlich erst nach dem Gesellschaftsvertrag ein wirklicher Mensch ist, wenn man davon ausgeht, dass eine zunehmende Komplexität der verschiedenen Wissens- und Empfindenskategorien und der Entwicklung stärker ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten, den Mensch als solchen überhaupt erst ausmachen. Es ist, selbst bei der Gefahr mich zu wiederholen, auch nicht evident, dass bei beiden, der Mensch kein Mensch vor dem Gesellschaftsvertrag gewesen ist. Nur nach dem Gesellschaftsvertrag erreicht der Mensch sozusagen eine höherentwickelte Stufe, die ihm die Qualitäten und Garantien bieten, die wir heute als allzu selbstverständlich hinnehmen.

Insofern ist der Mensch ein Mensch vor und nach dem Gesellschaftsvertrag. Fragt man allerdings nach der Entwickeltheit des Menschen, dann ist eindeutig zu sagen, dass der Mensch für beide eine höherentwickelte Stufe nach dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages eingenommen hat. Die Begründungen für die Notwendigkeiten eines solchen Vertrages sind bei beiden relativ ähnlich, nur, dass sie von einem unterschiedlichen Ausgangspunkt den Menschen im Naturzustand betrachten.

Bibliographie :

1) Th. Hobbes, Leviathan; zit. nach : Gondosch / Helmle / Paul, Lehrbuch Philosophie, Braunschweig 1989, S. 139

2) J. P. Sartre in einem Vortrag; zit. nach : T. Z. Lavine, From Socrates to Sartre,New York 1984, S. 371

3) Th. Hobbes, Concerning body; London 1989, S. 12

4) Th. Hobbes, Leviathan; Stuttgart 1996, S. 17

5) Th. Hobbes, ebd.

6) Th. Hobbes, Leviathan, Frankfurt am Main 1989, S. 145

7) Th. Hobbes, Concerning body, London 1989, S. 74

8)J. J. Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatrechts; Reclam 1991; S. 18

9) Ebd., S. 5

10) Ebd., S. 97

11) Ebd., S. 97



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