Castillo / Zeichnung: Tatiana Proskouriakoff / Foto Hasso Hohmann
Architektur und Städte der Maya
Ausgehend von Empfehlungen des Ferdinand Anders, eines
Mexikanisten in Wien, kam es in 1970 zu einem Forschungsauftrag
zusammen mit Hasso Hohmann, in dem die intensive Begehung und
Vermessung einer der wichtigsten Maya-Staedte, Copán in Honduras
beauftragt wurde. 1982 erschien dann nach einem neuerlichen
Forschungsauftrag 1977 als Frucht dieser Arbeit die zweibändige
Publikation Die Architektur von Copán der beiden. Es handelt sich bei
diesen Bänden mit Dokumentation der Vermessung, Plandarstellung,
Untersuchung der baulichen Elemente und des räumlichen Konzeptes
um eine der meistzitierten Arbeiten für den Mayaort Copán.
Annegrete Vogrin und Hasso Hohmann: (1982) Die Architektur von Copán (Honduras), Vermessung –
Plandarstellung - Untersuchung der baulichen Elemente und des raeumlichen Konzeptes. 2 Baende Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz
Vogrin konnte 1973 ihren Master in Architektur erwerben, und begann
nach einer dreijährigen Praxis in einem Architekturbüro als Assistentin
am Institut für Staedtebau an der Technischen Universitaet Graz ihre
Dissertation Das raeumliche Konzept in der Architektur von Copán,
Honduras zu schreiben, die 1978 zum Erwerb des Doktorates führte.
Sie konnte ihre Kenntnisse der Theorie des Städtebaus mit ihren
intensiven und fast jaehrlich durchgeführten Forschungs- Reisen in die
Mayazone - weitere Forschungsauftraege erhielt sie 1985 und 1987 - mit
Besuchen aller wichtigen Maya-Orte, zum Teil unter sehr schwierigen
Bedingungen, der Sammlung vorhandener Literatur und Plänen sowie
einem umfangreichen Konvolut an Fotographien verbinden. Es
entstanden im Lauf der Jahre bis Dezember 2008 eine Reihe von mehr
als 25 Veröffentlichungen, die von der Fachwelt der Maya-Forscher
immer mit großem Interesse aufgenommen wurden.
Eine der fruehesten Ideen von Hohmann-Vogrin bestand darin, dass die Ausrichtung von Bauwerken der Maya zueinander oder die Positionierung von Stelen in grossen Hoefen eine Bedeutung fuer die geschichtliche oder zeremonielle Ordnung haben wuerde, und sie hat das in verschiedenen Publikationen begruendet. 2 (1979) The Astronomical Orientation of Stele I at Copán. In: Archaeoastronomy, vol II, No. 4:10-11 (1989) The spatial relationships of muonuments at copán and Quiriguá. In: Memories des Segundo Coloquio Internacional de Mayistas, vol. I, Mercedes de la GARZA, Editor: 139-148, UNAM México, México D.f.
Ihr Problem bestand darin, dass in vielen Orten der Maya die jeweiligen Stadplaene von
Archaeologen erstellt wurden, deren fehlende Genauigkeit sehr oft die
von Hohmann-Vogrin intendierten Zuordnungen nicht ermoeglichten.
Ihre Habilitationsschrift Struktur und Bedeutung der Stadt 1992 ist
sicher einer der umfangreichsten Beiträge zur Erforschung der Maya-
Städte. Schon in dieser Arbeit kann sie nach der Analyse der
wichtigsten Mayastädte viele Zusammenhänge zwischen dem Gebauten
und der sozialen oder religioesen historischen Realitaet aufweisen, ohne
die andersartige Gestaltung der Bauten dabei zu übersehen.
Eine ihrer wichtigsten Erkenntnisse in der Betrachtung der Maya
Staedteplaene war, dass deren Bauten nach anderen Prinzipien
aufeinander ausgerichtet sind, als dies von den mit europaeischen oder
nordamerikanischen Vorstellungen von Stadt belasteten Archaeologen
gesehen wurde. Dafür lieferte sie in einigen Essays die entsprechenden
Untersuchungen und Beweise. 3 (1998) Environment and spatial Structure in Lowland Maya Cities. In: IV Congreso International de Mayistas,
in Print (2002) Structure and Meaning: Interpreting Maya Architecture. Arte y Ciencia. XXIV Coloquio Internacional de
historia del Arte. UNAM, Instituto de Investigaciones Estéticas. Mexico, México D.F.: 61-84
Einen eher umfassenden Beitrag Unidad de espacio y tiempo konnte
sie im bekannten Mayabuch des Könnemann Verlages 2001
veröffentlichen.4 (2001) Unidad des espacio y tiempo: La arquitectura Maya. In: Los Maya. Una civilización milenaria. Nikolai
Grube, ed.: 192-215 Koennemann, Koeln.
Mit der Jahrtausendwende begann Hohmann-Vogrin, sich sehr intensiv
mit der Methode der Space Syntax (SS) (Bill Hillier)
auseinanderzusetzen, fuehrte diese Methode und ihre weiteren
Entwicklungen auch in ihre Lehre an der Technischen Universität ein
und unterzog nicht nur ausgewaehlte Staedte in Europa diesen
interessanten Untersuchungen sondern wandte mehr und mehr die SS
für Analysen von Mayaorten oder deren Details an.
5 (2005) Space Syntax in Maya Architecture. In: Space Syntax 5th International Symposium, II volumes,
Akkelies van Nese, Ed., Delft University of Technology, Delft. Vol II: 279-292
(2006) Spatial alignments in Maya Architecture. In: Space and Spatial analysis in Archaeology, Elizabeth C.
Roertson et al. Ed., University of Calgary Press, Calgary: 199-202
Es ist noch anzufuehren, dass Hohmann-Vogrin an vielen Amerikanisten und Mayaisten Kongressen seit 1989 mit Beiträgen zu den jeweiligen Themen zu finden war, und auf diese Weise mit den wichtigsten Forscherinnen und Forschern auf aller Welt im Austausch stand. Schon von ihrer Krankheit gezeichnet hielt sie ihren letzten Vortrag im Dezember 2008 im Musée du Quai Branly in Paris mit dem Titel Exploring syntactic relations in Maya courtyard groups.
Hermann Hendrich am 26.September 2009
Tenochtitlan & Manhattan NYC
Fotos Aus Ernesto Grassi > Reisen ohne anzukommen