GESCHICHTE ALS READY MADE 1934


Die im weiteren verwendeten Texte wurden vorwiegend der Kleinen Zeitung 1934, der in Graz erscheinenden steirischen Tageszeitung entnommen. Es sind Ereignisberichte und offizielle Regierungsverlautbarungen. Sie stellen die Sehweise der damaligen Regierung dar.
Bemerkenswert daran ist die Tendenz der Kriminalisierung der Aufständischen, der Versuch Arbeiterschaft und Sozialdemokratie zu trennen, die ausführliche Demonstration sich legal fühlender Staatsmacht und autoritärer Totalität.
Die von Engelbert Dollfuss an das amerikanische Volk gerichtete Rundfunkansprache gewinnt im Hinblick auf den Inhalt des Korneuburger Eids, der ausdrücklich die Demokratie nach westlichem Muster verwirft, eine verzerrende und bewusst täuschende Perspektive.
Das Verbot aller sozialdemokratischen Organisationen und Einrichtungen in Österreich und die Ausrufung des Ständestaates kündet eine andere Wahrheit.

Die Pariser Ereignisse, die von rechten Gruppierungen ausgelöst wurden und die seitens der französischen Kommunisten forcierte Gegengewalt sprechen eine deutliche Sprache.
Dieses zeitlich parallele Ereignis führt dazu, daß am Montag, dem 12.Februar der Plan des französischen Generalstreiks in der Kleinen Zeitung zu lesen ist, mit dem Hinweis auf die Verurteilung des in Österreich geplanten Generalstreiks durch die christlich sozialen Gewerkschaften.
Gerade die Parallelität, wenn auch unterschiedliche Qualität der österreichischen und der französischen Ereignisse lässt die Überwindung national isolierter Geschichtsbetrachtung zu.
Ein Teil der österreichischen Schutzbündler zieht unter der Führung von Julius Deutsch nach Spanien um in den internationalen Brigaden ihre republikanische Vorstellung gegen Franco zu verteidigen. Nicht von ungefähr wird der spanische Bürgerkrieg zum Exerzierfeld für neue Waffentechnologien und Kriegstaktiken des nationalsozialistischen Deutschlands.
Der andere Teil, unter ihnen Josef Koppelhuber, wählt das sowjetische Exil und wiederum ein Teil davon gerät in die stalinistische Maschinerie der Vernichtung.
Das Schicksal Josef Koppelhubers schliesst in solchem Kreis. Er, der in der Sowjetunion gläubig Zuflucht genommen hat, fällt dem stalinistischen Terror zum Opfer.

DER eine und der andere AUFSTAND


7.Februar 1934 PARIS

In der Nacht vom 6. auf 7. Februar ereigneten sich in Paris schwerste Unruhen . Die Tageszeitungen erinnerten an den Aufstand der Pariser Kommune im Jahre 1871.
Den Unruhen gingen heftige Auseinandersetzungen im französischen Parlament voraus. Die Regierungserklärung Daladiers, Ministerpräsident und führender Kopf der radikalsozialistischen Partei wurde immer wieder durch Lärmen und Schreien unterbrochen. Zwischen den Abgeordneten kam es zu Faustkämpfen. Die tätlichen Auseinandersetzungen konnten nur durch das Eingreifen der Parlamentsdiener beendet werden.
Trotzdem wurde in dieser stürmischen Sitzung Daladier das Vertrauen ausgesprochen.

Parteigänger und Manifestanten der Action Francaise, der patriotischen Jugendverbände und der nationalistischen Frontkämpfer bilden eine riesige Menge vor der französischen Abgeordnetenkammer, die ununterbrochen Zuzug erhielt und sich bedrohlich gegen das Parlament vorschob. Die Wache schlug die Menge mit gezückten Säbeln zurück, mehrere Manifestanten wurden niedergeritten, hunderte von Aufrührern in Haft genommen.

Gegen 19 Uhr verstärken sich die heftigen Zusammenstösse, gegen die Polizei werden Steine geworfen, Fahrzeuge in Brand gesetzt. Vereinzelt sind Revolverschüsse zu hören. Die Zahl der Manifestanten beträgt zwischen 20.000 und 30.000. Gegen 22 Uhr gelingt es der Menge die Polizeikette zu durchbrechen und vor das Gittertor der Kammer zu gelangen. Die Feuerwehr richtete ihre Schläuche gegen die Menge und begoss sie mit eiskaltem Wasser. Die Wache gab zur Abschreckung eine Reihe von Schüssen in die Luft ab. Die berittene Wache und die republikanischen Garden konnte im folgenden die Manifestanten über die Concordiabrücke auf den Concordiaplatz zurückdrängen.
Am Platz kam es wiederholt zu ausserordentlich heftigen Zusammenstössen.
Mehrere Manifestanten versuchten mit riesigen Zeitungs- und Reisigbündeln die Tore des Marineministeriums in Brand zu stecken. Nach blutigen Kampf säuberte die Wache den Concordiaplatz.
Eine Gruppe ehemaliger Frontkämpfer zog vor den Elysee Palast. Auch hier kam es zu massiven Gewalttaten.

Ein Teil des Kammergebäudes wurde in ein Lazarett verwandelt, in dem die verletzten Mitglieder der berittenen Wache und der republikanischen Garde von Ärzten versorgt wurden.
Im belagerten Kammergebäude fand eine ausserordentliche Kabinettssitzung statt. Der Ministerrat beschloss, ein Verfahren gegen unbekannte Täter wegen Anstiftung zum Mord und Verbrechen gegen die Sicherheit des Staates einzuleiten.
Der Vorsitzende der radikalsozialistischen Partei Herriot wurde beim Verlassen der Kammer erkannt und umringt. Mit Hilfe der Wache konnte er unverletzt zu seinem Auto gelangen.
Um 22 30 kam es auf der Solferinobrücke zu schweren Zusammenstössen, in deren Verlauf zahlreiche Schüsse abgegeben wurden und eine grosse Anzahl von Schutzleuten und Manifestanten verletzt wurden.
Drei Pariser Stadträte wurden von der Wache schwer verletzt. Einem wurde ein Auge ausgerissen. Sechs weitere Stadträte wurden verhaftet.
Hunderte sammelten sich in den Tuilerien. Sie versuchten mit ausgerissenen Bäumen Barrikaden zu errichten.
Zur selben Zeit marschierten auf dem grossen Boulevard zwei grosse Züge von Manifestanten auf.
An der Spitze marschierten mit wehenden Fahnen die Frontkämpfer. Sie sangen die Marseillaise.
Dicht auf folgten die Kommunisten, die die Internationale anstimmten. Gegen 11 Uhr nachts entbrennen die Kämpfe erneut.
Zwischen beiden Gruppierungen kommt es zu heftigen Strassenschlachten, in deren Verlauf der Direktor der städtischen Polizei schwer verletzt wird. Radikalsozialisten und Kommunisten befürchten einen Staatsstreich von rechts und versuchen ihn abzuwehren.
Gegen 11 Uhr nachts wird bekannt, daß die Strassenschlacht die ersten Todesopfer gefordert hat.
In den Spitälern liegen hunderte Schwerverletzte.
Die Kämpfe zwischen Manifestanten, Demonstranten und Polizei steigern sich zu fürchterlicher Vehemenz.
Die Manifestanten stürmen erneut gegen die Kammer. Die berittene Wache wurde in der Zwischenzeit durch mehrere Abteilungen des 24.Infanterieregiments verstärkt. Nach der nichterfüllten Aufforderung nach Rückzug werden mehrere Salven in die Menge abgefeuert.
Es kam zum Einsatz von zwei Maschinengewehren.
Die Demonstranten errichteten in der Zwischenzeit mit Bäumen, Kandelabern und Gittern Barrikaden in den Champs Elysees und in der Nähe der Tuilerien fünf Barrikaden.
Gegen Mitternacht flammt der Barrikadenkampf auf, die der Reihe nach in harten Kämpfen von der Wache gestürmt werden.
Zwischen Mitternacht und 1 Uhr früh zogen zwei Kolonnen von mehreren tausend Mann, die einen Frontkämpfer und Nationalisten, die anderen Kommunisten über die grossen Boulevards am Madeleine Platz. Es kam zu blutigen Kämpfen. Zahlreiche Manifestanten waren mit Revolvern ausgerüstet.

Die Bäuche zahlreicher Pferde wurden mit Messern aufgeschlitzt. Einzelne hatten an ihren Stöcken Rasierklingen befestigt, mit denen sie den den Polizisten furchtbare Wunden zufügten.
Autos wurden angehalten, umgeworfen und in Brand gesteckt, Zeitungskioske wurden zertrümmert und angezündet. Die Champs Elysees und der Concordiaplatz waren von Trümmern übersät.
Sechs Zivilisten und drei Mitglieder der Ordnungskräfte wurden getötet.
Erst um drei Uhr morgens leerten sich die Strassen.

Ministerpräsident Daladier tritt zurück. An seiner Stelle versucht nach einem Gespräch mit dem Präsidenten der Republik, Lebrun, der ehemalige Präsident Doumergue ein überparteiliches Kabinett zu bilden. Er fordert die Parteien auf , Frieden zu schliessen und verlangt die Vollmacht zur Bildung einer überparteilichen Regierung. Von ihm wird die rasche Befriedung der Hauptstadt und der weiteren Unruheherde im Land erwartet.

In der folgenden Nacht kommt es zu erneuten Zusammenstössen. Schauplatz der Unruhen waren vor allem die grossen Boulevards. Die Manifestanten zerschlugen die Schaufenster zahlreicher Geschäftshäuser. es kam zu Plünderungen. Wiederum wurden Kioske und Automobile in Brand gesteckt. An zahlreichen Stellen der Stadt wurden Gas- und Wasserleitungsrohre angebohrt. Hunderte von Pistolenschüssen wurden abgefeuert.
Es kam zu schweren und blutigen Zusammenstössen zwischen Manifestanten und Polizisten vor dem Elyseepalast. Zahlreiche Verletzte wurden mit Tragbaren in die Spitäler geschafft.

Erst um 1 Uhr nachts beherrschte die Polizei die Lage
Die Manifestanten bemächtigten sich des Talars des Innenministers und verbrannten ihn.
Im Laufe dieser Unruhen wurden 15 Anwälte leicht verletzt.

Der Pariser Polizeipräfekt beschliesst, die Pariser Polizisten künftighin mit Stahlhelmen auszurüsten. Der Präfekt von Versailles hat jedweden Verkauf von Waffen und Munition für Versailles und Umgbebung unter Androhung strenger Strafen verboten.

Die berittene Garde zog in den Abendstunden gegen eine bedeutende Gruppe von Demonstranten, unter denen sich zahlreiche Kommunisten befanden.
Sie errichteten Barrikaden, die sie vor ihrer Flucht ebenso wie Kioske und Litfassäulen anzündeten.
Die Garde feuerte mehrere Schüsse auf die Demonstranten ab.

Aus der Provinz werden neue Kundgebungen in Bordeaux, Aix en Provence, und ernsthafte Zusammenstösse in Lyon gemeldet.

Der im Exil lebende Anwärter auf den Thron von Frankreich, Herzog Johann von Guise, richtet durch die "Action Francaise" einen Aufruf an die Franzosen, in dem es heisst, daß die Stunde, dem monarchischen Grundsatz beizutreten, gekommen sei.

Paris 9.Feber 1934

Der neue Ministerpräsident Doumergue hat einem Mitarbeiter des "Paris Soir gegenüber die Notwendigkeit der Einrichtung der nationalen Union erklärt. Er stösst dabei jedoch auf mannigfache Schwierigkeiten. Er beabsichtigt noch immer ein Kabinett zu bilden, daß von den Sozialisten bis zu den äussersten Rechten reichen soll. Doumergue hat Leon Blum ein Portefeuille angeboten. Es besteht jedoch kein Zweifel, das Blum ablehnen wird.

Gegenüber den widersprechenden Berichten über die Zahl der Opfer der Ausschreitungen vom 6.Februar gibt die Pariser Polizeipräfektur folgende offizielle Ziffern bekannt
170 verletzte Zivilisten und 181 verletzte Polizisten, 130 Verletzte der Republikanischen Garde und Gendarmen, 102 Mobilgardisten.

Die sozialistischen Syndikate kündigen für Samstag einen Generalstreik an. Die Arbeiter und Beamtenorganisationen treffen alle Massnahmen zum Streik. Aber auch linkgerichtete Lehrervereinigungen haben sich der Streikparole angeschlossen.

Es kommt zu neuerlichen Strassenkämpfen, die sich aus den kommunistischen Kundgebungen auf dem Platz der Republik entwickelt haben.
Die Kommunisten, die aus den nördlichen Arbeitervierteln in grossen Mengen auf den Platz der Republik geströmt waren, stiessen zu wiederholten Malen mit der Polizei zusammen. Die Polizeieinheiten wurden durch starke Abteilungen berittener Wache und durch Kavallerie verstärkt. Mehrere Infanterieabteilungen wurden in nahe gelegenen Kasernen in Bereitschaft gehalten.
Die Polizei verschanzte sich hinter ungefähr vierzig ärarischen Lastkraftwägen.
Es kam zu einem heftigen Feuergefecht zwischen Manifestanten und der Wache.

Ein Polizist wurde durch Kopfschuss getötet. Zahlreiche Manifestanten und Polizisten wurden schwer verwundet. Schliesslich gelang es der Kavallerie den Republikplatz vorübergehend zu säubern. Die Zahl der Manifestanten wird auf etwa 10.000 geschätzt. 300 Verhaftungen wurden vorgenommen. Gegen 22 Uhr versuchten die Kommunisten die St.Ambrosiuskirche in Brand zu stecken. Die Feuerwehr konnte den beginnenden Brand in kürzester Zeit löschen.

Zur selben Zeit wurden im 11.Pariser Gemeinde Bezirk Barrikaden errichtet, die von der Polizei erst nach langem Kampf genommen werden konnten.
Das Bürgermeisteramt des Bezirkes wurde belagert und erst nach einem lebhaften Feuergefecht entsetzt.
In einem Untergrundbahnhof kam es zu einem besonders heftigten Zusammenstoss, der über 40 Verletzte forderte.
Im Nordbahnhof, in den sich einige Demonstrantentrupps geflüchtet hatten, kam es gegen Mitternacht zu einer Schiesserei.

Gegen ein Uhr nachts waren die kommunistischen Unruhen vollkommen abgeflaut. Die Polizei hatte nach langwierigen Bemühungen die Ruhe wieder hergestellt.
Im Laufe der Unruhe wurden insgesamt 800 Verhaftungen vorgenommen, 37 Polizisten und über 200 Manifestanten wurden schwer verwundet.

Die folgende Beschreibung des französischen Generalstreiks ist am 12.Februar 1934 in der steirischen Kleinen Zeitung zu lesen. Sie könnte ebenso eine Beschreibung des geplanten österreichischen Generalstreiks sein.

Paris 11.Feber 1934

Heute um Mitternacht beginnt der von dem allgemeinen Gewerkschaftsbund und dem kommunistischen Gewerkschaftsbund ausgerufene Generalstreik.
Paris, das morgen nach alter Weise Faschingmontag gefeiert hätte, sieht diesem Tag mit Bangen entgegen. Es wird so ziemlich alles Leben und aller Verkehr unterbunden sein. Arbeiten wird nur das Personal der Gas- und Elektriztätswerke und der Eisenbahn. Das Personal des Wasserwerkes streikt ebenfalls, doch hofft man mit den in den Reservoiren angesammelten Wassermengen für den Streiktag das Auslangen finden zu können. Die Lebensmittelgeschäfte werden zwar offen sein, doch die Zufuhr wird nur bis zu gewissen Sammelpunkten sichergestellt. Von hier bleibt es dem Kleinverschleisser überlassen, sich die Ware zu holen.Die Bevölkerung hat schon gestern begonnen, sich mit Lebensmitteln einzudecken.
Die Brotladen, Fleisch- und Gemüsestände wurden vollkommen leergekauft.
Paris wird morgen keine Zeitungen haben. Dies ist vor 15 Jahren das letztemal vorgekommen. Die Taxichaufeure nehmen geschlossen am Streik teil. An den Standplätzen werden keine Taxus vorgefunden werden.

Die überwiegende Anzahl der Privatchaufeure haben den selben Beschluss gefasst. Sie gingen dabei Hand in Hand mit den Transportarbeitern vor. Der Betrieb der Untergrundbahnen wird nur in beschränktem Ausmass aufrecht erhalten werden.
Die städtischen Autobusse werden in den Strassen nicht zu sehen sein. Ebenso wird kein einziger Wagen der Stassenbahn verkehren.
Der Post- und Telefondienst wird nur im Mindestmass versehen. Bis zum letzten Mann werden alle Beamten und Angestellten der öffentlichen Verwaltungsstellen streiken. In keinem einzigen Amt, auch in den Ministerien nicht, wird gearbeitet werden. Zum Zeichen der Sympathie mit den Streikenden wird auf allen Eisenbahnlinien eine Streikminute eingeschaltet. Die Cafes und Restaurants werden morgen nicht öffnen, weil sich ihr Personal einhellig für den Generalstreik erklärt hat. Gleich den Gaststätten werden wohl auch die meisten Geschäftsläden und Warenhäuser geschlossen sein, da man den Ausbruch neuer Strassenkrawalle befürchtet. In Theater und Kinos finden keine Vorstellungen statt, ebenso sind sämtliche Tanz- und Faschingsunterhaltungen, die morgen in schier unabsehbarer Zahl stattfinden sollten, abgesagt worden.

Da die Lehrer ebenfalls streiken, findet kein Schulunterricht statt.
Die Regierung hat die umfassendsten Massnahmen getroffen, um neue Unruhen schon im Keime zu ersticken. Die Polizei, durch neu eingestellte Verstärkungen wesentlich vermehrt, hat in den letzten vierundzwanzig Stunden an der Stadtgrenze und in allen übelbeleumdeten Stadtvierteln nicht weniger als sechzig umfangreiche Razzien veranstaltet. Die dabei sichergestellten fragwürdigen Elemente, von denen eine beträchtliche Zahl übrigens erst nachweislich in den letzten Tagen in Paris eintraf, wurden in Haft genommen. Ausserdem wird schon in der Nacht von heute auf morgen ein besonders dichter Absperrungsgürtel Demonstranten, die aus den Vorstädten gegen die innere Stadt ziehen wollen, den Weg verlegen. Ausser der Polizei und der republikanischen Garde sind diesmal auch entsprechend starke Miltärabteilungen in Bereitschaft gestellt. Neben den Truppen und der Polizei wurde in den Spitälern Vorsorge getroffen, um im Bedarfsfalle auch eine grössere Anzahl Verwunderter schnellstens versorgen zu können.

Die sozialistische Partei hat die Streikenden für 15 Uhr zu einer gemeinsamen Riesenkundgebung im Gelände von Vincennes aufgerufen. Die christliche Gewerkschaft hat an ihre Mitglieder einen Appell gerichtet, worin sie den montägigen Generalstreik sowohl in seiner Motivierung wie auch in seiner Durchführung verurteilt.

Bisher 17 Todesopfer der zwei Pariser Blutnächte.

Nach dem heute veröffentlichten offiziellen Kommunique ist im Laufe der kommunistischen Unruhen in der Nacht von Freitag auf Samstag in der Nähe des Platzes der Republik auf der Seite der Manifestanten eine Kommunist getötet worden. 150 Manifestanten wurden verletzt, darunter 54 sehr schwer.
Zwei Manifestanten sind verschollen. Auf der Seite der Polizei wurden 25 schwer verwundet. Zwei von ihnen schweben zwischen Leben und Tod. Andererseits wird die Zahl der Toten im Laufe der Kundgebungen auf der Concordiabrücke in der Nacht des 6.Februar nunmehr offiziell mit sechzehn angegeben. 19 Kommunisten wurden dort verletzt, die in Pariser Spitälern untergebracht wurden, und zwischen Leben und Tod schweben.

Die Pariser Ereignisse bestätigen die Befürchtungen der österreichischen Sozialdemokraten, daß die Reaktion die auf demokratischen Weg erlangte Macht sozialistischer Gruppierungen nicht hinnehmen wird, und diese auch mit ausserparlamentarischen Mitteln der Gewaltanwendung eine weitere demokratische Entwicklung verhindern würden. Die entscheidende Rechtfertigung der Existenz des Republikanischen Schutzbundes war dieses offensichtlich zu Recht bestehende Misstrauen in den politischen Gegner, der nicht in demokratischen sondern in autoritären Kategorien dachte.

Der Pariser Aufstand wird von der Rechten gegen die Regierung der Radikalsozialisten geführt, und von den Kommunisten in deren Interesse eskaliert. Die französischen Sozialisten ergreifen das friedliche Mittel des Generalstreiks und der gewaltlosen Demonstration.
Nicht unbemerkt, auch im Hinblick auf die österreichische Geschichte, sollen die Restaurationsversuche der französischen Monarchisten bleiben.

Die Arbeitslosigkeit in der Steiermark

Von der Industriellen Bezirkskommission in Graz wird mitgeteilt:
Mit Stichtag vom 31.Jänner beziehen in der Steiermark 44.976 Personen die Arbeitslosenuntersrtützung. Hievon sind 37.619 männlich und 7357 männlich.
Zur Vermittlung sind 55.041 Personen vorgemerkt.
Die grösste Arbeitslosigkeit herrscht in den Berufsgruppen: Baugewerbe, Eisen- und Metallindustrie, Handel, Holzindustrie und Tapezierergewerbe, Industrie in Stein, Erden Ton und Glas, Bekleidungs- und Putzwarenindustrie, Land und Forstwirtschaft,Verkehr, Nahrungs- und Genussmittelindustrie,Bergbau, weibliches Personal des Hotel- Gast- und Schankgewerbes, Haushalt, Papiererzeugung und -verarbeitung.

Ereignisse des 12.Februars 1934 in der Steiermark.

Verhängung des Standrechtes in der Steiermark

Die amtliche Nachrichtenstelle verlautbart:

Der Sicherheitsdirektor für Steiermark hat im Einvernehmen mit dem Oberlandesgerichtspräsidenten und dem Oberstaatsanwalt wegen Verbrechens des Aufruhrs für das Bundesland Steiermark das Standrecht verhängt.
Die Haustore haben ab 19 Uhr geschlossen zu sein, die Gasthäuser sind um 21 Uhr zu sperren.
Ansammlungen und Gruppenbildungen in den Strassen sind verboten. Der Sicherheitsdirektor für das Bundesland Steiermark hat im Einverständnis mit dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes in Graz gemäss und mit dem Oberstaatsanwalt in Graz gemäss § 429 der Strafprozessordnung das standrechtliche Verfahren in den Fällen des Aufruhrs nach § 73 und 74 des Strafgesetzes für das Gebiet des Bundeslandes Steiermark angeordnet.
Dies wird mit dem Beifügen kundgemacht, daß sich jedermann von allen aufrührerischen Zusammenrottungen, allen Aufhetzungen hiezu und aller Teilnahme daran zu enthalten und den zur Unterdrückung für diese Verbrechen ergehenden Anordnungen der Obrigkeit sich zu fügen hat , widrigenfalls jeder, der sich nach der Kundmachung des Standrechtes dieser Verbrechen schuldig macht, standrechtlich gerichtet und mit dem Tode bestraft wird.
Dies wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht.
Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung wird weiters auf Grund des Art.II § 4 des Bundesverfassungsgesetzes vom 7.Dezember 1929 Bundesgesetzblatt Nummer 393, nachstehendes verfügt:
1.Vom heutigen Tage sind die Haustore aller Gebäude in ganz Steiermark um 7 Uhr abends zu sperren.
2.Die öffentlichen Gast- und Schankgewerbe müssen um 9 Uhr abends von Gästen geräumt und gesperrt sein.
3.Ansammlungen und Gruppenbildungen auf der Strasse sind verboten.
Die Bevölkerung wird im eigenen Interesse dringend aufgefordert, obigen Anordnungen auf das genaueste nachzukommen und den Weisungen der Sicherheitsbehörden unbedingt Folge zu leisten.
Gegen die Zuwiderhandelnden wird die Strafamtshandlung im Sinne bestehender Gesetze mit der grössten Strenge eingleitet werden.

Der Sicherheitsdirektor Zellburg eh. ,Oberst

Die Rathauskorrespondenz teilt mit:
Bürgermeisterstellvertreter Schmid hat in den Mittagsstunden des 12.Februar die Führung der Geschäfte der Stadt Graz übernommen. Über Auftrag des Bürgermeisterstellvertreters Schmid entfiel die gestrige Vorstellung der Komödie "Der Meister" von Hermann Bahr im Opernhaus.

Die Ereignisse in Linz und Wien:
Die amtliche Nachrichtenstelle meldet:
Wie vor einigen Tagen verlautbart wurde, haben der aufgelöste Republikanische Schutzbund, bzw. Angehörige der sozialdemokratischen Partei und dieser nahestehende Organisationen eine gewaltsame Aktion vorbereitet. Im Zuge der durchgeführten Untersuchungen und Waffenkonfiskationen unternahm die Bundespolizeidirektion in Linz heute morgens im Hotel Schiff im sozialdemokratischen Parteiheim eine Hausdurchsuchung. Im Hause befanden sich grössere Kontingente des ehemaligen Republikanischen Schutzbundes, welche sofort der Polizei bewaffneten Widerstand entgegensetzten. Unter Heranziehung von Heeresabteilungen wurde das Gebäude im Kampf genommen, wobei ein Bundeswachebeamter getötet, mehrere Wachebeamte und Wehrmänner verletzt wurden. Die im Gebäude befindlichen Gewalttäter wurden verhaftet, abgeführt und dem Gerichte eingeliefert.
Auch an mehreren anderen Stellen in Linz gingen Schutzbundabteilungen mit bewaffneter Gewalt vor.
Über Linz wurde sofort das Standrecht verhängt. Die Niederwerfung dieser Gewalttaten gegen amtliche Organe ist im Gange.
In Wien haben Teile der sozialdemokratisch organisierten Arbeiter der städtischen Elektrizitätswerke die Arbeit niedergelegt. Deshalb wurde auch in Wien das Standrecht verhängt.
Die Bundesregierung hat unter Bereitstellung des gesamten Machtapparates alle Massnahmen getroffen, um diese planmässigen verbrecherischen Anschläge bolschewistischer Elemente im Keim zu ersticken.

Appell der Regierung an die Bevölkerung

Die Regierung richtet an die gesamte Bevölkerung den Appell vollste Ruhe und Besonnenheit zu bewahren. Insbesondere richtet sich dieser Appell neuerdings an die ehrlichen vernünftigen Arbeiter, sich nicht in Abenteuer, die nur zu ihrem Schaden ausfallen können, hetzen zu lassen. Die gesamte Arbeiterschaft wird aufgefordert, ihre Arbeit unbeeinflusst von verbrecherischen Hetzern fortzusetzen.
Jeder Widerstand gegen die Staatsgewalt, jeder Sabotage - oder Gewaltakt wird mit den schärfsten standrechtlichen Mitteln geahndet werden.
Volk von Österreich! Bauern, Bürger und Arbeiter! Vertrauet auf die Regierung und stellt euch hinter sie, damit raschestens Ordnung und Friede wieder hergestellt werden können.

Aufgebot der vaterländischen Wehrformationen

Die amtliche Nachrichtenstelle verlautbart:
Der Sicherheitsdirektor für Steiermark hat den gesamten Heimatschutz, die Sturmscharen, den Freiheitsbund und die christlich deutschen Turner als Schutzkorps aufgeboten und in Dienst gestellt.

Standrechtliche Behandlung für Streikleitung und Aufstandsführungen

Alle Streikleitungen und Aufstandsführungen werden der standgerichtlichen Behandlung zugeführt.
Das Standrecht wurde in Wien, Niederösterreich,Oberösterreich,Steiermark und Kärnten verhängt.

Austritt sozialdemokratischer Kärntner Führer aus der Partei.

Bundeskanzler Dollfuss hat vom sozialdemokratischen Landeshauptmannstellvertreter von Kärnten Dr.Zeinitzer ein Schreiben erhalten, in dem es heisst:
Die Ereignisse haben mich belehrt, daß es innerhalb der Sozialdemokratischen Partei nicht möglich ist, die Arbeiterschaft vor dem drohenden Unglück der nationalsozialistischen Barbarei zu bewahren, weshalb ich der Parteiführung meinen Austritt zur Kenntnis gebracht habe. Der Bürgermeister von Klagenfurt Ing.Pichler, den ich fernmündlich verständigte, hat sich mit mir solidarisch erklärt. Ich habe durch ihn die Arbeiterschaft von Klagenfurt Umgebung auffordern lassen, im Interesse der der Freiheit und Unabhängigkeit unseres Staates und vor allem unseres Landes sich vollkommen ruhig zu verhalten und keine Kampfhandlungen gegen die Exekutive oder gegen die Bundesregierung zu unternehmen.

Die Aufgaben des Bundeskommisärs für Wien

Verordnung der Bundesregierung vom 12.Februar 1934 über die Bestellung eines Bundeskommisärs für die Bundeshauptstadt Wien und dessen Aufgaben

Auf Grund des Gesetzes vom vom 24.Juli 1917 Bundesgesetzblatt Nr.307 wird im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe,Ordnung und Sicherheit verordnet.

§ 1
(1) Der Gemeinderat der Bundeshauptstadt Wien ist aufgelöst.
(2) Durch die Auflösung erlischt auch die Funktion des Gemeinderats als Landtag. Ebenso erlöschen die Funktionen des Stadtsenates, auch in seiner Eigenschaft als Landesregierung, die Funktionen des Bürgermeisters, auch in seiner Eigenschaft als Landeshauptmann, und die Funktionen aller vom Gemeinderat, Stadtsenat oder Bürgermeister - auch in ihrer Funktion als Landtag,Landesregierung oder als Landeshauptmann- in irgendwelche Körperschaften oder Kollegialbehörden entsendeten Organe.
§ 2
Die Aufgaben des Gemeinderates- auch in seiner Eigenschaft als Landtag- sowie die gesamte Verwaltung in der Bundeshauptstadt Wien- soweit sie nicht durch eigene Bundesorgane besorgt werden - werden auf einem von der Bundesregierung zu bestellenden Bundesfunktionär (Bundeskommissär für Wien) übertragen und von ihm ausgeübt.
§ 3
(1) Dem Bundeskommissär für Wien ist das gesamte in der Hoheits- und Wirtschaftsverwaltung der Bundeshauptstadt Wien tätige Personal unterstellt. Jeder Bedienstete hat den Weisungen des Bundeskommisärs unverzüglich genauestens nachzukommen.
(2) Der Bundeskommissär ist in Ausübung der Dienstaufsicht berechtigt, jeden Bediensteten mit sofortiger Wirksamkeit vom Dienste zu entheben.
§4
Diese Verordnung tritt sofort in Kraft.

Die Ereignisse des 12.Februar 1934

Der amtliche Morgenbericht Wien,13.Februar 1934 halb 8 Uhr früh

Im Laufe der Nacht hat die österreichische Staatsexekutive die Säuberungsaktionen in den von roten Schutzbündlern noch besetzt gehaltenen Restgebieten mit allem Nachdruck fortgesetzt. Hiebei wurden in den einzelnen besonders arg umstrittenen Objekten auch starke militärische Kräfte eingesetzt. Mit Ausnahme eines ganz kleinen Gebietes ist nun Linz und ganz Oberösterreich ruhig.
In Wien sind die Säuberungsaktionen erfolgreich im Gange.

Die amtlichen Mitteilungen über die Situation zu Mittag.

In Linz wird gegenwärtig der Bahnhof gesäubert.Der Personenbahnhof ist bereits von der Eisenbahnerwehr des Heimatschutzes besetzt. Die Aktion um den Frachtenbahnhof ist im Gange.
In Steyr wurde ein Direktor der Steyrwerke von Marxisten erschossen. Militärische Abteilungen und österreichische Heimatschützer unter Führung des Bundesführers Fürst Starhemberg sind bereits mit der Säuberung des Ortes befasst.
In Bruck an der Mur wurde nach der Artillerievorbereitung der Schlossberg gestürmt. In den Strassen ist es zu schweren Kämpfen gekommen.Die Schutzbündler hatten die Wohnparteien aus den Wohnungen geworfen und sich mit Maschinengewehren in den Wohnungen eingenistet. Auch hier ist die Säuberung erfolgt.

In Kapfenberg wurde das dortige Gendarmeriepostenkommando von Schutzbündlern eingeschlossen. Der Schutzbund war derart in der Übermacht, daß der Posten keinen Ausfall unternehmen und sich nur durch seine bravouröse Haltung behaupten konnte. Gegenwärtig sind Bundesheerabteilungen und starke Abteilungen des Österreichischen Heimtschutzes aus Niederösterreich zur Befreiung dieses Gendarmeriepostenkommandos unterwegs.

Auch in Eggenberg bei Graz, wo sich die Schutzbündler in der Fabrik Wagner & Biro und im Schienenwalzwerk schwer bewaffnet eingenistet hatten, ist die Säuberungsaktion im Gange.
In Graz herrscht vollkommene Ruhe.
Das Schutzkorps des Heimatschutzes ist mit Abteilungen des Bundesheeres in Marschbereitschaft.
In Judenburg hat sich der Republikanische Schutzbund verbarrikadiert. Die Barrikaden sind von Bundesheer gestürmt worden.
In Niederösterreich herrscht Ruhe.
In St.Pölten wurde das Kinderfreunde Heim von Marxisten gesäubert.
In Wien haben sich die Marxisten, vor allem in Heiligenstadt im Karl Marx Hof und in Ottakring in den städtischen Wohnhausanlagen, in Sandleiten und im Ottakringer Arbeiterheim sowie in einzelnen Lokalitäten in Simmering, ferner auch in Floridsdorf, schwer bewaffnet mit Maschinengewehren und Handfeuerwaffen eingenistet und eröffneten von dort schweres Feuer auf die Sicherheitexekutive und den Heimatschutz. Zur Bekämpfung der in diesen Orten eingenisteten roten Verbrecher ist Artillerie eingesetzt worden. Die Säuberung ist in Ottakring bereits vollzogen und anderen Stellen nahe der Vollendung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Regierung ist absolut Herrin der Lage. Der von den Marxisten beabsichtigte Generalstreik ist schon nach kurzer Zeit zusammengebrochen.
Licht- und Wasserversorgung und Telefon funktionieren in vollem Umfange.
Die Bahnen sind in Betrieb.
Es handelt sich im wesentlichen darum, die roten Verbrecher aus den letzten Nestern auszumerzen.

Theater und Kinos in Graz sind geschlossen.
Über Anordnung des Sicherheitsdirektors hat die Polizeidirektion verfügt, daß bis auf weiteres sämtliche Theater und Kinos in Graz geschlossen bleiben.
Der Grazer Viehmarkt wird ordnungsgemäss abgehalten.

Verfügungen des geschäftsführenden Bürgermeisters

Die "Rathauskorrespondenz" teilt mit: Der geschäftsführende Bürgermeister Schmid hat verfügt, daß die Referate die bisher von sozialdemokratischen Stadträten geführt worden sind, wie folgt aufgeteilt werden.
Das Referat des Stadtrates Uhrner (Jugendamt und Fürsorge) führt Stadtrat Mrazek, das Referat Obiltschnig (Mark- und Veterinäramt,Schlachthof) führt Stadtrat Schubert, das Referat Lindner (Gesundheitsamt, Bestattungsanstalt) führt Stadtrat Herz, an Stelle des Stadtschulrates Dr.Speck wird nunmehr Stadtschulrat Dr.Gorbach das Referat über den Stadtschulrat bekleiden.

Gorbach war von 1961-1964 österreichischer Bundeskanzler einer Koalitionsregierung, gebildet aus Mandataren von ÖVP und SPÖ.
Seine Ablösung als Landesführer der Vaterländischen Front (1933 bis 1938) erwirkten illegale Naziunterhändler nach dem Berchtesgadener Treffen zwischen Hitler und Schuschnigg .

Graz, 15.Februar 1934

Aufruf des Sicherheitsdirektors für Steiermark

Arbeiter !

Der Republikanische Schutzbund ist allenthalben im Lande Steiermark und im ganzen Bundesgebiet in Auflösung begriffen. Von der Aussichtslosigkeit eines weiteren Kampfes überzeugt, liefern ganze Abteilungen freiwillig ihre Waffen der Exekutive aus.
Der verbrecherische Anschlag gegen die Staatsgewalt und auf die Ordnung und Sicherheit der Bürger des Landes ist dank der staatlichen Machtmittel und des Schutzkorps zusammen misslungen.
Und nun, da euch die Führer in diesen verbrecherischen Angriff gegen den Staat und die Regierung hineingehetzt haben, ergriffen sie, als die Situation für sie gefährlich wurde, die Flucht ins Ausland und haben euch schnöde verlassen.
Die Nationalräte Bauer und Deutsch, eure obersten Führer, und zahlreiche Funktionäre sitzen bereits behaglich in Prag und euer vergötterter Koloman Wallisch ist unter Deckung von 400 Mann am Morgen des 13.Februar aus Bruck entflohen; er beabsichtigt, sich nach Jugoslawien in Sicherheit zu bringen.
Im Gamsgraben bei Frohnleiten haben die 400 Kampfgenossen ihrem Führer zum Grossteil die Gefolgschaft aufgesagt, die Waffen weggeworfen und sich zerstreut.
Aus allen Teilen des Landes treffen die gleichen Meldungen ein und an vielen Orten werden Waffen und die Munition restlos an die Gendarmerieposten ausgefolgt aber auch die Parole zum Generalstreik, dieser unerhörte Angriff gegen die Wirtschaft des Landes, wurde nahezu nirgends befolgt. Ganze Betriebe nahmen nicht nur vollzählig die Arbeit wieder auf, sondern traten auch, angeekelt durch die Demagogie ihrer Führer, aus der Sozialdemokratischen Partei aus.
Die wenigen, die aus unerhörter Verblendung und einem grenzenlosen Fanatismus immer noch nicht verstehen wollen, daß die Morgenröte einer neuen Zeit für unser Vaterland gekommen ist, daß ein wieder erstarkendes Land siegreich sich durchringt, und die noch immer glauben, mit Mitteln terroristischer Gewalt etwas zu erreichen, was harrt ihrer ?
Der Tod in einem aussichtlosen Kampf oder schimpflicher Tod am Galgen

Ich fordere daher alle jene, die bisher noch immer nicht die Waffe aus der Hand gelegt haben, auf, den aussichtslosen Kampf aufzugeben und die in ihrem Besitze befindlichen Waffen und Munition bei der nächsten Sicherheits- und Polizeibehörde, beziehungsweise Gendarmerieposten abzuliefern.

Wer mit der Waffe in der Hand betreten wird, wird unnachsichtlich sich vor dem Standgericht zu verantworten haben.

Der Sicherheitsdirektor für Steiermark, Zellburg , m.p. , Oberst

An die Bevölkerung der Stadt Graz und der Steiermark !

Die österreichische Sozialdemokratische Partei hat in geradezu unverantwortlicher Weise den Frieden des Landes gebrochen und ist mit Waffengewalt gegen die staatliche Exekutive vorgegangen. Die verbrecherische Aktion ist dank der bewundernswerten Haltung des Bundesheeres, der Gendarmerie, Polizei und der Hilfsformationen im Zusammenbrechen. Viele Opfer sind durch diesen Anschlag gegen den Staat zu verzeichnen.
Ich fordere alle heimatliebenden Mitbürger auf, Ruhe und Zuversicht zu bewahren und sich geschlossen hinter die Staatsgewalt und deren Organe zu stellen.
Dem Sicherheitsdirektor und dem Generalbrigadier wie besonders auch der braven Exekutive, die von beispielgebender Pflichterfüllung beseelt ist und die alles daran setzte, um die Bevölkerung in ernster, schwerer Stunde zu schützen, spreche ich herzlichen Dank und Anerkennung aus.
Wärmsten Dank aber spreche ich auch der heimattreuen Bevölkerung aus, die ohne Unterschied ihrer politischen Einstellung von vornherein jede Gemeinschaft mit dem sozialistischen Anschlag abgelehnt hat.

Landeshauptmann Dr.Dienstleder

Das Verbot der Sozialdemokratischen Partei

Wien 13.Februar.

Verordnung der Bundesregierung vom 12.Februar 1934, womit der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs jede Betätigung in Österreich verboten wird.
Auf Grund des Gesetzes vom 24.Juli. 1917 Bl.Nr 307 wurde zur Abwehr der mit einer Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit verbundenen wirtschaftlichen Gefahren verordnet:
§ 1
Der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs wird jede Betätigung verboten. Die bestehenden Organisationen dieser Partei sind aufgelöst. Die Bildung neuer solcher Organisationen ist verboten. Es ist jedermann untersagt, sich ausserhalb dieser Organisationen irgendwie für diese Partei zu betätigen. Das Tragen von Abzeichen dieser Partei ist untersagt.
§2
Die Ausübung eines Mandates im Sinne der sozialdemokratischen Arbeiterpartei gilt als Betätigung für die Sozialdemokratische Partei und unterliegt dem Verbot des § 1.
§ 3
(1) Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften ds § 1 werden, unbeschadet der allfälligen strafrechtlichen Verfolgung, von der politischen Bezirksbehörde, im Amtsgebiet einer Bundespolizeibehörde von dieser mit Geldstrafen bis zu 2000 S oder mit Arrest bis zu 6 Monaten bestraft. Die Strafen können auch neben einander verhängt werden.
Auch kann diese Behörde auf den Verfall der Gegenstände, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, erkennen, und zwar ohne Rücksicht darauf, wem die vom Verfall betroffenen Gegenstände gehören.
(2) Der Versuch ist strafbar
(3) Straffällige , die nicht österreichische Bundesbürger sind, sind nach § 2,Absatz 5 des Reichsschubgesetzes vom 27.Juli 1871, RGBl. Nr 88 zu behandeln.
§4.Eine Berufung gegen einen auf Grund des § 3 erlassenen Strafbescheides ist nur zulässig, wenn auf eine Geldstrafe von mehr als 1000 S oder auf Arrest von mehr als sechs Wochen oder auf Verfall von Gegenständen im Werte von mehr als 1000 S erkannt worden ist.
§ 5. Diese Verordnung tritt sofort in Kraft.

An das Volk von Österreich

Wien, 13.Februar 1934

Eine jeder Verantwortung bare Führung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei hat den Versuch unternommen, sich mit Waffengewalt gegen die staatlichen Behörden aufzulehnen, außerdem einen Generalstreik anzuzetteln und den verbotenen republikanischen Schutzbund zu mobilisieren. Dieser verbrecherische Angriff auf die Organe der Staatsautorität hat bereits Blutopfer gefordert.
In Wahrung der ihr obliegenden Pflicht ist die Bundesregierung diesem Unternehmen sofort mit voller Energie entgegengetreten. Abgesehen von mehreren schweren Zusammenstössen in vereinzelten Orten herrscht im Bundesgebiete Ruhe.
Die Bundesregierung richtet noch einmal an die irrgeleiteten Elemente die ernste Aufforderung, von diesem wahnsinnigen Beginnen abzulassen und in Ruhe ihre Arbeit wiederaufzunehmen.
Wer mit Waffen in der Hand gegen die legale Ordnungsgewalt Stellung nimmt, fällt unter die Bestimmungen des auf Aufruhr erweiterten Standrechtes.
Die Bevölkerung Österreichs hat volle Ruhe und Besonnenheit bewahrt.
Die Bundesregierung richtet an sie die Bitte, Gerüchten kein Ohr zu leihen. Die Regierung ist Herr der Lage und wird mit der von ihr aufgebotetenen Machtmitteln des Staates den sozialitisch-kommunistischen Umsturzversuchen ein rasches und radikales Ende bereiten.
Massgebende Führer der Bewegung sind bereits verhaftet worden und alle Vorbereitungen getroffen, um die übrigen Urheber dieses verbrecherischen Attentates zur Rechenschaft zu ziehen.
Um in der Gemeinde Wien Ordnung zu machen, hat die Bundesregierung den Bundesminister Schmitz als Bundeskommissar eingesetzt.
Österreichs Volk, das in den letzten Jahren schwere Opfer für den Wiederaufbau des Landes gemacht hat, wird dieses erfolgreiche Werk der Bundesregierung um keinen Preis von staatsfeindlichen Elementen stören lassen.
Österreicher! Männer und Frauen! In einer entscheidenden Stunde rufen wir Euch auf .
In einer Stunde, in der wir im härtesten Kampfe um die Freiheit unseres Vaterlandes stehen, haben sich sozialistisch kommunistische Verbrecher gegen die staatliche Autorität erhoben, Blutvergiessen verschuldet und mit einem Generalstreik die die Wirtschaft bedroht.
Die Bundesregierung ist des Erfolges gewiss. Der Erfolg wird umso rascher eintreten, je mehr die vaterländische Bevölkerung durch Ruhe und Beruhigung uns die Erfüllung einer harten Pflicht erleichtert.

Österreich über alles.

Die Bundesregierung.

Wien. 13.Februar

Die Nachrichtenstelle veröffentlicht um 17 Uhr folgenden Bericht über die Situation, die sich immer mehr der endgültigen Klärung und Bereinigung nähert.
In Wien wurde der Schlingerhof im 21.Bezirk bereits wieder von der Bundesexekutive besetzt.
Im übrigen Floridsdorf Beschiessung durch Artillerie im Gange, wobei auch Pioniere eingesetzt werden. In Simmering und Favoriten gab es noch kleinere Zusammenstösse.
In Linz ist bereits völlige Ruhe eingetreten. Stadt und Umgebung von Linz sind unter Kontrolle der Exekutive. Die Schutzbündler fliehen in hellen Haufen aus der Stadt.
In Steyr sind motorisierte Batterien eingerückt. Der Heimatschutz unter Führung Starhembergs befindet sich dortselbst.
Der Vorort Ennsleiten wir derzeit gesäubert.
In Kapfenberg ist der Bundesgendarmerieposten, der seit gestern einge- schlossen war, durch Bundesheer und Heimatschutz befreit worden.

Innsbruck 13.Februar

Der Sicherheitskommissär hat im Einvernehmen mit dem Präsidium des Oberlandesgerichtes und der Oberstaatsanwaltschaft über Tirol das Standrecht verhängt.
Im Bergwerksort Höring im Unterinntal und im nahegelegenen Wörgl setzten die Arbeiter des sozialdemokratischen Parteiheimes Widerstand entgegen.
Sonst herrscht in ganz Tirol Ruhe

Linz

In Linz wurde die Ruhe mit geringen Ausnahmen nicht mehr gestört. Die kleinen Widerstandsnester wurden ausgehoben. Auch stärkerer Widerstand bei der Kreiskrankenkasse in der Bethlehemstrasse konnte unterbunden werden.

Heute Standgericht in Wien

Paris, 13.Februar

Bewegter Generalstreik in Frankreich

Der Streik in Paris wurde in den öffentlichen Betrieben fast lückenlos durchgeführt. Mit Ausnahme des Teildienstes in den lebenswichtichen Betrieben ruhte die Arbeit vollkommen. In den Vormittagsstunden wurde notdürftig ein schütterer Verker auf der Untergrundbahn aufrechterhalten. Von Mittag an ruhte jeder Verkehr.
Post, Telegraf und Telefon waren ausgeschaltet. die Eisenbahnen verkehrten mit grossen Verspätungen. In der Privatindustrie streikten etwa 60 Prozent der Arbeiter. Nachmittags fand die Kundgebung in St.Vincennes statt. Abends, aber auch schon vereinzelt im Laufe des Tages, kam es zu schweren Zusammenstössen zwischen Streikenden und Polizei.
Eine Haufen von 2000 Demonstranten stürmte die Autowerke Renault, zündete einige Lastwagen an und baute Barrikaden.
Besonders in den Vororten kam es zu kritischen Situationen.
Auch in Marseille hat ein Sympathiestreik eingesetzt. In den verschiedenen Stadtteilen, besonders auf dem Börseplatz versammelten sich etwa 20.000 Personen.
Als Streikende von der Waffe Gebrauch machten, griff die Mobilgarde ein , und säuberte den Börseplatz. Insgesamt wurden 400 Verhaftungen vorgenommen.

Selbstmordversuche:

Gestern vormittag brachten sich der in Eggenberg, Lilienthalgasse 49 wohnhafte Hilfsarbeiter Franz Michelitsch und die mit ihm lebende Katharina Fötsch in selbstmörderischer Absicht, Schnittwunden an den Pulsadern bei.

Die sozialdemokratischen Führer Bürgermeister Karl Seitz, Vizebürgermeister Georg Emmerling, die Nationalräte Dr.Karl Renner, Dr.Robert Danneberg, Dr.Wilhelm Ellenbogen, Paul Richter, Richard Baumgartl, der ehemalige General und technische Berater des Schutzbundes, Bundesrat Dr.Theodor Körner , Bundesrat Adolf Schärf, eine Reihe von Stadträten und Gemeindräten der Gemeinde Wien, Bezirksvorsteher und Bezirksräte und der Chefredakteur des "Kleinen Blattes" wurden verhaftet.

Der Vizekanzler Emil Fey berichtete am 13.Februar im Österreichischen Rundfunk über die Februarereignisse.

In der Nacht zum 12.Februar haben sich an vielen Stellen in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und in der Steiermark Abteilungen des ehemaligen Republikanischen Schutzbundes in den Parteiheimen der Marxisten, in Gasthäusern, Fabriken und Gemeindehäusern zusammen gefunden, wobei sie sich mit Waffen, die sie an geheimen Stellen verborgen hatten, versahen. Die Sicherheitsbehörden und darüber hinaus der gesamte österreichische Heimatschutz wurden alarmiert und in höchsten Bereitschaftszustand versetzt.
Der Vizekanzler ging von den Ereignissen in Linz aus und teilte mit, daß Urfahr, in dem die roten Horden, wie er es ausdrückte, wüteten und plünderten, nach hartnäckigen Kämpfen von Bundesheer und Heimatschutzabteilungen befreit worden ist.
In Steyr hatte der Schutzbund die ganze Ennsleiten besetzt. Dort sind Abteilungen des Wiener und niederösterreichischen Heimatschutzes unter persönlicher Führung des Bundesführers Starhemberg zum Angriff übergegangen und nach schwerem, hartnäckigen Ringen wurde der Schutzbund gezwungen zu weichen.
In der Steiermark waren Schutzbundabteilungen in Bruck an der Mur eingerückt und hatten die umliegenden Höhen besetzt. Die Gendarmeriekaserne wurde zerniert und konnte erst nach längeren Kämpfen entsetzt werden.

Auch in der Stadt selbst kam es zu schweren Strassenkämpfen, denn die Schutzbündler hatten die Bewohner aus ihren Wohnungen vertrieben und schossen aus ihren Maschinengewehren und mit Gewehren aus den Fenstern.
Die Situation war dort äusserst bedrohlich, weil die Gendarmerie vollkommen eingeschlossen war und zunächst keine Hilfe gebracht werden konnte. Bundesheerabteilungen und starken Abteilungen des österreichischen Heimatschutzes gelang es schliesslich, den Gendarmieposten zu entsetzen.
In Eggenberg, wo sich die Schutzbündler in der Fabrik von Wagner und Biro, weiter im Schienenwalzwerk und in anderen Fabriken schwer bewaffnet festgesetzt hatten, gelang es ebenfalls nach heißen Kämpfen, den Gegner zu werfen und die Überlebenden gefangenzunehmen.
In Judenburg wurden die dort errichteten Barrikaden von der Exekutive gestürmt und weggeräumt.
In Weiz wurden die Schutzbündler von vornherein leicht in die Flucht geschlagen.
In St.Pölten wurde das Kinderfreundeheim von Kommunisten gesäubert. In Neunkirchen ging der Schutzbund gegen den Hauptplatz vor, gab nur wenige Schüsse ab und zog sich dann, als das Schutzkorps das Feuer erwiderte, wieder zurück.
Der Vizekanzler berichtete dann über die Kämpfe in Wien, wo namentlich in Heiligenstadt und Floridsdorf Artillerie herangezogen werden musste. Nach Beschiessung der Gemeindehäuser wurden die eingenisteten Verbrecher in die Flucht geschlagen oder gefangen genommen.
Besonders heiss waren die Kämpfe im 21. Bezirk um den Schlingerhof und in der Quellenstrasse im 10.Bezirk.
Im Schlingerhof befanden sich 400 Schutzbündler, denen 2 Maschinengewehre und 300 Handgranaten von der Exekutive weggenommen wurden. Sie gehörten der städtischen Feuerwache in Floridsdorf, die mit den Schutzbündlern gemeinsame Sache gemacht hatte. Es wurden im Schlingerhof Feuerwehrmänner verhaftet.
Die Exekutive hatte Tote zu beklagen.
Die Bundesregierung ist Herrin der Lage und wird auch in Zukunft dafür sorgen, das derart unmögliche Dinge nicht mehr vorkommen.
Der von den Marxisten beabsichtigte Generalstreik ist schon nach kurzer Zeit jämmerlich zusammengebrochen.
Licht, Wasser, Telefon funktionieren in vollem Umfang, und die Bahnen sind vollkommen in Betrieb.
Es handelt sich lediglich nur mehr darum, die letzten roten Verbrecher aus den letzten roten Nestern herauszuholen, und das wird mit aller Strenge durchgeführt werden.
Mehrere hundert Schutzbündler sind bereits gefangen und werden in aller Kürze vom Standgericht das wohlverdiente Urteil gesprochen bekommen.

Die sozialdemokratische Partei, die so lange Österreich beunruhigt hat, hat zu bestehen aufgehört.
Darum bedeutet der 12.Februar einen Wendepunkt in Österreichs Erneuerung.
Und nun ein Wort an die Arbeiter. Viele Jahre hindurch haben sie sich durch ihre Führer verblenden und verhetzen lassen. Sie mussten zusehen, wie diese Führer auf ihre Kosten sich bereichert haben. Sie haben es mitangesehen und mitgemacht, daß sie von ihren Führern vor die Geschütze, die Maschinengewehre, die Gewehre der Exekutive gejagt wurden, und wo sind diese Führer jetzt ? Soweit sie nicht verhaftet sind, haben sie es vorgezogen, das Weite zu suchen, und heute berichten bereits die tschechischen Blätter, daß gerade die Haupthetzer und Hauptführer des Republikanischen Schutzbundes und des radikalen Flügels der soziademokratischen Partei, Dr.Bauer und Dr.Deutsch wohlbehalten in Prag eingetroffen sind.
Ich bin überzeugt, daß sie sich auch mit Reisegeld entsprechend versehen haben werden.
Wollt ihr, Arbeiter, die ihr vom selben Blute seid wie wir, die dassselbe Vaterland hervorgebracht hat, wie uns, wollt ihr, Arbeiter, um dieser Führer willen, um irgendeines Phantomes willen, das man Sozialismus, Marxismus nennt, euch weiter herumschlagen ?
Wollt ihr weiter euer Leben opfern, wollt ihr weiter ungeheure Werte des Staates vernichten, was euch am meisten schädigt, denn ihr könnt nur leben wenn die Wirtschaft lebt. Kehrt ein in euch, Arbeiter von Österreich, die ihr heute noch in Verblendung auf der anderen Seite steht.
Im weiteren dankt Fey der Exekutive und stellt noch einmal fest
" Ich als Leiter des Sicherheitswesens will nicht dulden, daß hier bolschewistische Zustände einreissen. Wer sich uns da noch entgegenstellt, wird die ganze Schwere des Gesetzes und unserer Faust zu fühlen bekommen.
Abschliessend gedachte der Vizekanzler der Toten, die der Abkehrkampf gefordert hatte.

Nach dem Einmarsch der Hitlertruppen in Österreich beging Emil Fey mit seiner Familie Selbstmord.

Das Floridsdorfer Arbeiterheim wurde nach schwerem Artilleriebeschuss gestürmt, ebenso der Floridsdorfer Nordbahnhof. In der Gartenstadt wurden weisse Fahnen gehisst.
Aus Jedlersdorf sind Abteilungen der Gendarmerie und des Bundesheeres in Anmarsch.

Ebenso hat der Heimatschutz, der beim Umspannwerk in Floridsdorf eine äusserst gefährdete Position innehatte, seinen Vormarsch gegen den Gebäudekomplex aufgenommen.
Auch an anderen Wiener Gemeindbauten, in der Quellenstrasse, in der Raabengasse und in der Budinskigasse wurden weisse Fahnen gehisst.

In der Nacht auf Montag wurde ein Telegramm des Inhaltes " Ernst und Anna erkrankt. Unternehmung verschieben" an den Schutzbundführer Bernaschek aufgefangen.
Daraufhin wurde das Linzer Parteiheim beobachtet und dabei fieberhafte Tätigkeiten bemerkt. Aus diesem Anlass wurden Wacheleute ins Haus geschickt, auf die sofort das Feuer eröffnet wurde. Nachdem Geschütze aufgefahren und Verstärkung herangezogen wurde, ergaben sich die Sozialdemokraten.
Korrekter Telegramminhalt:nach Bernaschek: "Ernst und Otto schwer erkrankt.Unternehmung aufschieben“.

Die Freinburg, das Wasserreservoir, das Park Bad, die Diesterwegschule und das Allgemeine Krankenhaus wurden von Angehörigen des Schutzbundes besetzt.

Es wird vermutet, daß eine für ganz Österreich geplante Offensive durch das verräterische Telegramm um einige Tage zu früh zum Ausbruch gezwungen wurde.

Auflösung sozialdemokratischer Organisationen und Vereine.

Das Bundeskanzleramt hat die nachstehenden Vereine, die ihren Sitz in Wien haben, aufgelöst:
Verein der sozialdemokratischen Gewerbtreibenden und Kaufleute Österreichs.
Verband der sozialistischen Arbeiterjugend Deutsch-Österreichs.
Verband der jüdisch sozialistischen Arbeiterjugend Österreichs.
Sozialdemokratischer Erziehungs- und Schulverein " Freie Schule - Kinderfreunde"
Reichsverein für Österreich
Bund der religiösen Sozialisten
Arbeiter Abstinenten Bund Österreichs
Republikanischer Bund der Opfer des Krieges und der Arbeit in Österreich.
Arbeiter Samariter Bund Österreichs
Arbeiter Rad und Kraftfahrerbund Österreichs ARBÖ
Arbeiterbund für Sport und Körperkultur ASKÖ
Touristenverein Die Naturfreunde
Reichsgruppe Österreich
Arbeiter Flug Sportverband
Arbeiter-Jäger und Schützenbund in Österreich
Arbeiter Sportvereinigung Fichte
Österreichischer Arbeiter Turn und Sportbund
Österreichischer Arbeiter Handballverband
Arbeiter Schwimmverein
Verband der österreichischen Arbeiter Schwimmvereine
Verband der österreichischen Arbeiter Fischereivereine
Arbeiter Funkverband Österreichs
Arbeiter Funkverein Wien,Niederösterreich,Burgenland
Österreichischer Arbeiter Schachbund
Gau Wien des Österreichischen Arbeitersängerbundes
Chormeisterbund der Arbeiter Gesangsvereine
Verband der Arbeitermusikvereine Österreichs Verband der Arbeiterschaft der chemischen Industrie Österreichs
Gewerkschafts- und Rechtsschutzverein des österreichischen Eisenbahnpersonals
Angestelltenvereinigung der Hotel-, Gast- und Kaffeehausangestellten und verwandter Berufe Österreichs
Zentralverein der kaufmännischen Angestellten Österreichs
Österreichischer Metall- und Bergarbeiterverband
Militärverband der Republik Österreich
Bund der öffentlichen Angestellten Österreichs

Selbstmordversuch der Hausgehilfin des Bürgermeisters Seitz

15.Feber 1934

Heute hat sich die bei dem verhafteten Bürgermeister Seitz bedienstete Hausgehilfin Rosa Grill in selbstmörderischer Absicht mit einem Messer Schnittwunden am Handgelenk zugefügt und auch den Gashahn geöffnet. Die Rettungsgesellschaft brachte die Grill ins Spital. Sie verweigert jede Auskunft über die Tat.

An die Stelle des bisherigen sozialdemokratischen Direktors der Zentralsparkasse Wien tritt der Rechtskonsulent der Österreichischen Nationalbank, Dr.Walter Schmidt.
Dr.Schmidt war seinerzeit in der Leitung der ersten österreichischen Sparkasse tätig.
Die Satuten der Zentralsparkasse bleiben gänzlich unverändert.
Es wird bloss der parteimässige Einfluss der früheren Gemeindeverwaltung beseitigt.

Die Arbeiterbank (heute BAWAG) wurde polizeilich gesperrt. Der Ministerrat hat die Auflösung der Bank und die Liquidation der Anstalt verfügt.
Zum Liquidator wird das Österreichische Creditinstitut für öffentliche Unternehmungen und Arbeiten in Wien bestellt.

Auflösung sozialistischer Gewerkschaften

Wien, 17.Februar 1934
Das Bundeskanzleramt hat nachstehende Vereine, die ihren Sitz in Wien haben, aufgelöst:
Verband der Kunstblumen und Schmuckfedernarbeiterinnen und Arbeiter Österreichs
Verein der Buchbinder und Papierverarbeiter Österreichs
Verband der Bürogehilfen der Industrie Österreichs
Verband der Friseurgehilfen Österreichs
Verband der Hutarbeiter Österreichs
Verein der Kartonagenarbeiter, deren Hilfsarbeiter und - arbeiterinnen Deutschösterreichs
Reichsverband der Gemeindeangestellten Österreichs
Verband der Freien Arbeitsbauern Österreichs
Reichsverein der Zeitungsbeamten Österreichs
Verein photographischer Mitarbeiter Österreichs
Zentralverband der Landesorgansiationen der Kriegsinvaliden und Kriegshinterbliebenen Österreichs

Flugblatt

Unter den Aufständischen wurde in Graz eine Flugblatt des "Arbeiterwille" verteilt, das den Aufruf des sozialdemokratischen Parteivorstandes zum Generalstreik und zur Niederkämpfung des Faschismus mit allen Mitteln enthielt.

Die Redaktion des "Arbeiterwillen" wurde am Montag in den Mittagsstunden besetzt.

Die Schreckenstage im Brucker Gebiet

Bruck war ebenso wie in den Julitagen 1927 auch in diesen Tagen des roten Aufstandes ein Brennpunkt der Kämpfe. Die Saat des Koloman Wallisch ist grauenerregend aufgegangen.
Montag den 12.Februar um 12 Uhr mittags wurde der von den Gewerkschaften im ganzen Bundesgebiet angeordnete Generalstreik bekanntgegeben. In der Firma Felten & Guilleaume wurde Gendarmerie beansprucht. Eine grössere Abteilung unter Führung des Bezirks Kommandanten Stellvertreters Vinzenz Knauz besetzte unmittelbar darauf die Fabrik. Kaum war dies geschehen, ging der Schutzbund zum Sturm auf die Gendarmeriekaserne in der Wiener Gasse über. Ein Trupp sprengte das Tor der Kaserne und drang bis in den Hof vor ein anderer schoss gegen die Fenster der Kaserne. Der Führer der in der Kaserne eingedrungenen sank, von mehreren Kugeln getroffen, tot zusammen, ein zweiter erlitt schwere Verletzungen. Zwei Gendarmeriemotorräder mit Beiwagen, mit je 2 Mann besetzt, kamen unmittelbar danach durch die Burggasse gegen die Kaserne gefahren. Sie erreichten wie durch ein Wunder im Kugelregen unverletzt den Innenhof. Schon den ersten Schüssen war ein Gendarmerie Aspirant zum Opfer gefallen. Ein Gendarm erlitt schwere Verletzungen, denen er erlag.
Ein Abtransport war unmöglich, weil der Rettungswagen der freiwilligen Feuerwehr unter Feuer genommen wurde. Die Rettungsabteilung der freiwilligen Feuerwehr hat ihre Pflicht in geradezu heldenhafter Weise erfüllt. Obwohl sie wiederholt beschossen wurde, wie die Kugelspuren an den Fahrzeugen beweisen und selbst beim Bergen von Verwundeten unter Feuer genommen wurde, folgte sie sofort jedem Hilferuf.
Die Gendarmeriekaserne wurde den ganzen Nachmittag unter schwerem Gewehr- und Maschinengewehrfeuer gehalten, und zwar sowohl von der Wiener Strasse als auch von der Schlossbergseite. Der Beschuss wurde auch in der Nacht fortgesetzt, in der wiederholt Sprengkörper gegen das Gebäude gechleudert wurden. In der Kaserne ist nicht nur die Gendarmerie untergebracht, es wohnen in ihr auch eine Anzahl von Parteien mit Frauen und Kindern, die eine Schreckensnacht miterleben mussten. Es muss als besondere Fügung des Schicksals bezeichnet werden, daß sie unverletzt blieben, ebenso wie der Bezirkshauptmann Rattek und Landesregierungsrat Dr.Schmidl, die zur Zeit, als der Sturm losbrach, in der Kaserne weilten und sie nicht mehr verlassen konnten.
Ebenso wie die Kaserne war auch das nächst der Mürzbrücke gelegene Beamtenhaus der Firma Felten & Guilleaume, in dem die Gendarmerieabteilung zum Schutze der Fabrik sich aufhielt, am Nachmittag und die ganze Nacht hindurch Ziel des wütenden Feuers., das vor allem aus dem grossen Gebäude kam, das gegenüber der Bahnhofsstrasse unmittelbar neben der Drehscheibe der Werksbahn steht. Dem Schutzbund schien alles daran gelegen zu sein, die Exkutive tot oder lebendig in die Hände zu bekommen.

Da der Strom im Elektrizitätswerk um 2 Uhr nachmittag abgeschaltet wurde, lag die ganze Stadt von den Abendstunden an in undurchdringlichem Dunkel. Dies verstärkte noch die Ängste dieser Nacht. Niemand traute sich ans Fenster, um nicht erschossen zu werden. Ungezählte Schüsse fielen. Aus der Gendarmeriekaserne wurde das Feuer lebhaft erwidert Die Verteidigung der Kaserne leiteten Stabsrittmeister Fuchs und Rittmeister Palm. Ebenso bravourös hielt sich die Gendarmerieabteilung im Feltenbeamtenhaus.
Um 1 Uhr nachts erschien ein Parlamentär der Aufständischen mit einer weissen Fahne und verlangte vom Kommandanten Bezirksinspektor Knauz die Übergabe. Er sicherte den Gendarmen freien Abzug zu, doch verlangte er die Ablieferung der Waffen. Knauz lehnte die Aufforderung unter Berufung auf seinen Befehl ab. Der Parlamentär drohte darufhin mit der Sprengung des Hauses, ohne damit den Kommandanten zu beeindrucken. Die Beschiessung wurde auf das heftigste fortgesetzt.
Mit der gleichen Wucht ging der Schutzbund gegen die im Forstlehranstaltsgebäude untergebrachten Assistenzkörper, rund 40 Mann Sturmschärler und Starhemberger vor.
Das Anstaltsgebäude wurde sowohl vom Hubertusheim, in das die Schutzbündler eindrangen und die Forstler zum Verlassen zwangen, als auch von der Villa Kohlberger, von der sie Besitz nahmen und vom Bürgerspitale her beschossen. Dem Feuer fiel ein Sturmschärler zum Opfer. Auch Schutzbündler fanden hier den Tod. Die Lage der Eingeschlossenen schien aussichtslos. Sie konnte erst im Morgen vom Militär befreit werden.

Die militärischen Aktionen in der Steiermark

Als sich am 12.Februar die aufständische Bewegung vorerst in der Obersteiermark auszubreiten begann und in den Industrieorten des Mur- und Mürztales bewaffnete Abteilungen des Republikanischen Schutzbundes auftauchten, trat, angefordert durch die gesetzmässige bürgerliche Gewalt, die Brigade Steiermark in Aktion.
Sie konsignierte ihre Garnisonen und entsandte am Nachmittag ein Bataillon des Alpenjägerregiments Nr.10 unter dem Kommando des Oberstleutnant Moltini nach Bruck, wo die Aufständischen die Sicherheitsexekutive überfallen und Teile der Gendarmerie in ihrer Kaserne eingeschlossen hatten.
Zwischen Pernegg und Stausee war die Bundesstrasse durch umgeschnittene Telegraphenmasten und Obstbäume verlegt. Diese Hindernisse mussten teilweise unter Feuer beseitigt werden.

Das Baon erreichte Bruck an der Mur gegen 8 Uhr abends. Die Spitzenkompagnie konnte bis zum Hotel Bauer vordringen. In der Zwischenzeit wurde das Gros des Baons unter ständigem Feuer bei der Grazer Brücke ausgeladen. Der Erfolg war jedoch unmöglich, solange die Stadt vom Schlossberg aus mit Maschinengewehrfeuer bestrichen wurde.
Deshalb wurden in der Nähe der Kaufmännischen Grosseinkaufsgenossenschaft mehrere Gebirgskanonen in Einsatz gebracht, die die durch das Mündungsfeuer und durch abgeschossene Leuchtraketen erkenntlichen Stellungen am Schlossberg unter Beschuss nahmen. Unter dem Schutz des Artilleriefeuers gelangte der Grossteil des Baons bis zur Bezirkshauptmannschaft. Von dort aus wurden alle erkennbaren Dachschützen und Maschinengewehrnester im Fabrikviertel, am Turm des Konsumvereinsgebäudes und anderen umliegenden Häusern unter Feuer genommen.
Die Gendarmerieabteilungen konnten erst nach dem Fall der Schlüsselstellung auf dem Schlossberg entsetzt werden. Unter neuerlichem Einsatz von Artillerie und Minenwerfern gelang unter der Führung Leutnant Exlers über die steinere Stiege von der Wiener Strasse aus, den Schlossberg im Sturm zu nehmen.
Die Schutzbündler flüchteten unter Mitnahme der Waffen und Munition und ihrer Verwundeten. In der verlassenen Stellung wurde ein Toter vorgefunden.
Bei Tagesgrauen wurde der Entsatz der Gendarmeriekaserne vorbereitet. Dies gelang im frühen Morgen. Ein Teil des Schutzbundes sah die Aussichtslosigkeit weiteren Widerstandes ein und flüchtete gegen die Murinsel und von dort über den Steg der Wehranlage auf das rechte Murufer, um die Flucht in Richtung gegen den Utsch und das Mugelgebiet fortzusetzen.
Dies führte auch zur Befreiung des Schutzkorps im Gebäude der Forstlehranstalt. Die im Feltenbeamtenhaus eingeschlossene Gendarmerieabteilung wurde nach starkem Feuergefecht um etwa halb 9 Uhr vormittags befreit. Die Kompanie des Major Schirmbacher, die die Bezirkshauptmannschaft besetzte, hatte vom Augenblick des Eindringens in die Stadt bis zum Tagesanbruch ununterbrochene Feuergefechte mit Maschinengewehrnestern und Dachschützen. Der Vormittag des Dienstag verlief im allgemeinen ruhig. Das Miltär ging vom Schlossberg gegen den Krecker und weiterhin gegen das Madereck vor, um zu verhindern, daß sich die Schutzbündler irgend wo in dem Gebiet wieder festsetzten.
In der Stadt hörte man noch lange schiessen. Ein Teil der Aufständischen zog sich gegen Hochanger und den Eisenpass zurück. Die Ruhe, die am Vormittag in der Stadt eingekehrt war, hielt aber nicht an. Um 3 Uhr wurden die Gendarmeriekaserne und das ind Strassen streifende Miltär erneut von mehreren Dächern, vorwiegend in der Mittergasse, beschossen.

Es entwickelte sich ein scharfes Feuergefecht, das fast eine Stunde dauerte und zur Besetzung der Häuser führte, von denen die Dachschützen gefeuert hatten. In der Nacht zum Mittwoch kam es etwa um 11 Uhr zu einer schweren Schiesserei, die bis 2 Uhr morgens anhielt. Den Roten war es nämlich wieder gelungen, von den nördlichen Höhenzügen die Stadt unter Feuer zu nehmen.
Seit Mittwoch den 14.Februar herrscht Ruhe. An diesem Tage wurden die Lebensmittelgeschäfte wieder geöffnet. Donnerstag bot die Stadt wieder das gewohnte Bild.
Von den Schutzbündlern haben sich am Mittwoch, besonders am Donnerstag, viele ergeben. Die meisten sind von den Höhenzungen halb erfroren und halb verhungert heruntergekommen, da sie die Aussichtslosigkeit eines weiteren Widerstandes erkannt haben.

Die Ereignisse in Graz

Da es bald darauf auch in Eggenberg und nächst dem Kalvarienberg in Gösting zu Überfällen auf Polizei- und Gendarmerieposten gekommen war, wurden auch hier militärische Kräfte, zwar Teile des Alpenjägerregiments Nr.) und der Brigade Artillerie Abteilung Nr.5, gegen die als Stützpunkte der Aufständischen dienenden Objekte, insbesondere die Gebäude des Eggenberger Gemeindeamtes und des Arbeiter Konsum Vereins eingesetzt.
Diese Aktion wurde vom Kommandanten des Alpenjägerregiments Nr. 9, Oberst Weiß, geführt.
Das Baon III/9 wurde aus Strass per Bahn nach Graz herangezogen und dem Baon Moltini auf die Nachricht vom grösseren Umfang der Unruhen in der Obersteiermark Artillerie nachgesandt.
Diese Massnahmen lösten in der Nacht zum 13.Februar eine Anzahl von Gefechten aus, deren für das Bundesheer erfolgreicher Verlauf das Schicksal der Aufstandsbewegung in der Steiermark entschied.
In Eggenberg fiel das Konsumvereinsgebäude und das Gemeindehaus nach kurzem Artilleriebeschuss. Gleichzeitig wurden auch die als Stützpunkte und Waffenlager des Republikanischen Industrieanlagen westlich des Haupt- und Frachtenbahnhofes durch ein Halbbaon des Alpenjägerregimentes Nr.9 mit Artillerieunterstützung genommen und die Polizeistube Hackhergasse befreit.
300 Schutzbündler wurden gefangen genommen, Waffen, Spreng- und sonstiges Material wurde erbeutet.
Der Aufruhr flackerte nach diesen Aktionen am 13.Februar nur mehr an einzelnen Punkten von Eggenberg, dann in Gösting weiter, wo der Gendarmerieposten befreit, die vom Gegner erichteteten Mautbarrikaden im Kampf gesäubert und ein Personalhaus (Arbeiterwohnhaus) genommen wurde.

Die Umgebungsgemeinden westlich der Mur konnten vollkommen gesichert werden.
Die Lage im oberen Mur- und Mürztal, dort hatte der Schutzbund alle Gewalt an sich gerissen, blieb noch ungeklärt.
Eine vor dem Bahndurchlass Judenburg errichtete Barrikade konnte ohne Anwendung von Waffengewalt überwunden werden.
Das Brigadekommando sandte weitere Verstärkungen an Artillerie und Infanterie nach Bruck,wodurch auch die im Murtal stecken gebliebenen, von Graz nach Bruck entsandten Abteilungen des Heimatschutzes flott gemacht wurden.
Gleichzeitig rollten Verstärkungen aus dem Burgenland, das Radfahrer Baon Nr.1 aus dem Burgenland ins Mürztal und aus Kärnten kam das Halb Baon des Alpenjägerregiments Nr.11 ins obere Murtal.
Mit diesen Kräften sollte am 14. Februar an ein endgültiges Reinemachen geschritten werden.
Das Radfahrer Baon stiess am Nachmittag des 13.Februar bei Kapfenberg auf eine sehr gut besetzte und mit Maschinengewehren verteidigte Sperrstellung auf der Ruinenhöhe östlich des Ortes, und musste Minenwerfer einsetzen um die Räumung zu erreichen.
Zwischen Bruck und Pernegg kämpften die aus Graz entsandten Verstärkungen gegen Strassensperren des Schutzbundes. Doch wurde auch hier der Widerstand im Laufe des Nachmittags gebrochen. Sämtliche entsandten Kräfte konnten sich in Bruck vereinigen. Das motorisierte Kärntner Bataillon hielt für eine Nacht in Judenburg Koloman Wallisch, der mit den Resten des Brucker und Kapfenberger Schutzbundes nach Süden durchzubrechen versuchte. Er wurde in das Gebirge südlich von Bruck abgedrängt, wo sich die weitere Auflösung vollzog.
Eine militärische Schiabteilung und eine Gendarmerieabteilung fahnden noch nach Wallisch und seinen letzten Anhängern.
Erst jetzt äusserte sich der Aufstand in der Weststeiermark. Der Schutzbund unter der Leitung des Voitsberger Bürgermeisters Steiner bewaffnte seine Anhänger, nötigte die Arbeiterschaft in Voitsberg zum Streik und unterbrach den Betrieb der Graz-Köflacher Bahn.
Nach Voitsberg wurde eine Kompanie des Alpenjägerregiments Nr.9 , verstärkt durch schwere Waffen entsandt.
Die in der Voitsberger Glasfabrik verschanzten Schutzbündler gaben kampflos auf, räumten das Gebäude und lieferten die Waffen ab. Steiner entfloh mit wenigen Anhängern in den Süden.

Der Landeshauptmannstellvertreter von Kärnten Dr.Zeinitzer und der Klagenfurter Bürgermeister Pichler, die noch vor der Auflösung aus der sozialdemokratischen Partei austraten, richteten einen Aufruf an die Arbeiterschaft, sich zu einem " Freien Arbeiterbund Österreichs" zusammenzuschliessen.

Aufruf an die Arbeiterschaft

Der freie Arbeiterbund Österreichs hat die Aufgabe übernommen, die Interessen jener Arbeiter und Angestellten zu vertren, die klar,eindeutig und rückhaltlos sich zu einem freien und unabhängigen Österreich zu bekennen.
Die furchtbaren Blutopfer, die durch die gewissenlose Hetze und die verantwortungslose Führung der früheren Wiener Parteizentrale gebracht wurden, müssen jetzt allen die Augen öffnen. Wir stehen an den Gräbern von braven, irregeleiteten Arbeitern, die ihren verbercherischen Führern blindlings gehorcht haben, während die Verantwortungsvollen das Weite suchten.
Die Revolutionsromantik und die internationale Prestigepolitik der marxistischen Theoretiker haben namenloses Unglück über hunderte von Arbeiterfamilien gebracht. Die verbrecherischen Akte gegen die Staatsexekutive haben beklagenswerte Opfer auf seiten der Verteidiger der staatlichen Ordnung heraufbeschworen, die ihre Pflicht in Selbstaufopferung erfüllten.
Der freie Arbeiterbund Österreichs zieht den deutlichen, unverrückbaren Trennungstrich zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wir haben mit dem Marxismus nichts zu tun.
Wir sehen die Zeichen der neuen Zeit, die in so furchtbaren Wehen geboren wird. Wir erkennen schon lange die Gefahr, die unserem Vaterlande durch den Nationalsozialismus droht, der von innen und aussen unsere Freiheit erschüttert und auch nicht davor zurückschreckt, ein freies Österreich aufzuheben.
Dem Bundeskanzler Dr.Dollfuss, der seit Monaten den Kampf um die Freiheit unserer Heimat, um ein unabhängiges Österreich führt, stellt sich der Freie Arbeiterbund zur Verfügung.
Er hat volles Vertrauen zu dem Staatsführer Österreichs und unterstellt sich mit Freude und Zuversicht seiner Führung.
Wir sind Österreicher, bereit unser Vaterland zu verteidigen gegen die äusseren und inneren Feinde des Staates. Die gesamte Arbeiterschaft soll endlich verstehen, daß der Nationalsozialismus die einzige grosse Gefahr ist, gegen die wir uns wenden müssen, mit ganzer Wucht, Schulter an Schulter mit allen, die treu zu Österreich stehen.
Wir wollen daher mitbauen am neuen Österreich. Weg mit allen Negationen, mit verständnisloser, unfruchtbarer Kritik !
Der Aufruf schliesst mit der Bitte an den Bundeskanzler, den irregeleiteten Arbeitern gegenüber die Strenge des Gesetzes durch seine Güte zu mildern.

Ergreiferprämie für Wallisch auf S 5000 erhöht

Laut Mitteilungen der Sicherheitsdirektion für Graz hat der Vizekanzler Fey die auf die Ergreifung des Koloman Wallisch festgesetzte Prämie von 1000 S auf 5000 S erhöht.

17.Februar 1934

Heute um 10 Uhr vormittags findet im Zentralfriedhof die feierliche Beisetzung von zwölf Angehörigen des Bundesheeres, der steirischen Gendarmerie, der Grazer Bundespolizei und des freiwilligen Hilfskorps statt, die in Erfüllung ihrer Pflicht den Heldentod auf den Schauplätzen des Aufruhrs der letzten Tage erlitten haben. Die zwölf Toten sind im südlichen Quertrakt des Zentralfriedhofes aufgebahrt. Die Särge versinken fast in einem Meer von Blumen und Kränzen mit Schleifen in Rot Weiss Rot und Weiss Grün.

Selbstmord
Gestern hat sich im Hause Rechbauerstrasse 34 der 54 Jahre alte Hausmeister Franz Mogorwitsch erhängt. Die Rettungsabteilung fand bei ihrem Eintreffen den Mann bereits als Leiche vor.

Der Stadrat Graz hat in seiner gestrigen Sitzung nachstehende Beschlüsse gefasst:
Dem gewesenen Bürgermeister von Graz Vinzenz Muchitsch und dem gewesenen Bürgermeisterstellvertreter Engelbert Rückl wird die Prokura für die Firmen Gemeinde Graz - Städtisches Gas- und Elektrizitätswerk, Gemeinde Graz - Städtisches Wasserwerk und Gemeinde Graz - Städtische Bestattungsanstalt entzogen.

Der ehemalige Stadtrat Fritz Uhrner wird als Geschäftsführer der Vieh- und Fleischmarktkassa Ges.m.b..H. abberufen.
Dem Rechtsanwalt Dr.Bruno Kurzweil wird die Vollmacht zur Vertretung der Stadtgemeinde Graz, der vorerwähnten drei Firmen und des Versatz- amtes der Stadt Graz entzogen.

Der Haupttreffer der Klassenlotterie von S 100.000 ist bei der gestrigen Ziehung auf das von der Österreichischen Postsparkasse verkaufte Los Nr.58.400 entfallen.

Heute Samstag den 17.Februar wird das Orpheum mit einem ganz neuen Spielplan wieder eröffnet.

Ablieferung von Kriegswaffen

Wer unbefugt Maschinengewehre, Militärgewehre, die dazu gehörige Munition, Handgranaten und ähnliche Sprtengkörper und Sprengmittel in Gewahrsam hält, hat diese Gegenstände unverzüglich und längstens bis 25.Februar 1934 bei der nächsten für seinen Wohnbezirk zuständigen Sicherheitsdienststelle (Polizeibehörde, Bezirkshauptmannschaft, Wachstube, Gendarmerieposten,Schutzkorpsposten) abzuliefern.
Für die Ablieferung eines Gewehres wird eine Prämie von 2 S, für die eines Maschinengewehres eine Prämie von 50 S sowie die Geheimhaltung des Namens des Überbringers und Straflosigkeit für diesen unbefugten Waffenbesitz zugesichert. Anzeiger erhalten bei Geheimhaltung ihres Namens die ausgesetzten Prämien in dem Ausmasse, als auf Grund der Anzeige Gegenstände der vorerwähnten Art tatsächlich zustande gebracht werden. Nach Ablauf des festgesetzten Termins wird gegen den Beisitz von Kriegswaffen mit der grössten Strenge und den schwersten Strafen vorgegangen.

Wien, den 16.Februar 1934

Generaldirektion für öffentliche Sicherheit

Gesamtzahl der Toten und Verwundeten im Bundesgebiet

Amtlich wurde die Zahl der in den Kämpfen der letzten Tage getöteten Personen wie folgt festgestellt:
Auf seiten der Exekutive sind im ganzen Bundesgebiet 102 Personen gefallen, 319 verwundet, davon 115 schwer.
Von den 102 getöteten Exkutivorganen entfallen auf das Bundesheer 29, auf die Gendarmerie 11 und auf das Freiwillige Schutzkorps 33, wovon 4 dem Stande der ostmärkischen Sturmscharen und 29 dem Österreichischen Heimatschutz angehören. In Wien allein fielen 42 Exekutivorgane, 125 wurden verwundet.

An Zivilpersonen sind 137 Tote und 399 Verwundete gemeldet., davon entfallen auf Wien 105 Tote und 248 Verwundete. Es handelt sich hiebei nicht ausschliesslich um Aufrührer, sondern es befinden sich auch einige unbeteilgigte Personen darunter, die durch das rücksichtslose Feuer der Schutzbündler getroffen wurden
Es ist dies innerhalb weniger Jahre das zweitemal, daß von sozialdemokratischer Seite ein Aufruhr entfesselt wurde und daß diese nunmehr verbotene Partei schwere Blutschuld auf sich geladen hat. Es muss daran erinnert werden, daß anlässlich der Ereignisse des 15.Juli 1927 98 Personen getötet und über 700 verletzt wurden.

Der Kopf

Von der Sicherheitsdirektion wird mitgeteilt: Koloman Wallisch, der als prominenter Führer an dem Putsch des republikanischen Schutzbundes in Bruck an der Mur mitgewirkt hat und sodann bewaffnet mit 50 Anhängern in südwestlicher Richtung geflüchtet ist, ist im Betretungsfall zu verhaften.

Vizekanzler Fey hat die Prämie von 1000 S, die der Sicherheitsdirektor für Steiermark auf die Aufgreifung des Wallisch ausgesetzt hat, auf 5000 S erhöht.
Koloman Wallisch ist 45 Jahre alt, zirka 172 Zentimeter gross, stark, breitschultrig, hat etwas schiefe Haltung, sehr kurzen Hals, breites Gesicht, etwas gebogene Nase, brünettes, graumeliertes Haar, englisch gestutzten Schnurrbart, breiten Mund, starkes Gebiss, brutalen Gesichtsausdruck.

Montag 19.Februar 1934

Koloman Wallisch wurde auf seiner Flucht auf dem Perron des Bahnhofes Ardning von einem Bundesbahnschaffner erkannt und dem Posten Liezen angezeigt.
Koloman Wallisch und seine Frau Paula wurden in der Nähe von Admont verhaftet . Er hat sich ohne Widerstand ergeben und wurde dem zuständigen Standgericht Leoben übergeben. Seine Frau Paula wurde ins Kreisgericht Leoben eingeliefert.

Wallisch hatte versucht, nach Linz zu gelangen. Von dort aus wäre sein Fluchtweg ins sichere Ausland vorbereitet gewesen.

Radiobotschaft des Bundeskanzlers an Amerika

Der österreichische Bundeskanzler sprach am Abend des 17.Februar auf allen amerikanischen Sendern über die Ereignisse in Österreich und stellte fest, daß der revolutionäre Anschlag gegen den Staat vom österreichischen Volk, von der Regierung und von der Exekutive kraftvollst abgewehrt wurde. In diesen Tagen des nationalen Unglücks, führte der Kanzler aus, handelte es sich nicht um den Kampf der Arbeiterschaft gegen die Regierung, sondern um den Kampf einer radikalen Gruppe gegen Staat und Gesellschaft.
Die Generalstreikparole wurde von den Arbeitern in sämtlichen staatlichen Betrieben nicht befolgt, in der Privatwirtschaft höchstens von einem Zehntel der Arbeiter.

Wallisch und Schutzbundkommandant Russ vor dem Leobener Standgericht

Am Nachmittag des 19.Februar beginnt vor dem Standgerichtssenat gegen den Nationalrat und Gewerkschaftsekretär Koloman Wallisch und gegen den 35 jährigen militärischen Leiter des Republikanischen Schutzbundes in Bruck an der Mur, Stadtamtssekretär Herbert Russ.

Die Verhandlung ist öffentlich. Der Zuhörerraum ist bis zum letzten Platz gefüllt.
Das Gerichtsgebäude wird von einer Infanteriekompagnie mit einem schweren Maschinengewehrzug des Alpenjägerregiments Nr.11 schwer bewacht.

Der öffentliche Ankläger klagt Wallisch und Russ des Verbrechens des Aufruhrs nach § 73 des Strafgesetzes an.
Der Ankläger meint, daß es ihm infolge der Kürze der Zeit nicht möglich sei, einen genauen detaillierten Bericht zu geben, doch sei er in der Lage den Sachverhalt so darzustellen, daß es vollauf genüge, die Angeklagten im Sinne der Anklage zu überführen.
Der Ankläger weist darauf hin, das Wallisch das Ideal eine Rätediktatur, wie sie dieser unter Bela Kun in Ungarn miterlebt habe, vorschwebe.
Der Staatsanwalt erinnert an die Ereignisse des Juli 1927 in Bruck an der Mur, wo es unter der Bürgermeisterschaft des Wallisch fast zu einem derartigen Zustand gekommen wäre.
Der Staatsanwalt wirft Wallisch vor , am 12 Februar gegen mittags an das Parteisekretariat in Bruck an der Mur fernmündlich die Aufforderung zum schon lange beschlossenen Putsch des Republikanischen Schutzbundes gerichtet zu haben.
Der Leiter des Schutzbundes, Hubert Russ konnte bis zum vereinbarten Zeitpunkt 13 Uhr Teile des Schutzbundes mobilisieren.
Um ein Uhr traf Koloman Wallisch mit einem Fahrzeug in Bruck ein. Er nahm dort gemeinsam mit Russ das Aufgebot des Schutzbundes und dessen Bewaffnung vor.
Der Putsch sei schon seit längerer Zeit vorbereitet gewesen.
Es existierte ein von Major Eifler ausgearbeiteteter Aufmarschplan.
Hubert Russ disponierte mit der Unterstützung von Wallisch die Aufgabenstellungen der Unterführer.
Viele der Schutzbündler waren nicht erschienen und Koloman Wallisch rief nun persönlich die zögernden Hilfstruppen zusammen, die dann auf Lastautos und in anderen Fahrzeugen nach Bruck transportiert wurden. Wallisch setzte diese Tätigkeit auch nach der Verkündigung des Standrechtes fort.
Im weiteren werden die Aktivitäten der Schutzbündler und die Bewegungen von Koloman Wallisch geschildert.
Nachdem die Lage des Schutzbundes wurde, nachdem das anrückende Militär die Absperrungen bei Pernegg überwunden hatte, immer kritischer und man entschloss sich, die Mannschaften in den städtischen Betrieben und im Elekrizitätswerk in Bruck zu versammeln.
Der Staatsanwalt stellt fest, daß Wallisch seinen Hauptsitz in den städtischen Betrieben, teilweise in Kapfenberg, hatte, und von dort aus den Kommandanten seine Weisungen zukommen liess.
Nach dem die Lage in Bruck an der Mur unhaltbar geworden war, versuchte Wallisch mit seinen Leuten in Richtung Frohnleiten durchzustossen.
Auf dem Wege hielt Wallisch eine Rede, in der er erklärte, daß die Sache des Schutzbundes in Wien ganz gut stünde, und das dort der Aufstand, bis auf einige Bezirke, durchgedrungen wäre.
Auf diesem Marsch nach Süden kam es zu Meinungsverschiedenheiten unter den Schutzbündlern, die vom Berichterstatter als Meutereien bezeichnet werden, und ein grosser Teil von etwa 350 bis 400 Mann sich löste. 120 schwer bewaffnete Schutzbündler verblieben bei Wallisch.
Man hatte sich auch noch vorgenommen den in Frohnleiten aus politischen Gründen einsitzenden Brucker Parteisekretär Hermann Lackner zu befreien.
Nicht zuletzt deswegen, weil nur er über einige noch nicht aufgefundene Waffenverstecke Bescheid wusste.
Dazu kam es jedoch nicht mehr.
Wallisch sprach im weiteren vom Marsch nach Jugoslawien, um dort das Asylrecht als politische Emigranten zu suchen. Er hat offensichtlich die Ausweglosigkeit eingesehen.
Der Staatsanwalt meint, dass der Führer Wallisch als Verführer anzusehen sei.
Wallisch wird damit die Anstiftung zum Aufruhr vorgeworfen. Wallisch bestreitet jedoch in seinem Verhör, den telefonischen Aufruf zum Putsch aus Graz gemacht zu haben.

Er stellt auch in Abrede, daß es einen Putschplan überhaupt gegeben habe, der vorliegende, militärisch ausgearbeitete Plan sei nur für den Fall einer Abwehraktion gedacht. Der Frage des Vorsitzenden , von wem denn nun die Sozialdemokraten am 12.Februar angegriffen worden wären, kann Wallisch nichts entgegensetzen.
Er könne nur Mitteilung machen, daß wegen der "Ereignisse" der Generalstreik proklamiert wurde.
Wallisch sagt auch, daß er keinen telefonischen Aufruf zum Putsch gemacht habe, sonder bloss die Ausrufung des Generalstreiks bestätigt. Die Möglichkeit der bewaffneten Auseinandersetzung im Verlaufe eines Generalstreiks wird von Wallisch nicht ausgeschlossen.
Wallisch wird in diesem ausführlichen Prozessbericht als böser Geist der Obersteiermark bezeichnet.
Dem Koloman Wallisch wurde ein Pflichverteidiger beigestellt, da die von ihm gewünschten Anwälte aus Gesundheitsrücksichten oder aus beruflicher Überbürdung abgelehnt haben.
Der Angeklagte Hubert Russ gibt zu, die ganze Aktion in Bruck an der Mur geleitet zu haben. Er habe sich am 13.Februar auf Umwegen entfernt und sich dem Sicherheitsdirektor von Graz gestellt.
Am 15.Februar hat er diesem gegenüber ein vollkommenes Geständnis abgelegt. Er habe sich gestellt, um einen Milderungsgrund zu erlangen.
Er belastet Koloman Wallisch. Der Obmann der Bezirkskrankenkasse Bruck, ein Arbeiter der Firma Felten, teilte dem Angeklagten mit, daß Koloman Wallisch aus Graz angerufen habe, dass um 13 Uhr der Schutzbund von ganz Österreich losgehe. Anwesend dabei war noch Sepp Lienhart und ein gewisser Klannert.
Da der Brucker Parteisekretär Hermann Lackner in Frohnleiten ein Haftstrafe verbüsste, übernahm Russ das Kommando und ordnete an, nach dem Plan des Schutzbundmajors Eifler vorzugehen. Nach diesem Plan sollten Bruck und alle wichtigen Knotenpunkte besetzt und die Exkutive gefangengenommen werden. Die Zwischenstationen gegen Graz hatten die Bestimmung, eventuell anrückende Militärs zurückzuhalten.
Russ versorgte gemeinsam mit Karl Kaufmann die Schutzbündler an vorabgesprochenen Plätzen mit Waffen.
Sepp Lienhart übernahm es, die Gendarmeriekaserne zu stürmen. Lienhart kam in den folgenden Ereignissen ums Leben.
Klannert sollte die Forstanstalt übernehmen.
Nach dem Wallisch nach 1 Uhr gekommen wäre, hätte er sich ungehalten gezeigt weil es um 1 noch nicht los gegangen sei. Im weiteren hätte die Dispositionierung der Schutzbundtruppen auch nicht so geklappt, wie es vorgesehen war.
Um 3 Uhr früh fand eine Führerbesprechung statt, an der Wallisch,Lienhart, Russ, Klannert und Embacher teilnahmen. Russ fürchtete das Eingreifen des Militärs und den dabei entstehenden "heillosen Wirbel" und machte den Vorschlag des allgemeinen Rückzuges im Dunkel der Nacht.

Es war gegen halb fünf Uhr morgens, als Wallisch diesen Vorschlag abstimmen liess. Die technischen Führer stimmten zu.
Wallisch erzählte auch, daß er gehört habe, dass Dr.Deutsch und Dr.Bauer bereits in Pressburg seien. Russ meinte, wenn er diese Information, von der Wallisch glaubte, daß sie von der Regierung ausgesprengt worden wäre, an die Leute weitergegeben hätte, wäre es zu einem fürchterlichen Wirbel gekommen. Ein Teil hätte es geglaubt, der andere nicht, und beide Gruppen wären wie wahnsinnig auf einander los gegangen.
Russ sagte jedoch, daß er und der Brucker Schutzbund sich in einer Einzelaktion missbraucht fühlte, da sie keine Verbindung nach Graz oder zu anderen Orten gehabt hätten.
Russ sagt weiter aus, daß auf dem von ihm geleiteten Rückzug viele nicht mehr mitkonnten, weil sie total fertig waren.
Nachdem ihm der Vorsitzende von der Aussage des Koloman Wallisch erzählt, dieser wäre nur mehr so mitmarschiert und habe mit der Truppe nichts mehr zu tun gehabt, meint Russ, das er dann überhaupt nichts mehr sagen wolle.
Ausgesandte Kundschafter brachten in Erfahrung, daß Militär in den Strassen stehe und daß im Radio verkündet wurde, daß die Regierung Herr der Lage sei.
Russ habe sich daraufhin abgesetzt und den Posten Frohnleiten telefonisch verständigt, daß Wallisch im Anmarsch sei. Er habe dies getan, um sinnloses Blutvergiessen zu verhindern.
Nachgekommene Schutzbündler erzählten ihm, daß sie die Hälfte ihre Gewehre weggeworfen hätten. Russ hat sich daraufhin nach Graz durchgeschlagen.
Im weiteren versucht das Gericht die Stellung Russ`in der Hierarchie zu orten und kommt zu dem Schluss, daß Koloman Wallisch der Oberbefehlshaber und Russ seine rechte Hand gewesen sei.

Das Urteil

Das Urteil erkannte die Angeklagten Wallisch und Russ des Verbrechens nach § 75 Strafgesetz für schuldig und verurteilte sie zum Tod durch den Strang.
Der Vorsitzende erklärte, inwieweit der Angeklagte Russ auf Pardon rechnen könne, sei nicht Sache des Standgerichtes, sondern der Gnadeninstanz.
Wallisch bat um eine dritte Gnadenstunde, die ihm bewilligt wurde. Der Vorsitzende setzte die Urteilsverkündigung mit 20 Uhr 40 Minuten fest. Um 22 Uhr 23 wird der Vorsitzende des Standgerichtshofes von Wien aus benachrichtigt. das Herbert Russ begnadigt und die Todesstrafe in lebenslängliche schwere Kerkerstrafe mit einem Fasttag jährlich umgewandelt wurde.

Das vom Verteidiger des Koloman Wallisch eingebrachte Gnadengesuch wurde nicht weitergeleitet.
Das Todesurteil am Wallisch wurde 23 Uhr 40 Minuten vollstreckt.

Heldentod im Dienste der Pflicht

St.Georgen an der Stiefing erlebte heute nachmittag eine Begräbnisfeierlichkeit, wie sie der Markt kaum je gesehen haben dürfte.
Bei den Unruhen in Bruck an der Mur war der Gendarmerieaspirant Johann Gartler, dessen Heimathaus in dem ungefähr eine Wegstunde von St.Georgen entfernten Badendorf steht, erschossen worden. Gartler hatte bei der Gendarmeriekaserne den Wachtposten inne, als er von den aufständischen Republikanischen Schutzbündlern überfallen und niedergeschossen wurde. Die Leiche Gartlers wurde am Samstag unter militärischen Ehren von Bruck nach Badendorf in das Elternhaus eingebracht und dort aufgebahrt. Von hier nahmen heute die Begräbnisfeierlichkeiten ihren Ausgang. Im Leichenzug schritten mindestens 1700 Trauergäste. Als die Spitze des Leichenzuges das Kriegerdenkmal in St.Georgen erreicht hatte, verliessen eben die letzten Trauergäste Badendorf.
Der Leichenzug wurde von Schuldkindern eröffnet. Ihnen folgten die Kameradschaftsvereine, die Heimwehrorganisationen, die Freiwilligen Feuerwehren, die Ostmärkischen Sturmscharen, der Österreichische Heimatschutz, die Bauernwehr, der Junglandbund, die Gendarmeriebeamten, die Hilfsgendarmerie, der Freiheitsbund Wildon, die Gesangvereine Haslach und St.Georgen, die auch die Trauerchöre vortrugen und zahlreiche Trauergäste.
Beim Kriegerdenkmal in St.Georgen nahm Geistlicher Rat Rudolf Kiendl unter Assistenz des P.Gerhard Meixner, Administrator des Stiftsgutes Rohr, und der Ortskapläne die erste Einsegnung vor.
Nachdem der Sarg mit der vaterländischen rot weiss roten Fahne mit dem Kruckenkreuzes bedeckt worden war, wurde er gehoben und zum idyllisch auf einer Anhöhe gelegenen Ortsfriedhof getragen, wo nach abermaliger Einsegnung Bezirkshauptmann Dr.Kastner Pöhr namens der Bundesregierung und der Landesregierung dem Toten einen tiefempfundenen Nachruf hielt. Für das Landesgendarmeriekommando sprach am Grabe Abteilungskommandant Stabsrittmeister Müller, weitere Ansprachen hielten Vertreter der Vaterländischen Front, der Ostmärkischen Sturmscharen, des Heimatschutzes und der Bauernwehr.

Minister Schuschnigg in Graz

Samstag 3.März 20 Uhr, wird im grossen Stephaniensaal Reichsführer der Sturmscharen Minister Dr.Kurt von Schuschnigg über die deutsche Sendung Österreichs im Rahmen einer völkischen Kundgebung der Ostmärkischen Sturmscharen sprechen.

Professor Dr.Schmerz verhaftet

In der Nacht auf Sonntag wurde Universitätsprofessor Dr.Hermann Schmerz im Sanatorium des Kaufmännischen Versorgungsvereins in Eggenberg bei Graz, das sich unter sozialdemokratischer Leitung befindet, von Gendarmen verhaftet und dem Landesgericht Graz überstellt.

Eine Leobner Hinrichtung vor 50 Jahren

Das Montag, den 19.Februar, um 23 Uhr 40 Minuten an Koloman Wallisch vollstreckte Todesurteil ruft die Erinnerung an die nunmehr vor nahezu 50 Jahren ind Leoben durchgeführte letzte Hinrichtung wach. Diese Hinrichtung wurde am 14.Juli 1885 an dem Raubmörder Emanuel Oberosler durchgeführt.

Vereinsauflösungen

Das Bundeskanzleramt hat die nachstehenden Vereine, die ihren Sitz in Wien haben, aufgelöst:
ArbeiterFeuerbestattungsverein "Die Flamme"
Verband der Arbeiter Mandolinen und Zithervereine Österreichs
Verband der Amateur Fussballvereine Österreichs
Österreichsicher Arbeiter Sängerbund
Verband der Arbeiter Stenographen
Verband der Bundessicherheitsexekutive Österreichs
Österrreichischer Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter
Reichsorganisation der sozialdemokratischen Ärzte Österreichs
Verband der Portiere und Hausbesorger Österreichs

Die Suspendierung von steirischen sozialdemokratischen Lehrern

Über Erlass und im Einvernehmen mit dem Landesschulrat hat der geschäftsführende Bürgermeisterstellvertreter als Vorsitzender- stellvertreter des Stadtschulrates die Suspendierung von 6 Volksschulleitern, 3 Hauptschuldirektoren, 1 Fachschullehrer und 1 Hilfslehrerin im Hinblicke auf ihre Zugehörigkeit, bzw. Betätigung in der aufgelösten sozialdemokratischen Partei bzw. beim Republikanischen Schutzbund verfügt. Für eine entsprechende Vertretung wurde die notwendige Vorsorge getroffen.

Das Schicksal der Sozialdemokratischen Führer

Wien, 22. Februar 1934

Im Laufe des gestrigen Tages und der Nacht sind wieder zahlreiche Personen verhaftet worden worden, die in irgendeiner Verbindung mit dem sozialdemokratischen Aufstand in der Vorwoche gestanden sind. Zumeist handelt es sich um ehemalige Schutzbündler, die entweder in den Kämpfen aktiv teilgenommen hatten, oder in deren Wohnungen Waffen gefunden worden sind. Wie verlautet, befindet sich unter den Verhafteten keiner, der eine besonders führende Rolle gespielt hätte. Die polizeilichen Erhebungen sind so weit vorgeschritten, daß 700 Personen dem ordentlichen Gerichtsverfahren überwiesen werden konnten. Bei den Straflandesgerichten Wien I und Wien II, die nunmehr eine ausserordentliche Überlastung erfahren haben, sind neue Untersuchungsabteilungen errichtet worden, in denen ein grosser Stab von Untersuchungsrichtern die Strafuntersuchung schleunigst durchführt. Durch die Überweisung an die Gerichte und die Entlassung von 500 Personen aus dem Polizeigewahrsam, denen kein strafbarer Tatbestand nachgewiesen werden konnte, ist es möglich gewesen, die Notarreste in der Stiftskaserne, im Messepalast und in der Firma Armbruster wieder aufzulassen.

Anhaltelager für Sozialdemokraten

Über das Schicksal der prominenten sozialdemokratsichen Führer ist auch heute noch keine Entscheidung gefallen. Diese Führer dürften in eigene Anhaltelager gebracht werden, wenn sie nicht im Laufe der weiteren Untersuchung belastet werden, daß sie an ordentliche Gerichte überwiesen werden müssen.


Blutbad unter den Aufständischen von Niceragua

Managua, 23.Februar Reuter

Nach einer Mitteilung der Regierung ist General Augusto Sandino, der Führer der Niceraguanischen Aufständischen in den Jahren 1932/33, getötet worden. Auch der Bruder Sandinos sowie zwei seiner Freunde wurden vorgestern um Mitternacht in der unmittelbaren Umgebung von Managua von Nationalgarden getötet. Die Generale Umanzor und Estrada, die seinerseits Sandino unterstützt hatten, sollen gleichfalls getötet worden sein. In Niceragua wurde die Zensur eingeführt. In der Mitteilung der Regierung wird hervorgehoben, daß Sandino entgegen den Weisungen des Präsidenten getötet wurde; diese Weisungen hätten dem General und seinen Anhängern, solange sie sich in Managua aufhalten, den Schutz des Lebens gewährleistet. Präsident Sacasa hat eine sofortige Untersuchung angeordnet und an den Kongress das Ersuchen gestellt, im weitergehende Vollmachte zur Aufrechterhaltung der Ordnung zu bewilligen.

London, 23.Februar (Reuter)

Nach weiteren Meldungen aus Managua haben sich bei der Ermordung des Freiheitskämpfers General Sandino, der bei grossen Teilen der Bevölkerung von Niceragua ausserordentlich beliebt war, geradezu unerhörte Szenen abgespielt. Ein Regiment Nationalgardisten unter dem Kommando des Generals Z. und griffen an und es gelang ihnen, sich Sandinos, seines Bruders Sokrates, und zweier Offiziere seines Stabes zu bemächtigen. Nach Misshandlungen wurden die Unglücklichen zu einem Lastauto geschleppt und damit auf den Flugplatz von Mangua gebracht. Dort stellte man sie der Reihe nach auf und eröffnete auf die vier Offiziere ein rasendes Feuer aus zwei Maschinengewehren. Die Körper der Opfer waren von den Projektilen geradezu zerfleischt. Die Maschinengewehrmannschaft wurde von einem Hauptmann namens Obrillo kommandiert. Während der barbarischen Hinrichtung tauchte plötzlich das sechsjährige Söhnchen Obrillos, der in der Nähe des Flughafens seine Wohnung hat, auf dem Flugplatz auf. Das Kind geriet in das Feuer der Maschinengewehre und wurde von sechs Kugeln ebenfalls getötet.

Belagerungszustand über Niceragua

Managua, 23.Februar (Reuter) Über Niceragua ist der Belagerungszustand verhängt worden.

Aufstand in einer französischen Arbeitergemeinde

Saint Nazaire, 7.März 1934

In der grossen Arbeitergemeinde Gueron bei Saint Nazaire ist es im Anschluss an die Sonntags dort abgehaltenen Gemeindewahlen zu schweren Zusammenstössen zwischen Sozialisten und Bürgerlichen gekommen, die schliesslich den Charakter eines Aufstandes annahmen. Bei den Gemeindewahlen am Sonntag war die bisherige sozialistische Mehrheit von einer bürgerlichen Liste geschlagen worden. Die Sozialisten von Gueron beriefen hierauf die sozialistischen und kommunistischen Elemente des gesamten Bezirkes zu einer Protestkundgebung, die bald in wüste Schlägereien und Plünderungen ausartete. Die Manifestanten, die mit roten Fahnen und unter den Klängen der Internationale einmarschierten, stürmten das Rathaus, wo sämtliche Scheiben und das gesamte bewegliche Mobilar zertrümmert wurden, und zogen sodann vor das Pfarrhaus und die Schule, wo sie die Inneneinrichtung in Stücke schlugen und anzündeten. Die Fenster der Gemeindekirche wurden durch Steinwürfe eingeschlagen. Schlieslich drang die Menge in die Wohnungen zahlreicher Gegner ein, wo sie die Inneneinrichtung zerschlug und ihre Widersacher misshandelte.
Die Gendarmerie, die überrannt worden war, verlangte telefonisch aus St.Nazaire Verstärkung.
Diese traf aber erst ein , als die Demonstranten bereits die Flucht ergriffen hatten.
Die Eregung der Bevölkerung in der Gegend ist unbeschreiblich.

Auflösung der sozialistischen Partei in Spanien?

London, 11.März Nach Madrider Meldungen der "Sunday Times" ersieht man in den jüngsten Schritten der spanischen Regierung, und zwar in der Auflösung der Arbeiterkonföderation, die einen Million Mitglieder hatte, und der sozialistischen Jugendverbände das Vorspiel zum Verbot der sozialistischen Partei. Man erwartet, daß die Krise im Laufe des morgigen Tages ihren Höhepunkt erreichen wird. Das stark linksstehende Madrider Blatt "Tierra" erklärt, daß Montag und Dienstag die kritischsten und wahrscheinlich die entscheidenden Tage sein werden.
Die Regierung hat angeordnet, daß die Bücher der Gewerkschaften und Syndikate halbjährlich kontrolliert werden, um eine Verwendung von Geldern zur Anschaffung von Waffen zu verhindern.

Die weitere Entwicklung ist bekannt. In Spanien entbrennt der Bürgerkrieg. Auf der einen Seite stehen die spanischen Republikaner, die internationalen Brigaden und als nicht gerade zuverlässige Helfer Stalins Sowjetunion, auf der anderen Seite steht Franco, unterstützt von Hitler und der Legion Condor.
Ein paar Jahre danach bricht der zweite Weltkrieg aus.

Historical Ready Made 1934 - Zur Einleitung


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