Referat für eine Veranstaltung der Österreichischen Medienakademie des Kuratoriums für Journalistenausbildung in Zusammenarbeit mit der APA
Mc Luhan hat uns gelehrt, dass jedes Medium seine eigenen Gesetzmässigkeiten, seinen eigenen
Charakter hat.
Es gilt herauszufinden, was nun das Internet, insbesondere seine Spielform des World Wide
Web, von den anderen Neuen und alten Medien unterscheidet.
Nachdem das World Wide Web ein hybrides Medium ist, kann es sowohl mit den elektronischen Medien, die da sind Telefon,
Funk und Fernsehen, diverse elektronische Speichermedien wie auch mit den klassischen Printmedien in Vergleich gebracht werden.
Im Zusammenhang mit den Printmedien muss auch der Komplex Wissensarchivierung
und Bibliothekswesen einbezogen werden. Das ist sehr wichtig, da das Web gleichzeitig
als potentieller Wissensspeicher angesehen werden kann.
Im folgenden werde ich versuchen das World Wide Web mit dem klassischen Medium
Zeitung zu vergleichen.
Da dürften wohl die grössten strukturellen Übereinstimmungen zu finden sein. Zeitung ist ein
aktuelles Informationsmedium, dessen Inhalte permanent erneuert werden, und es dürfte nicht
von ungefähr kommen, dass sowohl die Literaturbranche wie auch die Zeitungsmacher zunehmend
das Internet als publizistisches Aktionsfeld entdeckt haben.
Mit der Frame Technologie kann das funktionale Lay Out einer Zeitschrift insklusive Hin- und
Her "blättern" auch für grosse Datenmengen bereits sehr gut reproduziert werden.
Sowohl Headlines, Volltext und Bildmaterial sind leicht zu applizieren. Vorausetzung
dafür ist, das man von vornherein ein flexibles Grundgerüst schafft. Bei näherer Betrachtung
von auf Frame basierenden Websites wird man rasch darauf kommen, dass die Lösungen bei
guten On-Line Publikationen ähnlich sind. Das ist nicht etwa auf mangelnde Freiheitsgrade der
zur Verfügung stehenden Programme zurückzuführen, sondern resoltiert schlicht und einfach daraus,
das es eben wenige optimale Lösungen gibt. Und gute Publisher finden zu diesen
optimalen Lösungen. Ich spreche hier grundsätzlich von der Struktur und nicht von der
Aufmachung, die selbstverständlich durch Farbe, grafische Gestaltung, Hintergründe und
Bildmaterial variiert werden kann. Doch gibt es bestimmte optimierende Tendenzen,
vor allem wenn man die nicht unwesentliche Übertragungsgeschwindigkeit und damit den raschen
Zugriff des Users im Auge hat.
Ist einmal die Frage des Wie gelöst, folgt rasch das entscheidende Wo und das Was des publizistischen
Vorhabens.
Wenn Ihnen bei der Beantwortung bloss Internet und Webspace, bzw. trendig Cyberspace
einfällt, liegen Sie garantiert falsch und Sie werden nicht weit kommen.
Sie müssen herausfinden, wo Sie sich bewegen, bevor Sie entscheiden können, wie Sie
sich bewegen. Da müssen Sie allerdings auch schon ein wenig darüber wissen, was Sie
publizieren wollen.
Das Internet hat vielleicht derzeit 5o Millionen User, vielleichts sinds weniger, möglicherweise
mehr. Ein Bruchteil dieses Client Potentials muss Sie nun finden, unter Zig tausenden
Frontpages müssen Sie mit Ihrer Site Profil gewinnen.
Schauen wir uns die Zahlen einmal von der Anbieterseite an. Altavista behauptet von sich, Zugriff auf den den grössten Web Index zu bieten. 31 Millionen Seiten werden auf 476000 Servern gefunden und 4 Millionen Artikel in etwa 14000 Usenet News Groups. An Wochentagen wird Altavista.digital.com ca. 28 Millionen mal aufgerufen.
Schwer zu sagen, wie viele nach dem Thema fragen, das gerade von Ihnen bearbeitet und
ins Web gestellt wurde.
Apropos, Sie müssen dem Suchroboter Zutritt auf Ihren Server gewähren, sonst kommen
Sie nie in diese wichtigen Voll Text Web Indexe. Diese Web Indexes sind ideal zum recherchieren.
Bloss, sie sind nicht tagesaktuell. Der Roboter braucht für das Up date zwischen
einer und sechs Wochen. Das schnellste Medium zeigt plötzlich eine seiner Zeitverzögerungen.
Niemand wird Ihre Website jeden Tag aufrufen. Seien Sie froh wenn im Monat
die selbe Person mehrmals vorbei schaut. Auch das zeigt bei flüchtigen und interrupten Surfgewohnheiten
Informationsverhalten und ist bereits ein Fortschritt gegenüber beliebigem Flaniern und
bedeutet, das der User Ihre Site in seine Bookmarks aufgenommen hat.
Der Nomade und Flaneur sind dem Surfer durchaus entsprechende Analogien und innerhalb
der Medienkunst zu einer beliebten und vielbesprochenen Spielform geworden.
Bei wöchentlichem Interesse müssen Sie schon entsprechende Aktualität bieten.
Tagesaktualität ist eigentlich nur von On-Line Ausgaben grosser Zeitschriften und Nachrichten-
agenturen machbar. Und die werden aus diesen Gründen auch aufgerufen. Natürlich
gibts hier wieder Differenzierungen in globale und regionale Publikationen. Je überregionaler,
je globaler Sie agieren wollen, um so mehr sind Sie auf die Präsenz in thematisch ausgerichteten
Web Indexes angewiesen.
Selbstverständlich kann ein Printmedium die eigene Url seiner On-Line Version in eigenem
Wege bewerben und bekanntmachen und damit seine Zielgruppe auf den zusätzlichen
On-Line Sevice aufmerksam machen.
Präsenz in Voll Text Web Indexes ala Altavista und Inktomi erwirbt man automatisch,
so man dem Suchroboter Zutritt lässt. Die Aufnahme in branchenspezifische Indexe
setzt meist eine entsprechende Kontaktaufnahme voraus. Stellen Sie Ihre url
per e-mail vor. Die guten Web Archivare, Indexbetreiber sind so etwas wie Archivare, werden Ihr
Angebot überprüfen und so es interessant genug ist, in deren Angebot aufnehmen.
Ich habe mir in den ersten Monaten der Verfügbarkeit des Electronic Journals Literatur Primär
im World Wide Web bewusst die Eitelkeit geleistet, mich finden zu lassen.
Das ging aber auch nur deswegen, weil diese Website explizit auf einem günstigen Server liegt, der
bestimmte Inhalte clustert bzw. eine Menge User aus dem kulturellen Bereich an sich gebunden hat.
Als ich dann feststellen konnte, das ca. 30 Links von anderen Sites und Indexes auf das
Journal gelegt wurden, wusste ich eindeutig, dass das Angebot ernstgenommen wurde.
Ab diesen Zeitpunkt begann ich bewusst Eintragungen anzuregen bzw. darum nachzusuchen.
Einge Eintragungen eignen sich besonders zum Vorzeigen. Weitere Links finden Sie unter Meinungen & Kommentare auf
der Frontsite des Electronic Journal Literatur Primär. Die Anzahl der gelegten Links dürfte sich nun
vervierfacht haben.
Wenn Sie von 1000 dieser 50 Millionen User monatlich angewählt werden , dann haben
Sie schon sehr viel erreicht. Sie haben Kontur gewonnen, Sie werden wahrgenommen.
Sie haben Ihre Adresse bekanntgemacht. Und man kommt öfter. Dieses Öfterkommen
hängt nun davon ab, ob Sie imstande sind, Aktualität, bzw. Vielfalt der Information aufrecht
zu erhalten.
Ich persönlich neige zur Auffassung, dass im Web Publishing weniger die Aktualität als die
inhaltliche Qualität, also die reflektierte Information, die entscheidende Rolle spielen könnte.
Das Web gibt dem Feuilleton eine neue Chance. Essay- und Textsammlungen machen Sinn. Und sie
machen zusätzlich Sinn, weil sie langfristig abrufbar sind.
Ich setze auf inhaltlich interessantes und qualitätsvolles Angebot. Das liegt vielleicht nicht im Trend der
Zeit, ist jedoch mit den Mitteln des Webs leichter zu bewältigen, als in der Printtechnologie.
Das heisst nicht, das ich Mehrfachnutzung und Media Sharing ausschliesse.
Neue Medien verändern das Out -Fit der Printmedien.
Zunehmend sehen Plakate und Inserate den Oberflächen von Multimedia Applikationen
und Web Sites ähnlich. Die digitale Ikonologie hat das visuelle Gestaltungsfeld
erobert. Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass das Neue Medium ernst genommen
wird.
Heute kann es sich keine Zeitung mehr leisten, ohne Fernsehprogramm zu erscheinen. Entsprechend
dieser Entwicklung werden nun Adressen von Websites angegeben. Die Hochglanzgazetten
bringen kleine Monitorbildchen. Die Auswahl ist meistens weder kenntnis- noch einfallsreich.
Appletime bietet etwa eine Spartenstruktur an, die für viele ähnliche Angebote
steht. Man findet Einträge unter den Sparten Computer, Speis und Trank, Reisen,
Geld, Auto und Shopping. Ich halte es jedoch für höchst langweilig, permanent in
Prospekten zu blättern, die Produkte anpreisen, die ich mir nicht leisten will oder nicht
leisten kann. Vor allem ist das Werbung, die mich Geld kostet, denn ich bin der, der
die Telefonrechnung bezahlt und nicht das werbende Unternehmen. Das ist übrings ein nicht
uninteressanter Aspekt der Kostenverlagerung zum Verbraucher hin.
Das Web hat trotzdem reelle Chancen, das Massen-Medium der Zukunft zu werden.
Damit beginnt nun auch bereits spürbar die Begehrlichkeit nach den Werbegeldern, die nicht
unerhebliche Antriebsquelle publizistischen Handelns sind. Der SPIEGEL teilt in
seiner Jubiläums Sondernummer zum Beispiel mit, dass das Spiegel Gespräch nach einem
US Vorbild eingeführt wurde, um mehr inhaltlichen Füllstoff zu haben, dem seitenweise
Inserate gegenüberstellt werden konnte.
Information hat einen Janusköpfigen Charakter und Hermes war immer schon der Gott der
Händler, Diebe und Literaten. Das Wiener Wort Gerüchtebörse versammelt das alles in einem.
Journalisten gabs zur Zeit dieser Gottheit noch keine.
Auffällig ist die Vehemenz, mit der die etablierten Medien nun beginnen, das
Internet als Ort von Perversität und politischem Extremismus madig zu machen.
Die Krone hat etwa über negative psychologische Auswirkungen geschrieben.
Bemerkenswert war die beigefügte Karrikatur. Die Wimmerln im Gesicht der
Person vor dem PC war so angelegt, dass sie nicht bloss als pubertär sondern auch als Vollbild
eines an Aids Erkrankten interpretiert werden konnte. Brutaler Untergriff im Kampf um den Leser und
damit ums Werbe- Geld. Offensichtlich weiss die Krone noch nicht, dass die Mehrheit
der Internet User weder der Altersklasse der Pubertierenden, die nach Auffassung der Krone
das Internet für etwas Unanständiges hält, noch den Pädophilen angehört,
sondern sich aus Mitgliedern der höheren Einkommensschichten zusammensetzt bzw. solchen die
eines Tages zu dieser Schicht zählen werden.
Derartige Diffamierungskampagnen aus wirtschaftlichen Gründen sind nicht neu.
Als Thomas Alva Edison merkte, dass er den Wettlauf in der Einführung von Gleichstrom
gegen Westinghouse, der auf Tesla und damit auf Wechselstrom setzte,verlieren würde,
begann er eine beispiellose Denunzierungs- Kampagne und liess in
allen möglichen Zeitungen und Zeitschriften die Bilder von toten Hunden und Katzen schalten,
die angeblich durch Wechselstrom ums Leben gekommen waren. Die daraus umgangssprachlich
gewachsene Formulierung ...to Westinghouse bedeutete, jemanden mit Wechselstrom um die
Ecke zu bringen. Wie wir wissen, hat Thomas Alva Edison den Kampf verloren. Der
elektrische Stuhl ist den Amerikaner allerdings verblieben, soweit ich weiss, auf Gleichstrombasis.
Selbstverständlich ist auch das Internet Konkurrent der alten und der alten Neuen Medien. Wer zu lange im Netz surft, hat keine Zeit mehr dafür übrig, Arabella beim Tratschen zu zu schauen. Man hat versucht, das Internet als Pornoladen und Terrorplattform in Verruf zu bringen. Die moralische Entrüstung dient jedoch bloss, den Kampf gegen potentielle Mitbewerber zu kaschieren sowie bestehende Informationsmonopole zu erhalten. Alle riefen sie unisono mündige Bürgerin und mündigen Bürger aus. Jetzt, wo ein mündiges Medium für mündige Menschen da ist, beäugen sie es voller Misstrauen und Skepsis.
Befragen wir nochmals Altavista. Wir können damit eine ungefähre statistische Verteilung der Inhalte in Erfahrung bringen.
Folgende Key Words haben folgende Anzahl von Matches ergeben:
Science | 10 000 000 |
Government | 6 000 000 |
Microsoft | 1 000 000 |
Apple | 1 000 000 |
Culture | 1 000 000 |
Entertainment | 1 000 000 |
Enterprise | 1 000 000 |
Politics | 600 000 |
News Paper | 600 000 |
Human Rights | 400 000 |
Catholic | 200 000 |
Democratic | 200 000 |
Democracy | 100 000 |
Censorship | 70 000 |
Islam | 60 000 |
Buddha | 40 000 |
Socialism | 10 000 |
Militia - US Rechts | 10 000 |
Pädophilie Keyword | 8 000 |
Rechts-Esoterisches Keyword | 1 000 |
Diese Angaben können Sie jederzeit mittels der Suchmaschine Altavista selbst überprüfen. Es ist offensichtlich leicht, ein falsches Bild zu vermitteln, wenn der durchschnittliche Zeitungsleser und TV- Seher nicht selbst über den medialen Zaun schauen kann. Die oben genannten Zahl geben natürlich keine User Zahlen wieder. Ich glaube jedoch nicht, dass sich in diesem Fall die Pyramide umdreht. Rechtsradikale Sites, die ihre Zugriffe angeben, liegen noch niedrig.
Von Interesse könnten auch noch die Ergebnisse folgender Key Words sein:
International | 20 000 000 |
National | 10 000 000 |
Global | 9 000 000 |
Nationalism | 10 000 |
English | 10 000 000 |
Deutsch | 300 000 |
German | 900 000 |
Österreich | 8 000 |
Austria | 400 000 |
Deutschland | 200 000 |
Germany | 1 000 000 |
USA | 5 000 000 |
America | 10 000 000 |
Wie bereits eingangs angespielt. Das Web bietet sowohl Aktualität wie auch Langfristzugriff. Es muss bloss eine entsprechende Unterscheidung zwischen Bestand und
neuen Inhalten in der Oberfläche getroffen werden.
Die mittelfristige bis langfristige Präsenz birgt noch den Vorteil, dass die Inhalte
auch für neu hinzu kommende User bereit stehen. Das Web bietet eine progressiv
wachsendes User Potential., das bereits vorhandenes aufs Neue entdeckt.
Vorteilhaft sind zusätzliche Informationsangebote, etwa interessante Link Angebote
zu anderen Sites mit verwandten Themen.
Bei aktualitätsbezogenen Angeboten, wie etwa Terminlisten und Veranstaltungskalender müssen Sie sich genau überlegen, ob Sie auch die nötige Information
zur Verfügung haben und ob Sie die nötige Zeit für das genau Up-Date aufbringen
können. Wohl gemerkt, dass ist Ihre Zeit, die Ihnen vom User nicht abgegolten
wird.
Dessen Geld wandert zum Provider und zur nicht gerade billigen Telekom.
Generell muss gesagt werden, das Information im Web teuer ist. Um das Geld,
das ich On-Line verbrauche, könnte ich pro Telefonrechnung 10 dicke,
sorgfältig edierte Bücher kaufen.
Nehmen wir an, dass die Telefonkosten sinken werden. Verbleibt noch immer
die Zeit, die ich aufwenden muss, mich im Web zurechtzufinden und die
Informationen zu finden, nach denen ich suche.
Umso übersichtlicher Sie Ihr Informationsangebot gestalten, je schneller Bilder
und Grafik geladen werden, umso mehr wird Sie Ihr User schätzen. Es gibt ein ganz klare
mediale Ökonomie im Electronic Publishing und die wird vor allem
durch übersichtliche Gestaltung und durch die Zugriffszeit bestimmt.
Um beides optimal zu erreichen, sind sehr gute Programmierkenntnisse
nötig. Nicht jede WebSite, die gut aussieht, ist auch effizient.
Auf dem sich entwickelnden Web Szene Markt gibt es derzeit mehr
hübsche Verpackungen als Inhalte. Hier treffen beide Sätze Mc Luhans
zu:
Das Medium ist die Botschaft und das Medium ist Massage. Das
kennzeichnet aber genauso den Infotainment Journalismus wie auch die
Mehrheit der 30 Fernsehprogramme.
Die analytische Rezeption von Information, von politischer und kultureller
Botschaft tritt in den Hintergrund gegenüber dem Unterhaltungswert.
Eine wesentliche Schwäche der derzeitigen Internet Organisation ist
die Langzeit Speicherung von Information. Wenn ich etwa wissen will,
was am 3.März 1897 in Wien so alles geschehen ist, gehe ich in
die Nationalbibliothek und hebe mir die Ausgabe der Neuen Freien Presse
vom folgenden Tag aus. Ich bekomme dann einen gebundenen Band, in
dem ich zeitlich nach vor und zurück blättern kann. So
kann ich mir ein ungefähres Bild machen.
Vergangene Fernsehinformationen sind nur einem sehr beschränkten Kreis
zugänglich.
Probieren Sie einmal vom z. Bsp. vom ORF die Aufzeichnung von
Waldheims ZIB 1 Wahlkampf Aussage über den "anständigen" Krieg zu bekommen.
Ich will hier nicht in alten Wunden rühren. Es ist nur so, das z.Bsp. gerade
diese Aussage jetzt in der BRD wiederum durch die Wanderausstellung:
Verbrechen der Wehrmacht; Aktualität gewonnen hat.
Die audiovisuellen Medien haben kein bzw. bieten kein Gedächtnis.
Zeitungen sind im Zusammenwirken mit Bibliotheken und Archiven
ein Medium mit Gedächtnis. Die Qualität und Effizienz einer Zeitung ist an der
Qualität ihres Archivs messbar. Denken Sie etwa an das gefürchtete Spiegel Archiv.
Fernsehen und Rundfunk hingegen sind flüchtige Medien und öffnen dem unhinterfragten
Positionswechsel Tür und Tor. Politische Chamälions wissen diese medienimmanente
Qualität durchaus zu schätzen.
Selbstverständlich ist auch das Internet anfällig für Flüchtigkeit.
Die Verlockung der digitalen Manipulationsmöglichkeiten ist gross, und
es besteht auch Gefahr, dass sie von schamlosen Demagogen genutzt
wird.
Die Bildmanipulation ist in der Werbung gang und gebe. Sie ist auch
ein anerkanntes Mittel der künstlerischen Gestaltung. Doch irgendwo
muss eine Grenze zwischen Werbebild, künstlerischem Ausdruck
und dem authentischen Bild gezogen werden. Das ist nicht immer eine
Frage des Geschmacks. Der Kontext ist entscheidend. Karikatur hat
eben eine andere Wertigkeit als die Real Bild Bericht Erstattung.
Das Internet bietet jedoch wiederum allgemein zugängliche Speichermöglichkeit.
Verantwortliche Biblothekare wissen darum und bemühen sich entsprechende
Massnahmen zu treffen.
Das Electronic Journal Literatur Primär wurde als erstes österreichisches
On Line Medium in den digitalen Sammelbestand der ÖNB aufgenommen.
Ich kann also damit rechnen, die ÖNB hat sich vertraglich dazu verpflichtet,
den Inhalt nach bestem Wissen und Vermögen zu bewahren, dass, so sich
jemand dafür interessiert, die eine oder der andere auch am 3.März 2097 ins
Electronic Journal hinein schauen kann.
Ob das APA On Line Archiv eines Tages an die ÖNB weitergereicht wird,
ist jedoch aus wirtschaftlichen Überlegungen gar nicht so sicher.
Die Konvertierung von gespeicherter Information in neuen Technologie
dürfte da jedoch keine Schwierigkeiten mehr bereiten. Nicht technologische Probleme
sind zu lösen, sonder eher archivarische und informationsverwaltende.
Das grösste Korrektiv der freizügigen Information sind noch immer
die Eigentumsverhältnisse. Letztendlich bestimmt der Inhaber der Verwertungsrechte
über den Zugriff.
Ich möchte mich nun den hybriden und hypertextuellen Fähigkeiten
des World Wide Web zuwenden.
Das Internet kann auch Ton und Video transportieren. Damit integriert
es Fähigkeiten die bislang Rundfunk und Fernsehen vorbehalten
waren.
Im Gegensatz zum Fernsehen und zum Rundfunk diktiert Ihnen das
Medium nicht die zeitlich genau bestimmte Anwesenheit. Sie können
den Zeitpunkt des Zugriffs auf die Information selbst bestimmen, und
müssen nicht das Abendessen hinunterwürgen, weil Ihnen
partout um halb Acht Horst Friedrich Mayer etwas Wichtiges zu
sagen hat.
Auch so gesehen ist das Medium Internet dem Medium Zeitung
verwandter. Ich kann es öffnen und schliessen, zu welchem Zeitpunkt
ich es auch immer wünsche.
On Line zugängliche Video und Audiobibliotheken etwa in Verbund
mit schnellen Telekabel Einrichtungen werden für eine flexible
Zeiteinteilung im medialen Konsum sorgen.
Und nirgends steht geschrieben, dass wir für alle Zeiten vor
dem Computer Monitor sitzen müssen. Irgendwann werden wir
bequem im Wohnzimmersessel vor einem Grossbildmonitor sitzen
und in Websites blättern bzw. die Morgenausgabe Ihrer Zeitung auf ein
A 4 grosses flaches und transportables Display laden, dass wir dann bequem im
Intercity lesen können. Nichts spricht dagegen, dass Sie über
denselben Speicher ihre Recherchen eingeben. Das Notebook ist
ja bereits ein Schritt in diese Richtung. An der Vergrösserung
der Lesefläche bei geringerem Raumvolumen wird gearbeitet.
Technisch gesehen ist das papierlose Medium in Sicht. Die
Distribution würde nicht mehr über Trafiken, Kioske, Handverkäufer
abgewickelt werden, sondern schlicht und einfach über das Netz.
Ich habe im Verlauf der letzten 10 Jahre zweimal die Zürcher Zeitung
für je ein halbes Jahr abboniert. Das erstemal war das ein Ärgernis,
weil sie mir erst am nächsten Tag postalisch zugestellt wurde. Ich
hatte also kalten Kaffee von Gestern, und das nicht einmal
zum Frühstück, weil der Postler erst gegen 11 h kam.
Beim zweitenmal kam ein Morgen Bote, und auch der nicht immer pünktlich.
Vor kurzem hatte ich im Literaturarchiv der ÖNB zu tun und konnte
feststellen, das Uni Wien, TU und ÖNB über Lichtwellenleiter
verbunden sind.
Das grosse Netscape 3.0 Gold File mit 5 Mbyte, für die ich im normalen
Telefonnetz völlig blödsinnig eine Stunde vor dem Monitor hocken muss,
abgeholt vom Software Spiegel der TU war da in so wenigen Minuten im Speicher,
in soviel bzw. sowenig Zeit wie ich manchmal On-Line brauche, um eine mittels Net Scape
drei E-Mails vom Server zu holen. Wenn ich den ganzen Inhalt der Zürcher in vergleichbarer Zeit
im Speicher und dann im Display habe, ohne zeitraubend in der On Line
Datenbank der APA suchen zu müssen, während der Telekom Zähler läuft,
würde ich sogar ein der Printausgabe vergleichbares Online Abo
bezahlen. Falsche Marketingstrategien schmälern den potentiellen Umsatz.
Ein Dokument kostet
übrings im Download sowohl hier wie in der BRD über S 21,-
Also fast soviel wie die ganze Zeitung.
Wer die Website derZürcher kennt, weiss, dass bis zur Erfüllung meines Wunsches noch ein langer Weg sein wird. (Fairerweise muss man hier nachträglich einfügen, dass sich das Webangebot der Zürcher in der Zwischenzeit enorm verbessert hat, Sept.1997)
Selbstverständlich gibts den ganzen Jahrgang 1996 demnächst auf CD.
Aber was mach ich, wenn ich die Zürcher von heute lesen will. Da muss
ich mich halt wieder auf den Weg zur Trafik oder ins Kaffeehaus machen.
Vor allem eines, ich möchte nach wie vor in einer Zeitung blättern,
und nicht gezielt in einer Datenbank suchen oder durch einen automatischen
Agenten suchen lassen. Wetten, dass Ihnen da viele interessante
Meldungen entgehen ?
Die Welt ist in ihrer On-Line Ausgabe schon etwas
freizügiger mit ihrem Informationsangebot.
Ich habe schon vorhin gesagt, dass nicht jeder gute und aktuelle Zeitung
machen kann. Dazu braucht man sehr gute Journalisten und Journalistinnen,
ausgezeichnete Informationsquellen, gute und flinke Korrespondenten,
ein hochwertiges Archiv, sowie umfassende kulturelle, politische,
wirtschaftliche und wissenschaftliche Bildung und Erfahrung, und vor
allem Gspür für den Nachrichtenwert.
Aber nirgends steht geschrieben, dass die jetzigen Produktions- und
Distributionsstrukturen noch richtig sind. Media Sharing wird es auf
Dauer nicht geben. Eines Tages wird das digitale Medium die Printmedien,
zumindest die Dailies und die Periodicals ersetzen.
Sehen Sie sich doch wieder einmal in die Plastiktonne in Ihrem Hauseingang,
wieviel unnötig gewordenes Papier da drinnen liegt, dass dann teilweise
recycelt wieder als Toilettenpapier zurückkehrt.
Eine derartige Veränderung der Produktions und Distributionssphäre hin zur
digitalen Sphäre wird Sie nicht den Job kosten.
Verlag
Redakteure, sogar Chefredakteure, Layouter und Gestalter und bitte
Korrektoren sind auch künftig hin gefragt. Inhalte und Informationen werden
und sollen auch künftig von Menschen gemacht, ausgewählt und von
Menschen gelesen werden.
Nicht die Inhalte werden durch die integrativen digitalen Medien verändert,
sondern eben die Distributionsphäre.
Der wissenschaftliche Springer Verlag Heidelberg führt derzeit unter der Bezeichnung LINK ein Pilotprojekt durch, in dem ein abgesichertes Abonnentenzugriffsverfahren abgewickelt werden kann. Die weitgehenden Authentifizierungsmöglichkeiten wurden gemeinsam mit IBM Deutschland entwickelt.
Und daraus ergeben sich im Web eine ganze Menge nützliche Connectivity.
Vor kurzem wollte ich mir Informationen über die die Kulturministerien
verschiedener Länder besorgen. Das war im ersten Anlauf gar nicht so leicht.
Seit kurzem gibt es jedoch einen gebündelten Zugang Spiegel unter Spiegel On-Line in der Rubrik Meta Media. Infocluster bereichern
jede Website und erleichtern Ihnen den Suchvorgang.
Abschliessend möchte ich noch ein Beispiel von Media Sharing .
In der Ausgabe 5 / 97 des Spiegel wurde ein Artikel über Belgrader
Intellektuelle unter dem Titel
"Trillerpfeifen im Dunklen" abgedruckt.
Als direkter Informationszugang wird die url http://www.mi.sanu.ac.yu/~prot/index.html
im Artikel angeben.
Über diese Website informieren Physikstudenten des Computerlabors der technischen Fakultät Belgrad
über den Verlauf der Protestbewegung 96 /97.
Im Web rückt nicht nur die Welt in Lichtgeschwindigkeit aufeinander zu.
Auch der Abstand zwischen dem grossen Nachrichtenmagazin Spiegel
und einer direkt im Zusammenhang mit einem aktuellen politischen Geschehen
produzierten Informationsquelle nimmt ab.
Das könnte auch für Sie ein Anreiz sein, mehr im Web zu publizieren.
Abschliessend empfehle ich Ihnen noch, hin und wieder auf der Archivseite
des grossen Querdenkers des Informationszeitalters und des kritischen Beobachters
der öffentlichen und der gemachten Meinung, Noam Chomsky vorbeizuschauen.
Interessante heimische Angebote aus der Medienkunstszene sowie die Webausgaben diverser
österreichischer Kulturzeitschriften finden Sie auf The Thing
Vienna. Dieser Server zählt zu den wesentlichen Pionieren der österreichischen Web Szene.