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The Masterminds


© Franz Krahberger

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Im Juni des Jahres 1948 gründete George Kennan , zu diesem Zeitpunkt Direktor des politischen Planungsstabes des US-Aussenministeriums ein Büro zur Steuerung verborgener und heimlicher Aktivitäten der US_Regierung. Die entsprechende Direktive enthielt die ausdrückliche Anweisung, dass die jeweiligen Massnahmen so zu planen und durchzuführen seien, dass keinerlei Verantwortlichkeit der US_Regierung gegenüber nicht authorisierten, nicht eingeweihten Personen sichtbar wird. Bei möglicher Aufdeckung müsse jegliche Verantwortung der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika glaubwürdig abgestritten werden können.

Howard Hunt wurde mit der Leitung eines Workshops für psychologische Kriegsführung im Rahmen des Office of Public Correspondence (OPC) der CIA betraut. Eine der ersten Aktivitäten war die Produktion einer Verfilmung von George Orwells „Animal Farm“. Den verdeckten CIA Verbindungsmann zu den Paramount Studios gab Carlton Alsop.
Dies berichtet Frances Stonor Saunders in ihrem Buch über den kulturellen Kalten Krieg in der Welt der Künste und der Literatur*. Eine kurze Wiedergabe der wesentlichen Inhalte finden Sie in der Besprechung von Michael P.Rogin in der On-Line Ausgabe der Zeitschrift The Nation unter dem bezeichnenden Titel When the CIA Was the NEA. NEA steht für National Education Association. Das Wort- und Sinnspiel wäre noch effizienter ausgefallen, wenn Rogin anstelle des Wortes National das Wort International einfügen hätte können. Ab 1948 unterstehen bestimmte Hollywoodproduktionen und andere kulturelle Events verdeckt, doch direkt dem Einfluss der CIA.
Animal Farm wurde sowohl in der Buchversion wie auch in der Filmversion zu einem Klassiker der antikommunistischen Erziehung. Ich erinnere mich, dass ich am Technologischen Gewerbemuseum in Wien unter anderem anhand von Orwells Animal Farm in Englisch unterrichtet wurde. Das schmale Bändchen wurde in mehreren Stunden vollinhaltlich vorgetragen und musste auch referiert werden. Die Filmversion wurde von den CIA Spezialisten behutsam den tatsächlichen Erfordernissen angepasst. Die Rechte wurden der Witwe George Orwells einfach abgekauft. Nationales Interesse der USA ging vor literarische Authentizität.
Phil Shannon schreibt in seiner Review des Saunders Buches über weitere Zechen, die von der CIA beglichen wurden.
In 1952, for example, the CIA financed a “Masterpieces of the 20th Century” extravaganza of modernism in Paris. Stravinsky, Copland, Schoenberg, the Boston Symphony Orchestra (which became the CCF house band, touring the globe) played the music that Stalin dismissed as “bourgeois decadence”. Meanwhile, down at the wharves, the CIA was mobilising strike-busting goons to break a union ban on shipments of NATO arms at the Marseilles docks.
The CIA had other financial fingers in the cultural pie. It subsidised authors and their publishers to promote what the CIA called “the most important weapons of strategic propaganda” (books, to you and me). T.S. Eliot's “Four Quartets” was translated at CIA expense and air-dropped into the Soviet Union.
The CIA was also active in financing and promoting abstract expressionism (“free enterprise painting”!), many painters of this school (including Jackson Pollock, then painting “Blue Poles”) being members of the CCF. Art thrives on freedom, the CCF proclaimed. And on CIA dollars, too, they forgot to add.

Im Zuge der Kennanschen Gründung wurden die Aufgabenstellungen und Ziele einer Reihe von Projekten, die bereits wärend der Kriegszeit und in den ersten Nachkriegsjahren streng abgeschirmt im miltärischen Bereich ausgearbeitet wurden, in zivile Strategien umgewandelt.

Einer der Masterminds dürfte John Jay McCloy, 1949-1952 Hoher Kommissar der US-Regierung und Militärgouverneur in Deutschland, gewesen sein. In diesen Jahren arbeitet er vor allem an der Vorbereitung und Durchführung des Marshallplanes. Seine Biographie lässt auf die nötigen Fähigkeiten eines Masterminds schliessen.
Der Harvardabsolvent beginnt seine militärisch geprägte Karriere als junger Offizier im ersten Weltkrieg in Frankreich.
Zwischen 1930 und 1939 klärt er einen Sabotagefall des ersten Weltkrieges auf und ordnet diesen eindeutig den Aktivitäten des deutschen Geheimdienstes zu. 1940 wird er als Experte für militärische Gegenspionage in das US_War Department berufen. Zwischen 1941 und 1945 ist er Unterstaatssekretär in eben diesem Ministerium. In Nordafrika wirkt er bei der Gründung des französischen Komitees für die nationale Befreiung mit, dem Charles de Gaulle vorgestanden ist. 1945 ist er als Leiter der "Civil Affairs Division" wesentlich an der Besetzung Deutschlands beteiligt. 1946/47 ist er als Mitglied im Atomenergie-Komitee des State Department einer der Overheads des Manhattan Projektes. Hier muss man anmerken, dass McCloy die Meinung vertreten hat, Japan vor dem Abwurf der Bomben eine Vorwarnung zukommen zu lassen. Er ist jedoch mit seiner Ansicht nicht durchgekommen.
1947 wird er zum Präsidenten Präsidenten der Weltbank (der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) ernannt. Ab 1953 bis 1965 ist McCloy Vorsitzender der Ford Foundation für Friedensfragen.
Ab 1961 ist er neben Robert McNamarra Sonderberater für Abrüstungsfragen im Beraterkomitee Präsident John F. Kennedys.
So nebenbei ist er noch zwischen 1953-1960 Vorstandsvorsitzender der Chase National Bank.
Ich führe diese verschiedenen beruflichen Positionen des John Jay Mc Cloy an, um zu zeigen, dass die Spielmacher des Kalten Krieges, und einer davon ist eben er, sowohl über politisch wie auch wirtschaftlich grossen Einfluss verfügten, der in seinem Fall vom Pentagon, über die Weltbank, zum Aussenministerium, in das private Bankwesen bis hin zur Wallstreet reicht. John Mc Cloy ist ist ein charakteristischer Exponent der wirtschaftsdemokratischen Form, der sowohl militärisch wie auch politisch agieren kann, der über die Weltbank und die Ford Foundation im zivilen Wege gestaltend in das Weltgeschehen eingreifen konnte und es auch tat.
Auf Grund seiner Stellung im Pentagon, seiner Expertenkenntnisse im Bereich der Spionage, seiner Anwesenheit in den Frühjahrs und Sommermonaten 1945 in Nachkriegs Deutschland als Leiter der Civil Affairs Division können wir auch annehmen, dass McCloy eine wesentliche Position im G-2 USFET United State Forces European Theater, das die Geschicke Nachkriegs Europas bestimmte und gestaltete, hatte. McCloy dürfte an der Einbindung der deutschen Aufklärung Ost unter der Leitung Reinhards Gehlens 1945 in den militärischen Apparat der USA Army entscheidend beteiligt gewesen sein. Die Einbindung dieser Organisation wurde lange Zeit, bis 1948 gegenüber der OSS und deren Folgeorganisation CIA soweit es ging, geheim gehalten. Das zeigt ein wenig auch die Machtverhältnisse zwischen militärischen und zivilen Diensten. Ich erwähne diese Verbindung des Gehlen Dienstes und der US_Army, weil sie sowohl eine Vorform der allgemeinen Integration der Nazis im Zuge des Kalten Krieges wie auch eine Art Vorform der NATO unter Einbeziehung der Westdeutschen darstellt. Die entsprechenden Dokumente wurden von der CIA 2001 frei gegeben.
Das Ziel war eindeutig. Verhinderung der sowjetischen Bedrohung, wie sie George Frost Kennan bereits in seinem langen Telegramm aus Moskau im Februar 1946 skizziert hat. Kennan weist darin auf die Unvereinbarkeit des sowjetischen Bestrebungen und der kapitalistischen Interessen hin. Seine darin enthaltene Forderung: It must be borne in mind that capitalist world is not all bad. könnte als Motto der künftigen Propagandafeldzüge des Kalten Krieges gelten.
Die mehr oder minder reibungslose Integration der Aufklärung Ost Gehlens, die unter der Obhut des Senior Intelligence Officers der US Zone, General Edwin Sibert stand, dürfte den Amerikanern die ersten Erfahrungswerte für weitere Integrationsmassnahmen geliefert haben, die mit Ende der 40 er Jahre in zivile Strategien unter Einbindung der CIA übergeführt wurden.
1948 nimmt das von der CIA gesteuerte Media & Art Culture Cold War System seine Tätigkeit auf.

In seiner Amtszeit als Hochkommisar für Westdeutschland begnadigt McCloy in den Nürnberger Prozessen verurteilte Nazis, die schleunigst in das wirtschaftliche Leben zurück kehren. Ralph Giordano beschreibt auf haGalil onLine diesen raschen Frieden mit den Tätern, den McCloy schloss. Er bewahrte auch den grossindustriellen deutschen Waffenschmied Alfred Krupp vor weiterer Haft. Diese Begnadigungen veranlassten Eleanor Roosevelt zu der Frage an McCloy, "...why are we freeing so many Nazis...". Die Nachfahren der Krupps dankten es ihm und richteten 1975 die John J. Mc Cloy Foundation ein. 2000 erhält zum Beispiel Jenoptik Chef Lothar Späth den John J.McCloy Preis, der von der Trägerorganisation des Funds des American Council on Germany jeweils an einen Deutschen und einen Amerikaner vergeben wird. Lothar Spät steht für das gelungene Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft im wieder vereinigten Deutschland zu Ende des Kalten Krieges.

Joachim Schröder zeichnet in seiner im Mai 1999 vom Westdeutschen Rundfunk ausgestrahlten Fernsehdokumentation Germany - Made in USA - Wie US-Agenten Nachkriegsdeutschland steuerten ein klares Bild der Aufgaben, die McCloy in Deutschland zu erfüllen hatte.
Er hatte den Auftrag, einen lebensfähigen westdeutschen Staat aufzubauen und in das westliche Militärbündnis Nato zu integrieren. Es ging um die Wiederherstellung der Demokratie - nach dem Modell der Vereinigten Staaten.
Thomas Braden, CIA Divisionär, der in dem von McCloy abgesteckten Rahmen den „Psychologischen Strategieplan für Deutschland“ umzusetzen hatte, in dem er die Kulturszene, die Medien und die Gewerkschaften beeinflusste, wird deutlich. Die diversen CIA Finanzierungen von Kultur und Politik charakterisiert er mit „"Ich bin froh, daß die CIA unmoralisch war, denn wir hatten den Kalten Krieg zu gewinnen."
Das hatte George Kennan in seinem Eingangs erwähnten Gründungspapier der National Security Directive NSC-10/2 vorhergesehen und gründlich bedacht. It set up an Office of Policy Coordination that would direct covert government operations "so planned and executed that any U.S. government responsibility for them is not evident to unauthorized persons, and that if uncovered the U.S. government can plausibly disclaim any responsibility for them."
Kennan hat damit aber auch jene Struktur vorgegeben, die heute jeden Historiker in Verzweiflung treibt. Es lässt sich eine Menge erahnen, in komplizierten Recherchen schlüssig beweisen, aber dokumentarische Belege sind rar. Und selbst wenn sie auftauchen, werden sie von allen Beteiligten heftig bestritten.
Der Kennansche Grundsatz hat bewusst eine Grauzone erzeugt, die die Akteure und ihre Helfershelfer mehr oder minder geschickt, auch für ihre eigenen Interessen, zu nutzen wussten und vollkommen deckte.
Das passende Gegenstück findet sich in Fritz Moldens Bericht aus Österreich 1945 -1962 Besetzer, Toren, Biedermänner. Molden war damals Sekretär des österreichischen Aussenministers Karl Gruber.
Ich wurde naheliegenderweise aufgefordert, Kontakte mit meinen alliierten Freunden erneut zu etablieren und zu pflegen. Ich bin schon im Jahre 1947 zum erstenmal nach England und Amerika gereist und habe vorher mit diversen alliierten Stäben in Wien und und im Westen Österreichs entsprechende Kontakte aufgenommen. Alles dies geschah stets im Einvernehmen mit unseren Vertrauensmännern bei der österreichischen Bundesregierung, die aber natürlich offiziell nichts mit diesen Dingen zu tun haben konnte. Wir waren uns auch im klaren darüber, dass die Regierung uns nicht schützen konnte, wenn etwas auffliegen würde. Aber auch im Widerstand hatte es ja keinen Schutz gegen den Zugriff der Gestapo gegeben. Ich selbst hatte mehrfach Gelegenheit, sowohl mit dem damaligen Bundeskanzler Figl wie auch vor allem mit Innenminister Oskar Helmer, dem Aussenminister Karl Gruber und dem Staatssekretär im Innenministerium Ferdinand Graf ausführliche Gespräche zu führen, und es ist nichts geschehen, was nicht grundsätzlich abgesprochen gewesen wäre.
Fritz Molden hatte beste Kontakte zu Eleanore Dulles, der Schwester des CIA Chefes Allan Dulles, die sowohl in Österreich wie im weiteren in Berlin in einflussreicher Position für die Umsetzung amerikanischer Interessen sorgte.

Im Oktober 1947 wurde der Erste deutsche Schriftstellerkongress mit Heinrich Mann als Ehrenpräsidenten und Ricarda Huch als Alterspräsidentin in Berlin abgehalten. Die zentrale Rede wurde von Johannes R.Becher gehalten, dem späteren Kulturminister der DDR.
Der Korrespondent der New Yorker Kulturzeitschrift Partisan Review Melvin J. Lasky kritisierte in einem aufsehenerregenden Auftritt die Zensurmassnahmen in den USA ( die von ihm verfasste Trotzki Biografie war in den USA zu diesem Zeitpunkte aus Rücksichtnahme auf den langjährigen alliierten Partner Josef Stalin verboten) und kritisierte ebenso rücksichtslos die Repressionen gegenüber Künstlern und Intellektuellen und deren starre Bindung an die offizielle Ideologie in der stalinistischen Sowjetunion.
Der deutsche Literaturhistoriker Hans Mayer stellte lakonisch fest: "Mit der Rede von Lasky war der Kongreß im Grunde zu Ende, der Kalte Krieg hatte begonnen." und Lasky selbst merkt diesen Tag in seinen Erinnerungen als den Tag, an dem der Kalte Krieg in der Literatur begann.
1948 erschien die erste Nummer der von Melvin Lasky gegründeten Zeitschrift Der Monat. Weitere Gründungen ähnlicher Publikationen folgten im Laufe der nächsten Jahre. Encounter in England, „Preuves“ in Paris, geleitet von Francois Bondy und Mitte der 50 er Jahr Friedrich Torbergs Forum in Wien.
Damit entstand ein westalliiertes Publikationsunternehmen, das wesentlich von der CIA finanziert worden ist. Ignazio Silone, Jules Romains, Sidney Hookl, Hannah Arendt, Albert Camus, Raymond Aron, Karl Jaspers, Eugen Kogon, David Rousset, Margarete Buber-Neumann, Golo Mann, Benedetto Croce, Bertrand Russel, George Orwell, Manès Sperber, Czeslaw Milosz, Milovan Djilas, François Furet, Francois Fetjö u.a. publizierten in diesen langlebigen Zeitschriften.
Diese Autoren verleihen ihre Stimme ebenso dem Congress for Cultural Freedom, der von Lasky 1950 mit Hilfe der CIA gegründet wurde.
Der Autor des ausgezeichneten Buches über Friedrich Torberg, Frank Tichy nennt für diese Gründung drei Gruppierungen. Der ersten gehören Arthur Koestler, James Burnham, Sidney Hook, Manes Sperber, Franz Borkenau, Hans Thirring an. Die zweite Gruppe wird von Lasky, Mike Josselson und Boris Shub gebildet und die dritten Männer wären der CIA Chef Alan Dulles und dessen Abteilungsleiter Thomas Braden gewesen.
Zum operativen Manager des Congresses wurde Mike Josselson, der ebenso ein Mann der CIA gewesen ist, bestellt. Er sorgte für die Finanzierung des Zeitschriften Netzwerkes. Den durchwegs linksliberalen AutorInnen, sagte man, dass das Geld von den US_Gewerkschaften käme. Als 1966 die New York Times den Schwindel enttarnte, kam es zu einer breiten Absetzbewegung. Die Arbeit für den Kongress und fuer die Zeitschriften war nie leicht gewesen, war sie doch scharfer Kritik seitens des Gegners ausgesetzt, der in diesem Fall mit grossen Sympathien in Frankreich und in der BRD rechnen konnte. Um so grösser nun die Desillusionierung.
Arthur Koestler zeigte sich ungerührt. Er nannte die Erregung einen Sturm im Wasserglas. Er selbst kannte den rauhen Wind der kommunistischen Propaganda und die kommunistische Weltbewegung aus eigener Erfahrung. Koestler war Mitarbeiter von Willi Münzenberg gewesen. Münzenberg leitete die kulturelle Propaganda in Europa im Rahmen der Komintern, bis er sich gegen die stalinistische Politik stellte. Das kostete ihn das Leben. Zu Beginn der 40 er Jahre wurde ermordet in einem Wald in der Nähe zu Paris aufgefunden.
Manes Sperber ist mit Münzenberg, der vor allem mit seinen „Braunbüchern“ die Unschuld Dimitroffs am Brand des Reichstages belegte, ebenso befreundet gewesen. Die Kenntnisse der Münzenbergschen Propagandamaschine, die dieser im Dienste des Kominterns meisterhaft beherrscht hatte, dürften Koestler und Sperber dann in anderer Weise in ihrer Tätigkeit für den Kongress genutzt haben.
Es gab einen Wiederbelebungsversuch 1979 Der Monat von Michael Naumann , dem nachmaligen parteifreien Kulturminister des Kabinettes Schröder, wiederum mit Hilfe Melvin Lasky’s.

Jürgen Altweg schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 30.8. 2000 dass das Ende des Kalten Krieges eine veränderte Sicht auf die Arbeit des Kongresses ermöglicht hat. Doch hierzulande - in Frankreich gibt es die umfassende Darstellung von Pierre Grémion und eine Anthologie von "Preuves", auf englisch die Studie von Peter Coleman - ist seine Leistung nie wirklich gewürdigt worden. Ulrike Ackermann macht deutlich, daß es sich bei den Persönlichkeiten im Zentrum und im Umfeld keineswegs um reaktionäre Konservative, sondern um linke und liberale, hoch gebildete und differenziert argumentierende Publizisten handelte. Sie waren auch europäische Pioniere - und was ihnen als "primärer Antikommunismus" unterstellt wurde, hat sich als geradezu prophetischer Antitotalitarismus entpuppt.
Dem kann man durchaus zustimmen. Betrachtet man jedoch die Aktivitäten der USA bezogen auf Österreich und Deutschland in ihrer Gesamtheit, lässt sich eine merkwürdige Doppelstrategie erkennen. Auf der einen Seite bedient man sich linksliberaler und durchaus lauterer Intellektueller, die die Auswirkungen totalitärer Regime im Nationalsozialismus, Faschismus und Stalinismus auch am eigenen Leibe verspürten, die also nicht blosse Antikommunisten, sondern in besonderer Form auch Antifaschisten gewesen sind und auf anderer Seite forciert man die Reintegration ehmaliger Nazis aus wirtschaftlichen, politischen und militärischen Gründen. Das ist die eigenliche Unanständigkeit, wie sie Thomas Braden für die CIA bedingt durch den Zweck in Anspruch nimmt. Der Finanzierung als solches kann ich allein keine negativen Aspekte abgewinnen, ausser jenem, dass diese verdeckt geschehen ist. Niemand hatte sich je über die Marshall Hilfe aufgeregt. Von allen, abgesehen vom harten Kern der Moskauer Stalinisten, wurde diese begrüsst. Der wirkliche Sündenfall ist der gleichwertige pragmatische Umgang mit Linksintellektuellen auf der einen und Nationalsozialisten auf der anderen Seite.
Die Verleihung des Bollingen Mellon Preises für Lyrik 1949 an den wegen seiner öffentlich geäusserten Sympathien für Hitler verfemten Ezra Pound könnte als Zeichen dieser paradoxen amerikanischen Vorgangsweise gewertet werden, die Quarantäne gegenüber den Nazis zugunsten des Antikommunismus aufzugeben. Pound sass zum Zeitpunkt der Verleihung des Preises in einer Haftanstalt für geistig unzurechnungsfähige Straftäter. Pound war der einzige Amerikaner gewesen, der von den USA wegen Hochverrats angeklagt und verurteilt worden war. Pound hatte während des Krieges im Auftrag des Ministeriums für Volkskultur in Mussolinis faschistischem Staatsrundfunk antiamerikanische Hetzreden in einem ausdrücklichen antisemitischen Jargon gehalten. Hitlers "Mein Kampf" bezeichnete Pound als scharfsichtige historische Analyse.
Die Pürgger Schriftstellertreffen zu Beginn der 50 er Jahre stellen in diesem Bereich den mehr oder minder alleinigen Versuch der Wiedereinbindung ehemaliger Nazi Schriftsteller dar. Durchaus im Sinne jener westdeutschen Unternehmungen, wie wir sie von McCloy auf anderen Ebenen kennen. Der amerikanische Freund dürfte in diesem Fall Hans Weigel gewesen sein, einmal abgesehen vom Organisator, Kriegsheimkehrer und Landespolitiker Rainer.
Dass Weigel eine nicht unbedeutende Rolle hatte, zeigt ein Brief von Francois Bondy an Friedrich Torberg, in dem Bondy darauf drängt, Weigel keinesfalls auszulassen.
Weigel gehörte weiters dem Vorstand des Allgemeinen Jugendwerkes - Gesellschaft für Freiheit und Kultur an. Diese Gesellschaft wurde in Folge des Berliner Kongresses gegründet. Hans Weigel gab für diese Gesellschaft literarische Anthologien Die Stimmen der Gegenwart heraus, die ebenso wie das Torbergische Forum von der CIA finanziert wurden.
Weigel entdeckte und förderte auch Ingeborg Bachmann. Sie arbeitete zuerst im Büro der amerikanischen Besatzungsmacht. Danach wurde sie Redakteurin des von den Amerikanern kontrollierten Rundfunk Senders „Rot-Weiss-Rot“ und 1955 nimmt sie auf Einladung der Harvard Universität an einem internationalen Seminar der Harvard-Summer School of Arts and Sciences and of Education teil, geleitet von Henry Kissinger. Kissinger finden wir ebenso auf der Liste der Briefpartner von Michael Josselson. Im Gegensatz zu den meisten der schreibenden KollegInnen ihrer Zeit thematisierte die Bachmann jedoch das Grauen des Nationalsozialismus.
Prominent hat sich die erste Jury des 1977 gegründeten Bachmann Preises konstituiert: Sperber, Torberg, Weigel... Fussenegger...

Das von Otto Molden gegründete Europäische Forum Alpbach wird wesentlich von Sperber und Koestler mitgeprägt. Hier schliesst sich ein weiterer nachweisbarer Kreis. Im Internet finden sich auf der Website des Harry Ransom Humanties Research Centers der University of Texas at Austin ein Verzeichnis archivierter Materialen von Michael Josselson, des CIA Gefolgsmannes und Chief Exekutive des Congresses for Cultural Freedom. Zu seinen Korrespondenz Partner zählen viele der bereits genannten Personen. Hier finden sich aber auch die Eintragungen von Otto Molden, von Fritz Molden, dem langjährigen Herausgeber der Wiener Tageszeitung Die Presse und von Friedrich Torberg, Herausgeber des Wiener Forums. Alle drei haben über lange Zeit hinweg behauptet, nie mit der CIA zu tun gehabt zu haben.
Torberg hat sogar zu Beginn der 70 er Jahre einen Prozess gegen den Grazer manuskripte Herausgeber Kolleritsch geführt, weil dieser die CIA Nähe Torbergs öffentlich gemacht hat. Er nannte ihn einen Schützling des CIA. Torberg sah darin den Tatbestand der Presseehrenbeleidigung und klagte. Kolleritsch hat den Torbergischen Beweisantrag vom 25.2.1974 an das Landesgericht Graz in der manuskripte Nr.149/2000 veröffentlicht. Der Punkt 2 des Beweisantrages ist besonders bemerkenswert:
Die Beschuldigten (Alfred Kolleritsch und Klaus Hoffer) versuchen den Charakter der CIA in geradezu naiver Weise zu verharmlosen, um dadurch unter Beweis zu stellen, daß mit ihrem Vorwurf CIA-Schützling die Grenze der strafbaren Ehrenbeleidigung nicht überschritten sei. Im Beweisantrag (der Beklagten) heisst es wörtlich: "CIA ist eine amerikanische Einrichtung, die bestrebt ist, die Grundsätze und Interessen der USA auf der ganzen Welt wahrzunehmen", daß "die Bezeichnung CIA-Schützling überhaupt keine Beleidigung darstelle" (worauf ich noch zurückkommen werde) und schließt:
"Im Gegenteil, sie beweist, daß der so Bezeichnete sogar den Schutz der USA genießt, demnach eine wichtige Person ist, der sogar auswärtige Einrichtungen ihre Unterstützung angedeihen lassen."
Ich zweifle, ob das Ausmaß an Naivität, das diese Definition vortäuscht, von irgend jemanden ernst genommen werden kann. Jedermann weiss, daß die CIA sich mit Spionage und Gegenspionage im allerweitesten Sinn beschäftigt, also die "Grundsätze und Interessen der USA" nicht auf so harmlose Weise "wahrnimmt", wie es vielleicht dem Programm einer Amerikanisch-Österreichischen Freundschaftsgesellschaft entspräche. Jedermannn weiß, daß die CIA bei jedem politischen Umsturz, zuletzt in Chile und Griechenland, bezichtigt wird, ihre schmutzigen Hände im Spiel zu haben.
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Im weiteren stellt Torberg fest, impliziere die die Bezeichnung "CIA-Schützling" eine direkte und intime Beziehung zu einem ausländischen Geheimdienst, also eine ehrenrührige Unterstellung..., die er im weiteren gar eine Verleumdung nennt.
Hoffer und Kolleritsch wurden freigesprochen.
Torberg und Kollegen haben sich konsequent an Kennans Vorgaben gehalten und jegliche Form der Leugnung für sich in Anspruch genommen.
Auch hier ist das Muster deutlich geworden. Einflussnahme der CIA auf Medien und Kultur via nützlicher Mittelsmänner. Das dies keinesfalls demokratischer Transparenz entsprochen hat, störte niemanden. Am wenigsten die, die im Namen von Freiheit und Demokratie ihren verdeckten Tätigkeiten im Namen des Antikommunismus nachgegangen sind. Bei soviel Wahrheitsliebe, wie sie Torberg schlussendlich an den Tag gelegt, bleibt die bittere Frage, welche AutorInnen ungerechtfertigt der Willkür der einflussreichen Herren ausgesetzt gewesen sind.
Weitere direkte Österreich Kontakte von Josselson lassen sich aus dessen Korrespondenzliste ablesen. Hier werden Fritz Molden, Otto Molden, Friedrich Torberg u. Wolfgang Kraus, längjähriger Leiter der "Gesellschaft für österreichische Literatur" genannt.

Die deutsche Politologin Ulrike Ackermann hat zum 50 Jahrestag den Erinnerungskongress organisiert. Sie berichtet darüber auf der Website der Freien Universität Berlin. Ich habe ein Fernsehinterview in Erinnerung, das anlässlich dieses Ereignisses mit Francois Bondy gemacht worden ist. Bondy hat da weise skeptisch geäussert, dass man rückblickend gesehen möglicherweise doch einiges anders machen hätte sollen.
Das Niveau der Auseinandersetzung lässt sich besser erkennen, wenn man die Gegenseite mit einbezieht. So schreibt Ernst Bloch, der damals einen Lehrstuhl für Philosophie in Leipzig hatte, am 14.8.53 an Georg Lukács Der neue Kurs unserer Politik (der DDR).. hat auch für die philosophische Zeitschrift (Deutsche Zeitschrift für Philosophie) gewisse Konsequenzen. Wir werden einerseits noch stärker als bisher auf marxistische Autoren angewiesen sein, deren Arbeiten eine wirksame marxistische Beeinflussung der philosophisch interessierten Intelligenz in Gesamtdeutschland, in Österreich und in der Schweiz gewährleisten... Andererseits werden wir in jedem Heft auch je einen Beitrag eines bürgerlichen Philosophen bringen, der etwas halbwegs Rationelles zu sagen hat, um auf diese Weise die Bereitschaft für gesamtdeutsche Gespräche zu stärken."
Seinem SED Aufpasser Gropp wirft er vor, die Linie des (DDR-) Sektierertums zu vertreten. Letztendlich verliert Bloch gegen den Aufpasser. Er muss 1957 seinen Lehrstuhl aufgeben und geht in den Westen. Bloch bestimmt im weiteren wesentlich das Denken der 68-Generation mit.

Wien, Mai 2001


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