Bild Grundlagen ethischen Handelns
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Nach Ansicht der katholischen Kirche kann die sittliche Ordnung ohne Religion und persönlichen Gott nicht bestehen. Religion allein macht sittlich; eine Religion die nicht sittlich macht, ist ein erloschenes Licht.

Es fehlt sonst ein oberstes unwandelbares Prinzip, nach dem zwischen gut und schlecht unterschieden werden kann. Die Grundfragen aller Sittlichkeit sind bei allen Völkern aus der Religion beantwortet worden.

Nach Schill fehlt ohne religiöse Veranlassung der zureichende Grund der sittlichen Verpflichtung. Nachdem Menschen nie ohne Motiv handeln, muss dieses für die sittliche Handlung um so stärker sein, da trotz dem Gebot der Vernunft innere und äussere Hindernisse dieser meist entgegenstehen.

Man hat diese Motive und Verpflichtungsgründe in der Schönheit und im Guten, in der Tugend, die man um ihrer selbst willen üben müsse, in der Hässlichkeit und Strafwürdigkeit des Bösen, im zu befördernden persönlichen oder gesellschaftlichen Wohle, sogar im Gesetz und der sittlichen Ordnung selbst gesucht, ohne zu bedenken, dass dies alles Abstraktionen sind, denen die verpflichtende Autorität nicht innewohnen kann, so sehr sie auch einzelne sittliche Handlungen empfehlen.

Schill hält den "kategorischen Imperativ" Immanuel Kants, der diesen zur Grundlage ethischen Handelns gemacht hat, für eine inhaltsleere Autorität, für eine kalte, tote Majestät, die dem Leben nicht mehr zu gebieten vermag.

Anstelle der Notwendigkeit, nach der Kant gesucht hat, die den Zwang ausschliesst, sieht Schill die Autorität des persönlichen Gottes, dessen Augen bis ins Innere dringt und den Menschen dazu veranlasst, die innere Gesinnung wirksam zu regeln.

Der Kern dieser Auseinandersetzung ist, ob nun der Mensch imstande ist, aus freien Stücken sittlich zu handeln.

Kant beruft sich sich auf Notwendigkeit und Schill auf die allgemeine menschliche Schwäche, die einen autoritären Gott nötig habe.

Das dies nicht bloss der Standpunkt der Kirche des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist, wie ihn Schill bedingt durch seine zeitliche Zugehörigkeit vertritt, zeigen die derzeitigen Auseinandersetzungen in der römisch katholischen Kirche.

Fundamentalistische Strömungen drängen zur Herstellung der alten Ordnung.

 
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