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Aristoteles

(384 - 322 vor Christus)

Griechischer Philosoph aus Stagira. Schüler Platons, Erzieher Alexander des Grossen, Gründer der peripatetischen Schule. Er philosophierte, indem er mit seinen Schülern im Lyzeum, einem schattigen Baumgarten, auf und ab wandelte; daher die Bezeichnung Peripatetiker, Wandler.

Er ist nicht bloss ein Gelehrter, sondern auch ein Beobachter ersten Ranges, gleich hervorragend durch das mannigfaltigste, namentlich auch auf die früheren Philosophen sich erstreckende geschichtliche Wissen, wie durch die umfassende Naturerkenntnis und die eindringende Naturforschung.

Aristoteles ist der Begründer der wissenschaftlichen Logik, die er als Anleitung zu einer Kunst der Untersuchung, als Methodologie behandelt. Er will darin lehren, wie man zu richtigen Begriffen, Urteilen und Schlüssen gelangt und damit das Wesen der Dinge erkennt.

In seiner "ersten Philosophie" (der später so genannten "Metaphysik") findet er die letzten Gründe alles Seienden in Stoff und Form; jenes ist das Mögliche, das zur Wirklichkeit wird, indem es Form annimmt. Den Übergang vom Möglichen zum Wirklichen nennt Aristoteles Bewegung (Veränderung, Entwicklung). Diese Bewegung ist anfang- und endlos. Der letzte Grund dieser ewigen Bewegung, ein selbst Unbewegtes, ist reine Form, immateriell: es ist der Geist oder das Denken, ist das ewig nur sich selbst denkende Denken, Gott.

Wie Gott die reine "Form" des Daseins überhaupt, so ist die Seele die "Form" der Lebewesen, und ebenfalls reine Form als denkende Vernunft des Menschen. Sie ist die Entelechie des Stoffes, denn in ihr erfüllt sich der Zweck der Bewegung, die vom Stoff zur Form geht, und dieser Zweck ist zugleich die Ursache der Bewegung.

Die Natur ist ein einheitliches System vom Niederen zum Höheren abgestufter Lebensformen. Die niedrigste Stufe bildet die anorganische Natur, in der sich nur schwache Andeutungen des Lebens finden. Leben und Seele im eigentlichen Sinne hat erst die Pflanze. Ernährung und Fortpflanzung sind die Funktionen der Pflanzenseele. In der Tierseele kommt dazu noch die Fähigkeit der Empfindung und der spontanen Ortsveränderung, beim Menschen auch die Denkseele.

Ein Leben in reiner Vernunft verbürgt dem Menschen die höchste Glückseligkeit. Weisheit, Einsicht und Klugheit sind deshalb die höchsten Tugenden in Aristoteles Ethik. In ihrer Anwendung auf den Willen werden diese dianoetischen oder theoretischen Tugenden, insbesondere die Einsicht, zu praktischen, welche die richtige Mitte zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig einhalten. Zu diesen Tugenden der Mitte gehört vor allem die Gerechtigkeit.

Zur Erreichung seiner praktischen Lebensziele bedarf der Mensch des Menschen. Der Mensch ist von Natur aus ein politisches Wesen und er muss es sein: nur im Staate kann er seine sittliche Vollendung erreichen. Die äussere Form des Staates ist ethisch gleichgültig, sie kann gut oder schlecht sein.

Jede Verfassung ist gut, sei es Monarchie, Aristokratie oder Demokratie, wenn sie der adäquate Ausdruck einer bestimmten Stufe politischer Entwicklung ist und wenn das oberste Ziel der Regierung das Wohl der Gemeinsamkeit ist; jede ist schlecht, sobald sie diesen Bedingungen nicht oder nicht mehr entspricht. Die höchste Aufgabe des Staates ist die Erziehung der Jugend und der Bürger zu leiblicher und sittlicher Tüchtigkeit.

Die realistische Philosophie des Aristoteles, die überall den Tatsachen der Erfahrung und den realen Verhältnissen des Lebens gerecht zu werden versucht, hat das Denken des Abendlandes mehr als einundhalbtausend Jahren beherrscht. Zum Teil wirkt es als Thomismus heute noch.

Werke:

Metaphysik; Physik; über die Teile der Tiere; Naturgeschichte der Tiere; über die Zeugung und Entwicklung der Tiere; über die Seele; Nikomachische Ethik; Politik u.a.

Heinrich Schmidt

 
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