Bild Geschichte
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Geschichte ist die Wissenschaft, welche die Tatsachen der Entwicklung der Menschen in ihren Betätigungen als soziale Wesen im kausalen Zusammenhang erforscht und darstellt (Bernheim). Es hat aber auch die nichtmenschliche Natur ihre Geschichte, welche die Tatsachen der Entwicklung des Weltgebäudes, der Erde, der Pflanzen und Tiere im kausalen Zusammenhang erforscht und darstellt; in der Beschränkung der Geschichte auf die „menschlich sittliche Welt“ liegt noch ein Rest der alten anthropozentrischen Weltanschauung verborgen.

Die Definition von Überweg Heinze kommt der Sache schon näher.

„Die Geschichte im objektiven Sinne ist der Entwicklungsprozess der Natur und des Geistes. Die Geschichte im subjektiven Sinne ist die Erforschung und Darstellung dessen, was der Geschichte im objektiven Sinne angehört.“

Zuerst war die Geschichte im objektiven Sinn nur Naturgeschichte; seit dem Auftreten des Menschen wird die Natur mehr und mehr in die Kultur hineingezogen, die Naturgeschichte also mehr und mehr Kulturgeschichte.

Da der Inhalt der Menschheitsgeschichte ein Entwicklungsvorgang ist, hat die Geschichtswissenschaft die Aufgabe, die Gesetze und Bedingungen dieses Vorganges aufzusuchen. Während manche die Gesetzmässigkeit des historischen Geschehens noch entschieden bestreiten, scheuen andere vor dem grossen Wert des geschichtlichen Gesetzes nicht mehr zurück.

Wundt behauptet noch, dass sich historische Gesetze auf alle Fälle von Naturgesetzen unterscheiden. Breysig hingegen sagt: "Ein wirklicher Wesensunterschied zwischen diesen Gesetzen und den von der Naturforschung gefundenen kann nicht mehr zugegeben werden."

Ähnlich sieht es Kant: "Was man sich auch in metaphysischer Hinsicht für einen Begriff von der Freiheit des Willens machen mag, so sind auch die Erscheinungen desselben, die menschlichen Handlungen, ebenso wie jede andere Naturgegebenheit nach allgemeinen Naturgesetzen bestimmt. Die Geschichte, welche sich mit der Erzählung dieser Erscheinungen beschäftigt, so tief auch deren Ursachen verborgen sein mögen, lässt dennoch von sich hoffen: dass, wenn sie das Spiel der Freiheit des Willens im Grossen betrachtet, sie einen regelmässigen Gang derselben entdecken könnte." Als das Ziel der Menschengattung betrachtet Kant "eine innerlich (und zu diesem Zweck auch äusserlich) vollkommene Staatsverfassung, als den einzigen Zustand, in welchem Natur alle ihre Anlagen in der Menschheit völlig entwickeln kann", das heisst den vollkommenen Menschen im vollkommenen Staat.

 
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