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Käthe Dorsch ohrfeigt Hans Weigel

© Franz Krahberger
 

Mitte April des Jahres 1956 ist der Theaterkritiker Hans Weigel vor seinem Stammkaffee Raimund gegenüber dem Wiener Volkstheater von der Burgschauspielerin Käthe Dorsch geohrfeigt worden. Die Dorsch gab protokollarisch an, Weigel habe sie in seinen Kritiken beleidigt.
Der Kritiker Weigel klagte wegen tätlicher Ehrenbeleidigung und beantragte eine psychiatrische Untersuchung der Burgschauspielerin mit der Begründung, sie habe bereits zwei Jahre vorher in Berlin einen Kritiker geohrfeigt. Sie leide offensichtlich unter Wiederholungszwang.
Kurz darauf, am 25.6 kommt es zum Prozess gegen die Dorsch. Prominente Kollegen wie Aslan, Skoda, Meinrad, Alma Seidler und Hilde Krahl standen ihr zur Seite und sagten einmütig aus, der Kritiker Weigel setze fortwährend das Burgtheater herab, entwürdige und beschmutze es.
Das künstlerische und technische Personal der Burg hatte in einer Vollversammlung sogar beschlossen, den Unterrichtsminister Drimmel zu bitten, die Mitglieder des Hauses vor der Kritik des Weigel zu beschützen und diesem den Zutritt zu verwehren.
Kammerschauspieler Roul Aslan forderte, wer so gegen das Burgtheater schreibe, das neben Stefansdom, Oper und Universität zu den vier Wahrzeichen des österreichischen Staates zähle, müsse aus Österreich entfernt werden.
In einer weiteren exaltierten Steigerung verlangte Aslan im Gerichtssaal, den Kläger Weigel mit dem Tod zu bestrafen. Das trug ihm umgehend die Feststellung eines Zeugens ein, sich wie ein Nazi aufzuführen. Der dieser Auseinandersetzung folgende Tumult führte fast zum Abbruch des Prozesses. Fast alle der geladenen Schauspieler mussten jedoch zugeben, die Kritiken des Weigel wären ihnen  meist nützlich gewesen.

Was hat also den Unmut des Weigel gegenüber dem Burgtheater so erregt. Sein Verteidiger  Christian Broda, Jahre danach Kreiskys Justizminister und österreichischer Rechtsreformer, bringt es auf den Punkt. Er hält Albin Skoda im Dorsch Prozess vor, am 14.Parteitag der Kommunistischen Partei Österreichs im Jahr 1947, also neun Jahre davor, einen Hymnus auf die Sowjetunion vorgetragen zu haben. Der verteidigt sich damit, er habe auf das angebotene Geld nicht verzichten können.
Kammerschauspieler Josef Meinrad wurde von Weigel in seiner ständigen Rundfunksendung  In den Wind gesprochen  Josef Iwanowitsch Meinrad genannt. Josef Iwanowitsch hatte in einer Don Juan Verfilmung in einer von den Sowjets beherrschten Rosenhügelproduktion eine Rolle angenommen. Der Meinrad ist so beleidigt gewesen, dass in seinem Vertrag mit dem Burgtheater ausdrücklich vereinbart wurde, nicht in Stücken des Theaterautors Hans Weigel auftreten zu müssen.
Der Vorwurf wurde von Dr.Christian Broda eben so an die Kammerschauspielerin Alma Seidler gerichtet. Er hat sie gefragt, ob sie es verantworten könne, von den Sowjets Geld zu nehmen, während der grösste Teil des österreichischen Volkes es abgelehnt habe, mit der Besatzungsmacht zusammen zu arbeiten.
Der Weigelisch Dorsche Watschenprozess wurde in ein  Tribunal über die Gesinnung des Burgtheaterensembles umfunktioniert. Weigel und Broda hielten es für kommunistisch unterwandert. Da fiel die Verehrung der Bühnendiva Käthe Dorsch, die ihr in Hitlers Berlin entgegengebracht worden ist, nicht mehr ins Gewicht. Auch sie zählte damals  zu den hoch willkommenen Gästen im Adlon.
Die Perle der Nation: eine rote Zelle...
Weigel warf Meinrad nebenbei Wankelmut vor. Dieser hatte in einem amerikanischen Film mitgespielt. So nannte Weigel Josef Iwanowitsch jetzt Pepi Kolumbus. Einige Jahre später übernahm Meinrad in der verfilmten Geschichte der Trappfamilie  die Rolle eines österreichischen Priesters und seelischen Betreuers der Familie. Dieser Film inspirierte Richard Rogers und Oskar Hammerstein zu ihrem Musical The Sound of Music, das sowohl auf Bühnen wie in der Hollywood Version zum absoluten Welterfolg geriet und die heimatlichen Klischees global ausbreitete.
Charakter war in jenen Zeiten offensichtlich ein wichtigtes Argument. So warf man sich im Prozess und in der Öffentlichkeit wechselseitig Charakterlosigkeit vor.
Merkwürdigerweise empfahl Weigel, der selbst beste Kontakte zu den Information Branches der USA, der Briten und der Franzosen unterhielt, österreichischen Kulturschaffenden, nicht mit den Besatzungsmächten zusammen zu arbeiten. Aus moralischen Gründen.
Zeichnet sich da der nationale Charakter des Hans Weigel ab, der ihn in den Jahren davor bereits nach Pürgg geführt hatte oder ist es bloss ein besonders geschickter Sachzug der Kulturpolitik des kalten Krieges, der den Nationalen signalisieren sollte:
Dafür, dass sie aufrechte und vor allem aktive Antikommunisten blieben, müssten sie keinen Kniefall vor amerikanischen, britischen oder französischen Vorstellungen machen.

Die kommunistische Volksstimme wirft Weigel in einem Artikel, der mit Widerhall zweier Ohrfeigen überschrieben ist,  McCarthy Methoden vor:
Der Mann, den Frau Käthe Dorsch ins Gesicht traf, hat jahrelang in Wien den übelsten McCarthyismus verfochten, hat, allem österreichischen Wesen, allem demokratischen Fühlen urfeind, jeden Künstler, jede öffentliche Persönlichkeit zu diffamieren versucht, die für Frieden, für faire Zusammenarbeit eintrat. Er hat Künstler, hat Kritikerkollegen unter Druck gesetzt, mit Diskriminierung gedroht. Er war Sittenrichter ohne Sitten.

Die Erregung pflanzte sich aus dem Gerichtssaal bis ins Nachtleben fort. So nannte der österreichische Filmemacher Franz Antel den Weigel in einem Wiener Nachtlokal lauthals einen miesen Juden. Das nahm Fritz Kortner in München zum Anlass, eine fix eingeplante Inszenierung an Ernst Häussermanns Josefstädter Theater abzusagen. Dem Antel hat man an diesem Abend vorgeworfen, er wäre ein Nazi. In geläufiger Wiener Rage replizierte der, darauf wäre er stolz. Antel wurde daraufhin in der Münchner Abendzeitung krasser Antisemitismus vorgeworfen.
Umso bezeichnender ist es, dass Antels Machwerk „Der Bockerer“, dessen erster Teil über den listig unerschrockenen Wiener Fleischer 1981 hergestellt wurde, heute als authentisches Werk der Kriegsjahre, der österreichischen Nazizeit und der Nachkriegsjahre gilt.
Alle haben die Nazis und den Krieg heil überstanden. Auch die Nazis haben alles gut überstanden. Selbst der Rosenblatt, der mit einem der letzten Züge aus Wien fliehen konnte, ist als amerikanischer Offizier wiedergekommen und tarockiert wieder mit dem Wiener Fleischermeister Bockerer, so als ob nichts gewesen wäre.
Und genau das versuchte man in Pürgg zu vermitteln. Die Antels und die Weigels, sie alle haben getan, als wäre nichts geschehen. Selbst der Rosenblatt ist zurückgekommen und bekommt als Begrüssungsgeschenk wieder den Besen in die Hand, mit dem er sich auf dem Bahnhof vom Bockerer verabschiedet hat..
Ein Typ wie der Bockerer hätte jedoch unter den Nazis kaum eine Chance gehabt. Der Antel zeigt wie der Bockerer die Nazis bauernschlau hintergangen hat. Aber vor allem zeigt er, wie der Bockerer gekonnt die Russen an der Nase herumgeführt hat. Das ist österreichische Geschichtsdarstellung, wie sie gerne gesehen wird.
 
 

Die umfassenden Tätigkeiten des Genossen Weigel

 

 
 
 
 

In den Veteranenrunden des Ennstaler Kreises wurde Weigel verehrt. Man dankte ihm dauerhaft seine Bereitwilligkeit, sich mit Nationalen und  Heimattreuen an einen Tisch gesetzt und kaum  von Schuld gesprochen zu haben. Die Teilnahme an den Pürggtreffen ist jedoch blosse Fortsetzung eines früheren Sündenfalls.
1945 schreibt  Weigel im Wiener Kurier:
Wir haben einander nichts vorzuwerfen. Seine Toten kann keiner lebendigmachen - bei euch sind viele tot und bei uns - wir Überlebenden aber sind quitt. Wir denken gar nicht allzuviel an gestern.
Diese Formulierung zeigt die Vermessenheit des Hans Weigel. Mit welcher Legitimation stellte Weigel Quittungen über Millionen Tote aus, wie der Oberrabbiner von Frankfurt, Weinberg, empört und angeekelt in der jüdischen Wiener Zeitschrift Der neue Weg nachfragte.
In einem an Friedrich Torberg gerichteten Brief verlangt Weigel diesem die nötige Bereitschaft ab, bei Rückkehr nach Österreich die Rechnung als abgeschlossen zu betrachten. Torberg kann sich zu diesem Zeitpunkt mit dieser Haltung noch nicht abfinden. Weigel scheint diese Nachsicht bewusst als taktisches Moment forciert zu haben. Die Jagd auf Kommunisten, auf Sympathisanten der Kommunisten, die Jagd auf Antifaschisten war ihm wichtiger als Aufklärung gewesen. Seine Haltung entsprach den Vorstellungen der Amerikaner, vor allem der des Joseph  McCarthy in der Politik des Kalten Krieges. Diese Haltung muss ihm angesichts der Vorgeschichte eine Menge Selbstverleugnung abverlangt haben. Vor allem dürfte er jedoch seine persönliche Karriere im Auge gehabt haben.
Möglich, dass Friedrich Torberg mehr Macht gehabt hat. Hans Weigel, der Kritiker und politische Zensor, hatte die entschieden grössere Wirkung. Ihn respektierten weite Kreise der österreichischen Bevölkerung. Sie honorierten dessen antikommunistische Vorstellungen ebenso wie die öffentlich geübte Akzeptanz der Ehemaligen.

Während des Schweizer Exils stand Weigel in freundschaftlichem Briefwechsel mit Hanns Eisler. Eisler befand sich in dieser Zeit im amerikanischen Exil. In den 50 er Jahren wird er vor den McCarthy Ausschuss gezerrt.
Im Oktober 1945 verschafft Otto de Pasetti, der Theatre & Music Officer Austria des Information Services Branch der United States Forces in Austria Weigel einen Job bei der Universal Edition. Für den Verlag  bietet Hans Weigel der amerikanisch geleiteten Sendergruppe Rot - Weiss - Rot in Salzburg Material zur Dreigroschenoper von Bertolt Brecht und den Ozeanflug an. Die Brechtsche Verarbeitung des Lindberghfluges wird vom Leiter des Senders  mit der Begründung abgelehnt, Lindbergh habe in den USA eine Kampagne im faschistischem Sinne gegen Roosevelt inszeniert.
1946 hatte Weigel offensichtlich nichts nichts gegen Arbeiten von Brecht einzuwenden, so wie es keine Probleme im freundschaftlichen Umgang mit Eisler gegeben hat. Das sollte sich bald ändern. 1947 bittet Georg Knepler Hans Weigel zu einem klärenden Gespräch gemeinsam mit Walter Hollitscher, dem damals führenden Ideologen der KPÖ und Lehrenden an der Humboldt Universität Berlin im Osten Deutschlands. Er, Knepler, habe über Weigel Dinge gehört, die ihn beunruhigt und gekränkt hätten. Weigel kommt dieser Aufforderung zur Aussprache nicht mehr nach.

Nach Weigels und Torbergs Attacken gegen Brecht, die sowohl dessen Einbürgerung in Österreich, dessen Mitarbeit und die Aufführung seiner Stücke an Österreichs grossen Bühnen verhinderten, stellt Weigel in einem Exlusivinterview in Freys Deutscher Soldatenzeitung im März 1960, ausdrücklich fest, er würde unter keinen Umständen Brecht aufführen, denn dieser würde in der Regel kommunistische Propaganda betreiben. Man kann dies als Fortsetzung des Brechtboykotts ausgedehnt auf die BRD via Deutsche Soldatenzeitung ansehen.
Dieses Interview in der Deutschen Soldatenzeitung stellt deutlich unter Beweis, wie sehr Weigel mit dem Geist von Pürgg übereinstimmte.
Weigel weist in diesem Interview weit von sich, Jude zu sein, er sei Österreicher. Weigel behauptet weiters, der Erfinder des Antisemitismus wäre der Religionsgründer Moses selbst gewesen. Hitler habe den Antisemitismus nicht erfunden. Moses schon hätte den Antisemitismus bewusst in seine Konzeption hineingenommen, um aus dieser programmierten Gegnerschaft gegenüber dem Fremden den Zusammenhalt des jüdischen Volkes zu schmieden. Man dürfe aus der Judenverfolgung des dritten Reiches keine weiteren Konsequenzen ziehen als aus den anderen Verfolgungen. Das jüdische Schicksal wäre nur ein Ausschnitt aus den Verfolgungen und Morden des 20. Jahrhunderts. Denkt man Weigels Antisemitismus Definition weiter, kommt man zwangsläufig zum Schluss, die Juden wären an ihrem Unglück selbst schuld gewesen, nur weil sie an ihrem Judentum festgehalten haben.
Eine üble These, der die Leser des Unabhängigen Blattes für Ehre, Recht und Freiheit, für europäische Sicherheit und Kameradschaft gerne gefolgt sind.
Die neu auftauchenden Hakenkreuzschmierereien zu Ende der 50 er Jahre versucht Weigel den Kommunisten in die Schuhe zu schieben. Man lasse den toten Hitler nicht ruhen, man bausche in Mitteleuropa jede Kleinigkeit masslos auf. Weigel besteht darauf, Juden weder zu benachteiligen noch mit besonderen Rechten auszustatten. Recht müsse Recht bleiben. Das alle gleichermassen ein Anrecht auf Entschädigung und Wiedergutmachung hätten, in welcher Form immer sie Opfer des Krieges und der Verfolgungen geworden waren.
Bereits 1947 konnte man in der sozialistischen Arbeiterzeitung lesen, das Martyrium der Juden rechtfertige keine Sonderbehandlungen, den von 34 Millionen Opfern des Nationalsozialismus stellen die nach den Nürnberger Gesetzen drangsalierten Personen nur ein Sechstel oder ein Siebentel dar.

In einem Referat anlässlich einer Enquete zu Rassismus und Vergangenheitsbewälting im österreichischen Parlament am 31.Mai 2000  hält Wolfgang Neugebauer fest, dass die NS-Amnestie 1957 Wiedereinstellungen, Gehalts- und Pensionsnachzahlungen, Vermögensrückstellungen, die Aufhebung aller Verbots- und Sühnemassnahmen, Strafnachsicht und Tilgung von Verurteilungen und die völlige politische und wirtschaftliche Gleichstellung der ehemaligen Nationalsozialisten beinhaltete.
1969 beschloss der Nationalrat das sogenannte Zwischenzeitengesetz, in dem die Anrechnung der Zeiten der Außerdienststellung aufgrund des NS-Gesetzes und deutscher Dienstzeiten auf die Vorrückungen und die Bemessung der Pensionen öffentlich Bediensteter sowie die Zuerkennung von Zulagen für für Bedienstete des NS-Staates geregelt wird. So wurde nicht nur der Dienst in der kämpfenden Truppe der Waffen-SS als  Militärdienstzeit anerkannt, sondern auch Tätigkeiten im Reichssicherheits-Hauptamt RSHA, im Sicherheitsdienst SD oder bei SS-Mordeinheiten.

30 Jahre später kommt es endlich zu parlamentarisch beschlossenen Abgeltungen für ZwangsarbeiterInnen. Auch dies geschieht nicht freiwillig, sondern eben erst nach erfolgreichen Klagen von US-Anwälten.
2001 schreibt Ernst Sucharipa, österreichischer Sonderbotschafter für Restitutionsfragen in seinem Artikel Die Rückkehr der Geschichte:
Dreiundsechzig Jahre nach dem „Anschluss“ und sechsundfünfzig Jahre nach der Befreiung Österreichs von der nationalsozialistischen Diktatur wird in der öffentlichen Diskussion zunehmend wahr genommen, dass Österreich in den letzten Jahren zwar seine moralische Mitschuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus eingestanden hat, seinen finanziellen Verpflichtungen zur Entschädigung der Opfer jedoch bisher nur mangelhaft nachgekommen ist.

Brigitte Bailer hat in ihrer Arbeit über die österreichische Opferfürsorgegesetzgebung herausgearbeitet, Massnahmen zugunsten der NS-Opfer seien meist mit "Wiedergutmachung" für ehemalige Nazis verbunden worden. Nochmals Wolfgang Neugebauer:
Das offizielle Österreich wies im Sinne der "Opfertheorie" von Anfang an und bis zu Beginn der neunziger Jahre jede Schuld oder Mitverantwortung für die NS-Verbrechen von sich und sah daher auch keine Verpflichtung zur "Wiedergutmachung" der NS-Opfer.

Entspricht dies jener Gerechtigkeit, die Hans Weigel in seinem Interview für die Deutsche Soldatenzeitung einforderte? Weigel war ganz im Sinne der österreichischen Politik und zum Gefallen der ehemaligen Nazis ein Verfechter der Verdrängung und Beugung des wahren Sachverhalts. Er beruft sich ausdrücklich darauf, in seiner Meinung weitgehend mit dem Grossteil der österreichischen Bevölkerung überein zu stimmen.
Die Deutsche Soldatenzeitung zeigt sich erstaunt über über Weigels Publikationen, die er in der österreichischen sozialistischen Publikation Heute veröffentlichen konnte. Das wäre laut Deutsche Soldatenzeitung im bundesdeutschen Vorwärts, dem führenden Organ der SPD, nicht denkbar gewesen. Die Artikelserie im Heute ist um einiges differenzierter, nimmt aber den in der Soldatenzeitung veröffentlichten Passagen keineswegs die Brisanz. Im Gegenteil. Der überzeugte Assimilant Weigel stellt im ersten Teil die Behauptung auf: "Es gibt keine Juden“. Allein schon in der Verwendung des Wortes Jude sieht Weigel eine Fortsetzung der Rassenpolitik der Nazis. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft hörten die als nichtarisch und jüdisch Verfolgten auf, für irgend jemanden auf der Welt „Nichtarier“ oder „Juden“ zu sein.
Anstatt die Wiederherstellung jüdischer Identität, die nicht allein auf ethnischer Zugehörigkeit beruht, die auch jüdische Kultur und Religion meint, zu fordern, will Weigel das Wort Jude offensichtlich generell entsorgen. Der Sprachpolizist Weigel, der darauf bedacht gewesen ist, politisch korrekt Paradeiser anstatt Tomate zu sagen, um als guter Österreicher zu gelten, treibt die Goebbelsche Hetze der Abwertung und Vernichtung alles Jüdischen auf die Spitze.
Er will das Wort Jude vollends aus dem Verkehr ziehen. So schreibt er über Israel: „Angehörige dieses Staates mögen sich als Juden fühlen und bezeichnen, werden aber von anderen korrekterweise besser als israelisch bezeichnet.“
Weigel verweigert den Juden die kulturelle Identität. Den Zionisten wirft er in Fortsetzung seiner Auffassung, Moses wäre der Erfinder des Antisemitismus gewesen, vor, sie hätten mit ihrer Forderung nach einem Volk der Juden den Antisemitismus und den Nationalsozialismus erst dazu gebracht, den fatalen Rassenwahn zu entwickeln.
Die zionistischen Vorstellungen waren jedoch eine zwangsläufige Antwort auf den im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts von französischen Jesuiten geschürrten Antisemitismus, der seinen Höhepunkt in der Affaire Dreyfus fand, der im weiteren besonders in Deutschland und in Österreich auf fruchtbarsten wie in Folge furchtbaren Boden fiel.
Weigel behauptet weiters, es gäbe keine jüdischen Schriftsteller. Es gäbe nur deutsche und österreichische Schriftsteller. Weigel übersieht dabei, dass Bücher dieser deutschen und österreichischen Schriftsteller verbrannt wurden, weil sie jüdischer Herkunft gewesen sind. Der physischen Vernichtung österreichischer, der deutschen und der Ostjuden durch die Nazis folgt die endgültige kulturelle Auslöschung. Anstatt dem Jüdischen die geraubte Würde zurückzugeben, fordert Weigel die Löschung des Wortes aus dem täglichen Sprachgebrauch, aus dem Buch des Lebens.
Viele Österreicher und Deutsche und andere als „nichtarisch“ oder „jüdisch“ Verfolgte, hatten im Ausland Zuflucht gefunden. Manche von ihnen blieben, manche kehrten zurück. Sie alle sind heute Amerikaner, Argentinier, Engländer usw. oder aber Österreicher und Deutsche. Ihr Glaubensbekenntnis ist für die Mitwelt unerheblich.
All jenen, die weiterhin auf der jüdischen Identität beharren, unterstellt er einen fahrlässigen Philosemitismus. Dass Philosemitismus eher eine Eigenschaft von Nichtjuden ist, geht ihm nicht auf. Weigel verficht die endgültige Auslöschung, die Austilgung aus dem kulturellen Gedächtnis, das ultimative Vergessen, die ultimative Endlösung.
Friedrich Torberg wird in seinem Leserbrief an Heute deutlich:
„Wie ich den letzten Nummern des „Heute“ entnehme, ist Hans Weigel drauf und dran, das Judentum abzuschaffen, also auf eine „Endlösung“ hinzusteuern, die schon dem „Führer“ vorgeschwebt hat.“
So, als ob über den Gräbern von Auschwitz und Birkenau nicht einmal mehr das Wort Jude stehen dürfe. Die ausdrückliche Feststellung Weigels in Heute, es gebe keine Juden, traut sich nicht einmal die Deutsche Soldatenzeitung wieder zu geben.Willy Verkauf-Verlon wirft Weigel in einem Leserbrief neonazistische Wiederbetätigung vor. Der Chefredakteur des Heute, Heinz Brantl, erfolgreicher Wahlkampfmanager Kreiskys, schreibt in seinem Schlusswort zu Weigels Artikelserie und der folgenden Leserdiskussion:
„Das erschütternste Moment der Diskussion waren die Beiträge jener Juden, die Weigel Verrat und Renegatentum vorwarfen, weil sie aus den Gettomauern ihrer Schicksalsgemeinschaft nicht ausbrechen können und deswegen nicht ausbrechen wollen. Diese unglückselige Gettomentalität des „auserwählten Volkes“ hat ihnen auch dort die von Weigel vorgezeichnete Assimilierung unmöglich gemacht, wo sie ihnen selbstverständlich offenstand.“
Sowohl Brantl wie Weigel setzten bewusst Gettomentalität anstelle kultureller Identität.

Angesichts dieser Gedankengänge des österreichischen Theater-und Literaturkritikers Weigel fragt man sich nach den wahren Beweggründen, warum dieser Mann in diesem Land so beliebt gewesen ist. Aussergewöhnlich beliebt für einen Mann seines Gewerbes. Theater- und Kulturkritiker werden, abgesehen von wenigen Ausnahmen,  meist nur ihrer Klientel bekannt und zu Schriftstellern hat man in Österreich meist eine gebrochenes Verhältnis.
Sie gelten meist als Nestbeschmutzer. Und genau hat das Weigel nach dem Gefühl vieler Österreicherinnen nicht gemacht.
Er hat die Waldheimat salviert, pardoniert und gelobt. Die jüdische Identität hat er der sogenannten Vergangenheitsbewältigung geopfert hat. Obwohl sich die Redakteure des Heute über die Dimensionen des Holocaust bewusst gewesen sind, wie auch aus Brantls Schlusswort hervorgeht, hält man Weigels Thesen für den richtigen Weg in die Zukunft.
„Er rief nach allen, die guten Willens sind, und wird, wenn sein Ruf auch noch viele Taube trifft, kein Rufer in der Wüste  sein;“ so Heinz Brantl. Weigel ist tatsächlich weder Rufer in der Wüste gewesen noch einer geblieben. Viele haben seine Botschaft verstanden und angenommen.
Weigel setzt damit ein besonderes Glanzlicht österreichischer Verlogenheit. Der Direktor des Theaters in der Josefstadt, Leopold Lindtberg lässt Weigel und Heute wissen, er habe bereits die Herausgabe der Memoiren des notorisch antisemtischen Burgschauspielers Werner Krauss durch Weigel als Charakterlosigkeit empfunden. Charakterlosigkeit teilt Weigel mit vielen Österreichern in ihrem Verhältnis zur Vergangenheit. Man würde jedoch vollkommen fehlgehen, die Weigelsche Charakterlosigkeit zum erklärten Ziel der Kritik zu machen. Die Weigelsche Haltung in der jüdischen Frage kann ebenso als Teil des grossen Konzeptes des Kalten Krieges für Österreich, den ehemaligen Nazis wieder eine vertrauensvolle Stellung in der Republik einzuräumen, gesehen werden. Weigel ist eine politische und nicht allein eine subjektiv geprägte Spielfigur gewesen. Er folgte einer allgemeinen Linie.

Weigel war  trotz seiner ausgezeichneten  Kontakte zu den Amerikanern darum bemüht, den Eindruck von Distanz zu erwecken. So sagt er an anderer Stelle, man könne den Amerikanern den Kalten Krieg nicht alleine überlassen. Die Österreicher müssten da auch etwas von sich aus dazu tun.
Weigels Artikel hätte wahrscheinlich in den USA einen riesigen Skandal hervorgerufen. Obwohl bewusste US-Bürger, haben die amerikanischen Juden nie auf ihre kulturelle Identität verzichtet und sind keineswegs Assimilanten im Weigelschen Sinne.
Weigel betrieb ein ausgeklügeltes Maskenspiel, in dem alle Spuren zum übergeordneteten Kontext geflissentlich vermieden wurden..
Weigel hatte auf Grund seiner betont österreichischen Haltung den zusätzlichen innenpolitischen Vorteil zum Beispiel gegenüber Torberg, eben nicht als ausgesprochener Proamerikaner zu gelten. Gerade deswegen ist es ihm gelungen, seine Rolle in Pürgg überzeugend zu spielen. Torberg wäre dort fehl am Platz gewesen und beide haben das gewusst.
Die wahre Entsprechung zu Weigels Kernsatz Es gibt keine Juden wäre gewesen:
Es gibt kaum mehr  Juden  in Österreich.
65.000 Juden, Frauen und Kinder sind umgekommen und etwa 150.000 vertrieben worden. Davon sind ein paar Tausend zurückgekehrt, die heute mehrheitlich die kleine Kultusgemeinde in Wien bilden. Der österreichische Antisemitismus hatte plötzlich keinen Anlass mehr. Damit die Österreicher wegen der abhanden gekommenen Juden keine allzugrossen Schuldgefühle hegen mussten, lieferte ihnen Hans Weigel mit seinem Schmierentext die passenden Argumente. Wahrscheinlich haben sie ihn deswegen geliebt. Und noch dazu konnten sie sagen: Wir haben nichts gegen Juden. Wir sind ja für den Weigel...

Weigel beantwortet die Frage der Deutschen Soldatenzeitung nach der Publikation in der Zeitschrift Heute, dass man in Österreich eben undoktrinärer, realistischer, ehrlicher und konsequenter antikommunistisch sei. Einmal mehr musste der Antikommunismus herhalten, um höchst widerliche wie opportunistische Winkelzüge zu rechtfertigen.
Sowohl dem sozialistischen Innenminister Helmer als auch dem Chefredakteur der sozialistischen Arbeiterzeitung Oskar Polak sei es zu verdanken, dass die Einheitsfront der Werktätigen nicht zustande gekommen ist. Man kenne gegenüber dem Osten keinen Pardon.
Weigel spricht sich gegen jegliche Form kultureller Ostkontakte aus und zeigt sich so als gelehriger Schüler von McCarthy und dem Kriegshetzer William S.Schlamm, obwohl Weigel an anderer Stelle den McCarthysmus kritisiert. Eine Haltung, die den antibolschewistischen ExNazis Respekt und Frohlocken abverlangt hat. Die Deutsche Soldatenzeitung meint abschliessend:
Einfach toll, dass es das gibt.
Gerhard Frey, Herausgeber der Deutschen Soldatenzeitung, nachmaliger Spitzenpolitiker der NDP und Gründer der Deutschen Volksunion DVU bestätigt Weigel brieflich, das Interview genau in der von Weigel gewünschten Form gebracht und seine Änderungswünsche vollkommen berücksichtigt zu haben.

Die österreichische Bevölkerung zeigte allerdings auch ohne die Massnahmen Weigels und der Amerikaner keinerlei Sympathien für den Kommunismus. Anfang 1945 sassen während der sowjetischen Besatzung nur 4 kommunistische Abgeordnete auf vier von insgesamt 165 zu vergebenden Sitzen im österreichischen Parlament. Zwei aus Wien, und je einer aus Niederösterreich und Steiermark. Alle anderen Sitze gingen an ÖVP und SPÖ. In sechs Bundesländern gab es überhaupt keine kommunistischen Abgeordneten. Bei den Wahlen 1949 gewannen die Kommunisten ein Mandat hinzu. 1953 und 1956 verloren sie je ein Mandat und ab 1959 ist sich keines mehr ausgegangen. Die Bundesversammlung teilten sich 1945 alleine SPÖ und ÖVP. Im Landtag des roten Wiens sassen unter 100 Abgeordneten gerade 6 Kommunisten trotz oder gerade wegen des massiven sowjetischen Einflusses in der Stadt.
Franz Olah spricht in seinen Memoiren davon, das Rückgrat der Kommunisten wäre im Oktober 1950 gebrochen worden und beruft sich auf diesbezügliche Informationen des französischen Geheimdienstes, obwohl er selbst es ebenso genau gewusst hat.
Dieser geringe reale Anteil der österreichischen Kommunisten an der Macht lässt darauf schliessen, dass der rabiate Antikommunismus des Hans Weigel und der Politiker einer anderen Sache diente und als Begründung zur Reintegration der ehemaligen Nazis herhalten musste um eine Stabilisierung der innenpolitischen Situation zu erreichen. Eine Parallelaktion, vergleichbar mit den Bestrebungen in Deutschland, die den Aufbau der NATO sichern halfen.

Weigel zeigt gegenüber den Ex-Nazis keinerlei Berührungsängste und ist in Pürgg keineswegs zufällige Besetzung gewesen. Henriette von Schirach bittet ihn 1956 um Rat zu ihrem Buch „Der Preis der Herrlichkeit“, Erinnerungen und erlebte Zeitgeschichte. Er trifft sie zuerst auf ihre Einladung hin in München. Ein Jahr danach kommt die Schirach nach Wien und Weigel zeigt sich mit der Frau des Reichsstattshalters Ostmark ungeniert im Wiener Künstlertreff Hawelka. Er arrangiert ein Treffen der Schirach mit seinem Freund und Kollegen Heimito von Doderer, der Weigel in Briefen einen lieben Bruder nennt. Hans Weigel schreibt für die Schirach eine kurze empfehlende Notiz zum Buch im Bildtelegraf.

Weigel behauptete in seinem Interview in der Deutschen Soldatenzeitung, er würde der SPÖ so nahe und fern wie der ÖVP stehen. Das stimmt jedoch nicht. 1946 bedankt sich der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes ÖGB Johann Böhm für die Übersendung eines Buches. Weigel hat von Anbeginn der 2.Republik Kontakt zur Politik gesucht und gefunden.
Im Februar 1950 lädt der Verbandsvorstand der Sozialistischen Jugend Österreichs Josef Hindels den Genossen Hans Weigel ein, zum Thema „Kampf der Kulturkrise“ einen Vortrag zu halten.
Ein halbes Jahr später ergeht an Weigel die Einladung, zum selben Thema im Verband sozialistischer Studenten Österreichs zu referieren. Von diesem Verband wird Weigel jeweils von den folgenden Vorsitzenden über Jahrezehnte hinweg weiterhin zu Vorträgen geladen.  1967 bittet ihn der Kulturreferent der SPÖ an einer von der SPD Hessen organisierten kulturellen Begegnung teilzunehmen.
Weigel, der bereits von Erich Schönwiese 1946 zur Mitarbeit in der US Sendergruppe Rot-Weiss-Rot eingeladen wurde und in den 50 Jahren über eine eigene Sendung „In den Wind gesprochen“ verfügt, wird vom ÖGB in Rundfunkfragen konsultiert. Für den ÖGB hat er 1949 einen Artikel über die Aufgaben des Rundfunks im Dienste der Volksbildung geschrieben. Im Oktober 1950 bittet ihn Dr.Alexander Giese für das Bildungsreferat des ÖGB um Rat in Belangen des Radiobeirates und zur Programmbildung der RAVAG.

Das hindert den Genossen Weigel jedoch nicht, sich 1951 dem Komitee der überparteilichen Einigung zur Wahl von Burghard Breitner, der sich für den VdU vor allem an nationale Wähler wandte, zu nähern. Aus dem Verband der Unabhängigen ist später die Freiheitliche Partei hervorgegangen. Man teilt ihm gerne die Zusammensetzung des Wiener Wahlkomitees mit. Ob er die erwünschte Unterstützungserklärung auch abgegeben hat, weiss ich nicht zu sagen. Jedenfalls wird er mit einem der Mitglieder des Wiener Komitees, dem Autor Prof.Dr. Franz Spunda, der Jahre vorher einen Beitrag im sogenannten Bekenntnisbuch der österreichischen Schriftsteller zum Nationalsozialismus geleistet hatte, drei Jahre später in Pürgg zusammensitzen. Weigel hat seine Gesprächsbereitschaft mit den Nationalen deutlich genug zu erkennen gegeben.

Die Beziehungen Weigels zu den Schriftstellerorganisationen missglücken jedoch. Aus dem Österreichischen PEN ist er im Jänner 1948 ausgetreten, weil man seinen Freund Viktor Frankl nicht aufgenommen hat. Der Verband demokratischer Schriftsteller schliesst  ihn zu Beginn der 50 er Jahre aus, weil er durch die Verbreitung böswillig irreführender Behauptungen über den Verband und seinen Charakter in der in- und ausländischen Presse das Ansehen und den Zweck der Organisation geschädigt habe. Wahrscheinlich hat Weigel auch hier kommunistische Sympathien gewittert und dies auch öffentlich kund getan.

Im Jänner des Jahres  1953 stellt Friedrich Hansen Löve Hans Weigel brieflich die Publikation Perspektiven 52 / 53, die dieser gemeinsam mit Rudolph Charles von Ripper im Forschungsinstitut für europäische Gegenwartskunde herausgegeben hat, vor.
Fritz Molden schreibt von seinem Freund Ripper, der Captain der Army habe sich 1946 in Salzburg gemeinsam mit dem OSS -Offizier Alfred C. Ulmer (Office of Strategic Services, der Vorgänger Organisation  der CIA) das Hauptquartier geteilt. Ulmer war Führungsoffizier Moldens in der Zeit des Widerstandes gewesen.
Der Altösterreicher Ripper hatte eine lange abenteuerliche wie lebensgefährliche Geschichte hinter sich. Ripper war einer der ersten Gefangenen im Gestapogefängnis Colombia-Haus in Berlin und wurde 1933 bis 1934 im KZ Oranienburg eingesperrt. Nach seiner Entlassung ging er wieder nach Österreich. 1938 emigrierte er in die USA und nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Zu Ende des Krieges marschierte er mit der US-Army in Österreich ein. Im Range eines Captains nahm er 1946 Abschied von der Armee, jedoch nicht Abschied vom OSS und von deren Nachfolgerin, der CIA, und wurde zu einem der wesentlichen Einflussagenten im kulturellen Leben Österreichs in der Besatzungszeit. Seine Tätigkeit wird umfangreich von Gerhard Habarta in dessen 1996 erschienenen Buch Frühere Verhältnisse,Kunst in Wien nach 1945, belegt.
Ripper forcierte ganz im Einklang mit dem von der CIA gesteuerten internationalem Kulturprogramm die abstrakte Malerei. Eine Aufgabe, die in Folge Monsignore Mauer mit seiner Galerie St.Stephan übernommen hat. Gemeinsam mit Friedrich Hansen Löve wirkte Ripper im Forschungsinstitut für europäische Gegenwartskunde.
Das Institut hatte die bemerkenswerte Telegrammadresse AUSTROCOLLEGE und wurde u.a. durch die Catherwood Foundation gefördert. Ripper bedankt sich höflich  im Vorwort der Perspektiven für die gewährte Unterstützung. Frank Tichy nennt in seinem Buch über Friedrich Torberg einige Einrichtungen, die die CIA nutzte, um Gelder weiter zu geben. Eine davon war die Catherwood Foundation. Das Institut arbeitete eng mit dem Österreichischen College zusammen. Vom College wurden unter anderem die wichtigen jährlichen Treffen im Alpbach organisiert und betreut. Weigel wird mehrmals zu Aussprachen, Vorträgen und Diskussionen eingeladen.

Bereits im Februar 1951 hatte Hansen Löve Weigel Zusammenarbeit angeboten und einen Vortrag Weigels über die Aufgaben der Kritik erbeten. Er erwartet sich, dass alle in Wien lebenden jungen Kritiker zu diesem Vortrag erscheinen. Hansen Löve betont die Bedeutung der Kritik in der Verbreitung der modernen Kunst. Wo die Kritik versage, versage auch die Wirkung der Kunst. Daraus entsteht ein schlaues Konzept der indirekten Steuerung des staatlich geförderten Kunstbetriebes.
Der Kritiker als Propagandist einerseits und Zensor andererseits. Diese Doppelrolle hat Weigel in der Wiener Öffentlichkeit perfekt gespielt. Hansen Löve sieht in ihm offensichtlich einen effizienten Multiplikator. Und Weigel ist zur Zusammenarbeit bereit. Ein Monat später bedankt sich Hansen Löve bei ihm für die Zusendung einer Adressliste, die umgehend in die Kartei des Forschungsinstitutes aufgenommen wurde.

Am 15. April 1951 hielt in eben diesem Institut Univ.Prof.Dr.Josef Nadler zum Thema „Die Christenheit Europas“ einen Vortrag. Nadler hatte in der NS Zeit deutsche Literaturgeschichte an der Universität Wien gelehrt und Literaturwissenschaft ganz im Sinne des NS-Regimes betrieben. 1949 rehabilitierte das Bundesministerium für Unterricht Nadler offiziell. Bereits 1948 war seine Literaturgeschichte Österreichs erschienen, obwohl diesem Projekt kurz vorher noch die Zustimmung der Papierzuteilungs-Kommission verweigert wurde. 76 PEN Autoren richteten im Februar 1949 ein Schreiben an den damaligen Unterrichtsminister Felix Hurdes, in dem die Rehabilitierung Nadlers aufs schärfste verurteilt wurde. Viktor Reimann, einer der Mitbegründer des VdU hatte gegen den Protest in den Salzburger Nachrichten für Nadler Partei ergriffen und wurde umgehend deswegen aus dem PEN ausgeschlossen. Reimann wird später von Dichand in die Kronenzeitung geholt und bestimmt so in diesem einflussreichen Massenblatt noch in den siebziger und achtziger Jahren den öffentlichen Diskurs mit. Kein Problem hingegen sah offensichtlich das Institut für europäische Gegenwartskunde in der Person Nadlers. Auch hier erkennt man die Tendenz, die in Pürgg deutlich geworden ist. 1954 unterschreibt Dr. Wieland Schmied, ebenfalls Teilnehmer in Pürgg, die Einladungen des Forschungsinstitutes für europäische Gegenwartskunde.

Im November 1950  wendet sich Melvin J. Lasky, der Herausgeber der von der CIA finanzierten Zeitschrift Der Monat aus Berlin an Weigel und lädt ihn zur Mitarbeit ein. Weigel schickt in Folge einen Bericht über Wien; „Zentrum am Rande“,  einen Beitrag zu Nestroys 150. Geburtstag und mit dem Titel „Die heimatlose Linke“ eine Besprechung eines Buches von Milo Dor. Zu einem späteren Zeitpunkt verfasst er für den Monat einen Text über Arnolt Bronnen.
In einem der Schreiben empfiehlt Melvin Lasky Weigel Post nach Berlin über eine Frau Dr.Liebl zu leiten und nicht den unter Zensur stehenden Information Service Branches ISB Postweg zu verwenden. Wie sensibel sind denn die Nachrichten gewesen, die da von Frau Liebl weitergeleitet worden sind? Für die Weigelschen Manuskripte hätte der ISB Postweg vollends gereicht. Eine weitere Bitte Laskys vom August 1954 zeigt, dass er nicht allein an literarischen und kulturellen Informationen interessiert gewesen ist. Er bittet Weigel um österreichische  Presseberichte zum Fall Otto John. John, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, hat sich im Juli des selben Jahres aus vorerst ungeklärten Gründen in die DDR abgesetzt. Über den DDR Rundfunk attackierte John Adenauers kompromisslose Westorientierung. 1955 kehrt John in den Westen zurück und wird in einem Prozess wegen Landesverrates zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.

Bemerkenswert ist der Weg, in dem Weigel seine Honorare erhält. Sie werden jeweils vom Office of the United States High Commissioner for Germany oder vom Foreign Service USA in Form eines Schecks an Weigel übersandt. Verwendet wird immer die gleiche Formulierung:

Your attention is invited to the attachched purchase order No. DM-2-2, in the amount of $ 100 concerning the translation and publication rights for your manuscript entitled „Letter from Vienna, Center of the Edge“.

It is requested that written acceptance of the offer referred to in attached be forwarded to this office at your earliest convenience. Invoices enclosed herewith must be signed in quadruplicate and returned to this office for payment following your acceptance.

Gezeichnet Frederick J.Cavanaugh, Budget Controll Officer, Information Division
Frankfurt, July 15, 1952

Vergleichbare Verrechnungen weisen direkt auf die Publikation im Monat hin: for reproduction in HICOG overt publication Der Monat, Berlin. Zum Beispiel die Verrechnung eines Artikels über Arnolt Bronnen mit der Ordnungszahl IA-1203 vom 28.6.1954.
Nachdem die CIA als Hintergrundfinanzier des Netzwerkes des Congresses for Freedom und der beteiligten Zeitschriften Monat, Encounter, Preuve, Forum und andere 1967 aufgedeckt worden war, behaupteten fast alle Beteiligten, sie wüssten nicht, woher das Geld gekommen sei. Der Zahlungsmodus gegenüber Weigel ist jedoch keine Ausnahme gewesen, sondern eben eine für alle gültige Form. Man bekam das Geld also nicht von den Redaktionen der Zeitungen, sondern von einer offiziellen Stelle der USA. Der ausdrückliche Wunsch Weigels nach postalischen Anweisungen wurde vom zuständigen Büro kategorisch zurück gewiesen. Die Honorare bewegten sich zwischen 100 $ und 150 $. Im Österreich dieser Zeit entsprach das einem Gegenwert von etwa 10000 bis 15000 S.

1953 bittet sich Weigel von der Redaktion des Monats die Adressen von nahestehenden deutschen Kritikern aus. Die Redaktion nennt Hermann Kesten, Wolf Jobst Siedler, Joachim G.Leithäuser. Der Kontakt zum Monat hält lange an. Im Oktober 1963 wird Weigel gemeinsam mit seinem Freund Helmut Qualtinger zum Mittagessen von Dr.Helmut Jaesrich, einem Redakteur der Monatsschrift, ins Berliner Ritz gebeten.
Hans Weigel wird sowohl zu den Zusammenkünften des Congresses for Cultural Freedom nach  Berlin, Brüssel und nach Paris eingeladen.  Das erste Schreiben des Congresses an ihn ist in Wien mit  Juni 1950 datiert. Gezeichnet von Bobbie Löcker, Mitarbeiterin der katholischen Zeitschrift Der Turm. Auf dem offiziellen Briefpapier sind die Mitglieder des Internationalen Komitees angeführt. Für Österreich waren Alexander Lernet Holenia und der Chefredakteur der Arbeiterzeitung, Oscar Pollak nominiert.
Aus dem Schreiben geht ebenso Fritz Moldens Engagement in die Aktivitäten des Kongresses hervor. Gute Kontake pflegt Weigel Ende der 50 er Jahre zu Lord George Weidenfeld, ebenfalls ein Briefpartner von Michael Josselson und Vertrauter Hilde Spiels.

1951 bittet Henry Kissinger Weigel um Beiträge für ein an der Harvard University geplantes Perodical, in dem junge Europäer zeitgenössische Probleme der Philosophie, Kunst und Politik diskutieren und ihre unterschiedlichen Standpunkte darstellen sollten. Weigel lehnt wegen Arbeitsüberlastung ab. Möglich, dass ihm diese Publikationsebene zu direkt und offensichtlich erschienen ist.
Der Monat und verwandte Publikationen galten damals noch als unabhängige Plattformen. Man versuchte den Hintergrund tunlichst zu verschleiern.
Das Projekt Kissingers passt in das allgemeine Konzept und er nennt es in seinem Schreiben an Weigel ausdrücklich einen ersten  Schritt in einem weitreichenden Plan. Auf der Website des Nobel Preis Komitees findet sich eine Biographie des umstrittenen Nobelpreisträgers Kissinger.
Daraus geht hervor, dass er 1943 bis 1946 für das Counter Intelligence Corps der US Army tätig gewesen ist und von 1946 bis 1949 den Rang eines Captains in der Military Intelligence Reserve innehatte.
Jenes Konsortium, das im Auftrag der CIA die weltweiten Aktivitäten des Congresses for Freedom managte und dirigierte, bezeichnete Kissinger als Aristokratie, dem Dienst an der Nation verpflichtet und deswegen an Prinzipien jenseits parteilicher Loyalitäten orientiert.  Frank Tichy in Torberg Biografie charakterisiert diese Prinzipien jenseits parteilicher Loyalitäten als einen subversiven Akt:
Eigentlich waren diese "geheime Finanzierungen" in gewissen Fällen eine massive Einmischung in die inneren Verhältnisse von anderen Staaten, eine Unterwanderung der rechtsstaatlichen Institutionen demokratischer und befreundeter Staaten unter gezielter Irreführung der Öffentlichkeit

Beste und freundschaftliche Beziehungen pflegte Hans Weigel zu Friedrich Hacker in Beverly Hills. Hacker nennt ihn in der brieflichen Anrede Allerliebster meiner früheren Statthalter und noch immer relativ lieber Hans. Helmut Qualtinger habe ihn kurz nach Broda und Kreisky in Californien besucht, teilt Hacker Weigel mit. In den 70 er Jahren gründet Hacker das Institut für Konfliktforschung in Wien, dass unter anderem die Observation des linken Terrors infolge des 68-er Geschehens zur Aufgabe hatte.

1954 ersucht der Herausgeber des Britischen Encounter Irving Kristol, Weigel um seine literarischen Dienste und bittet ihn ausdrücklich, die kulturelle Situation hervorzuheben und den politischen Kontext weniger zu betonen. Eine Regel, an die sich weder Torberg noch Weigel hielten und deren Verletzung oft zu Misstimmungen gegenüber der Leitung des Congresses führten. Sowohl Torberg wie auch Weigel waren rabiate McCarthyaner. Weigel scheute eben nicht einmal die Berührung mit der prononcierten nationalen Rechten.

So finden sich Briefe schwer belasteter Pürggteilnehmer an ihn. Bruno Brehm drückt die Hoffnung aus, Pürgg möge Folgen haben. Professor Hermann Stuppäck, Schirachs Kultureferent der Ostmark, nun Präsident der Internationalen Sommerakademie in Salzburg, gratuliert Weigel 1978 zu einem Vortrag. Karl Springenschmid, der Salzburger Bücherverbrenner bittet ihn noch für die Arbeit an einem gegen die 68-er gerichteten Stück, das jedoch nie zur Aufführung gekommen sein dürfte, um Rat.
Mit Rudolf Bayr, dem ehemaligen stellvertretenden Schriftleiter des Völkischen Beobachters, der zwischen 1962 und 1964 Lektor beim Residenz Verlag gewesen ist , verbindet Weigel eine enge Freundschaft und Geschäftsverbindung. Diese Verbindung zum Residenzverlag hält bis in die 80er Jahre. Weigel agiert als Autor, Herausgeber und Berater. Zu Residenz geholt hat ihn Ilse Leitenberger, nachmalige langjährige  Herausgeberin des Literaricum  der Presse, deren stellvertretende Chefredakteurin sie gewesen ist. Ihr Studium absolvierte Ilse Leitenberger eine Zeit lang an der Hochschule für Politik in Hitlers Berlin. So steht es in ihrer Biografie in dem von Jochen Jung 1983 bei Residenz herausgegebenen Sammelband „Vom Reich zu Österreich“.
Dem Nachfolger Ilse Leitenbergers in der Herausgabe des Literaricums und derzeitigem Leiter der Kulturredaktion der Presse sind die rechten Sympathien des Hans Weigel bestens bekannt. In seiner Würdigung anlässlich des 10. Todestages Weigels am 11.August 2001, den er mit „Unbeirrbar in der Liebe zum tausendjährigen Kind“ übertitelt, erzählt Hans Haider, unter den Gratulanten zum 60. Friedrich Peters, SS-Obersturmbannführer und Bruno Kreiskys  Steigbügelhalter, habe sich sowohl Hans Weigel wie auch Fritz Muliar befunden. Den Weigelisch Torbergischen Brechtboykett sieht Hans Haider als eine kuriose Episode eines Kleinstaates an. Hans Haider hat nie versucht, den Hintergrund des Kalten Krieges und dessen amerikanische Implikationen zu entziffern. Wie sollte er dies in einer Zeitung tun, die von Fritz Molden und Gerd Bacher  geprägt worden ist die jahrzehntelang darum bemüht waren, den Kontext zu verwischen. Hier zeigt sich einmal mehr die Effizienz des über alle Medien ausgebreiteten Informations- und Kontrollnetzes sowie dessen nachhaltige Wirkung .

Ist denn diese Ambivalenz Weigels wirklich niemanden aufgefallen. Auf der einen Seite Förderer, Sammler und Freund von Kollegen und Talenten wie Ilse Aichinger, Andreas Okopenko, Hans Heinz Hahnl, Christine Busta, Reinhard Federmann, Milo Dor, Gerhard Fritsch, Karl Wawra, Jörg Mauthe, Ingeborg Bachmann, Herbert Eisenreich, Jeannie Ebner, Paul Celan, Marlen Haushofer, Wolfgang Kudrnofsky, Hertha Kräftner, Michael Guttenbrunner, Herbert Zand,  Friederike Mayröcker, Erich Fried, Christine Lavant, Oskar Jan Tauschinski, Ernst Jandl,  Hannelore Valencak, Heinz Politzer, Raimund Berger, Hermann Friedl,  Gerhard Amanshauser, H. C. Artmann, Thomas Bernhard und andererseits Pürggschafter einer völlig antagonistischen Richtung.
Die Freundschaft mit Erich Landgrebe, der schon vor 1938 in SA Stiefeln in den Wiener Redaktionen herum trampelte, hat Jahrzehnte gehalten. Noch 1978 spricht ihm Weigel eine öffentliche Laudatio. Nicht mit allen Nazis hat sich Weigel gutstellen können oder wollen.
1952 strengen Hans Weigel und Milo Dor einen Ehrenbeleidigungsprozess gegen Kurt Ziesel an. Ziesel hat einige Monate davor in einem Artikel mit dem Titel „Denunzianten auf Reisen“ Dor und Weigel vorgeworfen, sie würden die österreichische Literatur verunglimpfen. Der von Ziesel herausgegebene „Europäische Kulturdienst“  in dem Autoren wie Josef Friedrich Perkonig, Karl Heinrich Waggerl, Bruno Brehm, Franz Tumler, Max Mell und andere publizierten, wurde von Weigel und Dor als Sammelbecken nationalsozialistischer Literatur bezeichnet und die Autoren des Neo-Nazismus verdächtigt. Dies hat Weigel offensichtlich nicht daran gehindert, einige dieser Herren kurz darauf  in Pürgg zu treffen. Andererseits hatte Weigel mit diesem Prozess ein plausibles öffentliches Aushängeschild als Nazijäger für gutgläubige Kollegen und Kolleginnen vorweisen können.
Der Prozess beweist, wie gut Weigel  über jene Bescheid wusste, mit denen er sich später eingelassen hat.
Kurt Ziesel schrieb in der NS Zeit für den Völkischen Beobachter und für das HJ-Organ Wille zur Macht. Ebenso war er einer der Gründer der „Gesellschaft für freie Publizistik", der auch der Neu-Pürgger Hans Grimm nahe gestanden ist, die in der Gegenwart Andreas Mölzer zu ihren Mitgliedern zählt. Ziesel gründete die  Deutschland Stiftung, die den Adenauer Preis vergibt, der u.a. auch an Helmut Kohl verliehen wurde. Ziesel ist einflussreiches Bindeglied zwischen der neuen alten Rechten und dem bundesdeutschen Konservatismus gewesen.

Weigel wurde in diesem Land und in anderen europäischen Staaten hoch geehrt.1967 erhält er das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1.Klasse der Republik Österreich. Der Ordre national du merite folgt in Paris 1977.  1978 wird er in Gegenwart von Bundespräsident Kirchschläger mit dem Donauland Sachbuchpreis ausgezeichnet. Donauland war neben Stocker und Leykam einer der Verlage, in dem NeoPürgger in den 50 er Jahren mit hohen Auflagenzahlen verbreitet wurden. 1982 wird Weigel der Ehrenring der Stadt Wien verliehen und 1986 erhält er das Grosse Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in Bonn überreicht.
Hinzu kommt 1982 die Ernennung zum Jägermayerhofrat, verliehen vom Bildungshaus der Arbeiterkammer in Linz, dem Jägermayrhof , in dem Weigel zahlreiche Vorträge gehalten hat. Damit wollen wir es bis auf weiteres bleiben lassen.
 


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