Hugo Schanovskys Erinnerungsbilder


© Peter Paul Wiplinger

Von der frühesten Kindheit über die Volksschulzeit und die ersten Gymnasialjahre bis zum Einrücken als Luftwaffenhelfer, der Überstellung zum Reichsarbeitsdienst und dann noch zum Kriegseinsatz gegen Kriegsende und der anschließenden Gefangenschaft reicht der weit gespannte Bogen der Erinnerungen des Autors Hugo Schanovsky, der in kurzen, aber sehr lebendigen und bildhaften Erzählungen von seinem Leben damals und von den Wirrnissen der damaligen Zeit berichtet.

Im reifen Alter und in der Rückschau leuchten die Erinnerungsbilder aus Kindheit und früher Jugend auf. Er sieht sich wieder als kleiner Armeleute-Bub und als junger Gymnasiast in seinem Heimatviertel auf dem Römerberg in Linz, im Schatten der großen Kaserne und der Martinskirche, der ältesten Kirche dieser Stadt. Er erinnert sich an liebevoll an seine Mutter - eine Bauerstochter, die früh verstarb; an seinen Vater, der gerne Karten spielte, auch natürlich um Geld, das er oftmals verlor; an seinen Onkel und an seine Tante; an das kleine Gasthaus-Café, das ihnen gehörte und in dessen Klientel sich die österreichische Zwischenkriegszeit widerspiegelte. Zeitgeschehen und Zeitkolorit sind hineinverwoben in den bunten Teppich dieser Geschichten.

Stets ist der Blick auf die „Kleinen Leute“ gerichtet, auf die von den untersten Schichten, dem sogenannten „Niederen Stand“; dem man auch selber mit seinen Leuten angehört. Schon früh wird durch die eigene Zugehörigkeit das soziale Bewußtsein geweckt, die Sensibilität für gesellschaftliche Benachteiligung und Ungerechtigkeit gesteigert, was sich später im sozialen und politischen Engagement des Autors niederschlägt.

Der österreichische Ständestaat, Hitlers Machtergreifung, der sogenannte „Umbruch“, der Einmarsch, die Nazizeit, der Krieg, der „Zusammenbruch“ - all das sind prägende und entscheidende Lebensstationen für den Autor; sowie für viele andere damals. Personen und Ereignisse bleiben im Gedächtnis des Buben, des Jugendlichen. Umsichtige Beobachtungen in seiner Umgebung schärfen seinen Blick und seinen Verstand. Die große Arbeitslosigkeit und die daraus entstandene Not der Dreißigerjahre wird hautnah erlebt im eigenen Betroffensein. Politische Willkür und unkontrollierte Machtausübung bedingen auch das Wissen um das Ausgeliefertsein und um die nötige Vorsicht beim Willen zum Überleben.

Was ideologische Verblendung, auch beim „Kleinen Mann“, und Deutsche Disziplin ist oder sein soll, inmitten von all der Gewalt, von all dem Wahnsinn und dem darauffolgenden Chaos, lernt der kaum den Kinderschuhen entwachsene und in eine RAD-Uniform gesteckte junge Gymnasiast ab 1943 noch kennen. Er wird eingezogen, wie so viele, als „Kanonenfutter“, wie man hinter vorgehaltener Hand flüsterte, und in der Infanteriedivision „Theodor Körner“ in die Schlacht geworfen. Zum Glück bleibt er heil, kommt er davon, rettet er sich mit den anderen Kameraden vor den anstürmenden Russen noch über die Elbe zu den Amerikanern. Kommt in Kriegsgefangenschaft und von dort relativ rasch wieder nach Hause, in das zerbombte Linz, heim auf den Römerberg. Der Kreis hat sich geschlossen. Ein neues Leben beginnt.

Was das Buch wichtig macht, ist die unmittelbare Zeitzeugenschaft, in der die Erzählungen wurzeln. Was es lesenswert macht, ist sein Stil der unprätentiösen Art der Schilderung von Ereignissen und von Charakteren. Und der Einblick, den es auf sehr persönliche Weise vermittelt in eine Zeit, die man entweder noch selbst erlebt hat oder an die man doch manchmal erinnert werden sollte, damit man nicht vergißt, wie gut es uns eigentlich geht.

„Kinderschuh und Soldatenstiefel“. Erzählungen aus erster Hand. Von Hugo Schanovsky. Edition Geschichte der Heimat/Buchverlag Franz Steinmaßl, Grünbach bei Freistadt, 2002. 197 Seiten. EUR 19,50


 


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