Bild Die Hölle
Text
 
Die Darstellung der Hölle, beziehungsweise die Höllenfahrt des Verdammten dürfte die prominenteste Skulptur des Admonter Ensembles sein. Hier finden sich auch formale Ähnlichkeiten zum grossen Vorbild von Stammel, dem Bildhauer Gianlorenzo Bernini (1598 -1680), dessen Werke er anlässlich seines römischen Aufenthaltes bevorzugt studiert hat.

Stammel zeigt eine nackte, männliche Gestalt, die verdammte Seele (anima damnata), die auf dem Rücken des Tieres zur Hölle fährt.

Das Tier selbst ist eine eigenartige, bocksköpfige Teufelsfigur, ein tierischer Faun mit vertrockneten Brüsten und Fledermausflügeln, der nicht wirklich weiblich, nicht wirklich männlich und auch nicht ganz Tier ist.

Das Tier ist ausgestattet mit den Symbolen der tödlichen Sünden, mit dem des Geizes, der zusätzlich von einer teuflischen Fratze geleitet wird, mit dem des Hochmuts und der pfauenhaften Eitelkeit, mit dem Bildnis der Trägheit in Form eines Nilpferdes, mit der Unmässigkeit, die Bocksbeutel und Würste hält, als Abbild der Völlerei und der Trunksucht.

An der Seite des Verdammten nagt ein Wurm, barockes Symbol verheissener und kommender Höllenqualen.

Man kann dieses Bild des Verdammten verschieden lesen. Seine Expressivität und die damit verbundene Aufmerksamkeit liegt vielleicht daran, dass diese verdammte Seele nicht in Angst und Qual, sondern im Bewusstsein ihrer Boshaftigkeit zur Hölle fährt. Den nichts anderes hat sie sich in ihrem Lebensweg erhofft und erwartet. Was verleitet mich zu dieser Annahme, zu diesem Eindruck ? Da ist einmal die gereckte Rechte, die den Schlagenring der ewigen Verdammnis sowohl gegen den Himmel streckt, wie auch auf die Erde niederfahrend wirken lässt. Es ist da eine Art gegenläufige Spannung. Die Fratze des Verdammten ist voll von Verachtung und Fluch.

Der Schlangenring ist ein wertungsfreies Symbol der Ewigkeit. Es zeigt schlicht Ewigkeit und Wiederkehr an, den Kreislauf der sich erneuernden Zeit, den ewigen Himmel und die ewige Verdammnis.

Das nächste ist das Kurzschwert, das der Verdammte in Hüfthöhe nach vorne streckt. Er hat noch lange nicht aufgegeben. Ein gequälter, ängstlicher hätte seine Waffe längst von sich geworfen. Was soll er den auch tun. Nochmals zweifelnd nach dem Himmel sehen, den er zeitlebens verraten hat? Das Messer selbst kann als Symbol des Gerichts, des Todes und der Rache angesehen werden. Und so verhält sich auch der Höllenreisende. Sogar auf der letzten Fahrt erwartet er noch das Opfer, das zu schlachten er sich in jedem Augenblick seines Lebens nicht gescheut hat.

Eine derartige Spannung, die Stammel geschaffen hat, erzeugt Aufregung und Interesse. Selbst wenn der oder die Betrachterin sich die Grundstimmung nicht verdeutlichen wollen, bleibt die unheimliche Attraktion und das weist Stammel als einen mutigen Künstler aus, der imstande war, Einsichten am Rande des Abgrundes drastisch darzustellen.

 
Bild
Text