Eine lebenswichtige Frage
Es handelt sich um ein etwas ungewöhnliches Buchprojekt, das Gedichte, Manifeste in Gedichtform und kürzere Prosa des Eibel Erzberg vereinigt, und von Kuhner ins Englische übertragen worden ist: dass das Buch in dieser Form unter Berücksichtigung des Generationsunterschiedes zwischen den beiden Autoren so gelungen ist, ist freilich bemerkenswert.
Der Rezensent kann nicht so einfach einige der Gedichte ohne „Augenrollen“ lesen, es stören ihn Banalitäten und spätsurrealistische Übertreibungen, eine „Leich“ (Jandl) sollte so wohl nur in einem trashigen Film vorkommen. Schön findet er „Kind“ – „Child“. “True story“ ist was überraschend nettes.
Die Prosatexte sind teilweise recht banal, so der Text, der dem Band den Titel verschafft: „Eine lebenswichtige Frage“/„A Question Essential to Life“, mir sagt er eigentlich nichts aus. In „Wegschauen – Praxis der Liebe“ kann man lesen, wie die Übertreibung alltäglicher wird und dann ihre Wirkung völlig verliert.
„Der besonders engagierte Dichter“ wandelt sich zum Staatskünstler, eine Kritik an vielen unserer Kollegen, die häufig in den Kolumnen der Qualitätszeitungen zu finden sind, in inakzeptaler Form bei Jeanneé. Der Rezensent sieht aber nichts Schlimmes daran, wenn ein Oswald Wiener den großen österreichischen Staatspreis bekommt.
Ins Cabaret-Fach wechselt Eibel Erzberg mit dem Text „Der tot-elitäre Charakter“, wobei ich schon sagen muss, dass im persönlichen Vortrag von Erzberg die Pointen beim Publikum stark einschlagen, es ist halt auch so, dass die Intellektuellen, die unser Publikum bilden, auch gelegentlich zur Selbstironie neigen. Vielleicht sind die Wiederholungen im Text unnötig.
Das Bonmot über Kreisky hätte man dem Buch ersparen können.
Eine schöne Geschichte: Kohelet und Fuzzy, wäre ja schön, den Fuzzy auch kennenzulernen, aus den Los Angeles Filmklitterungen der 50er Jahre, die im österreichischen Fernsehen dann am Ende der 60er als Kinderprogramm abgespielt wurden. Ich schätze die tolle Idee mit „Spritzbilder im Weltraum“ statt „Schüttbilder auf der Erde“, „..und Fuzzy wird wach“!
Die Übersetzungen von Herbert Kuhner sind ausgezeichnet, und er findet häufig Sätze, Worte im Englischen, die den Sinn des deutschen Textes verdeutlichen, ja verbessern, so, wenn Erzberg von „einstimmig“ spricht, und Kuhner „harmony“ schreibt, oder Erzberg in einem Gedicht „toll“ und Kuhn in seiner Übersetzung das viel sinnvollere englische Wort „marvelous“ benützt. Leider gibt es ein kleines Missverständnis in „Der tot-elitäre Charakter“: Erzberg schreibt „…leiden wie die Masse auf typisch österreichisch.“, Kuhner: „…and suffer with the masses in a manner that is typically Austrian.“
Es wäre das Buch schon leichter zu lesen, wenn die Gestaltung darauf verzichtet hätte, auch die englische Seite voll zu machen, denn natürlich ist der englische Text meist um 10 bis 15 % kürzer als der deutsche, aber es sollte doch möglich sein, am Seitenanfang die gleichen Texte zu finden, auch wenn die ungeraden englischen Seiten dann am Ende ein paar Leerzeilen haben.
Hermann J. Hendrich 2017