Was mich an der Sprache interessiert, ist das Nichtvorhandene, eigentlich
müsste ich sagen, das Vorgetäuschte oder das, was ich nicht weiss.
Wirklichkeit ist dabei nur ein Begriff. Wäre alles tatsächlich, was ich
sehe und denke, wäre ich ein Lügner und das Leben eine Lüge. Es ist eine
Sammlung von Zeichen für Raum, Zeit und Bedeutungen, die mich der Sprache
ausliefert. Welche Zeichen, welche Worte, Sätze, Gedanken ist unklar. sign
vehicles. Auch wenn manchmal alte Gewohnheiten auftreten, darf ich nicht
glauben, dass etwas Besonderes geschehen ist. Vielleicht fällt die Sprache
nicht über mich her. Ich weiss nicht, ob das, was mich mit der Sprache
verbindet, sich nicht abnützt, schnell abnützt. Ich habe etwas von einem
Insekt, einem kleinen Käfer, der sich eine, seine Welt baut. Aus einem
Zufall. Da meine Geschichte kurz ist, ist es eine Tatsache einerseits, dass
ich alles von mir weiss, anderer-seits suche ich keine Erinnerung. Ich
vereinfache oder kompli-ziere meine Wahrnehmung. Es gibt fast nichts, was
aus dem Gedächtnis auftaucht. Die Wirklichkeit hat nichts damit zu tun.
Sie kommt aus der Gegenwart.
Was mich an der Sprache interessiert, ist weder liebevoll noch das
Gegenteil: lieblos. Ich nehme etwas vorweg, ein Stück Zukunft aus der
Gegenwart einer nichtvorhandenen Welt.
Was mich an die Sprache bindet, ist eine zärtliche Gleichgültigkeit.
Meine. Ich weiss, es ist nicht unbedingt wirklich, aber irgendwas, was mit
mir und der Welt zu tun hat.
Sympathie dazu habe ich. Sicher. Ich weiss, dass der Akt des Sprechens mich
weder liebt, noch hasst. Vielleicht schätzt er mich genau so wie er mich
geringschätzt ? Wir sind beide keiner außerordentlichen Zuneigung fähig. Es
ist keine Kälte, eher eine gleichgültige Ironie dem Erleben gegenüber.
Es interessiert mich etwas an der Sprache, obwohl ich auf die grossen
Erkenntnisse über die Wirklichkeit verzichten muss.
Was mich an der Sprache interessiert, ist eine Anzahl von bedeutungslosen
Versuchungen und Versuchen. Wenn ich mein Sprachverhalten überprüfe, wobei
ich nur das Resultat kenne, ist es nur ein Spiel mit Dingen, eben das
Erfahren, ein endloses Kalkulieren an allem vorbei. Ich gebe mir mit der
Sprache Gelegenheiten, etwas wahrzunehmen oder etwas loszuwerden, was ich
sonst in der Einsamkeit eines kahlen Raumes verrotten lassen müsste. Keiner
versteht mich so recht. Alle haben zurecht etwas anderes im Kopf und im
Gefühl. Sie nehmen anderes wahr als ich.
Was mich an der Sprache interessiert, ist - wie es scheint - dass sie
täglich an einen Punkt ankommt, dass sie mich aufweckt aus meiner
beiläufigen Weltbetrachtung. Ich verdanke ihr mehr oder weniger, dass ich
jetzt über meine Erfahrungen Bescheid weiss, über dieses nackte Sichersein
in meinem Körper in einer älter werdenden Welt. Sich Verirren im Ich und
Verlieren in der Sprache hat mir das Leben gegeben. Ich bin aber kein
verlorener Gegenstand, den man in der Welt übersehen hat, meine ich kokett.
Liegengelassen. Übersehen. Das schon. Wenn meine Sprache bemerkt wird, gut
funktionierend aus einer überheblichen Routine, lebe ich davon. Wenn ich
etwas mit ihr herstelle oder hinstelle, liess oder lässt man mich gewähren,
wie man mir Gedanken auch nicht verbietet oder verboten hat, sondern sie
zulässt oder zuliess, so zuliess oder zulässt, als wollte man damit
beweisen, dass sie niemanden kümmern und keinen interessieren.
Was mich an der Sprache interessiert, vermittelt das hergestellte Produkt,
nicht. Eine eigenartige Freiheit, ein Drang lässt mich die Sprache benützen.
Es ist ein fremdes Gefühl, das mir gut tut. Fremdkörper tun mir gut.
Vielleicht auch nur mein Geist, dem man einige Überraschungen zumuten kann.
Was mich an die Sprache bindet, ist die Möglichkeit, die Welt mit ihr zu
fangen. Und doch kann ich mit ihr nur eine neue erfinden und zusehen wie
mein Leben allmählich vergeht. Dieses ahnungslose Ziel, von dem ich nichts
weiss, treibt mich in die Sprache.
Ich glaube, ich lebe auf einer Insel - auf der alles merkwürdig homogen ist,
auf der es keine Uferstellen gibt, an denen man landen könnte. Wenn man auf
der Insel ist, kann man sie nicht mehr verlassen. Man kann nur denen etwas
zurufen, Zeichen geben, die in der Ferne sind.
Etwas sagen, schreiben.
Natürlich gehört dieses Verlorenwerden zu meinem Selbstverständ-nis.
Zumindest zu meiner egozentrischen Koketterie. Ich weiss, ohne es schon zu
sein, ich weiss, nun ist die Sprache vergessen worden, verloren gegangen.
Wie ich mir vorstelle, dass irgendwer verliert, so liebe ich es, mich in
der Sprache zu verlieren.
Was soll´s, wenn die Sprache auch nicht in den Vitrinen oder Regalen oder
Bibliotheken der Welt herumsteht, begafft oder begriffen wird wie man
ausgestopfte Pygmäen begafft und begreift, obwohl man eben die Sprache als
Phänomen nie begreifen kann. Vielleicht ist es nicht ungerecht, wenn ich
sage, dass ich, das grosse Ich, das nur in mir gross ist, zu allen
Verstrickungen bereit ist, wenn nur ein gesprochener Gedanke in einem
anderen oder bei mir dabei zu Buche steht? Und wenn ich dann irgendwann
wieder an einem meiner Orte gelandet bin, in einer meiner Höhlen, habe ich
wieder wie ein Hamster das sprachliche Reservoir von dem sich meine Gedanken
nähren können. Einen Winter lang, einen Sommer lang, ein Leben lang.
Was mich an dieser Sprache interessiert, ist - kurz gesagt - dass sie nicht
nur als Werkzeug vorhanden ist. Natürlich kommt sie mir in den Sinn aber was
ist das für ein Sinn und was bedeutet er für mich? Das, was sie mir
ermöglicht, sind beiläufige Geschehnis, Gefühle, Einsichten die etwas
hinterlassen, die möglicherweise Handlungen erzeugen und weitere Gedanken
hinterlassen. Diese Bindung spielt eine, Rolle für mein Umgehen mit anderen
Menschen. In diesem wunderbaren Irrtum gehört sie, die Sprache, mir.
Was mich an der Sprache interessiert, ist die tröstende Sache, dass es kein
anderes Mittel gibt, die Wirklichkeit zu begreifen. Zumindest wenn der
organisierte Zufall als Urheber sich so benimmt, sich so gebärdet und lebt
und lebt wie die Sprache eben in mir lebt. Sie lügt und lügt und erfindet
und träumt und phan-tasiert. Was denn? Eine Wahrheit, eine Phantasie und es
ist eine meiner Phantasien und meine Wahrheit. Die Sprache an sich gibt es
eigentlich nicht. Meine Sprache veranlasst mich zu sprechen und mich zu
äussern.
Ich lebe gleichsam in einer Höhle und diese vermittelt das erregende Gefühl
einer Höhle, nichts aber von mir oder von meiner Sprache selbst.
Was mich an der Sprache interessiert, ist die Tatsache, dass keiner etwas
von mir, von meinem Sprachwirklichkeit weiss oder der bisherigen, der
gegenwärtigen, der zukünftigen wissen will. Bekannt werden nur Reste, davon.
Surrogate. Ein Surplus meines Daseins. Ich beweise etwas mit ihm, der
Sprache, und erzeuge damit eine Bindung zur Wirklichkeit, auch wenn die
Gefahr besteht diese zu übersehen. Übrig bleibt eine unbekannte Geschichte
eines Lebens, das mir zugefallen ist.
Was mich an der Sprache tatsächlich interessiert, ist etwas, das man nur
vorsichtig, lückenhaft, behutsam beschreiben oder gar erklären kann.
Was mich an durch sie erfundene Wirklichkeit bindet, ist die irrationale
Überzeugung meiner Existenz und Gegenwart.
Was mich an der Sprache interessiert, ist ihr doppelter Boden. Einerseits
trägt sie mein Ich, zugleich stelle ich aber mit dem Sprechen ein Bild von
mir her, das in keiner oder nur irgendeiner Beziehung zur Wirklichkeit der
anderen steht.
Was mich ans Sprechen bindet, ist, dass die anderen weder meine Sprache noch
mein Vorhandensein erkannt haben, zumindest nicht mein Vorhandensein in
einer Welt der Tatsachen mit der ich, nichts, absolut nichts zu tun habe.
Dazwischen ist die Sprache tatsächlich so etwas wie Wirklichkeit.
Was mich an der Sprache interessiert, ist mein Bewusstsein. Oder so etwas.
Bis zur Bewusstlosigkeit. Gesprochen ist etwas, wenn ein Gegenstand,
herausgehoben aus der Welt, in eine semantische Interaktion mit dem Modell
einer Welt tritt.
Literatur entsteht, wenn meine Erfahrung einer Welt einen symbolischen Wert
erhält und mit den Dingen, die ich aus der Welt nehme, in Konflikt gerät.Die
Sprache ist künstlich.
Die Kunst zu sprechen. Damit ist gesagt, dass etwas, das gewöhnlich
ausgeführt wird, ohne dass dabei auf die Art der Ausführung geachtet würde,
nur so ausgeführt werden kann, als sei man im Besitze einer privilegierten
Sichtweise, als sei jeder Akt un-mittelbar reflektiert und stünde in
Verbindung mit einer Wirklichkeit, also mit einem Hauptziel, das erkannt
werden kann.
Nun, Sprache, im Gespräch, in der Rede, aber weil schwarz auf weiss vor
allem im Geschriebenen, stellt etwas zur Schau, ist jene Art von
Schaustellung, die hinter der Verwendung von Worten und Sätzen so manch
einen, der etwas zu sagen wünscht, es aber nicht wagt, zu einem
Vorauswissenden, einem Helden macht, hinter dem sich die Zweifel und Ängste
eines Bewusstseins, eines Ichs verbergen. So gesehen ist jeder ein Dichter,
ein guter, aber im besonderen, ein eigener Deuter und jedes Geschriebene,
Gesagte wird zu einer mehr oder weniger getarnten Autobiographie, ein
Notizbuch des Bewusstseins, eine Geschichte mit wirklichkeits-entfremdeten
Akteuren. Ich gebe zu, dass mich immer weniger interessiert, was einer sagt,
als das, was einer sagen will, wollte oder träumt. Mein Interesse liegt
nicht im Wirklichen, sondern in den Phantasien und Träumen anderer und
meinen. Der Narzismus, der hier anklingt, ist von dem, was Cioran den Pathos
des Intellekts genannt hat, nicht zu trennen. Die Natur des Ichs ist sein
Pathos. So oder so.
Das Sprechen ist eine Art von connecting link zwischen dem Bewußtsein und
der vermuteten Wirklichkeit, in die ein Mensch sein Ich stellt. Die Gedanken
des Ichs über sich und die Welt um sich machen aus Leben Schicksale, aus
Erinnerungen nützliche Akte der Reflexion und geben der Zeit eine gelenkte
Bedeutung. Aber diese Wandlungen können sich nur im anderen vollziehen. Ich
zwinge dem anderen ein Gespräch auf und fordere vom Zuhörer individuelle
Deutungen, ein Mass an Identifikation, Gedankenflüsse mit Stehbildern,
Gefühlen und mehr. Genau gesagt, heisst das: ich billige dem anderen etwas
zu, von dem ich nichts oder irgendwann - wenn überhaupt etwas - erfahre.
Durch das Ich in dieser Wunderwelt habe ich in aller Radikalität einen Pakt
mit der Sprache geschlossen, den ich einzuhalten habe. Als Mensch fordere
ich damit jene Empfindsamkeit im Alltag und in der Sprache, die vielen
immer mehr abzugehen scheint.
Der Zirkelschluss des Ichs ist unentrinnbar. Die Natur des Ichs ist sein
Pathos. Und die Wirklichkeit ist das Verdrängte.
Sprechakte, könnte ich behaupten, sind die Verdrängung der Wirklichkeit
über die Sprache, eine Fiktion. Wie das Ding an sich. Die Wirklichkeit an
sich. Worte an sich.
Der bevorzugte Ort des Vorgehens ist mit dem Alphabet als Werkzeug die
grosse, unendliche Bibliothek, in der alle Zeichen, in all den unzähligen
bewusstseienden Bewusstseinsstrukturen mit allen Löchern, Lücken und Fugen
und Ritzen und Zu - und Abflüssen, Eingängen und Ausgängen und Übergängen
aufbewahrt sind. Ein Arbeitsfeld, das nicht zwischen Sein und Schein
unterscheiden lässt. Jeder Buchstabe, jedes Wort ist eine Metapher für
etwas. In die Zukunft verlege ich meine Hoffnungen. Mit diesem Ritual
revan-chiere ich mich in Gedanken für die Unfreundlichkeiten der Welt in der
Gegenwart. Gleichsam stelle ich ein zukünftiges Wohlergehen der
gegenwärtigen Armseligkeit gegenüber. Die Zukunft ist sozusagen das
Traumland, ein Lunapark wie die Freiheit.
Mehr oder weniger wird dieser Trick von mir mit Erfolg betrieben; denn wenn
die Zukunft erfunden ist und sie nicht so ausschaut wie ich will, ist sie
nichts anderes als eine Lüge. Und wenn es mir tatsächlich gelingt, etwas zu
erfinden, blicke ich auf die Vergangenheit, also die derzeitige Gegenwart
und denke: Ich habe meine Wirklichkeit und mein Ich in die Welt gesetzt.
Jeder hat doch das Menschenrecht, zu träumen.
Es gibt zwar Spezialisten, Mechaniker, Entstörer für das Ich. Psychologen.
Aber auch diese architects of ego changing verhalten sich hilflos den Ichs
gegenüber, vielleicht wie die Kinder im Wald. Die unschuldigen Wesen sehen
nicht den Wald, sondern nur die Bäume. Die schuldigen Psychologen sehen
nicht das Ganze, den Menschen, sondern nur, ja was ? Symbole und Symptome
als Nährboden unglaublicher Deutungen. Im Grunde sind Psychologen
tatsächlich wie Chauffeure von Omnibussen, die einem Luftschiff nachfahren.
Es schwebt in der Ferne, der Busfahrer versucht es einzuholen, aber das
Schiff mit den Ichs verschwindet, hinter einer Wolke viel-leicht. Der Fahrer
versucht es überall aufzustöbern und fragt und redet und redet und deutet,
als hätte er es wirklich gesehen. Er stellt Mutmassungen an, weil er nicht
aufgeben darf.
Die Sprache ist subjektiv determiniert.
Sprechen macht also keine wahren Sätze, sondern solche, deren Gehalt durch
sie verändert wird. Gleichsam eine Poetisierung der Wirklichkeit. Der Gang
in die Innenwelt und daraus die Erschaffung von Wirklichkeit. Sprechen ist
also eine Art von Verkettung, die das gedankliche Feld, den gedanklichen
Raum mit ihrer subjektiven Bestimmung bis zum Widerspruch treibt und dadurch
Aussagen unbe-stimmbar macht. Mehr oder weniger ein unvollständiger Vorgang
Die Qualifikation von Sprachgebrauch ist also die Doppeldeutigkeit,
Unbestimmbarkeit, Unvollständigkeit, die Beziehung zum Erkannten, mehr oder
weniger das, was Carl Einstein sagte, wenn er von der assoziativen Kraft des
Wortes spricht. Der Zugang zur Welt ist indirekt.
Ein Selbst, ein Ich, ist nur in dem Mass eine selbstbestimmte Grösse, wie es
seine eigene, fremdbestimmte Konstitution über-codiert. Die Sprache beweist
also nichts anderes als dass sie besteht und aus der Form Inhalte erzeugt.
Sowie Maturana sagt, sind selbstmodifizierte Systeme auf ihre eigene
Struktur der Sprache verpflichtet, nicht aber auf sie reduziert. Sprache ist
wie die Psyche strukturdeterminiert. Sie muss sich stets selbst verwandeln,
um zu überleben. Diese Verwandlung ist nicht methoden- sondern
subjektbestimmt. Durch diesen Trick, mehr ist es nicht, findet meine
Innenwelt, mit der ich alle Wahrnehmungen überschreibe und abwandle, den
Zugang zur Aussenwelt.
Die Modifikationen der Welt, die das Ich, das Subjekt als flexibel
konstituieren, sind nichts anderes als ein Prozess, der sich in Gang hält,
indem er sich zu grossen Teilen entzieht und verändert.
Der Wert der reinen Zeichen, der Sprache, entzieht sich unserem Zugriff. Es
sind ausnahmslos nach Morris sign vehicles einer sprachlichen Welt. Dabei
verändert sich die Objektivität der Erkenntnisse durch das Subjekt.
Gesprochene oder geschriebene Worte definieren sich in den ständigen
Variationen und Flexionen des Subjektes und dem Gebrauch der Sprache. Lieber
eine Aporie und Antinomie als die direkte Erkenntnis.
Freud sagt: Was man nicht erfliegen kann, muss man erhinken. Das
rechtfertigt einerseits die Variations- und Abweichungslust des Sprechens
und Schreibens genauso wie die Neurotisierung des Menschen. Die Sprache ist
wie die Seele überdeterminiert.
Was man nicht beschreiben kann, muss man erlügen, heisst es in der
Literatur.
Der Gebrauch der Sprache und die Neukonstruktion von Regeln sind die
formalen Grundlagen des Inhalts, der als Sprechakt erscheint. Mehr oder
weniger Konventionen.
Wahrnehmungen werden nicht empfangen, sondern aktiv erzeugt.
Die Sprechakte könnten als Driften von Zeichensequenzen gesehen werden, das
kraft einer Übercodierung möglich wird. Die Drift der Zeichen und
Bedeutungen, die das, was sich in ihnen ausdrückt, unmerklich verschiebt,
bis, vom Prinzip der Stillen Post geleitet, Widersprüche verbunden und
Abkömmlinge gebildet sind, die ihren eigen Ausgangspunkt modifizieren und
dabei den Sprecher unberührt lassen, obwohl er der Grundfaktor ist.
Eine Sprache ist wie das Unbewusste ausgebildet und bildet über vermutete
Strukturen ihren eigenen fiktionalen Sachverhalt ab.
Die Fabrikation der Fiktionen.
Der Sinn als Schatten der Wirklichkeit.
Was ist der Sinn eines Satzes? Eine solche Frage verführt in mancher
Richtung. Uns ist, als ob der Sinn ein Schatten sei, der hinter den Zeichen
steht, ein Schattenbild der Wirklichkeit, die der Satz darstellt. Diese
Auffassung mag davon hergenommen sein, dass uns manchmal beim Aussprechen
oder Hören des Satzes wirklich ein Vorstellungsbild dieser Wirklichkeit
vorschwebt. Ist nun dieses Vorstellungsbild der Sinn? Aber wie kann uns
dieses Bild prinzipiell weiterführen? Wie kann es zwischen Zeichen und
Wirklichkeit vermitteln? Dann brauchte es ja einen Schatten jenes Schattens
usw.
Edward Sapir sagt:
Menschliche Wesen leben weder nur in der objektiven Welt noch allein in der,
die man gewöhnlich die Gesellschaft nennt. Sie leben auch sehr weitgehend in
der Welt der besonderen Sprache, die für ihre Gesellschaft zum Medium des
Ausdrucks geworden ist. Es ist durchaus eine Illusion zu meinen, man passe
sich der Wirk-lichkeit im wesentlichen ohne Hilfe der Sprache an und die
Sprache sei lediglich ein zufälliges Mittel für die Lösung der spezifischen
Probleme der Mitteilung und Reflexion. Tatsächlich wird die Reale Welt sehr
weitgehend unbewusst auf den Sprachgewohnheiten der Gruppe erbaut... Wir
sehen und hören und machen überhaupt unsere Erfahrungen in Abhängigkeit von
den Sprachgewohnheiten unserer Gemeinschaft, die uns gewisse
Interpretationen vorweg nahelegen.
Wenn ein Satz als das Instrument der Wahrheit angesehen wird wie
Wittgenstein es wollte, dann muss er, der Satz, Wahrheit realisieren. Aber
durch die Behauptung allein wird Wahrheit nicht realisiert. Wenn also ein
Satz von sich selbst sagt, er sei wahr, sagt er nichts aus, sondern ist ein
Tautologie. Die Wahrheit bleibt also immer eine Leerstelle. Wie die
Wirklichkeit.
Die Menschen treiben ein Spiel mit der Sprache.
Sie ist die Musik, mit der wir Schlangen beschwören, die einen fremden
Schatz hüten, sagt Ambrose Bierce.
Ein gewagtes Spiel. Die Sprache bringt etwas ins Spiel; die Sprache hat die
Finger im Spiel.
Es sind Spiele ohne Plan, da ihr Zweck in ihnen selbst liegt und sie keinen
Beitrag zur Veränderung der äusseren Wirklichkeit leisten. Sie lassen sich
als Verstandesspiele bezeichnen, welche nicht streng determiniert sind.
Innerhalb der Sprache wird eine künstliche Umgebung hergestellt und die
Auseinandersetzung findet mit der geschaffenen Umgebung statt. Die Sprech-
und Denkakte stellen nun eine Form des Spiels insofern dar, dass sie eine
eigene Realität konstituieren. Diese Spielwirklichkeit ist eine
sprachliche, wobei sich das Sprech- und Denkspiel in der Terminologie der
Spieltheorie als Spiel mit Zeichen benennen lässt. Die durch die Sprech- und
Denkakte produzierte Realität ist ein seman-tischer Raum. Voraussetzung für
das Stattfinden der Sprech- und Denkspiele, ist der Rückzug aus dem Raum
der Alltäglichkeit.
Das Material dieser Spiele ist die Sprache. Sie wird thematisiert. Das
Verhältnis der Sprache zur Wirklichkeit lässt sich als ambivalentes
bestimmen. Man spricht der Sprache die Fähigkeit ab, Wirklichkeit adäquat zu
erfassen. Diese, die Wirklichkeit wird durch die Sprache zu einem
semantischen Raum. Das primär Irreführende bei der Sprache ist, dass sie
uns mittels ihrer grammatikalischen Regeln zum Glauben verleitet, es
existierten ausserhalb der Sprache entsprechende Kategorien. Auf diese
Art entstehen illusionäre Vorstellungen über Begriffe wie: Ich, Wille,
Bewusstsein, Sein.