Bild Logische Satzlehre
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Bemerkungen zur Satzlehre

Auszug aus den Bemerkungen zur Satzlehre des Admonter Paters Dr.Richard Peinlich, einer der Direktoren des von Admonter Patres geleiteten kaiserlich königlichen Staatsgymnasiums zu Graz.

Die Satzlehre soll nicht nur grammatisch, sondern auch logisch sein

Dass die Satzlehre nicht nur grammatisch, sondern auch logisch sein müsse, darauf weist schon die Definition "Ein Satz ist ein in Worten ausgedrückter Gedanke", (wiewohl ich mich mit derselben nicht so ganz befreunden kann, weil ich auf die Frage, wie ein Gedanke, ohne Worte ausgedrückt, aussieht, keine rechte Anwort weiss.)

Jeder Satz ist aber sicherlich eine mit Bewusstsein vollbrachte Operation des Geistes, und trägt als Gedanke die Gesetze des Denkens an sich, daher muss auch die Logik am Satze selbst ersichtlich sein. Wird diese nicht beachtet, der grammatischen Anschauung aber vereinzelt Raum gegeben; so werden die grammatischen Erscheinungen wohl teilweise oder mechanisch erfasst werden können, aber eigentliche Sicherheit und Gründlichkeit der Anschauung wird fehlen, das Verständnis wird nur ein einseitiges und die Bildung eine rein materielle sein. Anders stellt sich aber die Sache, wenn bei der Entwicklung der satzlichen Verhältnisse Rücksicht auf die allgemeinen Gesetze des Denkens und Sprechens genommen wird; indem da, was früher sprachliche Willkür schien, gar oft seinen guten Grund findet, was vereinzelt als Annahme dastand, seine Analogien hat, kurz die ganze Auffasssung und Anschauung klarer, verständlicher, schneller, bleibender und interessanter werden wird.

Jede Sprache, möge der phonetische Ausdruck noch so verschieden sein, beruht auf den gleichen Gesetzen des Geistes. Aber auf den äusseren und inneren Bau nimmt der Genius der Natur, das Land, die Lebensart, die Zeit und der Stammescharakter den grössten Einfluss,- wie es Herder "Über griechische Sprache, Kunst und Sitten" in Bezug auf griechische Sprache geistreich auseinandersetzt. Da daher die Auffassung der Objekte der Mitteilung und ihre Verhältnisse eine verschiedene sein kann, so wird sie auch verschiedenen Ausdruck erzeugen.

Bei verwandten Sprachen aber wird das denselben zu Grunde liegende Gemeinsame jedenfalls ersichtlich gemacht werden können, und ist auch bereits für einige Sprachen durch die vergleichende Sprachforschung in helles Licht gesetzt worden.

Der Gymnasiallehrer soll ausser seiner Muttersprache mehrere Sprachen, namentlich die verwandten, lateinische und griechische Sprache, grammatisch erlernen. Wird ihm das gründliche Auffassen und sichere Aneignen des Sprachgeistes derselben nicht sehr erleichtert sein, wenn auf das zu Grunde liegende Gemeinsame stets Rücksicht genommen wird ? Um die sonst schwierige Casus-Tempus- und Modus-Lehre fertig und verlässlich zu erlernen, ist es sogar notwendig, dass er schon in der Muttersprache den Satz nicht bloss grammatisch, sondern auch logisch zergliedern kann, dass das Sprachbewusstsein zum Erwachen kommt, damit er das geistige Element seiner und und dann das jener Sprachen erfassen kann. Wenn ich aber sage, dass die Satzlehre grammatisch und logisch zugleich sein solle, so glaube ich durchaus nicht, dass eine logische Begründung aller Spracherscheinungen versucht oder gar dem Schüler eingebläut werden dürfe. Eben so gewiss ist es, dass die Satzlehre selbst und insbesonders das logische derselben nur auf analytischem Wege gelehrt werden könne.

Hilfsmittel zur Analyse ist das Befragen

Zweck der Sprache ist die Mitteilung dessen, was man selbst gedacht hat. Damit diese Mitteilung eine verständliche sei, muss sie vollständig, deutlich und bestimmt sein, es darf kein Zweifel übrig bleiben, was und wie man es gemeint habe. Ist in der Mitteilung eine Lücke oder Undeutlichkeit, sucht der Hörende jene alsogleich aufzufüllen, diese aufzuklären, indem er die zur Vervollständigung oder Aufklärung nötige, angemessene Frage stellt, und diese Frage ist eine logische. So wie sich im gewöhnlichen Leben die Frage nach dem Unbekannten an das Bekannte logisch anknüpft, so geschieht dies auch in der Analyse des Satzes. Die Zergliederung desselben geschieht ja zu dem Zwecke, dass man ihn durch und durch verstehe, dass man seinen inneren Bau erkenne und jeden einzelnen Teil nach seinem Werte würdigen könne, und hierbei dürfte das Befragen, wenn nicht unerlässlich, doch sehr vorteilhaft sein; nur dürfte nach meiner Ansicht die Frage nur die logische, oder wenigstens zuerst die logische, dann erst die grammatische sein. Der Schüler wird dadurch auf die natürlichste Weise zum vollen Verständnis des ganzen Gedankens, dann auch zur leichteren Auffassung der sprachlichen Verhältnisse geleitet werden.

Da das Grundwort jeder Mitteilung naturgemäss die Tätigkeit ist, welche in der Sprache ihren Ausdruck durch das Verb (Praedicat) erhält, so knüpft sich an dieses die erste Frage um die Person oder Sache, welcher die Tätigkeit beigelegt wird, oder, um das Subject mit "Wer"?.

Natürlich darf dieses und jedes Fragewort nicht alleine genommen werden, sonder muss also gleich mit dem Verb oder jenem Worte, an das sich die Frage naturgemäss anschliesst, in die syntactisch bestimmte satzliche Vebindung treten.

Ist diese Frage vollständig beantwortet, so schliessen sich die anderen Fragen nach der Natur der Aussage an, und zwar in jener Ordnung, die sich aus der Notwendigkeit, dem Werte der Wichtigkeit der übrigen beigefügten Verhältnisse ergibt.

Mit den nachfolgenden 9 Fragen kann man Alles und Jedes im Satze logisch bestimmen:

Wer, Was, Wem, Wo, Wann, Wie, Warum, Welcher, Was für ein?

In den regelmässigen und richtigen Gebrauch dieser Fragen sind die Schüler leicht einzuüben, und haben sie darin nur einige Übung und Sicherheit erlangt, so werden sie dann auch leicht und insbesonders viel sicherer die grammatischen Fragen finden, wenn sie beim Unterrichte für notwendig gehalten werden sollen.

 
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