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Platon

(428 -348 v.Chr.)

Griechischer Philosoph aus Athen, Schüler des Sokrates, Begründer der akademischen Philosophenschule; das Zentrum seiner Philosophie ist die Ideenlehre, eine der genialsten und sicherlich die folgenreichste philosophische Schöpfung aller Zeiten, eine Zauberinsel, eine im unvergänglichen Glanz strahlende metaphysische Dichtung.

Alles Erkennen geht von der sinnlichen Vorstellung aus. Diese ist aber veränderlich, von Subjekt zu Subjekt und von Moment zu Moment dem Wechsel unterworfen; sie gibt also nicht Gewissheit, sondern nur täuschende Meinung. Nur die Begriffe sind, einmal richtig gebildet, stets unwandelbar, nur sie geben wirkliches Wissen. Der Begriff muss ein Objekt haben, worauf er sich bezieht. Dieses Objekt kann nicht identisch sein mit dem Objekt der sinnlichen Vorstellung, es muss ein übersinnliches Objekt sein: Die Idee.

In unseren Begriffen vollzieht sich also die Erkenntnis einer übersinnlichen Welt, deren Existenz der Begriffe unmittelbar bewiesen wird. Die Begriffe sind Abbilder der Ideen; diese sind die Urbilder der Begriffe, die in der übersinnlichen Welt als selbstständige, durchaus vollkommenere Wesensheiten existieren. Die Begriffsbildung in der menschlichen Seele ist ein Akt der Erinnerung. In einer Zeit, bevor die Seele an den Körper gebunden war, war diese fähig, die Ideen unmittelbar anzuschauen. Während ihres Daseins im Leibe erinnert sie sich aus Anlass der Einwirkung der Sinnendinge an die Urbilder derselben, an die Ideen. Die Begriffsbildung legt so zugleich Zeugnis ab für die Präexistenz und Unsterblichkeit der Seele.

Der Vielheit von Begriffen entsprechend gibt es auch eine Vielheit der Ideen. Jedem Begriff - Dingen, Eigenschaften, Verhältnissen, Natur- wie Kunstprodukten - entspricht eine Idee.

Die höchste Idee ist die Idee des Guten, die Gottheit, die als Weltbildner (Demiurg) zunächst die Weltseele als eine unkörperliche, die Welt durchdringende, bewegende Kraft bildet. Die Materie für sich allein existiert nicht; zur Wirklichkeit wird sie erst durch die Ideen erweckt, die sich in ihr abbilden.

Die vier Haupttugenden sind für Platon die Weisheit, die Mannhaftigkeit (Selbstbehauptung), die Besonnenheit (Selbstbeherrschung)) und die Gerechtigkeit. Nicht um des Lohnes und der Strafe willen, sondern an sich selbst, als Gesundheit und Schönheit der Seele, ist die Tugend erstrebenswert.

Der Staat ist ein Mensch, d.h. ein Individuum im Grossen. Seine höchste Aufgabe ist die Bildung der Bürger zur Tugend. Das Ziel der ethisch bestimmten Politik Platons ist der vollkommene Mensch im vollkommenen Staat. Vollkommen aber ist der Mensch, wenn seine Entwicklungsmöglichkeiten verwirklicht sind. Aus den verschieden abgestuften Entwicklungsmöglichkeiten der einzelnen ergibt sich im vollkommenen Staat eine Rangordnung:

Die grosse Masse der Bürger beschafft die materiellen Grundlagen des gesellschaftlichen Lebens; ihre Tugend ist die Selbstbescheidung und der willige Gehorsam. Die Krieger und Beamten haben in selbstloser Pflichterfüllung den Bestand des Staates nach aussen durch Abwehr der Feinde und durch Ausführung der Gesetze zu wahren. Die Herrscher endlich - ihre Tugend sei höchste Bildung und Einsicht ! - bestimmen die Gesetzgebung und die Grundsätze der Verwaltung. Es werde, sagt Platon, der Leiden der Menschen kein Ende sein, ehe nicht entweder die Philosophen herrschen oder die Herrscher Philosophen sind. Die Religion der Philosophen ist die Wissenschaft und die Tugend, deren höchste Ziel die Verähnlichung mit der Gottheit, d.h. der Idee des Guten ist.

Die Schriften Platons sind fast sämtlich in Dialogform verfasst, die wichtigsten sind:

  1. Apologie (Verteidigung des Sokrates)
  2. Kriton (über die Hochhaltung der Gesetze)
  3. Laches (über die Mannhaftigkeit)
  4. Charmides (über die Besonnenheit)
  5. Euthyphron (über die Frömmigkeit)
  6. Hippias Minor (über die Lüge und das Unrechttun)
  7. Protagoras (Einheit und Lehrbarkeit der Tugend)
  8. Gorgias (Gegensatz der egoistischen sophistischen Moral und der sittlich-politischen Standpunkte des Sokrates)
  9. Menon (Begriffsbildung als Wiedererinnerung)
  10. Kratylos (über die Sprache)
  11. Symposion (Gastmahl: über die Liebe im Sinne des philosophischen Strebens nach dem Wahren, Guten und Schönen)
  12. Phaidon (über die Unsterblichkeit)
  13. Politea (über den Staat)
  14. Phaidros (Ideenlehre)
Heinrich Schmidt
 
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