c o m p a r a t i v


Literaturarchive Wien OR Marbach und Musen im Vergleich


Montiert & textiert von Franz Krahberger


















vor mehr als 10 jahren erzaehlte mir mein nachbar ernst bacher, generalkonservator des bundesdenkmalamtes, ab den 90ern federfuehrend in der provenienzforschung gestohlener, veruntreuter und in folge vom staat vereinnahmter kunstgueter aus juedischem besitz, eine bezeichnende geschichte. es ging um die bestellung des gebuertigen wieners heinz politzer, der zu beginn der 70 er jahre an der universitaet berkeley lehrte. berkeley, zaehlte 60/70 zu den bedeutendsten universitaeten der welt und hatte einfluss auf die erfolgsgeschichte von silicon valley. Sowohl berkeley wie palo alto zaehlen zur san francisco bay area. politzer hatte 1938 wien verlassen und zog nach palestina, heute israel. 1947 ging politzer in die USA.

bruno kreisky wollte anfangs der 70 er jahre heinz politzer nach oesterreich heimholen, hatte sich aber im tiefschwarzen beamtenapparat geirrt und verirrt und wurde von den germanisten der universitaet wien haemisch auf umleitungskurs geschickt und sein wunsch aus dem hinterhalt abgeschmettert.

politzer haette binnen eines monates seine lehrverpflichtung in berkeley aufgeben, seinen umzug besorgen und mit 1. April seinen wiener lehrstuhl einnehmen muessen, so die vorgaben aus wien. die konservativ & retrograd gedrillten wiener germanisten voller vorurteile, die in alteuropaeischer ignoranz und braunen wie austrofaschistischen blockaden wurzelt , zum teil mit NS lehrvergangenheit verbunden gewesen ist, verhinderte so die rueckkehr von heinz politzer. politzer war nicht abgeneigt, doch auch er hatte bedingungen gesetzt: selbstverstaendliche. so wollte er das sommersemester in den USA ordentlich abschliessen, ohne von den wienern gedraengt und in zugzwang handeln zu muessen. er haette den lehrstuhl mit antritt september des jahres eingenommen und wollte sich von einer drittklassigen partie von akademischen schreibtischverteidigern keineswegs frozzeln lassen. er hatte einen ruf zu verteidigen, die wiener hatten nach der fatalen zensur staendestaat und nationalsozialismus ohnedies keinen mehr.

man muss sich einmal vorstellen: berkeley konnte und kann echtes wie dichtes vorweisen. berkeley, university of california kann und darf 72 nobelpreistraeger nennen. wien kann nicht einmal eine handvoll aufzaehlen.


berkeley hat forschungs_spitzenerfolge. mit seinen herausragenden graduierten-programmen zaehlt berkeley zu den führenden universitäten der USA wie der welt. der gebuertige wiener paul feyerabend, bekannt durch seinen text wider den methodenzwang verirrungen und verwirrungen der erkenntnispraxis ,lehrte da. als engagierter theoretiker und praktiker der buergerrechts_bewegung, der human rights, war er ebenso in europa bekannt. herbert marcuse war beruehmter, auch leichter verstaendlich.


berkeley war einer der globalen leuchtfeuer der 68er bewegung. doch hat man dort nicht allein gepennt und getrutzt, sondern eben auch effektiv und verantwortlich gelehrt. was man von wien nicht behaupten kann. die californischen campusaufstaende waren so wie die wiener uniferkeln im hoersaal 1 des NIG der stoff, den der zeitungsboulevard braucht. wissenschaft und forschung interessiert keine & keinen kronenzeitungsleser. a ordentliche sauerei muss her, damit es was zum keppeln gibt. allerdings, das ist weder erbauende noch aufklaerende literatur.

politzers arbeit ueber grillparzer habe ich erst spaet gelesen. er hat wichtige arbeiten zu kafka veroeffentlicht, die sich durchaus neben guenter anders pro und contra kafka behaupten koennen. herausragend bleibt die arbeit ueber franz grillparzer. politzer zeigt klar den psychodramatischen drive des grillparzerschen werks, der schnitzler auf seine weise in nichts nachsteht. politzer verweist auf freud, der mit analytischem blick die probleme erfasste, waehrend grillparzer die widerspruechlichsten szenarien entfaltete und anstelle des kalten sezierenden blicks des arztes arthur schnitzler und der analytischen aufsicht sigmunds freud theatralische tableauxs der psyche und des unterbewussten, nicht des ausserbewussten, wie es paul watzlawick in human communications vom kommunizierbaren abgrenzte, auf die buehne gestellt hat. so, dass sich das anfaenglich unterbewusste letztendlich im spiel und gegenspiel der dramatischen charaktere sichtbar und erkennbar entfalten konnte.

so gelingen politzer hoch interessante anmerkungen zu grillparzer, der gerne mit griechischen maskeraden arbeitete, und zur gesellschaft des biedermeiers, das so bieder nicht gewesen ist.

heinz Politzer liess man abblitzen, guenter anders, kafka pro und kontra, die antiquirtheit des menschen, in den 30 er jahren ehemann von hannah arendt, wurde nie ernst genommen. politzer liess sich nicht pflanzen und blieb in den USA. man darf annehmen, dass er die oesterreichische germanistik, so er den lehrstuhl einnehmen haette koennen, klarer akzentuiert und entschieden besser ausgeleuchtet und so manchem gestrigen reaktionaer heimgeleuchtet haette, als jene ersatzbesetzungen, die sich mehr fuer fussball als um den tiefgang und die reichweite von literatur und dichtung kuemmerten, getan haben.

















muessen musen stottern ?















der direktor des neuen literaturmuseums, bernhard fetz, ein verhemmter aeh & oh eroeffungsredner, sammelte 101 gegenstaende oesterreichischer literaten und dichterinnen:

den directorscut_sessel vom ernstl, den medikamentenbeutel von der fritzi, das abgeschnittene zopf&zoffwerk der elfriede jelinek, ein gordischer fall, second hand moden der elfriede gerstl + first class poeme aus der literarischen kleinkunstschatulle, die zahnbuersten vom jochen jung und vom peter rosei, von czernin & schmatz ein spiegel und eine nachtglocke, marlene streeruwitzens strick & piknadelkissen, eine strickjacke nach jaegerart vom thomas bernhard, drei bleistiftstummeln vom peter handke, vom cecile artmann hayward ein gefaelschter lebenslauf, mauthners zerfleddertes sprachwerk aus dem nachlass helmut eisendles, den von motten zerfressenen schal vom joe berger, vom turrini peter eine rattenfalle, die brille vom verfasser der schweinfurther chloralytik peter matejka, das ganzkoerperpraeservativ vom gerhard ruiss, ein set vodkaglaeser und eine ausgabe des korneuburger landboten vom robert menasse, vom schindel robert das libretto von richard wagners meistersingern, die waermflasche von jeannie ebner, die schultasche vom alfred kolleritsch, pflanzenreste aus dem garten barbara frischmuths, die zerknuellte baskenmuetze von herbert wimmer, exemplare der neuen zuercher zeitung aus den jahren des schweizer exils, in denen robert musil zur auffettung seines opus magnus des mannes ohne eigenschaften seitenweise kommentare zur tagespolitk abgeschrieben hat, eben papieren, wie marcel reich ranicky zu recht behauptet hat usw usf fff

clemens setz, graz, demnaechst 1001 seiten bei suhrkamp; paradoxon: // ich habe eine figur kreiert, die hundertmal klueger ist als der autor also er, der setz // wie soll das gehen ? umgelegt auf die wiener literatur exhibition: je trivialer der gespendete gegenstand, umso duemmer der autor OR autorin... das ist logisch und passt zum austro_behaviourimus der gegenwart.

ludwig wittgensteins woerterbuch fuer volksschueler, das er in kirchberg verfasst hat und die leiter, die er zu ende des tractatus logico txtes weggeworfen hat, weil er sie nicht mehr gebraucht hat. weiters einer der stecken vom altenberg, obwohl das badekostuem, das er am lido getragen hat, ebenso bedeutungsvoll gewesen waere. da sah er aus wie ein zebra, vor allem der bauch macht den englaender rund. vom turrini den hut des zwergen aus dem steinfeld, die platin rommy des andre heller, hanslicks merkbuch in copy vom brusatti otto, den burberry vom bobi podgorski und vom karl kraus die fackel usw usf fff

alles was schriftstellerin und dichter so braucht, unter anderem ein zerbeulter wecker, den die wiener gruppe im cafe hawelka in abwechslung jeden zweiten dienstag voller wut und elan an die wand des geschlossenen lokals gepickt hat. RUHETAG. sieht aus wie dalis uhrenpalatschinke zur zerrinnenden zeit. ich bin da einiges weiter. ich bevorzuge atomar getaktete funkuhren, mit denen kommt man der einsteinischen allgemeinen relativitaetstheorie wie der quantenphysik um einiges naeher als mit der symbolik eines surrealisten mit zugespitztem schnurrbart, der eben so dumm und so perfekt wie ein maler gewesen ist. konrad bayer hat im sechsten sinn festgehalten, dass das licht mit 300.000 kmh auf seiner augenoberflaeche einfaellt. sowas laesst sich in der grillparzerschen literaturwunderkammer modus fetz nicht darstellen. es geschieht ohnehin.



hermann schuerrers stehsatz aus den 70er jahren vorigen jahrhunderts: wo die sprache nicht mehr zu wort kommt, beginnt die gewalt muss zeitgemaess abgewandelt werden: wo sprache endet, beginnt museum . dort ist robert menasse gelandet, der seine dissertation ueber schuerrer und dessen parkbank verfasst hat.



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