<li><a href="../index.html">e.journal</a> : [ <a href="../toc-nf.html">Inhalt</a> ]<br> <li><b>es.say</b> : [ <a href="toc.html">Inhalt</a> | <b>Pr&auml;ambel</b> ]<br> <hr> Datum: Mon, 7 Feb 2000 08:55:35 +0100 Von: Johannes.Peterlik@wien.bmaa.gv.at An: .......@.....at
Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten, Dr. Benita Ferrero-Waldner, hat mich ersucht, Ihnen auf Ihr mail folgendermaßen zu antworten:

Die Bundesregierung bekräftigt ihre unerschütterliche Verbundenheit mit den geistigen und sittlichen Werten, die das gemeinsame Erbe der Völker Europas sind und der persönlichen Freiheit, der politischen Freiheit und der Herrschaft des Rechts zugrunde liegen, auf denen jede wahre Demokratie beruht.

Die Bundesregierung tritt für Respekt, Toleranz und Verständnis für alle Menschen ein, ungeachtet ihrer Herkunft, Religion oder Weltanschauung. Sie verurteilt und bekämpft mit Nachdruck jegliche Form von Diskriminierung, Intoleranz und Verhetzung in allen Bereichen. Sie erstrebt eine Gesellschaft, die vom Geist des Humanismus und der Toleranz gegenüber den Angehörigen aller gesellschaftlichen Gruppen geprägt ist.

Die Bundesregierung arbeitet für ein Österreich, in dem Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus keinen Platz finden. Sie wird jeder Form von menschenverachtendem Gedankengut und seiner Verbreitung konsequent entgegentreten und sich für die volle Beachtung der Rechte und Grundfreiheiten von Menschen jeglicher Nationalität einsetzen – gleichgültig aus welchem Grund sich diese in Österreich aufhalten. Sie bekennt sich zu ihrer besonderen Verantwortung für einen respektvollen Umgang mit ethnischen und religiösen Minderheiten.

Die Bundesregierung unterstützt die Charta der europäischen politischen Parteien für eine nichtrassistische Gesellschaft und verpflichtet sich, auf die vorbildliche Verwirklichung der in dieser enthaltenen Grundsätze in Österreich hinzuwirken.

Die Bundesregierung bekennt sich zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte und setzt sich für ihre bedingungslose Realisierung auf nationaler wie auf internationaler Ebene ein. Dies ist auch ein wichtiger Beitrag, um vorbeugend Kriege und interne Konflikte zu verhindern, die Menschen in ihren Rechten verletzen, vertreiben oder zum Verlassen ihrer Heimat zwingen.
Die Bundesregierung bekennt sich zu den allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsamen Prinzipien der pluralistischen Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, wie sie auch in der österreichischen Verfassung verankert sind und die Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Europarat bilden. Die in Österreich verfassungsmäßig garantierten, in der Europäischen Menschenrechtskonvention niedergelegten Rechte und Freiheiten sind klarer Ausdruck dieses Bekenntnisses.

Die Bundesregierung bekennt sich zum Friedensprojekt Europa. Die Zusammenarbeit der Koalitionsparteien beruht auf einem Bekenntnis zur Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union. Die Bundesregierung ist den allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsamen Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, wie sie im Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union festgeschrieben sind. In der Vertiefung der Integration und der Erweiterung der Union liegt auch Österreichs Zukunft. Österreichs Geschichte und geopolitische Lage sind ein besonderer Auftrag, den Integrationsprozess voranzutreiben und den europäischen Gedanken noch stärker im Alltag der Menschen zu verankern. Besonderes Gewicht zur Sicherung des Friedens und der Stabilität im 21. Jahrhundert wird der transatlantischen Partnerschaft zukommen.

Der Europäischen Union als Wertegemeinschaft entspricht auch ein bestimmtes Konzept der künftigen Entwicklung der europäischen Integration. Dazu gehören insbesondere die Arbeiten an der Charta der politischen und sozialen Grundrechte. Österreich unterstützt die weiteren Arbeiten zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung im Sinne von Artikel 13 des EU-Vertrages.

Eine lebendige Kultur der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit erfordert ein Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, das dem Einzelnen neue Freiheits- und Verantwortungsräume schafft. Im modernen Leistungsstaat gibt es Aufgaben, die besser vom Einzelnen oder von nichtstaatlichen Akteuren wahrgenommen werden können.

Die Bundesregierung bekennt sich aber mit allem Nachdruck zur solidarischen Sicherstellung sozialstaatlicher Leistungen für jeden Bürger, der die Hilfe und Unterstützung des Staates braucht. Dies gilt insbesondere für Menschen, die an den Chancen der Modernisierung, die das Leben zunehmend prägt, nicht teilhaben können.

Das Solidaritätsprinzip bedeutet auch, dass auf die Bedürfnisse und Lebensperspektiven künftiger Generationen Rücksicht zu nehmen ist, um faire Chancen für alle Mitglieder der Gesellschaft und ihre Lebensentwürfe zu sichern.

Die Bundesregierung will Österreich als leistungs- und wettbewerbsorientierten Wirtschaftsstandort stärken. Das ist die Basis für die Sicherung bestehender, sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze und des Wohlstandes in unserem Land. Gerade Österreichs Beitritt zur Europäischen Union und eine gesicherte Teilnahme an der Währungsunion waren und sind wichtige Voraussetzungen für die Zukunft von Wirtschaft und Arbeit in Österreich.

Die Sozialpartnerschaft hat sich in Österreich als wichtiges Standortinstrument für Wirtschaft und Arbeit bewährt und dadurch zum sozialen Frieden in Österreich beigetragen. Die Bundesregierung bekennt sich zur umfassenden Kooperation mit den Sozialpartnern, empfiehlt aber gleichzeitig die notwendige Reformbereitschaft der Sozialpartnerschaft etwa bei der Reform der Sozialversicherungsträger, einschließlich der Wahl der Versichertenvertreter, und der Stärkung des Servicecharakters der sozialpartnerschaftlichen Einrichtungen.

Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass die österreichische Bevölkerung auf ihren großen Leistungen zielstrebig weiter aufbauen und die Stärken Österreichs konsequent weiter entwickeln muss.

Österreich stellt sich seiner Verantwortung aus der verhängnisvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts und den ungeheuerlichen Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes: Unser Land nimmt die hellen und die dunklen Seiten seiner Vergangenheit und die Taten aller Österreicher, gute wie böse, als seine Verantwortung an. Nationalismus, Diktatur und Intoleranz brachten Krieg, Fremdenhass, Unfreiheit, Rassismus und Massenmord. Die Einmaligkeit und Unvergleichbarkeit des Verbrechens des Holocaust sind Mahnung zu ständiger Wachsamkeit gegen alle Formen von Diktatur und Totalitarismus.

Das Vorhaben der Europäischen Union eines breiten, demokratischen und wohlhabenden Europas, zu dem sich die Bundesregierung vorbehaltlos bekennt, ist die beste Garantie gegen eine Wiederkehr dieses dunkelsten Kapitels der österreichischen Geschichte.

Die Bundesregierung bekennt sich zur kritischen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Sie wird für vorbehaltlose Aufklärung, Freilegung der Strukturen des Unrechts und Weitergabe dieses Wissens an nachkommende Generationen als Mahnung für die Zukunft sorgen. Hinsichtlich der NS-Zwangsarbeit wird die Bundesregierung im Lichte des Zwischenberichts der österreichischen Historikerkommission unter Berücksichtigung der primären Verantwortung der betroffenen Unternehmen um sachgerechte Lösungen bemüht sein.

Die Regierungsparteien bekennen sich zu einer neuen Form des Regierens und der Zusammenarbeit. Sie wollen Probleme lösen, Herausforderungen bewältigen und konsequent Chancen nützen, weil sie der Zukunft Österreichs in Europa verpflichtet sind. Österreich wird als stabiles, verlässliches und partnerschaftliches Land seinen Beitrag für ein friedliches und sicheres Miteinander in Europa und der Welt leisten.

Mit besten Grüßen, Johannes Peterlik
LS Mag. Johannes Peterlik
Pressesprecher der Bundesministerin
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
Tel.: (+43-1) 53115-3265 Fax: (+43-1) 53666-3265 Mobil: 0664-3567084
e-mail: Johannes.Peterlik@wien.bmaa.gv.at


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