Bild Gesamtkunst Barock
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In der Analyse der Gegensätzlichkeit von Renaissance und Barock stellt der Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin fünf Begriffspaare gegenüber. Er setzt als erstes das Lineare dem Malerischen, auch das Zeichnerische gegenüber dem Plastischen, als zweites Fläche der Tiefe, als drittes die geschlossene gegenüber der offenen Form, also tektonisch und atektonisch, die Vielheit gegenüber der Einheit, der Klarheit und der Unklarheit, also unbedingte ind bedingte Klarheit gegenüber.

Der klassische Stil gewinnt seine Einheit, indem er die Architekturteile zu freien Gliedern verselbstständigt, während die barocke Architektur die Selbstständigkeit der Architekturteile zugunsten eines einheitlichen Gesamtmotivs aufhebt. Der atektonische Geschmack löst das starre Gefüge geometrischer Verhältnisse ins Fliessende auf. Der Betrachter findet keinen Halt im illusionistischen Environment.

Betrachtet man den Admonter Biblothekssaal aus dieser differenzierenden Begrifflichkeit heraus, kommt man wohl eher zum Schluss, die Anlage dem Barock, und nicht dem klassizistischen Stil, wie dies oft versucht wurde, zuzuschreiben. Man kann jedoch davon reden, dass die Verschmelzung aufgelockert erscheint und die Einzelheiten in klar definierten Gruppierungen präsentiert werden. Der Admonter Raum ist mehr Präsentationsraum als Wirkungsraum.

Barock wurde lange Zeit als Umformungserscheinung, als verwilderter Dialekt der Renaissance verstanden und zu Recht wird Michelangelo als Erfinder dieser integrativen Variation angesehen. Ebenso gilt der Barock als römisch päpstliche Kunst, als Kunst der Gegenreformation während doch der Klassizismus als eine Kunst der Aufklärung, eher als eine Kunst der Wiedergeburt des Wahren und klassisch Schönen angesehen wird..

Unübersehbar ist die integrative, vereinnahmende Funktion des barocken Stils. Malerei, Plastik und plastisches wie auch illusionistisches Ornament vereinen sich mit der Baukunst zum barocken Gesamtkunstwerk.

Der wirkliche Raum geht über in einen imaginären Raum. Die Ausstattungstücke, Figuren, Gestelle, greifen über die Teile der Form des Baus hinweg und darüberhinaus. So bildet das Admonter Ensemble eine nach oben hin geöffnete Architektur, die eine höhere Ebene des Wissens, des Geistes und des Glaubens überleiten soll. Die Ovale der Fresken sind nicht als Rahmungen sondern als Öffnungen anzusehen.

Dieses integrative Moment des Barocks der künstlerischen Gestaltungsmittel gemeinsam mit der semantischen Kombinatorik der Inhalte ergeben den eigentümlichen Reiz dieses interdisziplinären Gesamtkunstwerks.

Die Wirkung wird aus dem kalkulierten Zusammenspiel der Künste bezogen. In Hinsicht auf die mindestens gleichgewichtige Präsenz der Druckwerke kann man von einem multimedialen Ensemble sprechen.

 
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